Normen
PStG 2013 §1 Abs2
PStG 2013 §2
PStG 2013 §42 Abs1
PStG 2013 §42 Abs3
PStG 2013 §42 Abs5
PStG 2013 §52 Abs1
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022010044.L00
Spruch:
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Begründung
1 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 29. Dezember 2020 wurde der Antrag des (mittlerweile verstorbenen) Mitbeteiligten auf Berichtigung seines Geburtsdatums im Zentralen Personenstandsverzeichnis (ZPR) gemäß § 42 Abs. 1 Personenstandsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 16 idF BGBl. I Nr. 104/2018 (PStG 2013), abgewiesen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dieser Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben (I.) und eine Revision für nicht zulässig erklärt (II.).
3 Die Aufhebung begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen damit, der angefochtene Bescheid sei von einer unzuständigen Behörde, dem Magistrat, erlassen worden. Die Revision sei nicht zulässig, da sich die Zuständigkeit des Bürgermeisters aus der zitierten Rechtslage ergebe.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Magistrates (im Folgenden: Amtsrevisionswerber).
5 Nach Mitteilung des (vormaligen) Rechtsvertreters des Mitbeteiligten vom 25. März 2022 ist der Mitbeteiligte „seit Kurzem“ verstorben.
6 Gemäß § 1 Abs. 1 PStG 2013 ist Personenstand im Sinne dieses Bundesgesetzes die sich aus den Merkmalen des Familienrechts ergebende Stellung einer Person innerhalb der Rechtsordnung einschließlich ihres Namens. § 2 PStG zählt die Personenstandsdaten einer Person auf (allgemeine Personenstandsdaten [Daten zum Personenkern], besondere Personenstandsdaten sowie sonstige Personenstandsdaten).
7 Gemäß § 42 Abs. 1 PStG 2013 ist eine Eintragung zu berichtigen, wenn sie bereits zur Zeit der Eintragung unrichtig gewesen ist. Gemäß § 42 Abs. 3 PStG 2013 kann die Berichtigung unter Wahrung des rechtlichen Gehörs auf Antrag oder von Amts wegen vorgenommen werden. Gemäß § 42 Abs. 5 PStG 2013 ist jedwede Berichtigung dem Betroffenen mitzuteilen.
8 Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung (arg.: „dem Betroffenen“) ergibt sich in Zusammenhalt mit den Materialien (vgl. ErläutRV 65 BlgNR 26. GP 75ff, die vom „Recht des Betroffenen auf Berichtigung“ sprechen), dass ein Antrag auf Berichtigung nach § 42 Abs. 3 PStG 2013 nur vom Betroffenen gestellt werden kann (vgl. zum Recht des Betroffenen auf Berichtung auch Kutscher/Wildpert, Personenstandsrecht2 [2021] § 42 PStG 2013 Anm 4).
9 Unter Betroffener iSd § 42 Abs. 3 PStG 2013 ist die Person, auf die sich die Eintragung bezieht, zu verstehen (vgl. § 52 Abs. 1 PStG 2013; vgl. auch § 2 PStG 2013 Personenstandsdaten „einer Person“).
10 Nach dieser Rechtslage ist das Recht des Betroffenen auf Berichtigung ‑ wie hier einer Eintragung des Personenstandsfalls der Geburt (§ 1 Abs. 2 PStG 2013) ‑ ein höchstpersönliches Recht, in welches im Fall des Todes des Berechtigten eine Rechtsnachfolge nicht stattfindet; daher kommt die Fortsetzung des Verfahrens über solche Rechte durch die Verlassenschaft oder die Erben des Verstorbenen nicht in Betracht (vgl. idS zum Recht auf Gewährung von Mindestsicherung VwGH 28.5.2019, Ro 2019/10/0012, mwN; vgl. idS zum Recht auf Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft VwGH 13.2.2013, 2013/01/0023, mwN; vgl. zum höchstpersönlichen Recht auf Eheschließung nach dem PStG 2013 VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0264, mwN).
11 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist § 33 Abs. 1 VwGG nicht auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall (wegen Gegenstandslosigkeit) liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat. Dies gilt auch für eine Amtsrevision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 B‑VG (vgl. nochmals VwGH Ro 2019/10/0012, mwN; vgl. auch VwGH 30.7.2021, Ro 2020/17/0001, mwN).
12 Im vorliegenden Verfahren nahm der Amtsrevisionswerber nach Einräumung von Parteiengehör durch den Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Gegenstandslosigkeit dahingehend Stellung, dass nicht über ein höchstpersönliches Recht des Antragstellers abgesprochen worden sei, ohne dies aber näher zu begründen. Vielmehr bestehe ein rechtliches Interesse des Amtsrevisionswerbers auf Klärung der Frage, „ob das Verwaltungsgericht Wien die Rechtslage zur Zuständigkeit im übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde unrichtig beurteilt hat“. In diesem Sinne habe der Amtsrevisionswerber ein rechtliches Interesse an der Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes.
13 Ausgehend von der oben dargestellten Rechtslage ist aber davon auszugehen, dass einer Entscheidung des vorliegenden Revisionsfalles keine praktische Bedeutung mehr zukommt. So kann in einem allfällig fortgesetzten Verfahren nicht mehr über den Antrag des (mittlerweile verstorbenen) Mitbeteiligten auf Berichtigung seines Geburtsdatums entschieden werden. Es ist aber nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes, in einer Revisionssache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage praktisch überhaupt keine Bedeutung mehr zukommt und letztlich bloß eine Entscheidung über theoretische Rechtsfragen ergehen könnte (vgl. etwa wiederum VwGH Ro 2019/10/0012, mwN).
14 Wegen des somit gegebenen Wegfalls des rechtlichen Interesses des Amtsrevisionswerbers an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes war die vorliegende Revision daher ‑ in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG ‑ als gegenstandlos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Wien, am 9. Mai 2022
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