jahrgangs- bzw. klassenweise aufsteigendes Außerkrafttreten (vgl. § 2 Z 5, BGBl. II Nr. 395/2019)
Anlage
Lehrplan Evangelische Religion an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (einschließlich der Sonderformen)
Bildungs- und Lehraufgaben:
Der Evangelische Religionsunterricht an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (einschließlich der Sonderformen) hat als Ausgangspunkt die Erfahrungen konkreter Religion und die ihr zugrundeliegenden Lebens- und Kulturformen. Religion enthält individuelle, soziale und spirituelle Räume, die durch Kommunikation und Teilhabe belebt werden.
Das Unterrichtsfach „Evangelische Religion“ sichert durch dialogische Lernprozesse die Erhaltung und Weiterentwicklung dieser Räume, insbesondere in der Begegnung mit biblischer und kirchlicher Verkündigung.
Der Religionsunterricht versetzt die Schülerinnen und Schüler in die Lage, aktuelle religiöse Wirklichkeit zu verstehen und an ihr bewahrend und verändernd teilzuhaben. Wesentlich ist die handlungsorientierte Befähigung der Schülerinnen und Schüler, im Rahmen von Persönlichkeitsentwicklung, Berufsorientierung und christlichem Glauben im Lebenskontext „Religion“ persönlich Entscheidungen zu treffen. Daher ist Religionsunterricht nur im Zusammenhang mit subjektiver Relevanzerfahrung denkbar.
Diese wird im Hinblick auf folgende Kompetenzen angestrebt:
- A) Mein Leben bewusster machen
Der Religionsunterricht lädt ein, mich selbst besser wahrzunehmen, meine Möglichkeiten, Fähigkeiten und Grenzen genauer zu erkennen und mich authentisch und bewusst auszudrücken.
- B) Meine Beziehungen gestalten
Der Religionsunterricht lädt ein, die Vielfalt meiner Beziehungen zu sehen, sie eigenständig zu deuten und verantwortlich mitzugestalten.
- C) Mich der Welt stellen
Der Religionsunterricht lädt ein, andere Lebenswirklichkeiten wahrzunehmen, ihre Gegebenheiten zu reflektieren und meine eigene Haltung zu entwickeln, die ich begründen kann.
- D) Meine Lebenswiderfahrnisse deuten
Der Religionsunterricht lädt ein, einschneidende Lebenserfahrungen anzusprechen, sie auf ihren Sinn zu befragen und meine Antworten zu suchen.
- E) Mich begründet positionieren
Der Religionsunterricht lädt ein, mich dem Gegenwartsgeschehen zu öffnen, es kritisch zu hinterfragen und begründet Stellung zu nehmen.
- F) Mich auf Gott beziehen
Der Religionsunterricht lädt ein, nach Gott zu fragen, die Vorstellungen von Gott zu reflektieren und einen Ausdruck meiner Gottesbeziehung zu finden.
- G) Meinen Glauben zum Ausdruck bringen
Der Religionsunterricht lädt ein, Grundformen religiöser Praxis kennen zu lernen, ihr Anliegen zu verstehen und sie exemplarisch in meinem Leben umzusetzen.
- H) Mich in die Gemeinschaft einbringen
Der Religionsunterricht lädt ein, mich und andere als Teil der Gemeinschaft zu begreifen und meine Möglichkeiten verantwortlichen Handelns zu entdecken und wahrzunehmen.
Lehrstoff:
Der Lehrstoff besteht aus folgenden verpflichtenden Kernthemen:
- a) Mein Leben bewusster machen
- – Identität: Geschöpflichkeit, Stärken – Schwächen, Selbst- und Fremdbild, Mann – Frau
- – Selbstwert und Sucht
- b) Meine Beziehungen gestalten
- – Kommunikation und Konflikte
- – Familie, Freundschaft, Partnerschaft, Sexualität
- c) Mich der Welt stellen
- – Das Fremde: Rassismus, Minderheiten, Antisemitismus
- – Religiöse Formen: Civil-Religion, Jugendkulturen, Okkultismus, Sekten
- d) Meine Lebenswiderfahrnisse deuten
- – Tod und Jenseitsvorstellungen
- – Leid, Katastrophen, Theodizeefrage
- – Gut – Böse, Schuld – Vergebung
- e) Mich begründet positionieren
- – Biblische Weisung, Gebote, Menschenrechte
- – Grundlagen der Ethik
- – Angewandte Ethik: Wirtschafts-, Medien-, Medizinische und Umweltethik
- – Schultypenspezifische Schwerpunktsetzung
- f) Mich auf Gott beziehen
- – Gott: Bild, Erkenntnis, Kritik
- – Jesus von Nazareth – Jesus der Christus
- – Bibel: Gottesbegegnung und Gottesoffenbarung
- – Reformation, Rechtfertigung
- g) Meinen Glauben zum Ausdruck bringen
- – Ausdrucksformen des Glaubens: Gebet, Gottesdienst, Diakonie
- – Evangelisch in Österreich
- – Interkonfessioneller und interreligiöser Dialog: Ökumene und Weltreligionen
- h) Mich in die Gemeinschaft einbringen
- – Verantwortung: Gewissen, Zivilcourage, Entwicklungszusammenarbeit
- – Religionen, Staat und Politik
- – Zukunftsentwürfe, Utopien und Apokalypsen
Didaktische Grundsätze:
Der Lehrplan baut auf den Erwerb von Kompetenzen auf. Damit wird als entscheidend angesehen, was die Schülerinnen und Schüler am Ende längerer Lerneinheiten gelernt haben („output“- oder Ergebnisorientierung). Dieser Lernertrag soll für die eigene Lebensführung und das berufliche Handeln nutzbar sein. Die Wege zu diesem Lernertrag sind weitgehend freigegeben; entscheidend sind die Möglichkeiten der konkreten Unterrichtsgruppe und der Lehrperson.
Die Kompetenzen A-H benennen den Ertrag des Lernens für den Lernenden. Sie konzentrieren sich darauf, was religiöse Orientierung in evangelischer Lesart ausmacht.
Kompetenzorientierter Religionsunterricht an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen wird
- a) sich problemorientiert mit religiösen Schlüsselfragen auseinandersetzen (kognitive Zielsetzung);
- b) die Eigenaktivitäten der Lernenden und die Nachhaltigkeit des Unterrichts fördern (Erwerb von Fertigkeiten und Fähigkeiten);
- c) auf die Unterrichtskultur achten (Begegnung, Simulation, Übung, Präsentation);
- d) nachvollziehbar nachweisen können, was er für die Lernenden und ihre Ausbildung leistet und
- e) um die Begrenztheit aller lehrplandefinierter Modelle wissen und die Unverfügbarkeit von Werteerwerb, Glaubensentwicklung und spiritueller Empfindung respektieren.
Die unter dem Kerncurriculum ausgewiesenen Themen a) bis h) sind verbindlich.
Der Evangelische Religionsunterricht wird an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen oft schulstufen-, schulart- und auch schulübergreifend geführt. Auswahl, Zeitpunkt und Reihenfolge der Themen liegen in diesen Fällen in der Verantwortung der Lehrperson. Die jahrgangsbezogene Zuordnung ist bezüglich Stimmigkeit und Vollständigkeit der eigenen Auswahl zu beachten.
Die fachspezifischen Besonderheiten, wie sie im Lehrplan der Sekundarstufe I (BGBl. II/2002/201) ausgewiesen werden, sind weiterhin zu berücksichtigen.
Jahrgangsverteilung:
Drei bzw. vier Schulstufen | Fünf Schulstufen |
1. Schulstufe • Identität • Kommunikation und Konflikte • Tod • Angewandte Ethik • Bibel • Ausdrucksformen • Verantwortung | 1. Schulstufe • Identität • Familie, ... • Tod • Angewandte Ethik • Bibel • Ausdrucksformen • Verantwortung |
2. Schulstufe • Selbstwert und Sucht • Familie, … • 10 Gebote • Angewandte Ethik • Jesus • Verantwortung • Zukunft | 2. Schulstufe • Selbstwert und Sucht • Religiöse Formen • 10 Gebote • Angewandte Ethik • Jesus • Interkonfessioneller, interreligiöser • Verantwortung |
3. /4. Schulstufe • Das Fremde • Gut und Böse • Angewandte Ethik • Gott • Evangelisch in Österreich • Verantwortung • Religiöse Formen • Angewandte Ethik • Reformation • Interkonfessioneller, interreligiöser • Verantwortung • Religionen, Staat, Politik | 3. Schulstufe • Kommunikation und Konflikte • Tod • Gut und Böse • Grundlagen der Ethik • Angewandte Ethik • Verantwortung • Religionen, Staat, Politik |
4. Schulstufe • Das Fremde • Angewandte Ethik • Reformation • Ausdrucksformen • Evangelisch in Österreich • Verantwortung • Zukunft | |
5. Schulstufe • Familie, … • Leid • Angewandte Ethik • Gott • Interkonfessioneller, interreligiöser • Verantwortung | |
Ein- und zweijährige Fachschulen, Sonderformen der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, an denen nicht im Ausmaß von drei, vier oder fünf Jahren unterrichtet wird, einschließlich der Formen für Berufstätige:
Themenbereiche aus jeder Kompetenz A-H sollen einer der Schulart und der Schulform entsprechenden Verteilung von der Lehrperson nach eigenem Ermessen ausgewählt werden.
Zuletzt aktualisiert am
23.12.2019
Gesetzesnummer
20006276
Dokumentnummer
NOR40105505
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