§ 90 StVG

Alte FassungIn Kraft seit 01.3.1988

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 2. Dezember 1993, G 134/93-6, den vierten Satz des Abs. 1, idF BGBl. Nr. 605/1987, mit Ablauf des 31. Dezember 1993 als verfassungswidrig aufgehoben.

Überwachung des Briefverkehrs

§ 90.

(1) Briefe und Eingaben, die ein Strafgefangener unter zutreffender Angabe des Absenders an den Bundespräsidenten, an den Nationalrat, an den Bundesrat, an das Bundesministerium für Justiz oder an die Volksanwaltschaft oder unter der Anschrift dieser Stellen an ein Mitglied des Nationalrates oder des Bundesrates, an den Bundesminister für Justiz oder an einen Volksanwalt richtet, ferner Briefe und Eingaben an die Europäische Kommission und an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte dürfen in einem verschlossenen Umschlag zur Absendung gegeben werden; sie sind nicht zu überwachen. Strafgefangene, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollen, sind darauf hinzuweisen, daß im Fall einer Beschwerdeführung die davon betroffene Person vom Inhalt der gegen sie erhobenen Anschuldigungen in Kenntnis gesetzt werden kann. Im übrigen ist der gesamte Briefverkehr der Strafgefangenen insoweit zu überwachen, als dies notwendig ist, um unerlaubte Sendungen von Geld oder anderen Gegenständen in Briefen zurückzuhalten. Außerdem sind die von den Strafgefangenen verfaßten Briefe und Eingaben vor ihrer Absendung und die für sie eingehenden Briefe vor ihrer Aushändigung vom Anstaltsleiter oder einem von ihm besonders bestellten Strafvollzugsbediensteten stichprobenweise und ansonsten insoweit zu lesen, als dies mit Rücksicht auf die psychiatrische oder psychologische Betreuung des Strafgefangenen oder deswegen erforderlich ist, weil der Verdacht besteht, daß der Brief nach Abs. 2 zurückzuhalten sein werde. Erforderlichenfalls ist zuvor die Herstellung einer Übersetzung zu veranlassen. Es ist dafür zu sorgen, daß der Inhalt anderen Personen nicht bekannt wird, es sei denn, daß der Brief nach Abs. 2 zurückzuhalten oder die Kenntnisnahme durch andere Personen für die psychiatrische oder psychologische Betreuung des Strafgefangenen erforderlich ist.

(2) Briefe, die Strafgefangene entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes abzusenden versuchen oder die für sie einlangen, ihnen aber nach diesen Vorschriften nicht ausgefolgt werden, sind zurückzuhalten. Dasselbe gilt unbeschadet der Vorschrift des Abs. 4 für Schreiben, die aus anderen Gründen gegen die Zwecke des Strafvollzuges verstoßen, den Tatbestand einer mit Strafe bedrohten Handlung oder des Versuches einer solchen betreffen, den Anstand verletzen oder offenbar grob entstellende Tatsachenmitteilungen über die Verhältnisse in der Anstalt oder anhängige Rechtsangelegenheiten enthalten.

(3) Dem Strafgefangenen ist unverzüglich mitzuteilen, daß ein Schreiben zurückgehalten wird, es sei denn, daß es entgegen der Vorschrift des Abs. 1 befördert werden sollte oder die Mitteilung den Zweck des Zurückhaltens beeinträchtigen würde. Einwandfreie Teile eines wegen seines Inhaltes angehaltenen Schreibens, das für ihn eingegangen ist, sind ihm bekanntzugeben oder auszuhändigen. Die zurückgehaltenen Schreiben sind zu den Personalakten zu nehmen und dem Strafgefangenen bei seiner Entlassung auszuhändigen, wenn nicht zu befürchten ist, daß der Entlassene davon zum Zwecke der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung Gebrauch machen werde.

(4) Schreiben an die im § 88 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie Abs. 2 genannten Stellen und Personen und Schreiben dieser Stellen und Personen dürfen nicht zurückgehalten werden.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 2. Dezember 1993, G 134/93-6, den vierten Satz des Abs. 1, idF BGBl. Nr. 605/1987, mit Ablauf des 31. Dezember 1993 als verfassungswidrig aufgehoben.

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2025

Gesetzesnummer

10002135

Dokumentnummer

NOR12028251

alte Dokumentnummer

N2196923634S

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)