OGH 9Ob10/25y

OGH9Ob10/25y19.3.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Korn, Dr. Stiefsohn und Dr. Wallner‑Friedl in der Rechtssache der klagenden Partei S* AG, *, vertreten durch Dr. Andreas König und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, und der auf Seiten der klagenden Partei beigetretenen Nebenintervenientin S*gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch Dr. Georg‑Christian Gass und Dr. Alexander M. Sutter, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei V*gesellschaft mit beschränkter Haftung, *, vertreten durch Dr. Frank Philipp, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen 710.202,37 EUR sA und Rente (Streitwert: 34.314,84 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. Dezember 2024, GZ 1 R 146/24s‑238, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0090OB00010.25Y.0319.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Gemäß § 1497 ABGB wird die Verjährung durch Klage unterbrochen. Für die Unterbrechungswirkung der Verjährung ist das tatsächlich und eindeutig erhobene Klagebegehren zu berücksichtigen. Der geltend gemachte Anspruch wird dabei durch den Urteilsantrag umschrieben, der bei Geldschulden ziffernmäßig genau bestimmt sein muss (§ 226 Abs 1 ZPO; RS0034954). Nur dann, wenn ein Anspruch erst mit Klageänderung geltend gemacht wird, ist für die Unterbrechungswirkung nicht die Einbringung der ursprünglichen Klage, sondern das Wirksamwerden der Änderung der Klage entscheidend (5 Ob 29/19d Pkt 3.3.; RS0034740 [T4]; RS0034556 [T4, T5]).

[2] 2. Klagegrund im Sinn des § 235 ZPO ist jener Kern im tatsächlichen Vorbringen, den der Kläger nicht ändern kann ohne von einem Anspruch auf einen anderen zu greifen. Eine Klageänderung liegt daher dann vor, wenn der Kläger sein Tatsachenvorbringen, aus dem er die Ansprüche ableitet, in seinem Kern ändert (RS0039998). Dies ist dann der Fall, wenn rechtserzeugende Tatsachen neu vorgebracht werden, die zur Unterstellung unter eine andere Rechtsnorm führen oder das bisherige rechtserhebliche Tatsachenvorbringen durch anderes Sachvorbringen ersetzt wird, das zur Unterstellung unter andere Rechtsnormen führen muss (RS0036727; vgl RS0039417). Hingegen ist in der Änderung des ursprünglich auf Zahlung in Fremdwährung gerichteten Begehrens in das Begehren auf Zahlung in inländischer Währung insbesondere dann keine Klagsänderung zu erblicken, wenn der Kläger zum Ausdruck gebracht hat, dass es ihm nicht auf die Bezahlung einer bestimmten Valuta, sondern auf die Leistung des Geldbetrags an sich ankommt, (RS0039476; vgl RS0017608).

[3] 3. Die Frage, ob von einer für die Verjährungsunterbrechung maßgeblichen bloßen Sachverhaltsergänzung oder doch von einer Klageänderung auszugehen ist, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (5 Ob 29/19d Pkt 3.3.). Dies gilt auch grundsätzlich für die Frage der Auslegung von Prozessvorbringen (RS0042828). Ausgehend von den Grundsätzen der Rechtsprechung ist dem Berufungsgericht keine im Sinne der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung unterlaufen, wenn es in der Änderung des von der Klägerin ursprünglich auf Zahlung in Schweizer Franken gerichteten Begehrens in das Begehren auf Zahlung in inländischer Währung keine Klagsänderung gesehen und den Verjährungseinwand der Beklagten verworfen hat.

[4] 4. Die Klägerin machte von Beginn des Verfahrens an ein ziffernmäßig bestimmtes Zahlungsbegehren geltend. Sowohl in der bei Gericht im Juni 2014 eingebrachten Klage, als auch in den beiden Klagsausdehnungen des ersten Rechtsgangs nahm die Klägerin eine konkrete Umrechnung der (damals noch) begehrten Schweizer Frankenbeträge in einen Eurobetrag („zum tagesaktuellen Umrechnungskurs in Euro zum Zahlungstag an der Wiener Börse“) vor. In seinem Aufhebungsbeschluss des ersten Rechtsgangs (14. 9. 2023) vertrat das Berufungsgericht die Rechtsauffassung, die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der Regressforderungen der Erstklägerin stelle eine unechte Fremdwährungsschuld dar, bei der dem Gläubiger eine Forderung nur in inländischer Währung zustehe, die auf Euro zu lauten habe, während die Angabe der fremden Währung nur als Rechnungsgrundlage zur Ermittlung des geschuldeten Betrags diene. Die Unzulässigkeit des auf Schweizer Franken lautenden verfehlten Klagebegehrens sei aber mit der Klägerin zu erörtern und ihr Gelegenheit zu geben, eine Verbesserung des Klagebegehrens durch Umrechnung in Eurobeträge zum Zeitpunkt der Entstehung bzw der Fälligkeit der Ansprüche vorzunehmen. Zu Beginn des zweiten Rechtsgangs modifizierte die Klägerin ihr Klagebegehren durch Währungsumstellung auf Euro entsprechend den Vorgaben des Berufungsgerichts.

[5] 5.1. Die in der Revision zitierte Entscheidung 3 Ob 76/16x kann die Rechtsansicht der Beklagten, es liege eine den Verjährungseinwand begründende Klageänderung vor, nicht stützen. Diese Entscheidung betraf ua die Auslegung einer vertraglichen Maximalverlust‑Garantie in einem Anteilskauf‑ und Abtretungsvertrag, der eine geschuldete Fremdwährung zugrunde lag. Hier liegt dem Klagsanspruch, der sich auch durch die Klagsänderung nicht änderte, schon keine vertragliche Verpflichtung zugrunde. Die Klägerin ging aufgrund der Formulierung ihres ursprünglichen Klagebegehrens auch immer davon aus, im Falle einer Klagsstattgabe letztlich einen Eurobetrag zu erhalten.

[6] 5.2. Die (von der Revisionswerberin erkennbar gemeinte) Entscheidung 8 Ob 81/22b ist ebenfalls nicht einschlägig. Sie beschäftigt sich mit der – hier nicht relevanten – Frage, ob eine Klausel in einem Fremdwährungskreditvertrag ausreichend transparent war.

[7] 6. Soweit die Beklagte die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision mit der Frage der Berechtigung des Rentenzuspruchs für zukünftige, noch nicht erbrachte Leistungen eines Dritten begründet, kann sie diese Frage im Revisionsverfahren nicht mehr aufgreifen, weil sie die Rechtsrüge in ihrer Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung in dieser selbständig zu beurteilenden Rechtsfrage nicht ausgeführt hat (vgl RS0041570 [T8]; RS0043352 [T33]).

[8] Mangels Darstellung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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