VwGH 82/14/0081

VwGH82/14/008125.1.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Schubert und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Sperlich über die Beschwerde des A, vertreten durch Y Rechtanwalt in Z, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat 3, vom 16. Dezember 1981, Zl. B 156‑2/78, betreffend Einkommensteuer 1976, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §22
EStG 1972 §16 Abs1 Satz1
EStG 1972 §47 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1982140081.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.510,‑‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezog als Arbeitnehmer eines ausländischen Arbeitgebers Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, mit denen ihn das Finanzamt für das Streitjahr zur Einkommensteuer veranlagte, wobei es den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Lohnaufwand für die Ehegattin nicht als Werbungskosten anerkannte.

In der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für 1976 führte der Beschwerdeführer aus, daß ihm für seinen ausländischen Arbeitgeber der Vertrieb von Bäckereimaschinen sowie von deren Ersatzteilen und die Vornahme von kleineren Serviceleistungen in Österreich obliege. Auf Grund seiner Tätigkeit sei der Beschwerdeführer fast nie an seinem Wohnort, sodaß sämtliche Verwaltungsarbeiten, welche mit seiner Tätigkeit im Zusammenhang stünden, von ihm nicht wahrgenommen werden könnten. Aus diesem Grund habe er seine Ehegattin halbtags beschäftigt und diese beziehe ein Gehalt, welches auch einer fremden Arbeitskraft für ihre Tätigkeit bezahlt werden müßte. Eine Kopie der Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse sowie eine Kopie des Lohnkontos für die Ehegattin habe der Beschwerdeführer dem Finanzamt bereits vorgelegt.

Für die Ehegattin fielen folgende Tätigkeiten an: Ersatzteilausfolgung an Bäcker aus einem in einiger Entfernung von der Wohnung angemieteten Lagerraum, Zusendung von Ersatzteilen mit der Post, Ersatzteilnachbestellungen beim Lieferanten, die Korrespondenz mit Lieferanten und Kunden, Erstellung der monatlichen Reiseabrechnungen und Monteurabrechnungen für den ausländischen Arbeitgeber des Beschwerdeführers und Überprüfung der mit den Gehaltszetteln übermittelten Monteurabrechnungen, Führung des Terminkalenders und Besorgung des laufenden Telephondienstes.

Ohne Angestellte, die ihn von sämtlichen Verwaltungsarbeiten entlaste und letztlich auch dafür sorge, daß der Kontakt mit Kunden und Lieferanten stets aufrecht erhalten werde, könnte der Beschwerdeführer seine Einkünfte in ihrem Umfang nicht aufrecht erhalten. Die Gebietskrankenkasse habe das Dienstverhältnis sozialversicherungsrechtlich anerkannt, weil die Tätigkeit der Ehegattin weit über die gesetzliche Beistandspflicht hinausgehe.

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung führte der Beschwerdeführer aus, daß er sich im Streitjahr bereits beim Aufbau seiner späteren selbständigen Tätigkeit befunden hätte. Im Streitjahr sei er ausschließlich im Außendienst beschäftigt gewesen, während ihn seine Frau im Innendienst entlastet hätte. Eine Verpflichtung zur Beschäftigung einer Arbeitskraft habe gegenüber dem Arbeitgeber nicht bestanden, doch hätte ihn seine Ehegattin tatsächlich bei seiner nicht-selbständigen Tätigkeit unterstützt.

Die belangte Behörde gab der Berufung des Beschwerde¬führers bezüglich des vor dem Verwaltungsgerichtshof allein noch strittigen Lohnaufwandes für die Ehegattin in Höhe von S 50.228,88 mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge.

Nach zusammengefaßter Darstellung der Tätigkeit des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin entsprechend den Angaben in der Berufung führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer jahrelang imstande gewesen sei, seine Tätigkeit ohne Begründung eines Dienstverhältnisses mit seiner Ehegattin auszuüben und die Begründung des Dienstverhältnisses erst am 1. Februar 1976 unmittelbar nach Bestellung eines steuerlichen Vertreters am 30. Jänner 1976 erfolgt sei. Die belangte Behörde sei „deshalb“ der Auffassung, daß die vorwiegend in Botengängen und Telephonbereitschaftsdienst (in der ehelichen Wohnung) bestehenden Leistungen der Ehegattin nicht über das nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten übliche Ausmaß der Mitwirkung hinausgingen und daher kein Entlohnungsanspruch bestehe. Außerdem fielen die aus dem strittigen Dienstverhältnis resultierenden Ausgaben nicht unter den Werbungskostenbegriff. Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit seien nur solche Aufwendungen, bei deren Unterbleiben die Stellung als Arbeitnehmer gefährdet wäre bzw. das berufliche Fortkommen gehemmt sei. Eine Erzeugerfirma (wie der Arbeit-geber des Beschwerdeführers) verlange nicht von ihrem Kundendienstmonteur (wie dem Beschwerdeführer), zur besseren Abwicklung des Kundendienstes eine Arbeitskraft anzustellen und für deren Lohn aufzukommen. Daraus erhelle ferner, daß der Beschwerdeführer mit einer fremden Arbeitskraft keinen Dienstvertrag abgeschlossen hätte. Es könne daher keine Rede davon sein, daß die Ehegattin zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen des Beschwerdeführers tätig sei.

Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Wesen eines Dienstverhältnisses im einkommensteuerrechtlichen Sinn (§ 47 Abs. 3 EstG 1972), bei dem der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, entspricht es, daß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Arbeitsleistung (Dienstleistung) grundsätzlich persönlich erbringt. Bedient sich eine Person bei einer Leistung einer Hilfskraft, so stellt dies ein gewichtiges Indiz gegen die Annahme dar, daß die Person die Leistung im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbringt. Nichtsdestoweniger schließt dieses Indiz die Annahme eines Dienstverhältnisses nicht in jedem Fall aus, nämlich dann nicht, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse dennoch die für ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale überwiegen (vgl. die Urteile des Bundesfinanzhofes vom 3. Juli 1959, V1 320/57 U, BStBl. III Seite 344, und vom 24. November 1961, VI 87/60 U, BStBl. 1962 III Seite 69), wobei es dann keinen Unterschied macht, ob der Arbeitnehmer selbst die Hilfskraft im Rahmen eines Dienstverhältnisses oder auf anderer Rechtsgrundlage beschäftigt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 1981, Zl. 17/3147/79). Im Beschwerdefall gehen beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unbeschadet der Frage, ob die Beschäftigung der Ehegattin des Beschwerdeführers als Hilfskraft steuerlich anzuerkennen ist, von einem Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zu seinem ausländischen Arbeitgeber aus.

Aufwendungen, die der Arbeitnehmer für eine Hilfskraft tätigt, können Werbungskosten bilden, sofern es sich im Sinne des § 16 Abs. 1 erster Satz EstG 1972 um Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen handelt. Davon kann aber keine Rede sein, wenn etwa Lohnzahlungen an Personen geleistet werden, die keinen Anspruch darauf haben, weil ihnen z.B. die Hilfeleistung im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht obliegt (siehe Schimetschek, Die steuerliche Beurteilung der Mitarbeit des Ehegatten, Finanzjournal Nr. 2/1978, sowie § 90 ABGB in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 412/1975). Auf diese Bestimmung beruft sich auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid. Der Bescheid läßt aber ausreichende Sachverhaltsfeststellungen zu dieser Frage vermissen. Die Aussage, die Leistungen der Ehegattin bestünden vorwiegend in Botengängen und Telephonbereitschaftsdienst in der ehelichen Wohnung, finden 9geder in der Berufung, die die belangte Behörde zur Beschreibung der Tätigkeiten der Ehegattin heranzieht, noch im übrigen Akteninhalt ihre Deckung.

Der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Umstand, daß der Arbeitgeber vom Beschwerdeführer die Einstellung und Entlohnung einer Hilfskraft nicht verlangte, schließt die Anerkennung von Aufwendungen für eine Hilfskraft als Werbungskosten nicht aus. Auch Aufwendungen, die der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer nicht verlangt und ihm nicht ersetzt, sind Werbungskosten, wenn die Aufwendungen eindeutig und ausschließlich im Zusammenhang mit der Erzielung der jeweiligen Einnahmen stehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1980, Zl. 2001/79). Dieser Zusammenhang ist im Beschwerdefall jedenfalls nicht auszuschließen. Es ist nämlich in Rechnung zu stellen, daß der Beschwerdeführer auch dem angefochtenen Bescheid zufolge vornehmlich im „Außendienst“ tätig ist. Der Beruf des Beschwerdeführers erfordert aber auch, folgt man der aus der Berufung in den angefochtenen Bescheid übernommenen Beschreibung der Tätigkeit der Ehegattin, eine verhältnismäßig umfangreiche „Innendiensttätigkeit“. In einem solchen Fall kann die Besorgung der „Innendiensttätigkeit“ durch eine Hilfskraft durchaus geeignet sein, der Erwerbung höherer oder der Sicherung und Erhaltung der bestehenden Einnahmen zu dienen. Anders wäre es freilich, wenn die Ehegattin die angegebenen Tätigkeiten entweder gar nicht verrichtete oder wenn der Beschwerdeführer die der Ehegattin übertragenen Tätigkeiten ohne Beeinträchtigung seiner sonstigen Tätigkeit ohne weiteres selbst hätte weiterführen können und er seine Ehegattin allein deshalb als Hilfskraft einstellte, um Steuern zu ersparen. Feststellungen darüber hat die belangte Behörde aber nicht getroffen.

Diese Feststellungen können auch die Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht ersetzen, daß der Beschwerde-führer seine Tätigkeit jahrelang ohne Begründung eines Dienstverhältnisses mit seiner Ehegattin ausüben konnte und das Dienstverhältnis erst unmittelbar nach Bestellung eines steuerlichen Vertreters begründet worden sei. Der belangten Behörde ist zwar zugute zu halten, daß dieser Sachverhalt den Gedanken beabsichtigter Steuerersparnis nahelegt. Andererseits ist es einem Steuerpflichtigen nicht verwehrt, auf Grund entsprechender Beratung seine beruflichen Verhältnisse günstiger zu gestalten als bisher. Einer solchen Gestaltung ist, wenn nicht Bestimmungen wie § 22 BAO entgegenstehen, auch steuerlich Rechnung zu tragen. Ersparen Aufwendungen im Rahmen dieser Gestaltung nicht nur Steuern, sondern dienen sie im Rahmen eines Dienstverhältnisses der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von (höheren) Einnahmen, so bilden sie Werbungskosten.

Nach dem Gesagten ist, wie bereits angedeutet, nicht mit Sicherheit auszuschließen, daß der Beschwerdeführer ‑ dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 25. Juni 1963, Zl. 258/61, entsprechend ‑ im Interesse seines beruflichen Fortkommens einer Hilfskraft bedurfte. Es kann daher ohne konkrete Feststellungen darüber, ob bzw. inwieweit eine Hilfskraft den Beschwerdeführer in seiner Berufstätigkeit (überhaupt) fördern konnte, nicht (wie im angefochtenen Bescheid) gefolgert werden, daß er mit einer fremden Arbeitskraft keinen Dienstvertrag geschlossen hätte. Zum Hinweis der belangten Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 1977, Zlen. 346, 453/77, Slg. Nr. 5139/F, betreffend Rechtsgeschäfte zwischen nahen Angehörigen, ist zu bemerken, daß der Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren Sachverhaltselemente geltend machte, die den Grundsätzen dieses Erkenntnisses Rechnung tragen (so die Anmeldung der Ehegattin bei der Sozialversicherung, Führung eines Lohnkontos für sie, Entlohnung der im einzelnen geschilderten Tätigkeit der Ehegattin gleich der einer fremden Arbeitskraft).

Zusammenfassend ist also festzuhalten, daß die Feststellungen der belangten Behörde nicht ausreichen, um den Aufwendungen des Beschwerdeführers für seine Ehegattin den Abzug als Werbungskosten zu versagen. Damit war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Mit dem in dieser Verordnung pauschalierten Schriftsatzaufwand ist auch die Umsatzsteuer abgegolten. Die Eingabengebühr für die drei Ausfertigungen des Beschwerdeschriftsatzes war nur je Ausfertigung und nicht je Bogen zu entrichten.

Wien, 25. Jänner 1983

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