VwGH AW 2011/07/0053

VwGHAW 2011/07/00538.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Z GmbH, vertreten durch O - H Rechtsanwälte GmbH, der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 26. Juli 2011, Zl. WA1-W-42967/001-2010, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag nach § 50 WRG 1959 iVm § 138 Abs. 1 lit. a leg. cit. (mitbeteiligte Parteien: 1. K, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt, 2. Marktgemeinde T und 3. G), erhobenen und zur hg. Zl. 2011/07/0221 protkollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §30 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §50;
VwGG §30 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §50;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem vorliegend angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juli 2011 wurden der X GmbH (zu 25%), der erstmitbeteiligten Partei (zu 40%), der zweitmitbeteiligten Partei (zu 15%) und der drittmitbeteiligten Partei (zu 20%) unter prozentueller Aufteilung der Kostentragung die folgenden Instandhaltungsarbeiten an einem näher bezeichneten Werkskanal aufgetragen:

"1. Das Gewölbe im Bereich des Gst. 566 (…) ist zu entlasten und der Gewölbequerschnitt zu sanieren.

2. Die Frostschäden beim Auslaufportal des unterirdischen Werkskanals in Richtung Unterwerkskanal sind bis spätestens 30. November 2010 ordnungsgemäß zu sanieren. Dies ist von einem hiezu Befugten zu bestätigen.

3. Die Bäume im Böschungsbereich, welche in Richtung Werkskanal lehnen und bei einer Entwurzelung in den Werkskanal fallen würden, sind bis spätestens 31. Dezember 2011 zu entfernen.

4. Das beschädigte Streichwehr im Bereich des Kinderspielplatzes ist bis spätestens 30. November 2010 wiederherzustellen. Die ordnungsgemäße Ausführung der Sanierung ist von einem hiezu Befugten zu bestätigen."

Dazu führte die belangte Behörde (u.a.) aus, dass der gegenständliche Werkskanal von der X GmbH als Wasserberechtigten an einer näher bezeichneten Wasserkraftanlage zu einem Drittel und von der erstmitbeteiligten Partei als Wasserberechtigten an einer anderen Wasserkraftanlage zu zwei Dritteln zu erhalten sei. Ferner sei an der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 3. August 2010, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Mai 2011 bestätigt worden sei, zu Gunsten der erstmitbeteiligten Partei wasserrechtlich bewilligten Wasserkraftanlage der X GmbH, der zweitmitbeteiligten Partei und der drittmitbeteiligten Partei gemäß § 19 WRG 1959 ein Mitbenutzungsrecht erteilt worden, wobei diesen Mitbenutzungsberechtigten ein prozentueller Anteil der Kosten der Herstellung und Instandhaltung einschließlich der Aufsicht und Wartung aufgetragen worden sei. Gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 8. September 2010 habe die X GmbH Berufung erhoben. Wenn im Zuge des Berufungsverfahrens von der Y GmbH und der beschwerdeführenden Partei mit Schriftsatz vom 25. Februar 2011 mitgeteilt worden sei, dass aus der X GmbH als übertragenden Gesellschaft (unter deren Fortbestand) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 17 Spaltungsgesetz ein Teil des Vermögens auf die Y GmbH übergegangen sei, die X GmbH als übernehmende Gesellschaft mit der Z GmbH als übertragenden Gesellschaft verschmolzen sei und der Firmenname anstelle X GmbH seit dem Verschmelzungsvertrag vom 24. Jänner 2011 nunmehr "Z GmbH" laute, sodass auf Grund der Gesamtrechtsnachfolge ein Parteiwechsel auf Seite der Berufungswerberin vorliege und die Y GmbH anstelle der Z GmbH (vormals X GmbH) in das Verfahren eintrete, so sei die Z GmbH als Rechtsperson weiterhin existent und habe sich lediglich der Firmenname geändert. Nach den allgemeinen Verfahrensrechtsgrundsätzen sei es nicht der Disposition einer Rechtsperson überlassen, ihre Parteistellung durch Vereinbarung an eine andere Person weiterzugeben. Ein Parteiwechsel in dieser Form sei im AVG nicht vorgesehen und nicht möglich. Auf Grund der mitgeteilten Änderung des Firmenwortlautes sei daher nunmehr an die Z GmbH (die beschwerdeführende Partei) zuzustellen.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei zusammengefasst geltend, dass mit dem zwischen der Y GmbH und der beschwerdeführenden Partei abgeschlossenen Spaltungs- und Übernahmsvertrag vom 24. Jänner 2011 u.a. das gegenständliche Kraftwerk der beschwerdeführenden Partei auf die Y GmbH als übernehmende Gesellschaft übertragen, die Abspaltung am 12. Februar 2011 im Firmenbuch eingetragen, mit Verschmelzungsvertrag vom 24. Jänner 2011 die (fortbestehende) beschwerdeführende Partei als übernehmende Gesellschaft mit der Z GmbH als übertragenden Gesellschaft verschmolzen und die Firma auf jene der beschwerdeführende Partei geändert worden sei. Dieser Parteiwechsel sei der belangten Behörde mit gemeinsamer Eingabe der Y GmbH und der beschwerdeführenden Partei vom 25. Februar 2011 angezeigt und dabei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass nunmehr die Y GmbH Berufungswerberin sei, welchem Verfahrenseintritt die beschwerdeführende Partei ausdrücklich zugestimmt habe. Die belangte Behörde hätte daher die Y GmbH als Partei des Verfahrens ansehen und ihr gegenüber den angefochtenen Bescheid erlassen müssen. Dadurch, dass die belangte Behörde die Rechtswirkungen der Gesamtrechtsnachfolge verkannt habe, habe sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit, zumindest jedoch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Zu ihrem mit der vorliegenden Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, brachte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, dass die erstinstanzliche Behörde angenommen habe, dass die Baumängel, deren Behebung beauftragt worden sei, ohne Sanierungsmaßnahmen zu Überflutungen von angrenzenden Grundstücken und damit einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen könnten, wobei sie sich auf das in der Verhandlung vom 21. Juli 2010 erstattete Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen gestützt habe. Nach dessen Aussagen sei zwar möglicherweise von einem öffentlichen Interesse an den aufgetragenen Maßnahmen auszugehen, dieses sei jedoch keinesfalls so zwingend, dass es eine sofortige Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit erfordern würde. Es lägen daher keine zwingenden öffentlichen Interessen an einer sofortigen Umsetzung des angefochtenen Bescheides vor. Nach einer Kostenschätzung der beschwerdeführenden Partei belaufe sich der Aufwand für die aufgetragenen Instandhaltungsarbeiten auf EUR 110.000,--. Da § 50 Abs. 5 WRG 1959 eine Ausfallshaftung anordne, sei der Umstand, dass die beschwerdeführende Partei nach dem genannten Aufteilungsschlüssel nur ein Anteil von 25% treffe, nicht zu berücksichtigen. Bei dem Vollzug des angefochtenen Bescheides müsste sie Maßnahmen an einem Werkskanal setzen, obwohl sie das für die Instandhaltungspflicht als maßgeblich angesehene Kleinkraftwasserkraftwerk nicht betreibe (und nicht betreiben dürfe) und für sie demgemäß mit dieser Anlage keinerlei Nutzen verbunden sei. Ihr Aufwand wäre bei Obsiegen im gegenständlichen Verfahren frustriert, weil sie dann "im Ersatzbescheidverfahren nicht mehr verpflichtet werden kann und ein allfälliger zivilrechtlicher Regress für die Kosten von bereits gesetzten Maßnahmen gegenüber den sonstigen verpflichteten wohl ausscheidet, da nach Aufhebung des Bescheides auch deren Verpflichtung zur Durchführung der Maßnahmen wegfällt". Der Aufwand für die Umsetzung der angeordneten Maßnahmen wäre im Übrigen auch deswegen frustriert, weil die Kosten nicht auf die Endverbraucher, in diesem Fall den Netzbenutzer, überwälzt werden dürften. Gemäß § 42 Abs. 3 ElWOG 2010 iVm § 55 WElWG 2005 - diese Bestimmungen setzten die auf Verteilernetzbetreiber bezogenen Entflechtungsbestimmungen der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie Rl. 2009/72/EG um ("unbundling") - sei der beschwerdeführenden Partei der Betrieb von Erzeugungsanlagen untersagt, wozu auch der Betrieb des gegenständlichen Kleinwasserkraftwerkes zähle. An diesem Verbot würde nicht nur die Überwälzung der Kosten für die Erfüllung der angeordneten Maßnahmen auf die Netznutzer scheitern, sondern die beschwerdeführende Partei würde damit auch in die Rolle einer Kraftwerksbetreiberin gedrängt werden, welche Tätigkeit sie nach den genannten Bestimmungen gar nicht ausüben dürfe.

Die belangte Behörde erstattete zu diesem Aufschiebungsantrag die Stellungnahme vom 25. Oktober 2011, worin sie vorbrachte, dass einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ein zwingendes öffentliches Interesse entgegenstehe. So liege dieses zwingende öffentliche Interesse darin, dass es zu einem gänzlichen Verschluss infolge Einstürzens des Gerinnegewölbes kommen könne (die Statik sei fraglich und das Mauerwerk brüchig) und dadurch jedenfalls weiträumige Ausuferungen auf angrenzende Grundstücke zu erwarten seien. Auch Gefahren für Verkehrswege seien dann sehr wahrscheinlich. Durch die aufgetragene Sanierung (Ausbessern der Gewölbewände) könne der Eintritt dieses Ereignisses verhindert werden. Ein weiteres Zuwarten erhöhe die Gefahr des Ereigniseintrittes. Aus fachlicher Sicht sei bereits im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides Handlungsbedarf insbesondere hinsichtlich des Gewölbes vorhanden gewesen. Auch sei kein unverhältnismäßiger Nachteil durch die Kosten des Vollzuges gegeben.

Die erstmitbeteiligte Partei beantragte in ihrer Stellungnahme vom 27. Oktober 2011 die Abweisung des Aufschiebungsantrages und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass ein unverhältnismäßiger Nachteil für die beschwerdeführende Partei nicht zu erkennen sei, weil ungeachtet des Umstandes, dass die Kostenschätzung mit EUR 110.000,-- zu hoch gegriffen sei, die beschwerdeführende Partei letztlich davon nur 25% treffen würden, welchen Betrag ein Unternehmen, wie die beschwerdeführende Partei, in der Regel aus "der Portokasse" bezahle. Im Übrigen hätte sie bei Zahlung dieses Betrages im Zusammenhang mit dem vorgelegten Spaltungs- und Übernahmsvertrag auf Grund des Spaltungsgesetzes einen Regressanspruch gegenüber der übernehmenden Gesellschaft Y GmbH. Ein unverhältnismäßiger Nachteil liege daher nicht vor. Auch seien die im öffentlichen Interesse gelegenen Instandhaltungsmaßnahmen dringlich, was die teilweise kurze Fristsetzung für die umfassenden Maßnahmen zeige.

Die übrigen mitbeteiligten Parteien haben keine Stellungnahme abgegeben.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Hiebei hat der Beschwerdeführer - unabhängig von der Frage, ob einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen - im Aufschiebungsantrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg.Nr. 10.381/A). Ferner ist im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Demzufolge hat der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich von den Annahmen der belangten Behörde auszugehen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 23. Mai 2007, Zl. AW 2007/07/0021, mwN).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die auf ein Gutachten des im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen wasserbautechnischen Amtssachverständigen gestützte Auffassung der erstinstanzlichen Behörde, dass es ohne Sanierungsmaßnahmen am Werkskanal zu Überflutungen von angrenzenden Grundstücken kommen könne, bestätigt. Dass diese Sachverständigenausführungen von vornherein unrichtig oder unschlüssig seien, ist nicht zu erkennen. Davon ausgehend kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie in ihrer Stellungnahme zum Aufschiebungsantrag die Ansicht vertritt, dass einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen. Abgesehen davon ist es der beschwerdeführenden Partei mit ihrem Vorbringen auch nicht gelungen, einen unverhältnismäßigen Nachteil im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG darzutun, unterlässt sie es doch, die Auswirkungen solcher Kosten auf ihre finanziellen Verhältnisse näher darzustellen (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 21. Juli 2010, Zl. AW 2010/07/0019, mwN).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 8. November 2011

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