Grundsätze und Grundlagen für die Einstufung von Stoffen und
Zubereitungen
§ 3
(1) Ziel der Einstufung ist die Feststellung, welche gefährlichen Eigenschaften (§ 3 Abs. 1 Z 1 bis 15 ChemG 1996) ein Stoff oder eine Zubereitung aufweist.
(2) Der gemäß § 27 ChemG 1996 Verantwortliche ist verpflichtet, alle zur Bewertung der gefährlichen Eigenschaften (Gefahrenkategorien) eines Stoffes oder einer Zubereitung erforderlichen und geeigneten Nachforschungen im Sinne der §§ 19 Abs. 2 und 21 Abs. 1 ChemG 1996 anzustellen.
(3) Bei der Einstufung von Stoffen und Zubereitungen sind alle Gefahrenkategorien und bei jeder Gefahrenkategorie alle mit der gebräuchlichen Handhabung oder Verwendung verbundenen Aufnahmewege zu berücksichtigen.
(4) Bei der Durchführung von Prüfungen von Stoffen und Zubereitungen sind die in Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG , zuletzt geändert durch die Richtlinie 98/98/EG der Kommission vom 15. Dezember 1998, ABl. EG Nr. L 355 vom 30. Dezember 1998, festgelegten Prüfmethoden und die OECD-Grundsätze der Guten Laborpraxis (GLP) gemäß der Richtlinie 87/18/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Grundsätze der Guten Laborpraxis und zur Kontrolle ihrer Anwendung bei Versuchen mit chemischen Stoffen, ABl. EG Nr. L 15 vom 17. Jänner 1987, zuletzt geändert durch die Richtlinie der Kommission 99/11/EG vom 8. März 1999, ABl. EG Nr. L 77 vom 23. März 1999, einzuhalten; sind die im Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG genannten Prüfmethoden für die Untersuchung einer bestimmten Eigenschaft nicht geeignet, so kann eine alternative Methode herangezogen werden, sofern ihre Anwendung entsprechend begründet wird.
(5) Wird Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG geändert, so gelten diese Änderungen mit dem Zeitpunkt des gemeinschaftsrechtlichen Inkrafttretens der entsprechenden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlichten Richtlinie als Verordnung gemäß dem ChemG 1996 erlassen und kundgemacht. Diese als Verordnung des ChemG 1996 erlassenen Änderungen treten innerstaatlich zu dem nachstehend festgelegten Zeitpunkt in Kraft:
- 1. Sind die Mitgliedstaaten gemäß der entsprechenden Richtlinie verpflichtet, diese Änderungen zu einem bestimmten Zeitpunkt in Kraft zu setzen, so treten diese Änderungen mit diesem Zeitpunkt in Kraft oder
- 2. wird den Mitgliedstaaten in der entsprechenden Richtlinie für das Inkrafttreten der Änderungen im innerstaatlichen Recht eine Frist eingeräumt, so treten diese Änderungen sechs Monate nach Beginn der in der entsprechenden Richtlinie festgelegten Frist in Kraft, sofern nicht die entsprechende Richtlinie eine kürzere Frist vorsieht; in diesem Fall treten die Änderungen mit dem in der Richtlinie vorgesehenen Ende der Frist in Kraft.
Sofern dies in der entsprechenden Richtlinie nicht ausgeschlossen ist, kann jedoch von dieser Änderung früher Gebrauch gemacht werden. Wenn zum Zeitpunkt des innerstaatlichen Inkrafttretens von in Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG vorgenommenen Änderungen Prüfungen noch nicht abgeschlossen sind, so können diese Prüfungen nur dann nach den Bestimmungen, die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen verbindlich waren, fortgesetzt werden, wenn dies nicht durch die entsprechende Richtlinie ausgeschlossen ist. Wird Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG geändert, so ergeht über die Veröffentlichung der Richtlinie im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft, mit der dieser Anhang geändert wird, einschließlich des gemeinschaftsrechtlichen Inkrafttretens dieser Richtlinie und dem sich daraus ergebenden innerstaatlichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung eine gesonderte Bekanntmachung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie im Bundesgesetzblatt.
(6) Die Kriterien des Anhangs B Teil 1 sind für Stoffe und Zubereitungen unmittelbar anzuwenden, wenn die Daten anhand von Prüfmethoden gewonnen wurden, die denen des Anhangs V der Richtlinie 67/548/EWG entsprechen; dies gilt nicht für die Einstufung von Zubereitungen als "krebserzeugend", "erbgutverändernd" oder "fortpflanzungsgefährdend". Die Einstufung von Zubereitungen hinsichtlich dieser Gefahrenkategorien ist ausschließlich auf Grund der konventionellen Methode gemäß Anhang B Teil 2 vorzunehmen. In allen anderen Fällen sind die Daten anhand eines Vergleiches der angewandten Prüfmethoden mit den in Abs. 4 genannten und mit den Kriterien des Anhangs B Teil 1 zu bewerten, um eine geeignete Einstufung und Kennzeichnung vornehmen zu können.
(7) Tierversuche (mit Wirbeltieren) im Sinne des Tierversuchsgesetzes 1988, BGBl. Nr. 501/1989, sind nur dann zur Erstellung von Prüfnachweisen für die Einstufung von Stoffen und Zubereitungen zulässig, wenn von einem gemäß § 27 ChemG 1996 Verantwortlichen belegt werden kann, daß auf Grundlage bereits vorliegender Daten eine sachgerechte Bewertung nicht möglich ist und diese Versuche nach den Bestimmungen des Tierversuchsgesetzes 1988 durchgeführt werden dürfen. Für die Einstufung von neuen Stoffen ist die Durchführung von Tierversuchen nur dann zulässig, wenn diese Versuche gemäß § 9 des Tierversuchsgesetzes 1988 der zuständigen Behörde im vorhinein gemeldet und innerhalb der im § 9 Abs. 2 des Tierversuchsgesetzes 1988 von dieser nicht untersagt wurden. Für die Einstufung von Zubereitungen ist die Durchführung von Tierversuchen nur dann zulässig, wenn diese Versuche gemäß § 8 des Tierversuchsgesetzes 1988 von der zuständigen Behörde im vorhinein genehmigt wurden; ein Tierversuch für die Einstufung einer Zubereitung ist jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn der für das Inverkehrsetzen gemäß § 27 ChemG 1996 Verantwortliche nicht nachweisen kann, daß keine wissenschaftlich zufriedenstellende, vertretbare und praktische Alternative zur Verfügung steht, bei der kein Tier verwendet werden muß. Die Bestimmungen des Tierversuchsgesetzes 1988 bleiben im übrigen unberührt.
(8) Unbeschadet des Abs. 6 sind allenfalls vorliegende Ergebnisse von Tierversuchen für die Einstufung zu berücksichtigen, wenn die Anforderungen der Abs. 4 und 7 erfüllt sind. Abweichend hievon können die Ergebnisse von Prüfungen von Stoffen und Zubereitungen, wenn diese vor dem 5. April 1989 durchgeführt worden sind, herangezogen werden, sofern diese Prüfungen valide abgesichert sind und nach dem Stand der Wissenschaft verwertbare Erkenntnisse über den geprüften Stoff oder die geprüfte Zubereitung ergeben. Dies gilt auch für jene Prüfungen von Stoffen und Zubereitungen, die nach den einschlägigen Bestimmungen der Chemikalienverordnung, BGBl. Nr. 208/1989, in der Fassung BGBl. Nr. 620/1993 durchgeführt worden sind.
(9) Bei gleichwertigen Methoden ist jeweils diejenige anzuwenden, die einen Verzicht auf Tierversuche zuläßt, oder, falls dies nicht möglich ist, die die geringste Anzahl von Versuchstieren erfordert oder bei der die geringsten Belastungen für die Versuchstiere auftreten.
(10) Wird die Einstufung auf Grund der Ergebnisse von Tierversuchen vorgenommen, so sind die Ergebnisse solcher Versuche zu verwenden, die die Gefährdung des Menschen in entsprechender Weise widerspiegeln. Versuche am Menschen sind für die Einstufung von Stoffen und Zubereitungen unzulässig.
(11) Liegen gesicherte praktische Erfahrungen auf Grund von im Anhang B Teil 1 festgelegten epidemiologischen Untersuchungen, validierten wissenschaftlichen Fallstudien, oder von statistisch abgesicherten Erfahrungen, wie der Auswertung von Daten von Giftinformationszentren oder Daten über berufsbedingte Erkrankungen, darüber vor, daß sich die toxischen Wirkungen eines Stoffes oder einer Zubereitung auf den Menschen von denen unterscheiden, die sich aus den Ergebnissen der Tierversuche oder auf Grund der konventionellen Methode gemäß Anhang B Teil 2 ergeben, ist dieser Stoff oder diese Zubereitung entsprechend den aus diesen Erfahrungen ableitbaren Wirkungen auf den Menschen einzustufen.
(12) Liegen ausreichende Erfahrungen aus der Praxis vor, daß die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Stoffe und Zubereitungen - abgesehen von den organischen Peroxiden - sich von denen unterscheiden, die durch die Prüfmethoden des Anhangs V der Richtlinie 67/548/EWG ermittelt wurden, sind diese Stoffe und Zubereitungen entsprechend ihren möglichen Gefahren für den Menschen einzustufen.
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