Begriffsbestimmungen
§ 2.
(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,
- 1. deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat, oder
- 2. deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) geboten ist.
- Die Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann geboten sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.
(2) Eine geordnete Erfassung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls so lange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) geboten,
- 1. als eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
- 2. solange sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht oder
- 3. solange die Sache nach dem Ende ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung im unmittelbaren Bereich des Haushaltes bzw. der Betriebsstätte auf eine zulässige Weise verwendet oder verwertet wird.
- Die Erfassung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) geboten, wenn diese im Rahmen eines inländischen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.
(3) Ist eine Sache Abfall und wird sie sodann einer Verwertung zugeführt (Altstoff), gilt sie so lange als Abfall, bis sie oder die aus ihr gewonnenen Stoffe einer zulässigen Verwendung oder Verwertung zugeführt werden. Auf Altstoffe sind die §§ 16 und 28 nicht anzuwenden. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie kann, soweit dies zur Erleichterung der Verwertung dienlich ist und mit den öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) vereinbar ist, mit Verordnung jene Stoffe bestimmen, welche jedenfalls als Altstoffe in Betracht kommen.
(3a) Unbeschadet des Abs. 3 und soweit dies mit den Zielen und Grundsätzen (§ 1) vereinbar ist, kann der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie mit Verordnung festlegen, unter welchen Voraussetzungen und für welchen Verwendungszweck bei bestimmten Abfällen die Abfalleigenschaft endet, einschließlich Art, Aufbau und Führung der dafür erforderlichen Aufzeichnungs- und Meldepflichten (Abs. 3c und 3d). Eine derartige Verordnung kann nach Anhörung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, der Länder, des Österreichischen Städtebundes, des Österreichischen Gemeindebundes, der Wirtschaftskammer Österreichs, der Vereinigung der Österreichischen Industrie, der Bundesarbeitskammer, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern nur erlassen werden, wenn
- 1. die Sache üblicherweise für diesen Verwendungszweck eingesetzt wird,
- 2. ein Markt dafür existiert,
- 3. Qualitätskriterien, welche die abfallspezifischen Schadstoffe berücksichtigen, insbesondere in Form von technischen oder rechtlichen Normen oder anerkannten Qualitätsrichtlinien vorliegen und
- 4. kein höheres Umweltrisiko von dieser Sache ausgeht als bei einem vergleichbaren Rohstoff oder Primärprodukt.
(3b) Eine Verordnung gemäß Abs. 3a kann entsprechend den Erfordernissen des Umweltschutzes insbesondere folgende Punkte enthalten:
- 1. die Konkretisierung (Beschreibung) der Sache;
- 2. die Festlegung der Verwendungszwecke für den Anwendungsbereich der Verordnung;
- 3. die Festlegung von Qualitätskriterien entsprechend einem Produkt oder einem Rohstoff oder die Einhaltung von Anforderungen für einen Herstellungsprozeß;
- 4. die Begrenzung abfallspezifischer Schadstoffe;
- 5. die Art des Nachweises und der Nachweisführung in Abhängigkeit der Qualitätskriterien und
- 6. Melde- und Aufzeichnungspflichten gemäß Abs. 3c und 3d.
- Im Rahmen der Verordnung können ÖNORMEN für verbindlich erklärt werden.
(3c) Wer die Abfalleigenschaft eines bestimmten Abfalls abweichend zu Abs. 3 enden lassen will, hat eine Meldung an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie zu erstatten. Nähere Bestimmungen über Inhalt und Form der Meldung werden durch die Verordnung gemäß Abs. 3a festgelegt. Dabei kommen in Betracht:
- 1. Name, Anschrift und Telefonnummer;
- 2. Art der Sache;
- 3. vorgesehener Verwendungszweck;
- 4. Art des Nachweises und der Nachweisführung;
- 5. eine Erklärung, daß das Vermischungsverbot gemäß § 17 Abs. 1a eingehalten wird;
- 6. die Behandlungsart und
- 7. vorgesehene Abnehmer.
(3d) Wer eine Meldung gemäß Abs. 3c erstattet, hat Aufzeichnungen zur Einhaltung der Verordnung gemäß Abs. 3a betreffend die Art, Menge, Herkunft und Verbleib fortlaufend zu führen. Diese Aufzeichnungen und die entsprechenden Nachweise sind, vom Tag der letzten Eintragung an gerechnet, mindestens fünf Jahre aufzubewahren und auf Verlangen den Behörden vorzulegen. Weiters sind jährliche Meldungen, die Angaben über Art und Menge der bestimmten Abfälle beinhalten, an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie zu erstatten. Sofern sich wesentliche Änderungen in bezug auf den vorgesehenen Verwendungszweck oder die vorgesehenen Abnehmer ergeben, sind diese zugleich mit der jährlichen Meldung dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie bekanntzugeben. Nähere Bestimmungen über Inhalt und Form der Aufzeichnungen sowie der jährlichen Meldung werden durch die Verordnung gemäß Abs. 3a festgelegt.
(4) Als Abfälle gelten Sachen, deren geordnete Erfassung und Behandlung im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) geboten ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind.
(5) Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat nach Anhörung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, der Länder, des Österreichischen Städtebundes, des Österreichischen Gemeindebundes, der Wirtschaftskammer Österreichs, der Vereinigung der Österreichischen Industrie, der Bundesarbeitskammer, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern mit Verordnung festzulegen, welche Abfälle zum Schutz der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) als gefährlich gelten und unter welchen Voraussetzungen die Ausstufung eines bestimmten Abfalls (Abs. 12) im Einzelfall möglich ist.
Dabei sind folgende gefahrenrelevante Eigenschaften heranzuziehen:
- 1. explosiv (H1): Stoffe und Zubereitungen, die unter Einwirkung einer Flamme explodieren können oder empfindlicher auf Stöße oder Reibung reagieren als Dinitrobenzol;
- 2. brandfördernd (H2): Stoffe und Zubereitungen, die bei Berührung mit anderen, insbesondere brennbaren Stoffen eine stark exotherme Reaktion auslösen;
- 3. leicht entzündbar (H3-A):
- a) Stoffe und Zubereitungen in flüssiger Form mit einem Flammpunkt von weniger als 21 ºC (einschließlich hochentzündbarer Flüssigkeiten) oder
- b) Stoffe und Zubereitungen, die sich an der Luft bei normaler Temperatur und ohne Energiezufuhr erwärmen und schließlich entzünden oder
- c) feste Stoffe und Zubereitungen, die sich unter Einwirkung einer Zündquelle leicht entzünden und nach Entfernung der Zündquelle weiterbrennen oder
- d) unter Normaldruck an der Luft entzündbare gasförmige Stoffe und Zubereitungen oder
- e) Stoffe und Zubereitungen, die bei Berührung mit Wasser oder feuchter Luft gefährliche Mengen leicht brennbarer Gase abscheiden;
- 4. entzündbar (H3-B): flüssige Stoffe und Zubereitungen mit einem Flammpunkt von mindestens 21 ºC und höchstens 55 ºC;
- 5. reizend (H4): nicht ätzende Stoffe und Zubereitungen, die bei unmittelbarer, länger dauernder oder wiederholter Berührung mit der Haut oder den Schleimhäuten eine Entzündungsreaktion hervorrufen können;
- 6. gesundheitsschädlich (H5): Stoffe und Zubereitungen, die bei Einatmung, Einnahme oder Hautdurchdringung Gefahren von beschränkter Tragweite hervorrufen können;
- 7. giftig (H6): Stoffe und Zubereitungen (einschließlich der hochgiftigen Stoffe und Zubereitungen), die bei Einatmung, Einnahme oder Hautdurchdringung schwere, akute oder chronische Gefahren oder sogar den Tod verursachen können;
- 8. krebserzeugend (H7): Stoffe und Zubereitungen, die bei Einatmung, Einnahme oder Hautdurchdringung Krebs erzeugen oder dessen Häufigkeit erhöhen können;
- 9. ätzend (H8): Stoffe und Zubereitungen, die bei Berührung mit lebenden Geweben zerstörend auf diese einwirken können;
- 10. infektiös (H9): Stoffe, die lebensfähige Mikroorganismen oder ihre Toxine enthalten und die im Menschen oder sonstigen Lebewesen erwiesenermaßen oder vermutlich eine Krankheit hervorrufen;
- 11. teratogen (H10): Stoffe und Zubereitungen, die bei Einatmung, Einnahme oder Hautdurchdringung nichterbliche angeborene Mißbildungen hervorrufen oder deren Häufigkeit erhöhen können;
- 12. mutagen (H11): Stoffe und Zubereitungen, die bei Einatmung, Einnahme oder Hautdurchdringung Erbschäden hervorrufen oder ihre Häufigkeit erhöhen können;
- 13. Stoffe und Zubereitungen, die bei der Berührung mit Wasser, Luft oder einer Säure ein giftiges oder sehr giftiges Gas abscheiden (H12);
- 14. Stoffe und Zubereitungen, die nach Beseitigung auf irgendeine Art die Entstehung eines anderen Stoffes bewirken können, zB ein Auslaugungsprodukt, das eine der obengenannten Eigenschaften aufweist (H13);
- 15. ökotoxisch (H14): Stoffe und Zubereitungen, die unmittelbare oder mittelbare Gefahren für einen oder mehrere Umweltbereiche darstellen können.
- In dieser Liste gefährlicher Abfälle sind jedenfalls jene Abfallarten aufzunehmen, die jenen des Verzeichnisses gefährlicher Abfälle im Sinne von Artikel 1 Abs. 4 der Richtlinie 91/689/EWG des Rates über gefährliche Abfälle entsprechen. Zur Präzisierung der gefahrenrelevanten Eigenschaften und zur Festlegung der Liste gefährlicher Abfälle können ÖNORMEN für verbindlich erklärt werden. Nur die von der Verordnung erfaßten Abfälle gelten als gefährlich.
(6) Problemstoffe sind gefährliche Abfälle oder Altöle, die üblicherweise in privaten Haushalten anfallen. Weiters gelten als Problemstoffe jene gefährlichen Abfälle oder Altöle aller übrigen Abfallerzeuger, die nach Art und Menge mit privaten Haushalten vergleichbar sind. Diese Abfälle gelten so lange als Problemstoffe, als sie sich in der Gewahrsame der genannten Abfallerzeuger befinden.
(7) Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat mit Verordnung festzusetzen, welche Abfälle ihrer Art nach als Problemstoffe (Abs. 6) im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten.
(8) Stand der Technik ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen.
(8a) Abfall(erst)erzeuger im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, durch deren Tätigkeit Abfälle angefallen sind.
- 1. der Erzeuger der Abfälle oder Altöle oder
- 2. die natürliche oder juristische Person, in deren Besitz sich die Abfälle oder Altöle befinden.
(9) Abfallsammler ist, wer von Dritten erzeugte Abfälle oder Altöle selbst oder durch andere
- 1. abholt,
- 2. entgegennimmt oder
- 3. über deren Abholung oder Entgegennahme rechtlich verfügt.
(10) Abfallbehandler (Altölverwerter) ist, wer Abfälle (Altöle) verwertet, ablagert oder sonst behandelt.
(11) Deponie im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine Anlage, die zur langfristigen Ablagerung von Abfällen errichtet bzw. verwendet wird.
(12) Ausstufung ist das Verfahren zum Nachweis, daß ein bestimmter Abfall, welcher der Verordnung gemäß § 2 Abs. 5 unterliegt, im Einzelfall nicht gefährlich ist (§ 38a). Das Verfahren besteht aus
- 1. der Anzeige dieses Nachweises an die zuständige Behörde und
- 2. erforderlichenfalls dem dieser Anzeige entsprechenden Abschluß des behördlichen Verfahrens.
Zuletzt aktualisiert am
12.04.2021
Gesetzesnummer
10010615
Dokumentnummer
NOR12142473
alte Dokumentnummer
N8199853552L
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