Normen
AgrBehG 1950 §7 Abs2;
FlVfGG §34 Abs4 impl;
FlVfGG §35 Abs1 impl;
FlVfLG Vlbg 1979 §35 Abs2;
AgrBehG 1950 §7 Abs2;
FlVfGG §34 Abs4 impl;
FlVfGG §35 Abs1 impl;
FlVfLG Vlbg 1979 §35 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde in Verbindung mit dem angefochtenen Bescheid läßt sich folgender Sachverhalt entnehmen:
Mit Bescheid vom 22. April 1981 stellte die Agrarbezirksbehörde Bregenz gemäß § 35 Abs. 2 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes - FlVG., LGBl. Nr. 2/1979, fest,
1. daß die Mitglieder der Agrargemeinsaft A aufgrund alter Übung das Recht habe, in den Ausschlag neben anderen Viehgattungen auch Ziegen und zwar ohne besondere Hirtschaft aufzutreiben;
2. daß die Errichtung und die Erhaltung des Zaunes zwischen den privaten Maisäßgrundstücken und den gemeinschaftlich genutzten Liegenschaften (Ausschläge, Viehgassen) den Eigentümern der privaten Maisäßgrundstücke obliegt. Diese haben sich selbst gegen das im Ausschlag zugelassene Weidevieh auf geeignete Weise zu schützen;
3. daß die Zäunungspflicht zwischen den privaten Maisäßgrundstücken untereinander eine Angelegenheit des Zivilrechtes ist und nicht in die Zuständigkeit der Agrarbezirksbehörde fällt.
Aufgrund der Berufung des Mitbeteiligten - dieser ist ebenso wie die Beschwerdeführerin Mitglied der genannten Agrargemeinschaft - gegen Punkt 1 und 2 dieses Bescheides wurde mit Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Vorarlberger Landesregierung vom 26. Juni 1986 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 der erstinstanzliche Bescheid durch Aufhebung seines Spruchpunktes 2 abgeändert, im übrigen jedoch bestätigt. In Hinsicht der eben bezeichneten, im Zusammenhang mit der vorliegenden Beschwerde interessierenden Änderung wurde in der Begründung des Berufungsbescheides nach einem Hinweis auf § 84 und § 35 Abs. 2 FlVG ausgeführt, Voraussetzung für die Zuständigkeit der Agrarbehörde zur Entscheidung über Streitigkeiten sei unter anderem ein Streit zwischen Anteilsberechtigten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis. Darüber, wem die Errichtung und Erhaltung des Zaunes zwischen den privaten Maisäßgrundstücken und den gemeinschaftlich genutzten Liegenschaften obliege und ob die privaten Maisäßeigentümer sich selbst gegen das im Ausschlag zugelassene Weidevieh auf geeignete Weise schützen müßten, bestehe zwar zwischen zwei Personen - dem Mitbeteiligten und der Beschwerdeführerin -, die beide zufällig als Mitglieder der genannten Agrargemeinschaft angehörten, Streit, dieser sei aber kein solcher aus dem Mitgliedschaftsverhältnis; er betreffe nämlich neben der Agrargemeinschaft lediglich an deren Liegenschaft angrenzende Grundeigentümer, also Rechtspersonen, die nicht zugleich auch Mitglieder der Agrargemeinschaft sein müßten. Den Agrarbehörden fehle in dieser Hinsicht daher die Zuständigkeit zur Entscheidung, so wie dies in bezug auf Punkt 3 festgestellt worden sei.
Der Berufungsbescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Aufrechterhaltung des Punktes 2 des erstinstanzlichen Bescheides, zumindest insoweit, als davon die Privatgrundstücke des Mitbeteiligten betroffen seien, verletzt erachtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Instanzenzug ist im Beschwerdefall - anders als die Beschwerdeführerin annimmt, die die Beschwerde nur "vorsorglich" erhoben hat -, erschöpft (Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG § 27 VwGG), da es sich bei der vorliegenden Rechtssache nicht um eine Angelegenheit handelt, in der gemäß § 7 Abs. 2 des Agrarbehördengesetzes 1950 in der Fassung der Agrarbehördengesetznovelle 1974 die Anrufung des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft zulässig wäre; die Beschwerdeführerin führt für ihre abweichende Ansicht ohne nähere Begründung § 7 Abs. 2 Z. 4 und 5 dieses Gesetzes an, Bestimmungen, welche jedoch Angelegenheiten der Wald- und Weidenutzungsrechte (nicht: der agrargemeinschaftlichen Rechte) sowie der land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechte betreffen. Die Entscheidung über Streitigkeiten in bezug auf agrargemeinschaftliche Rechte gemäß § 35 FlVG und somit auch über die Frage, ob eine derartige Streitigkeit im Einzelfall überhaupt vorliegt, gehört nicht zu den von dieser Zuständigkeitsregelung erfaßten Rechtsgebieten.
In der Sache selbst ist die Beschwerdeführerin der Ansicht, Spruchpunkt 1 und 2 des erstinstanzlichen Bescheides bildeten eine untrennbare Einheit; die in Punkt 2 gelöste Frage der Zaunerrichtung und -erhaltung dürfe nicht allein unbeantwortet bleiben. Die Verpflichtung zur Errichtung geeigneter Zäune oder zur Duldung des Eindringens von Ziegen sei nur die Kehrseite des zu Punkt 1 festgestellten Rechtes. Was den Mitbeteiligten anlange, sei dieser - worauf es allein ankomme - unbestrittenermaßen Mitglied der in Rede stehenden Agrargemeinschaft.
Die Beschwerdeführerin bringt damit zum Ausdruck, die Agrarbehörden könnten nicht zur Feststellung nach Spruchpunkt 1 zuständig, nach Spruchpunkt 2 unzuständig sein; denn aus der Art der Lösung der erstbehandelten Frage ergebe sich jene der zweiten. Die Entscheidung in Hinsicht des Spruchpunktes 2 müsse daher ebenfalls das Gemeinschaftsverhältnis betreffen.
Diese Anschauung wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Von der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung her könnte eigentlich in der Aufhebung des Spruchpunktes 2 durch die belangte Behörde eine Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführerin schon deswegen nicht liegen, weil dessen Inhalt bereits aus Spruchpunkt 1 unmittelbar abzuleiten, seine Formulierung also entbehrlich und die Beschwerdeführerin nicht berechtigt wäre zu verlangen, daß überflüssiges eigens ausgedrückt wird. So verhält es sich jedoch nicht.
Die unter Spruchpunkt 1 getroffene Feststellung schließt nicht aus, daß einzelne oder alle Mitglieder der Agrargemeinschaft ungeachtet ihres Rechtes, Ziegen ohne Hirtschaft auftreiben zu dürfen, in irgendeiner Form an der Errichtung und/oder Erhaltung eines Zaunes zwischen den privaten und den gemeinschaftlich genutzten Flächen teilnehmen; es wäre auch möglich, daß Mitglieder der Gemeinschaft das ihnen im Sinne des Spruchpunktes 1 zustehende Recht aufgrund einer gedachten privatrechtlichen Verpflichtung nur in einem beschränkten Maß ausüben dürften, falls sie nicht selbst eine Verpflichtung zur Zaunerrichtung und/oder -erhaltung übernehmen.
Dazu kommt: die Agrarbehörden entscheiden gemäß § 35 Abs. 2 FlVG, wie im angefochtenen Bescheid richtig hervorgehoben, nur über Streitigkeiten, die "aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entstehen". Das heißt nicht, daß Streitigkeiten aller Art, wenn nur irgendein Bezug zum Mitgliedschaftsverhältnis besteht, etwa durch die Zugehörigkeit der Streitparteien zur Agrargemeinschaft, schon die Zuständigkeit der Agrarbehörden begründen könnten. Vielmehr muß die Streitigkeit das Mitgliedschaftsverhältnis selbst berühren. Die unterschiedliche Auffassung über die rechtmäßige Art der Ausübung eines agrargemeinschaftlichen Anteilsrechtes ist daher beispielsweise eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis weil dieses, wenn eine Klarstellung in jener Hinsicht fehlt, nicht im gesetzlich vorgesehenen Umfang rechtswirksam werden kann. Auswirkungen einer solchen Rechtsausübung auf private Nachbargrundstücke hingegen - bezüglich deren das Verfügungsrecht, insbesondere das Eigentum zudem ohne Einfluß der Agrarbehörde oder der Agrargemeinschaft wechseln kann, die also ebensogut Mitgliedern wie Nichtmitgliedern der Agrargemeinschaft gehören können - sind nicht Gegenstand eines Rechtsstreites mit dem bezeichneten Charakter.
Die belangte Behörde hat daher das Gesetz nicht verletzt, indem sie Spruchpunkt 2 des vor ihr angefochtenen Bescheides mangels Zuständigkeit der Agrarbehörden zur Entscheidung aufhob.
Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde noch vor, sie habe die im Sachverhalt des Rechtsmittelbescheides wiedergegebene Feststellung der Agrarbezirksbehörde, wonach die Nutzung durch die am 1. September 1926 genehmigten Verwaltungsstatuten der Weidegemeinschaft geregelt sei, nicht selbst getroffen. Darin kann indessen eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin schon deswegen nicht liegen, weil diese gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht berufen hat, durch den angefochtenen Bescheid also nur so weit berührt sein könnte, als dieser den erstinstanzlichen Bescheid spruchmäßig zu ihrem Nachteil verändert hätte; daß dies für die Aufhebung des Spruchpunktes 2 zuträfe, ist im vorstehenden gerade verneint worden.
Aus demselben Grund geht das Vorbringen der Beschwerdeführerin ins Leere, im angefochtenen Bescheid fehle die Feststellung, die Ziegen der Beschwerdeführerin dürften vom Ausschlaggrundstück aus in die angrenzenden Privatgrundstücke des Mitbeteiligten eindringen, weil dieser den althergebrachten Schragenzaun nicht mehr aufstelle.
Die behauptete Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin liegt somit nicht vor, was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ; diese war deshalb gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 21. Oktober 1986
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