Normen
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Krnt 1979 §51 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Krnt 1979 §51 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. ua den hg. Beschluss vom 21. November 2014, Ra 2014/02/0114, mwN).
5 2. Im vorliegenden Fall wurde eine Minderheitenbeschwerde des Revisionswerbers (eines Mitglied der mitbeteiligten Agrargemeinschaft) als unbegründet abgewiesen. Dies mit der Begründung, dass es der Revisionswerber durch sein allein auf den ihm gegenüber aufgekündigten Pachtvertrag mit der Agrargemeinschaft bezogenes Vorbringen verabsäumt habe, eine Beeinträchtigung seiner Mitgliedschaftsrechte geltend zu machen.
6 3. In der außerordentlichen Revision heißt es zur Zulässigkeit, der angefochtene Beschluss der Vollversammlung halte in Bezug auf die Kündigungsfristen die Bestimmung des § 560 Abs. 1 Z 2 ZPO nicht ein, zumal er keinen Auflösungstermin enthalte. Da in Kärnten über 1000 Agrargemeinschaften bestünden, sei die Entscheidung über die Revision von wesentlicher Bedeutung.
7 Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Revisionswerber aber nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzutun.
8 4. Nach § 51 Abs. 2 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes entscheidet die Agrarbehörde über Streitigkeiten, die zwischen den Mitgliedern einer Agrargemeinschaft untereinander oder mit dem gemeinsamen Verwalter oder zwischen einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft und ihren Organen oder Mitgliedern aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen.
9 Nach § 51 Abs. 3 leg. cit. dürfen Beschlüsse der Vollversammlung, die gegen Gesetze, den Regulierungsplan, den Wirtschaftsplan, die Verwaltungssatzungen oder den vorläufigen Bescheid verstoßen und wesentliche Interessen der Agrargemeinschaft oder ihrer Mitglieder verletzen, von der Agrarbehörde von Amts wegen aufgehoben werden. Im Verfahren kommt der Agrargemeinschaft Parteistellung zu.
10 5. Der Revisionswerber machte in seiner Minderheitenbeschwerde geltend, dass die Auflösung seines Pachtvertrages mit der Agrargemeinschaft durch den Vollversammlungsbeschluss vom 28. Mai 2014 wegen Verletzung des § 560 Abs. 1 Z 2 ZPO nicht rechtswirksam sei.
11 5.1. Nun löst aber nicht jede Streitigkeit zwischen einem Mitglied und der Agrargemeinschaft ein subjektiv-öffentliches Recht auf Entscheidung durch die Agrarbehörde aus, sondern nur eine solche, die aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entsteht (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 11. Juli 1996, 94/07/0059, sowie die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 2001, 97/07/0095, und vom 21. Jänner 1999, 98/07/0036). Gegenstand einer Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis kann nur sein, was die die Agrargemeinschaften regelnden gesetzlichen Vorschriften und die darauf gegründeten Rechtsakte, insbesondere die Satzungen, über das Mitgliedschaftsverhältnis bestimmen. Eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis liegt vor, wenn das Mitgliedschaftsverhältnis für die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach bestimmend ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Februar 2000, 99/07/0152, vom 13. Dezember 2007, 2007/07/0135, vom 30. September 2010, 2009/07/0075, und vom 18. Dezember 2014, 2012/07/0231).
12 Sonstige im Privatrecht wurzelnde Ansprüche eines Mitglieds einer Agrargemeinschaft gegenüber dieser (wie zB Ansprüche aus Verträgen oder behauptete ersessene Rechte) stellen keine von der Agrarbehörde zu beurteilende Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1992, 89/07/0198). Im letztgenannten Erkenntnis wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass die Frage, ob und in welcher Form ein Vertrag zwischen der Agrargemeinschaft und einzelnen ihrer Mitglieder zustande gekommen sei, keine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zu einer Agrargemeinschaft darstelle.
13 5.2. Aus dieser ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher abzuleiten, dass die vom Revisionswerber erhobene Minderheitenbeschwerde, die sich allein mit der Frage der wirksamen Kündigung eines zwischen ihm und der Agrargemeinschaft abgeschlossenen Pachtvertrages befasst, keine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis betraf und daher zurückzuweisen wäre.
5.3. Nun hat aber - als Besonderheit im hier vorliegenden Fall - das LVwG in einem (nach einer die Zurückweisung der Minderheitenbeschwerde aufhebenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Oktober 2015, E 720/2015-11, ergangenen) Erkenntnis vom 26. November 2015 in der Begründung die Ansicht vertreten, dass über diese Minderheitenbeschwerde nicht zurückweisend, sondern in der Sache zu entscheiden sei.
14 6. Es kann dahin stehen, ob diesem Erkenntnis und der dort geäußerten Rechtsansicht tatsächlich die Bindungswirkung zukommt, von der die belangte Behörde und das LVwG ausgeht.
15 6.1. Wenn dies nicht der Fall wäre, wäre die Minderheitenbeschwerde richtigerweise zurückzuweisen gewesen; die stattdessen vorgenommene Abweisung der Beschwerde verletzte den Revisionswerber nicht in Rechten (vgl. zu ähnlichen Konstellationen ua den hg. Beschluss vom 28. April 2016, 2013/07/0038, und das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1994, 94/06/0002, sowie den hg. Beschluss vom 19. September 1994, 94/07/0126).
16 6.2. Geht man aber - wie die belangte Behörde und das LVwG - von der Verpflichtung zur Sachentscheidung über eine Minderheitenbeschwerde aus, die sich inhaltlich auf gar keine Streitigkeit aus dem Gemeinschaftsverhältnis bezieht, so hätte es - wegen der Besonderheit dieses Falles - eines zusätzlichen konkreten Vorbringens des Revisionswerbers dahingehend bedurft, in welchen Mitgliedschaftsrechten er durch den genannten Vollversammlungsbeschluss verletzt worden sei.
17 Ein solches Vorbringen wurde weder in der Minderheitenbeschwerde noch in der Beschwerde an das LVwG oder in der Revision erstattet. Eine Aufhebung eines Vollversammlungsbeschlusses ist aber nur dann geboten, wenn dieser gegen die Satzung und/oder das Gesetz verstößt und Rechte des einschreitenden Mitgliedes verletzt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2011, 2011/07/0131, mwN).
18 7. Mit dem Vorbringen in der Revision wird daher keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
19 8. Die Revision war somit zurückzuweisen.
Wien, am 23. Februar 2017
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