European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022200150.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Dem Revisionswerber, einem Staatsangehörigen der Russischen Föderation, wurde mit Bescheid des (damaligen) Bundesasylamtes vom 20. Mai 2005 nach dem Asylgesetz 1997 Asyl gewährt.
2 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25. September 2020 wurde dem ‑ in Österreich straffällig gewordenen ‑ Revisionswerber der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) aberkannt und festgestellt, dass ihm gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme. Unter einem wurde dem Revisionswerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen sowie festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers in die Russische Föderation zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 6. April 2022 im Wesentlichen als unbegründet abgewiesen. Die Dauer des Einreiseverbotes wurde von ihm auf zwei Jahre herabgesetzt. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht für gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 6.5.2022, Ra 2022/20/0064, mwN).
8 Zum Vorbringen, die Revision sei zulässig, weil das Bundesverwaltungsgericht die Nichtzulassung der ordentlichen Revision nicht ausreichend begründet habe, genügt es darauf hinzuweisen, dass selbst das Fehlen einer näheren Begründung des Ausspruches nach § 25a Abs. 1 VwGG für sich betrachtet nicht dazu führt, dass die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG gegeben wären (vgl. etwa VwGH 30.3.2022, Ra 2021/01/0103, mwN).
9 Im Übrigen beruft sich der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision ausschließlich auf den von Russland seit Februar 2022 gegen die Ukraine geführten Krieg, die deshalb gegen Russland verhängten Sanktionen und eine daraus resultierende „äußerst angespannte“ Situation in seinem Herkunftsstaat. Die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen würden die aktuelle Situation in der Russischen Föderation nicht berücksichtigen.
10 Dazu ist anzumerken, dass in den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Berichten der Krieg zwischen Russland und der Ukraine Thema ist, weshalb das gegenteilige Vorbringen eine Zulässigkeit der Revision nicht aufzuzeigen vermag. Überdies gelingt es dem Revisionswerber aber auch nicht, die Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels darzutun.
11 Werden Verfahrensmängel ‑ wie hier Ermittlungs‑, Feststellungs‑ und Begründungsmängel ‑ als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass ‑ auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 28.7.2022, Ra 2022/20/0041, mwN).
12 Zur Darlegung der Relevanz eines Verstoßes gegen das Erfordernis der Heranziehung aktueller Länderinformationen genügt es nicht, sich ändernde Verhältnisse durch die Zitierung von Berichten zu behaupten, sondern es ist auch erforderlich, unter Anführung eines Belegs konkret aufzuzeigen, aufgrund welcher vor der Entscheidung verfügbarerer (aktuellerer) Berichte es zu geänderten, für den Revisionswerber günstigeren Feststellungen hätte kommen können (vgl. VwGH 1.3.2022, Ra 2021/14/0201, mwN).
13 Diesem Erfordernis kommt der Revisionswerber nicht nach. Die Ausführungen in der Revision beschränken sich im Wesentlichen darauf, diverse Berichte über die gegen die Russische Föderation verhängten internationalen Sanktionen zu zitieren, ohne dabei einen konkreten Konnex zum vorliegenden Fall herzustellen. Insbesondere wird nicht dargetan, welche konkreten Feststellungen das Bundesverwaltungsgericht bei Beachtung der Berichte hätte treffen und inwiefern sich in rechtlicher Hinsicht dadurch ein für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielen lassen können.
14 Soweit der Revisionswerber schließlich behauptet, das Bundesverwaltungsgericht wäre zu Unrecht davon ausgegangen, dass dem Revisionswerber eine Rückkehr in die Russische Föderation möglich und zumutbar sei, wird mit diesem pauschalen Vorbringen nicht dargetan, dass die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes, dem Revisionswerber drohe keine Verletzung in seinen durch Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechten, unvertretbar wäre.
15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 26. September 2022
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