Ausnahme von der Verpflichtung zur Gewährung des Netzzugangs
§ 20
(1) Hat ein Netzbetreiber einem Netzzugangsberechtigten den Netzzugang gemäß § 19 Abs. 1 Z 6 verweigert, hat der betreffende Versorger, auf dessen Verlangen die Verweigerung des Netzzugangs erfolgte, unverzüglich, spätestens jedoch eine Woche nachdem die Ablehnung dem Netzzugangsberechtigten zugegangen ist, bei der Energie-Control Kommission einen Antrag auf Feststellung zu stellen, dass die Voraussetzungen für eine befristete Ausnahme von der Verpflichtung gemäß § 24 Abs. 1 Z 7 vorliegen. Erfolgt die Verweigerung über Aufforderung eines dritten Erdgasunternehmens, trifft diese Verpflichtung dieses Unternehmen. Dem Antrag sind alle erforderlichen Angaben über die Art und den Umfang des Problems und Angaben über die vom Versorger zu dessen Lösung unternommenen Anstrengungen anzuschließen. Insbesondere hat dieser Antrag nachstehende Unterlagen zu enthalten:
- 1. das Ausmaß der Einschränkung des Rechtes auf Netzzugang sowie dessen voraussichtliche Dauer;
- 2. den Kreis der von dieser Maßnahme betroffenen Kunden sowie das allenfalls nach Kundenkategorien differenzierte Ausmaß der Einschränkung ihrer Rechte gemäß § 41 sowie
- 3. jene Beweismittel, die zur Beurteilung der im Abs. 5 angeführten Gesichtspunkte erforderlich sind.
(2) Sind dem Antrag gemäß Abs. 1 nicht alle unter Z 1 bis 3 angeführten Unterlagen angeschlossen, und werden diese auch nicht nach Aufforderung gemäß § 13 AVG beigebracht, ist der Antrag ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
(3) Mit der Einleitung des Feststellungsverfahrens (Abs. 1) sind die gemäß § 19 Abs. 4 anhängigen Verfahren, soweit sie die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer auf § 19 Abs. 1 Z 6 gestützten Begründung der Netzzugangsverweigerung zum Gegenstand haben, bis zur Entscheidung über den Feststellungsantrag ausgesetzt.
(4) Die Energie-Control Kommission hat über den Antrag gemäß Abs. 1 mittels Feststellungsbescheid zu entscheiden. Dem Antrag ist zu entsprechen, wenn der antragstellende Versorger nachweist, dass wegen seiner im Rahmen eines oder mehrerer Erdgaslieferverträge eingegangenen unbedingten Zahlungsverpflichtungen eine spürbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit entsteht und keine wirtschaftlich tragfähigen Alternativlösungen zur Verfügung stehen. Die Entscheidung hat insbesondere den Kreis der von dieser Maßnahme betroffenen Kunden, das jeweilige Ausmaß der Einschränkung ihres Rechtes auf freien Netzzugang sowie die Dauer, für die diese Ausnahme gewährt wird, zu enthalten.
(5) Die Energie-Control Kommission hat bei ihrer Entscheidung gemäß Abs. 4 insbesondere nachstehende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:
- 1. das Ziel der Vollendung eines wettbewerbsorientierten Erdgasmarktes nach den Bestimmungen der Erdgasbinnenmarktrichtlinie;
- 2. die Notwendigkeit, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zu erfüllen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten;
- 3. die Stellung des Versorgers auf dem Erdgasmarkt und die derzeitige Wettbewerbslage auf diesem Markt;
- 4. die Schwere der Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des Versorgers;
- 5. den Zeitpunkt der Unterzeichnung sowie die Bedingungen des betreffenden Vertrags oder der betreffenden Verträge und inwieweit diese Marktänderungen berücksichtigt wurden;
- 6. die zur Lösung des Problems unternommenen Anstrengungen;
- 7. inwieweit das Unternehmen beim Eingehen der betreffenden unbedingten Zahlungsverpflichtungen unter Berücksichtigung der Erdgasbinnenmarktrichtlinie vernünftigerweise mit dem wahrscheinlichen Auftreten einer spürbaren Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit hätte rechnen können;
- 8. das Ausmaß, in dem das Netz mit anderen Netzen verbunden ist, sowie den Grad an Interoperabilität dieser Netze;
- 9. die Auswirkungen, die die Genehmigung einer Ausnahme von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in Bezug auf das einwandfreie Funktionieren des Erdgasbinnenmarktes haben würde. Keine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit liegt vor, wenn die Erdgasverkäufe nicht unter die in Erdgaslieferverträgen mit unbedingter Zahlungsverpflichtung vereinbarte garantierte Mindestabnahmemenge sinken oder sofern der betreffende Erdgasliefervertrag mit unbedingter Zahlungsverpflichtung angepasst werden oder das Erdgasunternehmen wirtschaftlich tragfähige Absatzalternativen finden kann.
(6) Wurde das Vorliegen der Voraussetzungen für eine befristete Ausnahme von einer Verpflichtung gemäß § 24 Abs. 1 Z 7 bescheidmäßig festgestellt (Abs. 4), hat die Energie-Control Kommission durch Verordnung zu bestimmen, dass einem Netzbetreiber zur Gänze oder teilweise eine befristete Ausnahme von seiner Verpflichtung gemäß § 24 Abs. 1 Z 7 gewährt wird. Die Verordnung hat insbesondere den Kreis der von dieser Maßnahme betroffenen Kunden, das jeweilige Ausmaß der Einschränkung ihres Rechtes auf freien Netzzugang sowie die Dauer, für die diese Ausnahme gewährt wird, zu enthalten. Eine Differenzierung der Einschränkung des Rechtes auf Netzzugang nach Kundenkategorien ist zulässig. Dabei ist insbesondere auf die aus Artikel 18 der Erdgasbinnenmarktrichtlinie ableitbaren Grundsätze Bedacht zu nehmen.
(7) Die gemäß Abs. 6 zu erlassende Verordnung ist im Amtsblatt zur Wiener Zeitung kundzumachen.
(8) Die Energie-Control Kommission hat ihre Entscheidung gemäß Abs. 4 sowie die Verordnung gemäß Abs. 6 zusammen mit allen einschlägigen Angaben unverzüglich der Kommission der Europäischen Union zu übermitteln.
(9) Verlangt die Kommission der Europäischen Union innerhalb von acht Wochen nach Einlangen der Mitteilung eine Abänderung oder Aufhebung der Entscheidung über die Genehmigung einer Ausnahme, kann die Energie-Control Kommission den Feststellungsbescheid gemäß § 68 Abs. 6 AVG beheben oder abändern und die gemäß Abs. 6 erlassene Verordnung aufheben oder abändern. Fasst die Kommission nach dem Verfahren der Art. 3 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG einen endgültigen Beschluss, hat die Energie-Control Kommission nach Maßgabe dieses Beschlusses den gemäß Abs. 4 erlassenen Feststellungsbescheid gemäß § 68 Abs. 6 AVG zu beheben oder abzuändern und die gemäß Abs. 6 erlassene Verordnung aufzuheben oder abzuändern. Eine Behebung oder Abänderung des Feststellungsbescheides gemäß Abs. 4 hat auch dann zu erfolgen, wenn die gemäß Abs. 6 erlassene Verordnung vom Verfassungsgerichtshof teilweise oder zur Gänze aufgehoben wird.
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