VwGH Ra 2016/12/0078

VwGHRa 2016/12/007819.10.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofräte Dr. Zens und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des G B in H, vertreten durch Mag. Johannes Schmidt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Nibelungengasse 8/1/1-3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 2. Februar 2016, VGW-171- 008/7725/2015-18, betreffend Entfall von Bezügen wegen ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst nach § 32 Abs. 1 Dienstordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

BDG 1979 §51 Abs2;
DO Wr 1994 §31 Abs2;
DO Wr 1994 §31;
DO Wr 1994 §32 Abs1;
DO Wr 1994 §32;
GehG 1956 §12 Abs1 Z2;
VwGVG 2014 §27;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016120078.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien.

2 Mit Bescheid vom 21. Mai 2015 sprach die Dienstbehörde gegenüber dem Revisionswerber aus, dass er gemäß § 32 Abs. 1 Dienstordnung 1994 (DO 1994) für die Zeit vom 12. November 2014 bis 14. November 2014 den Anspruch auf sein Diensteinkommen verloren habe. Sie begründete dies zusammengefasst damit, dass er entgegen der ihm niederschriftlich erteilten Weisung vom 11. August 2014, bei Krankenständen ab dem ersten Tag eine ärztliche Bestätigung vorzulegen, eine ärztliche Bescheinigung über den Grund seiner Abwesenheit vom Dienst vom 12. November 2014 bis 14. November 2014 erst nach telefonischer Aufforderung am 18. November 2014 vorgelegt habe.

3 Das Verwaltungsgericht Wien wies die dagegen erhobene Beschwerde ab und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht begründend dazu im Wesentlichen aus, dass der Beamte gemäß § 31 Abs. 1 DO 1994 den Grund für die Dienstverhinderung unverzüglich zu bescheinigen habe, wenn es der Vorgesetzte verlange. Die Anordnung zur unverzüglichen Bescheinigung des Grundes für die Dienstverhinderung durch den Vorgesetzten könne sowohl im Einzelfall als auch generell erfolgen. Das "Verlangen des Vorgesetzten" nach § 31 Abs. 1 DO 1994 sei eine Weisung im Rechtssinn, die schriftlich oder mündlich ergehen könne.

5 Im vorliegenden Fall sei dem Revisionswerber für ihn erkennbar eine Weisung erteilt worden, die für ihn grundsätzlich bindend gewesen sei, sei sie doch weder von einem unzuständigen Organ erteilt worden, noch verstoße ihre Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften. Hätte der Revisionswerber rechtliche Bedenken gegen den Inhalt der in Rede stehenden Anordnung gehabt, hätte er - neben der Geltendmachung eines Feststellungsinteresses - allenfalls von seinem Remonstrationsrecht Gebrauch zu machen gehabt, was er jedoch nicht getan habe. Die Weisung beruhe auch nicht auf Willkür, knüpfe doch § 31 Abs. 1 DO 1994 ein solches Verlangen des Vorgesetzten nach unverzüglicher Bescheinigung an keine Begründung. Im Hinblick auf das zum Zeitpunkt der Weisungserteilung gegen den Revisionswerber anhängige Disziplinarverfahren unter anderem wegen Erschleichung von Arbeitszeit sei die Weisung vielmehr sachlich gerechtfertigt.

6 Komme der Beamte den sich aus § 31 Abs. 1 DO 1994 ergebenden Verpflichtungen nicht nach, gelte gemäß § 31 Abs. 4 DO 1994 die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt. Gemäß § 32 Abs. 1 DO 1994 verliere ein Beamter, der eigenmächtig und unentschuldigt dem Dienst fernbleibe, für die Zeit einer solchen Abwesenheit den Anspruch auf sein Diensteinkommen. Ein Verstoß gegen die Bescheinigungspflicht mache die Abwesenheit vom Dienst kraft Gesetztes zu einer nicht gerechtfertigten mit allen daran geknüpften Konsequenzen. Im gegenständlichen Fall sei dem Revisionswerber eine unverzügliche Erfüllung der Weisung auch zumutbar und möglich gewesen.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit seiner Revision in diesem Zusammenhang im Wesentlichen aus, dass im vorliegenden Fall die schriftliche Weisung, eine ärztliche Bescheinigung zur Dienstverhinderung durch Krankheit bereits am ersten Tag vorzulegen, mangels ausreichender Gründe hiefür rechtswidrig gewesen sei. Eine Remonstrationspflicht bestehe nur gegenüber mündlich erteilten Weisungen, sodass es auch nicht schade, dass der Revisionswerber weder remonstriert noch einen Feststellungsbescheid über die allfällige Rechtswidrigkeit der schriftlich erteilten Weisung begehrt habe. Der Eintritt besoldungsrechtlicher Konsequenzen nach § 13 Abs. 3 Z 2 Gehaltsgesetz (GehG) werde zudem bereits dadurch ausgeschlossen, dass dem Vorgesetzten trotz verspäteter Vorlage einer Bestätigung über die Krankheit, die krankheitsbedingten Umstände bekannt gewesen seien, sodass er entsprechende Vorkehrungen für eine Vertretung habe treffen können. Auch führe ein bloß kurzfristiges Überschreiten der Bescheinigungsfrist nicht zum Eintritt von besoldungsrechtlichen Folgen, wenn dadurch die Kontrollmöglichkeit der Dienstbehörde nicht wesentlich beeinträchtigt werde. Der Revisionswerber habe seine Dienststelle noch am ersten Tag seines Krankenstands von seiner krankheitsbedingten Abwesenheit verständigt und die Krankenstandbescheinigung am 18. November 2014 vorgelegt.

9 Mit diesem Vorbringen wird ein Abweichen des Verwaltungsgerichts von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs schon deshalb nicht aufgezeigt, weil die vom Revisionswerber zu diesem Zweck angeführten Erkenntnisse vom 26. Mai 1999, 93/12/0320, und (vom 17. Februar 1993), 91/12/0165, zu bundesgesetzlichen Bestimmungen ergangen sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits wiederholt zu nach der Dienstordnung 1994 zu beurteilenden Sachverhalten ausgesprochen, dass sich § 31 DO 1994 und § 32 DO 1994 nicht unwesentlich von § 51 Abs. 2 BDG 1979 und § 13 Abs. 3 Z 2 GehG (nun: § 12c Abs. 1 Z 2 GehG) unterscheiden, sodass die Aussagen der zu den genannten bundesgesetzlichen Bestimmungen ergangenen Judikatur nicht ohne weiteres herangezogen werden können (siehe etwa das Erkenntnis vom 30. September 1996, 96/12/0068, mwN).

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem - unter ausdrücklicher Ablehnung der vom Revisionswerber zitierten Literaturmeinung - bereits festgehalten, dass das Remonstrationsrecht auch gegen schriftliche Weisungen besteht (siehe das Erkenntnis vom 30. März 1989, 86/09/0110, VwSlg 12.894 A/1989; ihm folgend das zur Steiermärkischen Dienstpragmatik ergangene vom 25. März 1998, 94/12/0241, sowie jenes vom 19. März 2003, 2000/12/0110). Des Weiteren hat die Dienstbehörde (und das Verwaltungsgericht) nur die Frage, ob eine "willkürliche", nämlich qualifiziert fehlerhafte Weisung vorlag, die zu ihrer Rechtsunwirksamkeit führt und daher auch nicht zu befolgen ist, in jenem dienst- oder besoldungsrechtlichen Verfahren zu prüfen und zu beurteilen, dessen Gegenstand die Entscheidung über eine aus dem Verstoß gegen eine solche Weisung abgeleitete Rechtsfolge ist. Hingegen ist die Frage, ob eine rechtswirksam ergangene Weisung rechtmäßig ist, in einem solchen Verfahren nicht zu prüfen, weil auch eine (schlicht) gesetzwidrige Weisung zu befolgen ist und daher die nach dem Gesetz daran geknüpften Folgen auslöst (siehe das Erkenntnis vom 29. Jänner 2014, 2012/12/0152). Die Verneinung von Willkür bei Erteilung der in Rede stehenden Weisung durch das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall aus den oben dargestellten Gründen ist ferner jedenfalls nicht unvertretbar, wird doch auch in der Revision noch eingeräumt, dass der Grund für die Weisungserteilung in der mangelnden Zuverlässigkeit des Revisionswerbers bei der Einhaltung seiner Dienstzeit lag und ihr Ziel die Verhinderung des Missbrauchs von Krankenständen mit einer Dauer von weniger als drei Tagen war. Die verlangte zeitliche Nähe der Bescheinigung zur (behaupteten) Dienstverhinderung soll es nicht zuletzt der Dienstbehörde auch ermöglichen, bei gegebenen Bedenken gegen die vom Beamten angebotenen Bescheinigungsmittel (etwa die ärztliche Bestätigung) oder sonst aus Anlass dieser Bescheinigung umgehend eine ärztliche Untersuchung im Sinn des § 31 Abs. 2 DO 1994 anzuordnen (siehe das Erkenntnis vom 30. September 1996, 96/12/0068). Diese Möglichkeit wird der Dienstbehörde jedenfalls dann genommen, wenn - wie im vorliegenden Fall - weisungswidrig eine Erkrankung erst nach Wiedergenesung bescheinigt wird.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weshalb die Revision in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.

Wien, am 19. Oktober 2016

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