OGH 9ObA166/94

OGH9ObA166/9428.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Barbara Hopf und Mag.Ernst Löwe als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag.Gerhard S*****,***** vertreten durch Dr.Helga Hofbauer-Goldmann, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Ö***** *****bank,***** vertreten durch Dr.Gerda Kostelka-Reimer, Rechtsanwältin in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 1,830.150 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.April 1994, GZ 32 Ra 43/94-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 27.Oktober 1993, GZ 14 Cga 176/93-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

24.966 (darin S 4.161 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob das "erste Urteil" des Erstgerichts im Sinne des § 61 Abs 1 Z 5 ASGG das der Rechtsgestaltungsklage stattgebende ist, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten, daß es zur Lösung dieser Frage nicht auf eine isolierte Wortauslegung des § 61 Abs 1 ASGG und auf allgemeine Betrachtungen ankommt, sondern daß diese Bestimmung im Zusammenhang mit ihrer Ziffer 5 gesehen werden muß. Gemäß § 61 Abs 1 ASGG hemmt die rechtzeitige Erhebung der Berufung gegen das "erste Urteil" des Gerichts erster Instanz nur den Eintritt der Rechtskraft, nicht jedoch den Eintritt der Rechtsgestaltungswirkung. Die Gestaltungswirkung kommt aber nur stattgebenden Rechtsgestaltungsentscheidungen zu; allein durch diese wird eine Änderung der Rechtslage herbeigeführt. Urteile, die Rechtsgestaltungsklagen abweisen, verneinen lediglich einen Rechtsgestaltungsanspruch des Klägers. Sie sind ihrer Natur nach Feststellungserkenntnisse des Inhalts, daß das vom Kläger behauptete Recht auf Gestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien nicht besteht. Dem abweisenden Rechtsgestaltungsurteil kommt daher auch keine über die Parteien hinausreichende Rechtskraftwirkung zu (Fasching, Komm z ZPO III 16 und744; ders ZPR2 Rz 1555).

Die Klage auf Zustimmung zur Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrats gemäß den §§ 120 f ArbVG ist auf eine rechtsgestaltende Entscheidung gerichtet, der konstitutive Wirkung zukommt; durch die klagestattgebende Entscheidung wird die Kündigung erst erlaubt und möglich (vgl Floretta/Strasser, ArbVG2 § 120 Anm 6). Soweit daher im § 61 Abs 1 ASGG von einer Hemmung des Eintritts der Rechtsgestaltungswirkung die Rede ist, kann sich diese Hemmung nur auf ein der Klage stattgebendes Rechtsgestaltungsurteil beziehen. Darauf, daß ein abweisliches Urteil Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entfalten kann, kommt es mangels einer diesbezüglichen Ausnahme nicht an (vgl auch Kuderna, ASGG § 61 Erl 4, 14 und 15). Daraus folgt, daß bei Rechtsgestaltungsklagen im Sinne des § 61 Abs 1 Z 5 ASGG nur dasjenige Urteil der ersten Instanz als erstes Urteil angesehen werden kann, bei dem eine Hemmung des Eintritts der Rechtsgestaltungswirkung gemäß § 61 Abs 1 ASGG überhaupt möglich ist; dies ist aber erst bei der ersten klagestattgebenden Entscheidung der ersten Instanz der Fall,

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO begründet.

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