OGH 9ObA4/10v

OGH9ObA4/10v11.5.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Eva Pernt und KR Mag. Michaela Haydter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Bruno M*****, vertreten durch Mag. Stefan Weiskopf, Dr. Rainer Kappacher, Rechtsanwälte in Landeck, wider die beklagte Partei *****, vertreten durch Greiter, Pegger, Kofler & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, sowie den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Hubert W*****, wegen 65.800 EUR sA und Rechnungslegung (Streitwert 6.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 1.500 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. November 2009, GZ 15 Ra 96/09v-40, mit dem infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 29. April 2009, GZ 44 Cga 33/07z-35, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird in seinem Punkt 1 und in der Entscheidung über die Kosten in Punkt 4 des Berufungsverfahrens dahin abgeändert, dass diese Punkte insgesamt zu lauten haben:

„1.) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters 7.500 EUR samt 10,67 % Zinsen seit 1. 1. 2007 binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Mehrbegehren von 58.300 EUR samt 9,47 % Zinsen aus 12.000 EUR vom 1. 4. 2005 bis 29. 4. 2005, aus 4.800 EUR vom 30. 4. 2005 bis 31. 3. 2006, aus 16.800 EUR vom 1. 4. 2006 bis 30. 6. 2006 samt 9,97 % Zinsen aus 16.800 EUR vom 1. 7. 2006 bis 31. 12. 2006 und 10,67 % Zinsen aus 58.300 EUR seit 1. 1. 2007 wird abgewiesen.“

„4.) Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen der Beklagtenvertreter binnen 14 Tagen die mit 11.753,63 EUR (darin enthalten 1.766,59 EUR an USt und 1.154,08 EUR an Barauslagen) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen. Die klagende Partei ist ferner schuldig, der beklagten Partei zu Handen des Beklagtenvertreters die mit 2.002,29 EUR (darin enthalten 333,75 EUR an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 523,76 EUR (darin enthalten 56,46 EUR an USt und 185 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten der Revision binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Strittig im Revisionsverfahren ist ausschließlich noch die Höhe der dem Kläger aliquot zustehenden Jahresprämie. Diese sollte im Umfang von 10.000 EUR jeweils mit Ende des Geschäftsjahrs am 31. 3. fällig sein. Der Kläger wurde schließlich am 30. 10. 2006 zum 31. 12. 2006 wegen Verstoßes gegen ein geschäftliches Kontaktverbot gekündigt.

Der Kläger begehrt unter anderem die hier maßgebliche Prämie für das Geschäftsjahr 2006/2007 in voller Höhe von 10.000 EUR netto. Diese Prämie solle unabhängig von der Auflösung des Dienstverhältnisses zustehen. Es habe sich dabei um eine eigene Leistung gehandelt.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens auch insoweit und wendete ein, dass die Prämie nur für Verbesserungsvorschläge hätte zustehen sollen. Die Auflösung sei wegen des massiven Vertrauensbruchs des Klägers berechtigt erfolgt. Auch sei die Erzielung eines Gesamtumsatzes von 3 Mio EUR vorgegeben gewesen.

Das Erstgericht wies unter anderem auch diesen Anspruch ab. Es ging davon aus, dass die Beendigung des Dienstverhältnisses entgegenstehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers insoweit Folge und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 9.000 EUR samt 10,67 % Zinsen seit 1. 1. 2007. Auch das Berufungsgericht ging von der Vereinbarung einer Bruttoprämie von 10.000 EUR jährlich aus, die weder von der Einrechnung von Verbesserungsvorschlägen noch von einem jährlichen Umsatz von 3 Mio EUR abhängen sollte. Diese Prämie für das Jahr 2006 sei - anders als jene für die Jahre 2004/2005 und 2005/2006 - noch nicht verfallen. Nach § 16 AngG gebühre dem Angestellten der Anspruch auf eine periodische Remuneration im Falle der Auflösung aliquot, daher habe der Kläger Anspruch auf die Prämie für die Zeit vom 1. 4. 2006 bis 31. 12. 2006. Dies berechnete das Berufungsgericht mit 9.000 EUR brutto. Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO als nicht zulässig.

Gegen den klagsstattgebenden Teil des Urteils, soweit er 7.500 EUR übersteigt, sohin hinsichtlich weiterer 1.500 EUR, sowie den Zuspruch von 10,67 % Zinsen richtet sich die außerordentliche Revision, die geltend macht, dass das Berufungsgericht die aliquote Jahresprämie falsch berechnet und andererseits unberechtigt den höheren Zinssatz zugesprochen habe.

Der Kläger hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist wegen der offenbaren Falschberechnung des Berufungsgerichts bei der aliquoten Jahresprämie zulässig und insoweit auch berechtigt.

Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass der aliquote Anspruch ausgehend von einem Zeitraum vom 1. 4. 2006 bis 31. 12. 2006 für ein Gesamtgeschäftsjahr von 1. 4. 2006 bis 31. 3. 2007 nur drei Viertel und damit ausgehend von 10.000 EUR brutto 7.500 EUR beträgt. In diesem Umfang war daher der Revision der Beklagten Folge zu geben und das Urteil des Berufungsgerichts abzuändern.

Soweit sich die Beklagte allerdings gegen den Zinsenzuspruch wendet, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger in seiner Klage ausdrücklich auch auf das ASGG Bezug genommen hat. Wenn er in weiterer Folge dann auch auf § 1333 Abs 2 ABGB abgestellt hat, so kann darin keine Einschränkung der Anspruchsgrundlagen gesehen werden.

Wie der Oberste Gerichtshof erst jüngst ausführlich begründet dargestellt hat, geht die Bestimmung des § 49a ASGG jener des § 1333 ABGB vor (9 ObA 49/09k). Einen konkreten Einwand, der es erlauben würde, iSd § 49a zweiter Satz ASGG davon auszugehen, dass die Verzögerung der Zahlung auf einer vertretbaren Rechtsansicht der Beklagten beruhte, hat diese im erstinstanzlichen Verfahren nicht erhoben.

Insgesamt war daher der Revision der Beklagten nur im Umfang der unrichtigen Berechnung der Prämie Rechnung zu tragen. Die vom Berufungsgericht ausführlich begründete Kostenentscheidung hinsichtlich des Verfahrens bis zum Berufungsverfahren wurde davon nicht berührt, da sich durch die geringfügige Abänderung nichts an der vom Berufungsgericht angenommenen Pauschalierung von vier Fünftel des Obsiegens der Beklagten ändert. Allerdings ergab sich eine Veränderung hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens im zweiten Rechtsgang, da dort nunmehr nicht mehr von einem Obsiegen von einem Siebentel, sondern bloß von einem Neuntel auszugehen ist.

Im Übrigen gründet sich die Kostenentscheidung im Revisionsverfahren auf die §§ 50 und 41 ZPO.

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