Normen
AVG §13a
GewO 1973 §356 Abs3
GewO 1973 §74 Abs2 Z1
GewO 1973 §74 Abs2 Z2
GewO 1973 §74 Abs2 Z3
GewO 1973 §74 Abs2 Z5
GewO 1973 §75 Abs2
GewO 1973 §75 Abs2 Satz2
GewO 1973 §77 Abs1
GewO 1973 §77 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1988040073.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,‑‑ und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.510,‑‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 14. Jänner 1987 wurde der mitbeteiligten Partei die Änderung der Betriebsanlage (Erweiterung der Abwasserreinigungsanlage) durch Errichtung von Schlammentwässerungseinrichtungen, eines Phosphorsäurebehälters und eines Neutralisationsteiches im Standort U , Stadtgemeinde V, im Grunde des § 81 GewO 1973 unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt.
Gleichzeitig wurde angeordnet, daß die geänderte Betriebsanlage (Abwasserreinigungsanlage) erst auf Grund einer Bewilligung in Betrieb genommen werden dürfe und daß in diesem Zusammenhang ein Probebetrieb bis längstens 30. Juni 1988 zugelassen werde.
Gegen diesen Bescheid erhoben u.a. die nunmehrigen Beschwerdeführer Berufung, der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 14. April 1987 keine Folge gegeben wurde. Zur Begründung führte der Landeshauptmann aus, in der Berufung werde vorgebracht, der erstbehördliche Bescheid sei unvollständig, da insbesondere die Frage der Klärschlammentsorgung nicht geklärt sei, da nicht geprüft worden sei, ob die Versuchsflächen für den Schlamm als Bindemittel bzw. Flächen für die Lagerung von Klärschlamm vorhanden seien und weil auch über die Beschaffenheit keine Aussage habe gemacht werden können. Weiters sei hinsichtlich der Lagerung des Klärschlammes keine Auflage zum Schutz des Grundwassers vor Verunreinigungen vorgeschrieben worden. Es sei damit zu rechnen, daß der Klärschlamm Giftstoffe enthalte, die eine Grundwasserverunreinigung bewirken könnten, sodaß es auch zu einer lebensbedrohenden Belastung der Feldfrucht kommen könne. Die von den Beschwerdeführern aufgeworfenen Fragen hinsichtlich der Entsorgung des anfallenden Klärschlammes bzw. der Zusammensetzung des Klärschlammes seien bereits in der dem erstbehördlichen Bescheid zugrundeliegenden Verhandlung von den zuständigen Sachverständigen behandelt worden und es sei in diesem Zusammenhang die Erteilung der Betriebsbewilligung vorbehalten sowie ein Probebetrieb bis 30. Juli 1988 angeordnet worden. Den diesbezüglichen Ausführungen des erstbehördlichen Bescheides hinsichtlich des Probebetriebes sei nichts hinzuzufügen. Im zweiten Teil ihrer Berufungen hätten die Beschwerdeführer lediglich Einwendungen betreffend Grundwasserverunreinigung, die durch die Schlammentwässerung bzw. die Lagerung des Klärschlammes befürchtet werde, erhoben. Diese Schlammentwässerung sei in einem untrennbaren Zusammenhang mit der betrieblichen Abwasserbeseitigungsanlage zu sehen, wobei für diese Gesamtanlage eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich und die erste Ausbaustufe bereits mit Bescheid des Bundesministers für Land‑ und Forstwirtschaft vom 29. Juli 1983 genehmigt worden sei. Da gemäß § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973 nachteilige Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer nur dann wahrzunehmen seien, wenn nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben sei, was im vorliegenden Fall zutreffe, seien die Einwendungen bezüglich einer eventuellen Grundwassergefährdung im gewerblichen Betriebsanlagenverfahren nicht zu berücksichtigen.
Über die auch gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer erkannte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 20. Jänner 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 dahin, daß der zweitbehördliche Bescheid behoben und gleichzeitig die Berufungen u.a. der Beschwerdeführer mangels Parteistellung gemäß § 356 Abs. 4 GewO 1973 in Verbindung mit § 359 Abs. 3 leg. cit. zurückgewiesen würden. Dieser Ausspruch wurde damit begründet, in ihren Berufungen hätten die Beschwerdeführer im wesentlichen ausgeführt, daß die Entsorgung des anfallenden Klärschlammes bzw. dessen Zusammensetzung noch immer nicht geklärt worden sei, weshalb auch die Zulassung eines Probebetriebes unzweckmäßig wäre. Die zum Schutz der Nachbarschaft erforderlichen Auflagen zur Vermeidung von Immissionen seien nicht vorgeschrieben worden und es sei ‑ insbesondere im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid ‑ nicht auf die Gefahr einer Grundwasserverunreinigung und der sich daraus ergebenden Schädigung der landwirtschaftlichen Flächen eingegangen worden. In der daraufhin von der Gewerbebehörde dritter Instanz geforderten Konkretisierung der Berufungsausführungen habe der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführer nochmals klargestellt, daß durch das Versickern und Durchdringen des Erdreiches mit chemischen Substanzen, deren Zusammensetzung die Behörde nicht ausreichend erhoben habe, sowohl das Grundwasser als auch das Erdreich im hohen Ausmaß geschädigt würden. Des weiteren sei mit Beeinträchtigungen der Gesundheit und des Eigentums der Nachbarn zu rechnen; dies betreffe insbesondere die Familie G, die auf einem von der Erstbeschwerdeführerin verpachteten Grundstück eine Schweinezucht betreibe. Darüber hinaus seien auch die Arbeiter der landwirtschaftlichen Brennerei und einer in der Nähe befindlichen Zinkerei von einer Geruchs‑ und Staubbelästigung bedroht. Wesentlich sei aber die Beeinträchtigung des Grundwassers und die damit verbundene Pflanzenschädigung. Hiezu führte der Bundesminister ‑ unter Bezugnahme auf die Bestimmungen der §§ 74 Abs. 2, 75 Abs. 1, 81 und 356 Abs. 3 sowie 359 Abs. 4 GewO 1973 ‑ aus, den Akten des Administrativverfahrens sei zu entnehmen, daß die Liegenschaften der Beschwerdeführer an das Grundstück, auf der sich die Betriebsanlage befinde, angrenzten. Auf diesen ‑ überwiegend als „Grünland“ gewidmeten ‑ Liegenschaften seien keine Wohngebäude der Beschwerdeführer errichtet. Es könne somit eine Belästigung der Beschwerdeführer durch Geruch „ad personam“ gar nicht gegeben sein und es sei auch in der Verhandlung vor der Behörde erster Instanz nur eine Geruchsbelästigung der „umliegenden Bewohner“ eingewendet worden. Eine Vertretung anderer Personen insbesondere der Familie G (die gegen die Änderung der Betriebsanlage keine Einwände vorbringe), sei jedoch nicht gegeben und es sei eine solche Vertretung unter Namensnennung etwaiger „umliegender Bewohner“ auch nicht behauptet worden. Einwendungen hinsichtlich der Arbeitnehmer eines benachbarten Betriebes seien im Verfahren der Behörde erster Instanz nicht erhoben worden. Soweit jedoch die Beeinträchtigung des Grundwassers und der damit verbundenen Schädigung der Pflanzen auf den landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften der Beschwerdeführer eingewendet worden sei, werde auf die im wesentlichen zutreffenden Ausführungen des zweitbehördlichen Bescheides verwiesen. Da nach den wasserrechtlichen Vorschriften eine wasserrechtliche Bewilligung für die gegenständliche Änderung der Betriebsanlage erforderlich sei, sei es der Gewerbebehörde gemäß § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973 verwehrt, zu beurteilen, ob eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer zu erwarten sei. Zu der durch die behauptete Verseuchung des Grundwassers befürchteten Schädigung der Feldfrüchte werde bemerkt, daß unter Gefährdung des Eigentums im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums (§ 75 Abs. 1 leg. cit.) ‑ und nur eine solche wäre bei einer allfälligen Beeinträchtigung der landwirtschaftlich genutzten Flächen gegeben ‑ nicht zu verstehen sei. Die diesbezüglichen Ersatzansprüche wären in einem zivilgerichtlichen Verfahren geltend zu machen. Da somit die Beschwerdeführer im Verfahren der Behörde erster Instanz keine Einwendungen im Sinne der Bestimmungen des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2 3 oder 5 erhoben hätten, hätten sie auch keine Parteistellung erlangt. Die Ansicht, den Beschwerdeführern komme allein auf Grund der Tatsache, daß ihre Liegenschaften an jene der mitbeteiligte Partei angrenzten, die Stellung als Verfahrenspartei zu, wie dies etwa in der Berufung gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz zum Ausdruck gebracht worden sei, entspreche nicht der Rechtslage. Da jedoch das Recht der Berufung nur denjenigen Nachbarn zukomme, die Parteistellung erlangt hätten (§ 359 Abs. 4 GewO 1973), sei der zweitbehördliche Bescheid zu beheben und die Berufungen gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz mangels Parteistellung zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde erstattete ‑ gleichwie die mitbeteiligte Partei ‑ eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachten sich die Beschwerdeführer in dem Recht auf meritorische Entscheidung über ihre Berufungen verletzt. Sie bringen hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, sie seien Eigentümer der Liegenschaften, die an das Betriebsgelände der mitbeteiligten Partei angrenzten. Die mitbeteiligte Partei habe ihre Betriebsanlage im Standort erweitert und strebe die gewerbebehördliche Genehmigung dieser Änderung an. Durch die Änderung der Anlage ergäben sich nachteilige Einwirkungen und Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1973. Sie gefährde ihre Gesundheit und ihr Eigentum (§ 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973), belästige sie durch Geruch (§ 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973) und sei auch geeignet, eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen (§ 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973). Diese negativen Auswirkungen der Anlagenänderung hätten sie schon im gewerbebehördlichen Verfahren erster Instanz geltend gemacht. Sie hätten bei der Augenscheinsverhandlung am 11. Dezember 1986 vorgebracht, daß 1) die Zusammensetzung des beim Betrieb der geänderten Anlage anfallenden Klärschlammes nicht bekannt sei, daß darüber hinaus nicht abgeklärt sei, ob jener Schlamm, der bisher in die P gelangt sei, jemals einer landwirtschaftlichen Verwertung zugeführt werden könne und daß das für die Lagerung des Schlammes in Aussicht genommene Betriebsgelände sowohl nach seiner Ausdehnung als auch im Hinblick auf eine mangelnde Genehmigung völlig ungeeignet zur Lagerung des Schlammes sei, 2) daß keinerlei Vorkehrungen gegen Geruchsbelästigung getroffen worden seien und daß die Belästigung umliegender Bewohner schon durch die Windverfrachtung gegeben sei und ferner 3) ungeklärte Abwässer in den Z Graben abgeleitet würden. Gegen den die Anlagenänderung genehmigenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 14. Jänner 1987 hätten sie in gleichlautenden Schriftsätzen Berufung an die Behörde zweiter Instanz erhoben und u.a. vorgebracht, daß durch die Lagerung des Klärschlammes insofern eine erhebliche Gefahr drohe, als anzunehmen sei, daß in dem Schlamm Giftstoffe enthalten seien, die in das Grundwasser und sohin auch in die Feldfrucht gelangten. Es könne daher eine lebensbedrohende Belastung der Feldfrüchte mit Giftstoffen eintreten. Nach Abweisung ihrer Berufungen durch den Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 14. April 1987 seien sie mit Schreiben vom 10. Juli 1987 von der belangten Behörde aufgefordert worden, die Berufung insofern zu konkretisieren, als dargelegt werden möge, in welchem Punkt des § 74 Abs. 2 GewO 1973 ihre Interessen verletzt würden. Sie hätten daraufhin nochmals ausgeführt, daß durch die von der geänderten Anlage ausgehenden Beeinträchtigungen eine Gesundheits‑ und Eigentumsgefährdung der Nachbarn gemäß § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973, eine Geruchsbelästigung der Nachbarn gemäß § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 und eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer gemäß § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973 verwirklicht würden. Ausgehend von dieser Verfahrenslage erweise sich die Rechtsauffassung der belangten Behörde aus folgenden Gründen als unrichtig: Gemäß § 356 Abs. 4 i.V.m. § 359 Abs. 3 GewO 1973 stehe das Recht der Berufung in gewerbebehördlichen Verfahren nur den Nachbarn zu, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1973 erhöben. Einwendungen in diesem Sinne lägen nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vor, wenn die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend gemacht werde. Dem betreffenden Vorbringen müsse entnommen werden können, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet werde. Es müsse festzustellen sein, ob es sich um ein subjektives öffentliches oder subjektives Privatrecht handle. Aus ihrem Vorbringen bei der Augenscheinsverhandlung gehe eindeutig hervor, daß sie die Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte geltend gemacht hätten. Sie hätten darüber hinaus eine weitergehende Spezifizierung vorgenommen, in der sie ausdrücklich eingewendet hätten, daß eine Geruchsbelästigung und schädliche Einwirkungen auf die Gewässer gegeben seien (§ 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973). Mit den Ausführungen betreffend die Schädigung des Bodens durch die Ablagerung von Klärschlamm sei eine Eigentumsgefährdung im Sinne des § 74 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 geltend gemacht worden. Dies sei eindeutig schon aus dem Wortlaut ihres Vorbringens zu schließen. Dazu sei im Verfahren zweiter Instanz insofern eine Konkretisierung erfolgt, als in der Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich ausdrücklich von der Verwirklichung des Tatbestandes des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 die Rede gewesen sei. Die im Instanzenzug vorgenommenen Konkretisierungen seien zur Interpretation der Erklärungen in der Augenscheinsverhandlung heranzuziehen. Entgegen der unrichtigen Rechtsauffassung der belangten Behörde hätten sie daher bei der Augenscheinsverhandlung qualifizierte Einwendungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 und 5 GewO 1973 erhoben. Es sei unrichtig, daß sie eine Geruchsbelästigung im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 nicht geltend machen könnten, da sich ihr Wohngebäude nicht in der Nähe der Anlage befinde. Wie der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen (Slg. N.F. Nr. 10874/A, u.a.) ausgesprochen habe, hätten die Eigentümer das im § 75 Abs. 2 zweiter Satz, erster Satzteil GewO 1973 aufgestellte Erfordernis des nicht (bloß) vorübergehenden Aufenthaltes im Nahbereich der Betriebsanlage nicht zu erfüllen. Der Eigentümer könne den betreffenden Nachbarschutz geltend machen, wenn der Eintritt einer persönlichen Gefährdung oder Belästigung im Hinblick auf einen, auch nur vorübergehenden Aufenthalt möglich erscheine. Daß eine Geruchsbelästigung der Beschwerdeführer möglich sei, gehe aus deren Vorbringen bei der Augenscheinsverhandlung klar hervor. Da die Beschwerdeführer nicht selbst dort wohnten, sei ihre Belästigung durch Geruch mit dem Hinweis auf die Geruchsbelästigung der „umliegenden Bewohner“ hinlänglich geltend gemacht worden. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß in einer „Beeinträchtigung der landwirtschaftlich genutzten Fläche“ allenfalls eine Minderung des Verkehrswertes erblickt werden könne, die gemäß § 75 Abs. 1 GewO 1973 von den Eigentümern hingenommen werden müsse, sei jedenfalls unrichtig. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner vorangeführten Entscheidung dargelegt, daß in einer Beeinträchtigung des Ertrages eines einem landwirtschaftlichen Betrieb dienenden Grundstückes eine Eigentumsgefährdung gelegen sein könne, wenn dadurch eine Substanzbedrohung bewirkt werde. Sie hätten im gewerbebehördlichen Verfahren wiederholt geltend gemacht, daß durch die Ablagerung des Klärschlammes ihre Liegenschaften in der Substanz bedroht würden. Die befaßten Verwaltungsbehörden hätten jedoch die Auswirkungen des Klärschlammes auf ihren Grund und Boden bisher nicht behandelt, weshalb das durchgeführte Verwaltungsverfahren auch den Verfahrensvorschriften widerspreche.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und sonstigen Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, Z. 1 das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden, Z. 2 die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen oder Z. 5 eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Nach § 75 Abs. 1 GewO 1973 ist unter Gefährdung des Eigentums im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums nicht zu verstehen. Im Grunde des § 75 Abs. 2 leg. cit. sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang bereits in seinem Erkenntnis vom 29. Oktober 1982, Slg. N.F. Nr. 10874/A, unter Bezugnahme auf das dort angeführte Vorerkenntnis dargelegt hat, haben die Eigentümer und sonstigen dinglichen Berechtigten das im § 75 Abs. 2 zweiter Satz, erster Satzteil GewO 1973 normierte Erfordernis des nicht (bloß) vorübergehenden Aufenthaltes im Nahbereich der Betriebsanlage zwar nicht zu erfüllen; der Eigentümer oder sonstige dingliche Berechtigte kann aber den seine Person betreffenden Nachbarschutz nur bei Zutreffen der im § 75 Abs. 2 erster Satz, erster Satzteil GewO 1973 enthaltenen Merkmale und daher jedenfalls nur unter Berufung auf Sachverhaltsumstände geltend machen, die den Eintritt einer ‑ persönlichen ‑ Gefährdung oder Belästigung in Hinsicht auf einen, wenn auch nur vorübergehenden Aufenthalt überhaupt möglich erscheinen lassen.
Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 sind im Verfahren nach Abs. 1 dieser Gesetzesstelle nur Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, Parteien, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.
Nach § 359 Abs. 4 GewO 1973 steht das Recht der Berufung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind.
Diese Rechtslage gilt auch uneingeschränkt in einem gemäß § 81 GewO 1973 durchzuführenden Verfahren über die gewerbebehördliche Genehmigung einer Betriebsanlage.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 16. April 1985, Slg. N.F. Nr. 11745/A, unter Bezugnahme auf seine dort angeführte weitere Rechtsprechung dargetan hat, liegt eine Einwendung im Sinne der vordargestellten Gesetzeslage nur dann vor, wenn der Beteiligte (hier: der Nachbar) die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muß jedenfalls entnommen werden können, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist. D.h. es muß auf einen oder mehrere der im § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1973, im Falle des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. auf einen oder mehrere der dort vorgeschriebenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder eine „in anderer Weise“ auftretende Einwirkung) abgestellt sein (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1985, Zlen. 84/04/0069, 0111, u.a.). Die Erlangung einer Parteistellung durch Nachbarn im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1973 setzt aber das Vorliegen derart qualifizierter Einwendungen voraus, weshalb auch in einem derartigen Fall von der Frage der Konkretisierung von Einwendungen durch späteres Vorbringen überhaupt erst ausgegangen werden könnte (vgl. hiezu sinngemäß auch das vorangeführte hg. Erkenntnis vom 16. April 1985, Slg. N.F. Nr. 11745/A).
Im vorliegenden Fall bezogen sich die Beschwerdeführer in ihrem Beschwerdeschriftsatz ausdrücklich auf ihr Vorbringen bei der hiefür maßgeblichen erstbehördlichen Augenscheinsverhandlung vom 11. Dezember 1986. Aus der hierüber aufgenommenen Niederschrift ‑ die in Ansehung ihrer Richtigkeit auch nicht etwa im Beschwerdeschriftsatz bemängelt wurde ‑ geht der Inhalt ihrer durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt erhobenen Einwendungen wie folgt hervor:
„Der Vertreter der Anrainer bringt zur Schlammentwässerungseinrichtung vor, daß keine konkreten Angaben über die Zusammensetzung des anfallenden Klärschlammes nach Elementen, organischen und anorganischen Verbindungen sowie Angaben über die genaue Anfallmenge und prozentuelle Angaben über die Entwässerung im Hinblick auf die anfallende Trockensubstanz und weiters auch keine Angaben über den Durchsatz nach m3 pro Tag vorliegen. Aus diesem Gesichtspunkt sind nach Auffassung der Anrainer die von den Sachverständigen vorher angeführten Auflagen und Bedingungen keinesfalls ausreichend, um negative Auswirkungen auf die Interessen der Anrainer hintanzuhalten. Schon aus diesem Grund sprechen sich die Anrainer gegen eine Genehmigung der Schlammentwässerungseinrichtung aus.
Darüber hinaus ist nicht abgeklärt, ob jener Schlamm, der nach den Ausführungen des Vertreters der Antragstellerin bisher in Form von Abwasser in die P gelangt ist, jemals einer landwirtschaftlichen Verwertung zugeführt werden kann.
Daneben ist die für die Lagerung des Schlammes in Aussicht genommene Fläche sowohl nach ihrer Ausdehnung als auch im Hinblick auf eine mangelnde Genehmigung völlig ungeeignet zur Lagerung des Schlammes zu dienen. Da derzeit in Österreich keine dafür geeignete Sonderdeponie existiert, muß die Frage der Lagerung des Schlammes unbeantwortet bleiben und kann auch aus dieser Sicht dem beantragten Projekt nicht zugestimmt werden.
Darüber hinaus sind nach den bisherigen Vorbringen keinerlei Vorkehrungen vor nachteiligen Auswirkungen durch Geruch getroffen oder auch nur projektiert. Die Belästigung umliegender Bewohner ist schon durch Windverfrachtung gegeben.
Weiters wurde beim durchgeführten Augenschein festgestellt, daß eine Anlage, die nach den Angaben des Vertreters der J AG als Versuchsanlage dient, ein Überlauf stattfindet. Die Abwässer werden ohne Klärung in den Z Graben abgeleitet.“
Ausgehend von dieser Sachlage kann der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden, wenn sie vom Mangel einer Parteistellung der Beschwerdeführer im zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren mangels Erhebung geeigneter qualifizierter Einwendungen im Sinne der oben dargestellten Rechtslage ausging. Sofern nämlich im besonderen Geruchsbeeinträchtigungen geltend gemacht wurden, geschah dies nach dem Inhalt der Niederschrift nur in Ansehung einer befürchteten „Belästigung umliegender Bewohner durch Windverfrachtung“. Daß die Beschwerdeführer im Hinblick auf die Art der im angefochtenen Bescheid festgestellten Nutzung ihrer Grundstücke nicht als „derartige“ Bewohner angesehen werden können, wird auch in der Beschwerde nicht bekämpft und es mangelt in diesem Zusammenhalt auch jeder sachverhaltsbezogene Hinweis, der im Sinne des vorzitierten hg. Erkenntnisses vom 29. Oktober 1982, Slg. N.F. Nr. 10874/A, den Eintritt einer ‑ persönlichen ‑ Gefährdung oder Belästigung in Hinsicht auf einen, wenn auch nur vorübergehenden Aufenthalt der Beschwerdeführer überhaupt möglich erscheinen ließen. Des weiteren ist aus diesem Vorbringen auch nicht zu entnehmen, inwiefern die Beschwerdeführer in entsprechend qualifizierter Form eine nach der dargestellten Gesetzeslage relevante Gefährdung ihres Eigentumsrechtes eingewendet hätten.
Sofern sich aber abgesehen davon die Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz auf eine mögliche Grundwasserverunreinigung und eine dadurch gegebene Belastung ihrer Feldfrüchte beziehen, ist darauf hinzuweisen, daß im Falle des Erfordernisses einer Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973, dem auch die Beschwerdeführer grundsätzlich nicht entgegengetreten sind, den Abspruchsgegenstand einer derartigen Genehmigung betreffende (mittelbare) Auswirkungen von der für die Genehmigung zuständigen Wasserrechtsbehörde zu beurteilen bzw. wahrzunehmen wären, weshalb einer derartigen Einwendung im gewerbebehördlichen Betriebsanlagenverfahren keine rechtliche Relevanz zukommt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1984, Zl. 84/04/0018).
Wenn sich die Beschwerdeführer in ihrer Äußerung zur Gegenschrift der mitbeteiligten Partei unabhängig von diesen Erwägungen darauf berufen, es sei bisher noch keine wasserrechtliche Genehmigung in Ansehung der gegenständlichen Betriebsanlage erfolgt bzw. eine allenfalls tatsächlich erfolgte bescheidmäßige wasserrechtliche Genehmigung sei als Sachänderung erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides eingetreten, so ist dem entgegenzuhalten, daß die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des 2. Satzteiles der Z. 5 des § 74 Abs. 2 GewO 1973 eine im Zeitpunkt des gewerbebehördlichen Abspruches bereits vorliegende wasserrechtliche Genehmigung nicht voraussetzt.
Schließlich führen die Beschwerdeführer in der vorangeführten Gegenäußerung noch aus, daß, wenn bereits die Behörde erster Instanz ihre Einwendungen mangels Parteistellung hätte zurückweisen wollen, sie verpflichtet gewesen wäre, entsprechende Vorhalte zu machen und Konkretisierung zu verlangen, weshalb, da die Zurückweisung erst von der belangten Behörde ins Auge gefaßt worden sei, die gegenüber der belangten Behörde gemachten Konkretisierungen so zu behandeln seien, als ob sie bereits in erster Instanz erfolgt wären.
Abgesehen davon, daß eine Anleitungspflicht im Sinne des S 13 a AVG 1950 nur gegenüber Personen besteht, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, und daß die Behörde die Partei im übrigen auch nicht belehren muß, wie sie ihr Vorbringen zu gestalten habe, damit ihrem Antrag stattgegeben werden könne (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1985, Zl. 84/01/0140), und daß eine in diese Richtung gehende Rüge nach den vorliegenden Akten des Verwaltungsverfahrens weder in dessen Zuge noch auch im Beschwerdeschriftsatz selbst erfolgte, wäre auch das nunmehrige Vorbringen in der Gegenäußerung nicht geeignet, die Grundlage für nach der bereits dargestellten Rechtslage relevanten Einwendungen zu bilden. Sofern nämlich die Beschwerdeführer in der Gegenäußerung ihr „Eigentum von im Nahebereich gelegenen, landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften“ geltend machen und ausführen, daß sie in dieser Eigenschaft durch die gegenständliche Betriebsanlage gefährdet und belästigt würden, und zwar auch bei nur vorübergehendem Aufenthalt, so genügt es, auf die bereits erfolgten Rechtsdarlegungen zu diesem Beschwerdeeinwand zu verweisen. Wenn sie sich aber weiter darauf berufen, daß ihnen auch der Schutz der „in unserem Betrieb tätigen Arbeitnehmer bzw. unseres Pächters und seiner Leute, die auf den landwirtschaftlich genutzten, gepachteten (und eigenen) Liegenschaften arbeiten und durchgehend tätig seien, wo der landwirtschaftliche Betrieb unseres Pächters geführt wird, der somit ebenfalls im Nahbereich der gegenständlichen Betriebsanlage liegt“ und daß dies umsomehr „für die beim Betrieb der von uns verpachteten landwirtschaftlichen Brennerei, der Zinkerei und der Schweinezucht der Familie G (sämtliche nur einige 100 Meter von der gegenständlichen Anlage entfernt) tätigen Personen“ zutreffe, weshalb sie Inhaber einer Einrichtung, in der sich regelmäßig Personen aufhielten und daher zufolge § 75 Abs. 2 letzter Satz GewO 1973 Partei seien, so käme auch diesem Vorbringen keine rechtliche Relevanz zu. Nach § 75 Abs. 2 zweiter Satz GewO 1973 gelten nämlich als Nachbarn die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen. Aus dem dargestellten, in dieser Hinsicht nicht näher konkretisierten Vorbringen geht aber nicht mit hinreichender Deutlichkeit hervor, inwiefern bzw. in welchem Umfang den Beschwerdeführern im Hinblick auf die bestehenden Pachtverhältnisse überhaupt Inhabereigenschaft im Sinne der angeführten Gesetzesstelle zukommen würde (vgl. sinngemäß zum Begriff des Inhabers die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 21. September 1977, Zl. 1823/76).
Die Beschwerde erweist sich sohin im Rahmen des für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Prüfungsverfahren maßgeblichen Beschwerdepunktes als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte vor allem auch unter Bedachtnahme auf das dargestellte Beschwerdevorbringen gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, 18. Oktober 1988
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)