Normen
NatSchG Tir 1975 §38 Abs1 Lita;
NatSchG Tir 1997 §3 Abs2;
NatSchG Tir 1997 §3 Abs8;
NatSchG Tir 1997 §43 Abs1 lita;
NatSchG Tir 1997 §43 Abs1 litc;
NatSchG Tir 1997 §9 Abs7;
NatSchG Tir 1997 §9;
NatSchG Tir 1975 §38 Abs1 Lita;
NatSchG Tir 1997 §3 Abs2;
NatSchG Tir 1997 §3 Abs8;
NatSchG Tir 1997 §43 Abs1 lita;
NatSchG Tir 1997 §43 Abs1 litc;
NatSchG Tir 1997 §9 Abs7;
NatSchG Tir 1997 §9;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe im Juni/Anfang Juli 2004 auf dem Gst. Nr. 348/21, GB L, in einem Feuchtgebiet außerhalb geschlossener Ortschaft (südlich der Geländeaufschüttung von ca. 4.048 m2 entlang der östlichen Parzellengrenze im Ausmaß von ca. 1.300 m2 und an zwei weiteren Stellen im Ausmaß von jeweils einigen Quadratmetern, wie den dem gegenständlichen Bescheid als integrierenden Bestandteil angeschlossenen Planunterlagen zu entnehmen ist) eine Veränderung der Bodenoberfläche durch Entfernen der Vegetation und durch Einsaat einer Grasmischung ohne naturschutzrechtliche Bewilligung durchgeführt, obwohl Veränderungen der Bodenoberfläche in Feuchtgebieten außerhalb geschlossener Ortschaften einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedürften.
Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 43 Abs. 1 lit. a iVm § 9 lit. e, zweiter Teilsatz Tiroler Naturschutzgesetz 1997, LGBl. Nr. 33 idgF begangen.
Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.500,--, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt.
Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges, insbesondere Wiedergabe der im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung erfolgten Vernehmungen und des Inhalts des eingeholten Gutachtens des Amtssachverständigen für Naturkunde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei Eigentümer des Gr. Nr. 348/21, Grundbuch L und handelsrechtlicher Geschäftsführer der U Ges.m.b.H. Sein Vater S U sei Prokurist der U Ges.m.b.H. S U leite im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer die Gebäude- und Grundstückssachen. Der Beschwerdeführer habe das Grundstück 348/21 zu Zwecken der Betriebserweiterung gekauft; wegen der auf dieser Parzelle geplanten Errichtung eines Logistikzentrums sei die Verlegung des Hochspannungskabels und der Maststation erforderlich gewesen.
Der im Anschluss an die Aufschüttung von ca. 4.048 m2 gelegene südliche Teil des Gr. Nr. 348/21 sei ein Feuchtgebiet im Sinne des § 9 des Tir NatSchG (Sachverständigengutachten Dris. Ö und Dris. W). Das angeführte Grundstück liege außerhalb der geschlossenen Ortschaft (Lageplan 1:1000, DI M S vom 2. September 2004).
Der Beschwerdeführer habe die Errichtung des geplanten Logistikzentrums mit seinem Vater abgesprochen und diesem dabei weitestgehend freie Hand für die entsprechenden Vorbereitungsarbeiten gelassen. Der Beschwerdeführer habe gewusst, dass der südliche Teil des Gr. Nr. 348/21 sowohl vom Sachverständigen Dr. W als auch vom Sachverständigen Dr. Ö als wertvolles Biotop qualifiziert worden sei.
In der Zeit zwischen den am 18. Juni 2001 und am 3. Juli 2001 durchgeführten Augenscheinen seien die im Spruch umschriebenen Bodenveränderungen durchgeführt worden, obwohl der für die Verlegung der Stromkabel gezogene Graben nach der Verlegung der Stromkabel am 7. Mai 2004 bereits wieder zugeschüttet gewesen sei, wie aus den diesbezüglichen Farbbildern (Vorlagebericht samt Lichtbildern des Amtssachverständigen vom 8. Juni 2004) vom 7. Mai 2001 deutlich erkennbar sei. Der Beschwerdeführer habe die vom Amtssachverständigen im Gutachten umschriebenen Maßnahmen veranlasst, wobei die Durchführung der einzelnen Maßnahmen weitgehend seinem Vater überlassen gewesen sei.
Die Berufungsbehörde habe das Gutachten des Amtssachverständigen der Wertung des südlichen Teiles des Gr. Nr. 348/21 zu Grunde gelegt, das im Übrigen auch mit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Stellungnahme Dris. W im Einklang stehe. Das Ausmaß der Bodenveränderung ergebe sich aus dem angeschlossenen Lageplan im Maßstab 1:1000. Dem Lageplan des DI M S vom 2. September 2004 sei zu entnehmen, dass das Gr. Nr. 348/21 etwa zur Hälfte von Wohn- bzw. Betriebsgebäuden umgeben sei, selbst aber nicht innerhalb der geschlossenen Ortschaft liege.
Es sei daher erwiesen, dass der Berufungswerber die ihm zu Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen habe.
Der Unrechtsgehalt derselben liege in der Nichtbeachtung einer Schutznorm im Interesse der Erhaltung einer naturbelassenen Landschaft, das Verschulden sei in Form des Vorsatzes gegeben.
Mildernde Umstände seien bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen gewesen (der Beschwerdeführer scheine verwaltungsstrafvorgemerkt auf), als erschwerend sei die vorsätzliche Begehungsweise gewertet worden. Die verhängte Geldstrafe entspreche dem Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung und dem Verschulden, wie auch wirtschaftlich allenfalls ungünstigen Verhältnissen des Beschwerdeführers.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete aber auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 8 Tiroler Naturschutzgesetz 1997, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 50/2004 (Tir NatSchG), ist ein Feuchtgebiet ein vom Wasser geprägter, in sich geschlossener und vom Nachbargebiet abgrenzbarer Lebensraum mit den für diesen charakteristischen Pflanzen- und Tiergemeinschaften. Dazu gehören insbesondere auch Röhrichte und Großseggensümpfe, Quellfluren und Quellsümpfe, Flach- und Zwischenmoore, Hochmoore, Moor- und Bruchwälder.
Gemäß § 9 lit. e Tir NatSchG bedürfen in Feuchtgebieten außerhalb geschlossener Ortschaften Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen sowie jede sonstige Veränderung der Bodenoberfläche einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.
Unter einer "geschlossenen Ortschaft" ist gemäß § 3 Abs. 2 Tir NatSchG ein Gebiet zu verstehen, das mit mindestens fünf Wohn- oder Betriebsgebäuden zusammenhängend bebaut ist, wobei der Zusammenhang bei einem Abstand von höchstens 50 Metern zwischen zwei Gebäuden noch nicht als unterbrochen gilt. Zur geschlossenen Ortschaft gehören auch Parkanlagen, Sportanlagen und vergleichbare andere weitgehend unbebaute Grundstücke, die überwiegend von einem solchen Gebiet umgeben sind. Land- und forstwirtschaftliche Gebäude, die nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften im Freiland errichtet werden dürfen, gelten nicht als Betriebsgebäude.
Gemäß § 43 Abs. 1 lit. a Tir NatSchG begeht, wer ein nach den §§ 6, 7 Abs. 1 und 2, 8, 9, 14 Abs. 4, 25 Abs. 3 und 26 Abs. 3 bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne naturschutzrechtliche Bewilligung ausführt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 5000,-- Euro zu bestrafen.
Die Beschwerde macht zunächst geltend, der Beschwerdeführer sei zwar Eigentümer der gegenständlichen Grundfläche, er sei aber nicht Täter der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung. Die inkriminierten Maßnahmen seien außerhalb seiner Verantwortlichkeit und in voller Verantwortlichkeit seines Vaters oder der TIWAG (Tiroler Wasserkraftwerke AG) getroffen und ausgeführt worden. Täter nach dem Tir NatSchG sei, "wer ein nach ... § 9 bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne Bewilligung ausführt".
Dem Beschwerdeführer sei auch kein Verschulden im Sinne des § 5 oder des § 7 des Verwaltungsstrafgesetzes anzulasten. Ein solches strafrechtliches Verschulden habe unabhängig von einer allfälligen zivilrechtlichen Haftung beurteilt zu werden. Die belangte Behörde habe daher in irriger Auslegung des Täterbegriffes den Beschwerdeführer als für die gegenständlichen Maßnahmen Verantwortlichen und sohin zu Unrecht als Täter behandelt.
Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem zu § 38 Abs. 1 lit. a Tir NatSchG 1975 (Vorgängerbestimmung zu § 43 Tir NatSchG 1997) ergangenen Erkenntnis vom 15. Juni 1992, Zl. 91/10/0146, ausgesprochen, dass der auch in § 38 Abs. 1 lit. a Tir NatSchG 1975 verwendete Ausdruck "(bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne Bewilligung) ausführt" nicht nur die unmittelbare Arbeitsausführung erfasst, sondern auch alle jene Akte, die erforderlich sind, um das Vorhaben zu realisieren, insbesondere die Erteilung des Auftrages hiezu (vgl. ebenso das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2006/10/0015, zum diesbezüglich gleichlautenden § 57 Abs. 1 lit. a des Vorarlberger Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung). Nichts anderes gilt im Beschwerdefall, in dem der Beschwerdeführer seinen Vater zur Vornahme der inkriminierten Maßnahmen veranlasst hat (vgl. diesbezüglich die unbestrittenen Feststellungen auf Seiten 5 und 16).
Der Beschwerdeführer führt weiters aus, es liege auch kein Feuchtgebiet im Sinne des § 3 Abs. 8 Tir NatSchG vor. Darunter sei nämlich eine Pflanzen- und Tiergemeinschaft zu verstehen, die in sich geschlossen sei und ohne äußere Einflüsse "funktioniere", was aber im gegenständlichen Falle nicht vorliege. Nicht jede feuchte, saure Wiese sei ein Feuchtgebiet im Sinne des § 3 Abs. 8 Tir NatSchG. Eine landwirtschaftlich genutzte Fläche, die drei oder viermal im Jahr mit einem schweren Traktor bewirtschaftet und befahren werde, ohne dass der Traktor im Wasser oder Sumpf versinke, könne nicht "vom Wasser geprägt" sein wie die Gesetzesdefinition verlange. Weiters setze die Legaldefinition unter anderem Großseggensümpfe und Röhrichte für die Annahme eines Feuchtgebietes voraus; beides liege hier nicht vor. Die Aufzählung von Pflanzen, welche ein feuchtes Gebiet bevorzugten, belegten keinesfalls das Vorhandensein eines schutzwürdigen Feuchtgebietes. Hiebei könne es sich bestenfalls um einzelne schützwürdige Pflanzen handeln, keinesfalls aber um ein Gebiet.
Dem ist zunächst zu entgegnen, dass Röhrichte und Großseggensümpfe gemäß des letzten Satzes des § 9 Abs. 7 Tir NatSchG, wie auch andere dort aufgezählte Biotope, zu den Feuchtgebieten gehören. Es handelt sich dabei unzweifelhaft lediglich um eine demonstrative Aufzählung.
Die belangte Behörde hat sich zur Frage des Vorliegens eines Feuchtgebietes in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise auf naturkundefachliche Gutachten gestützt, wonach sowohl die Vegetation als auch der Boden typisch für einen von Wasser geprägten in sich geschlossenen und vom Nachbargebiet abgrenzbaren Lebensraum mit den für diesen charakteristischen Pflanzen- und Tiergemeinschaften seien. Dazu seien keine Untersuchungen der Bodenfeuchte, des Bodenaufbaues und des PH-Wertes notwendig. Die genannten Parameter seien nur weitere Indizien für das Vorliegen eines Feuchtgebietes und könnten dazu dienen, negative (das Feuchtgebiet verändernde oder zerstörende) Einflüsse von außerhalb der Fläche nachzuweisen. Der Beschwerdeführer ist den auf Seiten 6 ff des angefochtenen Bescheides im einzelnen wiedergegebenen Darlegungen des Amtssachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Auch das vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegte Sachverständigengutachten Dris. W ist in Übereinstimmung mit dem Amtssachverständigen davon ausgegangen, dass vom Vorliegen eines Kleinseggenriedes auszugehen sei (vgl. Stellungnahme vom 22. Mai 2000).
Der Beschwerdeführer vertritt den Standpunkt, im angefochtenen Bescheid sei auch die Bestimmung des § 9 iVm § 3 Abs. 2 Tir NatSchG gesetzwidrig angewendet worden, indem angenommen worden sei, das Gr. Nr. 348/21 sei "etwa zur Hälfte von Wohn- bzw. Betriebsgebäuden umgeben", befinde sich selbst aber nicht innerhalb der geschlossenen Ortschaft. Der hiezu zitierte Lageplan des DI S vom 2. September 2004 zeige, dass der das genannte Grundstück umgebende Kreis von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, die zueinander einen kürzeren Abstand als 50 Meter hätten, vom Norden über den Osten bis zum Südwesten des Gr. Nr. 348/21 reichten und daher das Grundstück überwiegend von solchen Gebäuden umfangen werde.
Auch damit wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan. Bereits im hg. Erkenntnis vom 28. April 2006, Zl. 2004/10/0168, wurde unter Bezugnahme auf den vom Beschwerdeführer genannten Lageplan ausgeführt, dass sich das in Rede stehende Feuchtgebiet außerhalb geschlossener Ortschaft befinde.
Soweit im Rahmen der Verfahrensrüge ein weiteres Mal die Unrichtigkeit des Gutachtens des naturkundlichen Amtssachverständigen behauptet wird, ist darauf zu verweisen, dass die Unrichtigkeit dieses nicht als unschlüssig zu erkennenden Gutachtens nur auf gleicher fachlicher Ebene dargetan werden könnte.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 29. April 2009
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)