Normen
BazillenausscheiderG §1 Abs1;
BazillenausscheiderGDV 01te §3;
VStG §5 Abs1;
VStG §5;
VStG §9 idF vor 1983/176;
VStG §9;
BazillenausscheiderG §1 Abs1;
BazillenausscheiderGDV 01te §3;
VStG §5 Abs1;
VStG §5;
VStG §9 idF vor 1983/176;
VStG §9;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer der B-Hotelbetriebsges.m.b.H. Neben ihm als gesellschaftsrechtlichen Geschäftsführer ist auch ein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt.
Am 7. Jänner 1982 wurde festgestellt, daß im Betrieb der Gesellschaft vier Arbeitnehmer mit der Abgabe von zum unmittelbaren menschlichen Genuß dienenden Nahrungsmitteln beschäftigt waren, ohne daß durch gültiges amtsärztliches Zeugnis die gesundheitspolizeiliche Unbedenklichkeit ihrer Verwendung im Sinne des Bazillenausscheidergesetzes, StGBl. Nr. 153/1945 (= BazAG), nachgewiesen war (die Gültigkeit der amtsärztlichen Zeugnisse war am 7. August 1981 abgelaufen).
Mit Strafverfügung vom 19. Jänner 1982 wurden über den Beschwerdeführer als das zur Vertretung der Ges.m.b.H. nach außen berufene Organ gemäß § 9 BazAG vier Geldstrafen von je S 500,-- verhängt. Dem Einspruch des Beschwerdeführers war kein Erfolg beschieden; mit Straferkenntnis vom 30. März 1982 wurden je S 600,-
- als Geldstrafe verhängt.
Die dagegen erhobene Berufung machte im wesentlichen geltend, daß die belangte Behörde zu klären unterlassen habe, ob und inwieweit der Beschwerdeführer und nicht der für diesen Bereich verantwortliche leitende Angestellte (der gewerberechtliche Geschäftsführer) diese "Unterlassung" zu verantworten habe.
Die belangte Behörde bestätigte das angefochtene Straferkenntnis mit Bescheid vom 2. März 1984. In der Begründung wird insbesondere ausgeführt: Der Beschwerdeführer rechtfertige sich nur dahin gehend, daß nicht er für die gegenständliche Übertretung verantwortlich sei, sondern der gewerberechtliche Geschäftsführer. Das Vorbringen des Beschwerdeführers entspreche nach Auffassung der belangten Behörde aus folgenden Gründen nicht den Tatsachen: Der gewerberechtliche Geschäftsführer habe zwar als Zeuge angegeben, daß der Beschwerdeführer die Interessen der Gesellschaft nur nach außen hin wahrnehme und die Einhaltung aller sanitäts- und gewerbebehördlichen Vorschriften ihm obliege. Listen über die Zeugnisse nach dem Bazillenausscheidergesetz würden im Personalbüro aufliegen und auch laufend auf ihre Gültigkeit überprüft. Die in Rede stehenden Gesundheitszeugnisse seien die von vier Lehrlingen gewesen, deren Zeugnisse während der Schulferien abgelaufen seien, weshalb sie der Überprüfung entgangen seien.
Hier sei zunächst darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer vor dem Inkrafttreten der Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1983 seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit nicht auf einen beauftragten Dienstnehmer (kein vertretungsbefugtes Organ) übertragen hätte können. Die Täterschaft sei daher gegeben.
Rechtlich gesehen handle es sich im gegenständlichen Fall um eine Übertretung im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950. Bei derartigen Delikten (Ungehorsamsdelikten) sei es Aufgabe des Beschuldigten, sein mangelndes Verschulden "initiativ" nachzuweisen. Ein solcher Entlastungsbeweis sei nunmehr dem Beschwerdeführer nach Meinung der belangten Behörde keineswegs geglückt. Richtig sei zwar, daß die Gesundheitszeugnisse der vier Lehrlinge tatsächlich während der Schulferien, und zwar am 7. August 1981, abgelaufen seien. Die Überprüfung der Zeugnisse sei allerdings erst am 7. Jänner 1982 erfolgt. Wenn der Beschwerdeführer nur mit einem Mindestausmaß an Sorgfalt die Listen, die angeblich geführt würden, überprüft hätte, hätte ihm auffallen müssen, daß die Gültigkeit dieser Zeugnisse schon lange abgelaufen gewesen sei. Dadurch, daß es der Beschwerdeführer an der notwendigen Überprüfung und Kontrolle des gewerberechtlichen Geschäftsführers habe fehlen lassen, habe er sich eine Fahrlässigkeit zuschulden kommen lassen, für die er nunmehr die Verantwortung zu tragen habe.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht schuldig erkannt und ihretwegen daher auch nicht bestraft zu werden. Er behauptet Rechtswidrigkeit des Inhaltes, allenfalls Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 1 Abs. 1 BazAG in Verbindung mit der 1. Verordnung zum BazAG, BGBl. Nr. 128/1946, dürfen u. a. in Gaststätten nur solche Personen zur Erzeugung, Herstellung oder Abgabe von Nahrungs- und Genußmitteln eingesetzt werden, die durch amtsärztliches Zeugnis nachweisen können, daß ihre Verwendung keine gesundheitliche Gefährdung der Verbraucher bzw. Mitarbeiter bedeutet. Die Verpflichtung zur Einhaltung dieser Vorschrift trifft nach § 3 der genannten Verordnung die "verantwortlichen Leiter" der in Frage kommenden Betriebe und Unternehmungen.
Trifft eine Handlungs- oder Unterlassungspflicht, deren Nichterfüllung mit Verwaltungsstrafe bedroht ist, eine Gesellschaft, so finden gemäß § 9 VStG 1950, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, die Strafbestimmungen auf das satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ Anwendung.
Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 18. April 1974, Zl. 56/73, Slg. N.F. Nr. 8596/A, zur Frage der Verantwortlichkeit für die Einhaltung der sanitätspolizeilichen Bestimmungen im Bazillenausscheidergesetz ausgesprochen, daß diese Verantwortung bei Gesellschaften das gemäß § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ und nicht etwa den gewerberechtlich bestellten Geschäftsführer trifft.
Der Beschwerde kann daher nicht gefolgt werden, wenn sie die Ansicht der belangten Behörde, daß "eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit erst durch das Inkrafttreten der VStG-Novelle 1983, BGBl. Nr. 176, möglich und zulässig sei", als unrichtig bezeichnet. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 VStG 1950 ist eine (vollständige) Übertragung der Verantwortung mit Rechtswirkung nur an satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organe juristischer Personen möglich (beispielsweise das Erkenntnis vom 28. April 1982, Zl. 81/01/0055).
Auch der Einwand der Mitschuld einer dritten Person schließt grundsätzlich die im § 9 VStG 1950 geregelte besondere strafrechtliche Verantwortlichkeit eines zur Vertretung nach außen berufenen Gesellschaftsorganes nicht aus (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 1955, Zl. 1057/54, Slg. N.F. Nr. 3641/A).
Soweit die Beschwerde das Verschulden des Beschwerdeführers im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 in Frage stellt, ist darauf hinzuweisen, daß, wenn eine Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Doch zieht schon das bloße Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder die Nichtbefolgung eines Gebotes Strafe nach sich, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört - es sich somit um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt -, die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt und der Täter nicht beweist, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei. Da zum beschwerdegegenständlichen Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei diesen Übertretungen - wie die belangte Behörde zu Recht ausführt -
um Ungehorsamsdelikte. Es traf daher den Beschwerdeführer die Beweislast dafür, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war.
Bei der Annahme der grundsätzlichen Verantwortung der Gesellschaft für die im Zusammenhang mit dem Betrieb stehenden Verwaltungsübertretungen darf - wie dem Beschwerdeführer zuzugestehen ist - nicht übersehen werden, daß die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es oft nicht zuläßt, daß das satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ sich aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt. Die rechtliche Folge, die aus dieser Tatsache zu ziehen ist, besteht darin, daß dem Beschwerdeführer zugebilligt werden muß, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Aufsicht zu beschränken. Ob das satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob es den Nachweis zu erbringen vermag, daß es alle Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht hin; entscheidend ist, ob auch eine wirksame Aufsicht der Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisung erfolgt ist. Nach der bisherigen Rechtsprechung reichte auch der Umstand, daß ein Unternehmen über eine so große Anzahl von Filialen verfügte, daß dem strafrechtlich Verantwortlichen persönlich eine ausreichende Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften nicht möglich gewesen sei, nicht dafür aus, die Schuldlosigkeit des Verantwortlichen anzunehmen. In einem solchen Fall ist es vielmehr die Pflicht des zur Vertretung nach außen berufenen Organes, durch ein ausreichend dichtes und hinlänglich organisiertes Netz von Aufsichtsorganen dafür zu sorgen, daß die im Unternehmen zu beachtenden Vorschriften den Betroffenen nicht nur bekannt sind, sondern auch tatsächlich im Einzelfall eingehalten werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1981, Zl. 3148/80).
Im Gegensatz dazu handelt es sich im Beschwerdefall nicht um eine derartige weit verzweigte Organisation mit vielen Filialbetrieben, die die Aufsicht des satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenen Organes erschweren würde. Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren keine konkreten Behauptungen dahin gehend aufgestellt, daß er den angeblich allein zuständigen gewerberechtlichen Geschäftsführer im sanitätspolizeilichen Bereich überwacht habe. Vielmehr bringt die Beschwerde lediglich vor, dem Beschwerdeführer könne nicht zugemutet werden, sämtliche Bereiche persönlich zu kontrollieren. Dies vermag auch insbesondere deshalb nicht zu überzeugen, weil die Gültigkeit der amtsärztlichen Zeugnisse im Zeitpunkt der Beanstandung nicht erst seit kurzem, sondern bereits ein halbes Jahr abgelaufen war.
Wenn die Beschwerde geltend macht, im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren hätte nach der Übergangsbestimmung des Art. II Abs. 2 der VStG-Novelle 1983, BGBl. Nr. 176, ("im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren sind nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes weiterzuführen") die Bestimmung des § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG 1950 in der Fassung der VStG-Novelle 1983 Anwendung finden müssen, ist auf das Erkenntnis vom 7. März 1984, Zl. 84/09/0027, hinzuweisen. In diesem Erkenntnis wird näher dargelegt, aus welchen Gründen § 9 VStG 1950 in der Stammfassung auf alle bereits vor Inkrafttreten der VStG-Novelle 1983 verwirklichten Fälle anzuwenden ist.
Da nach den vorherigen Ausführungen dem bekämpften Bescheid die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht anhaftet - im einzelnen begründete Verfahrensmängel wurden nicht geltend gemacht und sind auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen -, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 11. Dezember 1985
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