Besonders deutlich wird der Kontrast der unterschiedlichen – und in einigen Bereichen sogar unvereinbaren – Finanzierungskulturen des angloamerikanischen Raumes gegenüber Kontinentaleuropa an den Bilanzierungsregeln. Die sukzessive Ablöse einer Orientierung am Gläubigerschutz – und daher im Zweifel vorsichtigeren Bilanzansätzen – hin zu einer vermeintlich an den Interessen der Kapitaleigner orientierten Praxis der Marktwertorientierung, hat sich als höchst problematisch erwiesen. Das auf den ersten Blick schlüssige Shareholder-Value-Konzept, durch Ansatz von Marktwerten für möglichst alle Vermögenswerte (Assets) ein Höchstmaß von Transparenz für Aktionäre und Anleger herzustellen, wurde zum prozyklischen Treibsatz bilanzieller Expansion. In Phasen der Aufwärtsentwicklung der Marktwerte erwuchsen daraus meist kurzfristige Erfolge, die durch Kurssteigerungen und Anerkennung des Managements belohnt wurden. In der Krise lösten diese prozyklisch wirkenden Regeln eine fatale Abwärtsspirale in die umgekehrte Richtung aus.
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