European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0080OB00564.76.1222.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei wird nicht Folge gegeben.
Hingegen wird dem Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluß, der im übrigen bestätigt wird, im Pkt 2) dahin abgeändert, daß dieser zu lauten hat:
„2.) Diese einstweilige Verfügung darf nicht vor Nachweis des gerichtlichen Erlages der mit S 200.000,--festgesetzten Sicherheitsleistung, die der klagenden und gefährdeten Partei auferlegt wird, vollzogen werden."
Die klagende und gefährdete Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.
Der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Als Klägerin und gefährdete Partei tritt im vorliegenden Verfahren die protokollierte Firma A* Gesellschaft m.b.H., vertreten durch I*, E* S* und Dkfm. S* S* (dem Nebenintervenienten auf Seite der Klägerin) auf, wobei in der Klage behauptet wird, es seien die Abberufung des Beklagten als Geschäftsführers der Gesellschaft m.b.H. sowie die Bestellung der drei angeführten Personen zu deren neuen Geschäftsführern mit Beschluß des Mehrheitsgesellschafters Dkfm. S* in der Generalversammlung vom 25. November 1975 erfolgt. Der Beklagte verbiete ungeachtet seiner Abberufung und der Bestellung neuer Geschäftsführer diesen neuen Geschäftsführern das Betreten des Betriebes und der Bürostätten des Unternehmens sowie die Ausübung der Geschäftsführertätigkeit. Der Beklagte habe überdies zu Unrecht den Mehrheitsgesellschafter Dkfm. S* kaduziert. Auf Grund dieses Vorbringens fordert die Klägerin, den Beklagten schuldig zu erkennen, zu unterlassen, als Geschäftsführer der A* Gesellschaft m.b.H. aufzutreten und tätig zu werden, insbesondere als Geschäftsführer der A* Gesellschaft m.b.H. Generalversammlungen einzuberufen sowie im Namen der A* Gesellschaft m.b.H. beim Kreisgericht Wiener Neustadt als Registergericht Anträge zu stellen. Unter Hinweis auf diesen Inhalt der Klage und mit der weiteren Behauptung, es entstehe der Klägerin ohne Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein erheblicher und nicht wieder gutzumachender Schaden, falls der Beklagte weiter für die Gesellschaft als Geschäftsführer tätig sei, beantragte die Klägerin auch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach zur Sicherung des Anspruches der Klägerin auf Ausübung der Geschäftsführertätigkeit durch die mit Beschluß der außerordentlichen Generalversammlung vom 25. November 1975 ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführer I*, E* S* und Dkfm. S* S* für die zu HRB * des Kreisgerichtes Wiener Neustadt protokollierte Firma A* Gesellschaft m.b.H. dem Antragsgegner A* verboten werde, weiterhin als Geschäftsführer der A* Gesellschaft m.b.H. aufzutreten und tätig zu werden, insbesondere Generalversammlungen einzuberufen und als Geschäftsführer der A* Gesellschaft m.b.H. in deren Namen Anträge beim Kreisgericht Wiener Neustadt als Registergericht zu stellen sowie rechtsverbindliche Erklärungen für die Firma abzugeben.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab.
Der Rekurs der Klägerin blieb erfolglos.
Nunmehr erstattete die Klägerin ein ergänzendes Vorbringen dahin, daß zwischen dem Beklagten und Dkfm. S* schon im Sommer 1975 wegen dringender wirtschaftlicher Probleme des Unternehmens die Einberufung einer Generalversammlung für den 1. September 1975 vereinbart und der Beklagte an diese Vereinbarung mit Schreiben vom 25. August 1975 erinnert worden sei, da bis dahin tatsächlich eine solche Einberufung durch den Beklagten als Geschäftsführer noch nicht erfolgt war. Mit Schreiben des vom Beklagten seinerzeit für das Unternehmen bestellten Rechtsanwaltes Dr. Peter Armstark sei die Einberufung dieser Generalversammlung verweigert bzw. eine diesbezügliche Absprache in Abrede gestellt worden. Mit Schreiben vom 27. August 1975 habe sodann der Gesellschafter Dkfm. S* den Beklagten in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Gesellschaft m.b.H. nochmals zur Einberufung einer Generalversammlung aufgefordert. Dieser Aufforderung sei vom Beklagten nicht entsprochen worden, sondern sie sei, offenkundig in geplanter Abstimmung auf das vom Beklagten wider Treu und Glauben angestrengte Kaduzierungsverfahren zunächst mit Stillschweigen übergangen worden. Der Beklagte habe sodann eine Generalversammlung für den 14. Oktober 1975 einberufen, jedoch mit Schreiben und Telegramm vom 10. Oktober 1975 den Ausschluß des Gesellschafters Dkfm. S* aus der Gesellschaft gemäß § 66 GesmbHG erklärt, da er gewußt habe, daß in der Generalversammlung er selbst, wie vom Gesellschafter Dkfm. S* angekündigt, als Geschäftsführer abberufen werden sollte. Als Dkfm. S* sodann am Sitz des Unternehmens als Ortes der Generalversammlung erschienen sei, sei ihm von dem vorgenannten Dr. Armstark namens des Beklagten mitgeteilt worden, daß Letzterer die Generalversammlung am 13. Oktober 1975 abberaumt habe; im übrigen sei ihm das Betreten des Betriebsgeländes untersagt worden. Dem Gesellschafter Dkfm. S* sei daher die organschaftliche Befugnis zur Einberufung der Generalversammlung vom 6. bzw. 25. November 1975 zugekommen. Der Gesellschafter Dkfm. S* habe sich selbst zu der Generalversammlung vom 6. November 1975 ordnungsgemäß und gehörig geladen und sei, um den Beklagten ebenso gehörig zu laden, berechtigt gewesen, die Generalversammlung für den 25. November 1975 neuerlich einzuberufen. Das bezügliche notarielle Protokoll sei dem Beklagten ordnungsgemäß zugekommen, weshalb dieser an der Versammlung vom 25. November 1975 auch teilgenommen habe. Unter Hinweis darauf, und das schon bisher erstattete Vorbringen beantragte die Klägerin die Erlassung nachstehender einstweiliger Verfügung:
„Zur Sicherung des Klagsanspruches auf Unterlassung der Geschäftsführertätigkeit des Beklagten für die Klägerin wird angeordnet:
a) dem Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei A* wird verboten, jegliche Tätigkeit als Geschäftsführer der Ad* Gesellschaft m.b.H. auszuüben, und zwar einschließlich der Übernahme von für die A* Gesellschaft m.b.H. bestimmter Postsendungen sowie Sendungen und Schriftstücken von Behörden und Gerichten, soweit sie an die A* Gesellschaft m.b.H. gerichtet sind;
b) die Geschäftsführung der A* Gesellschaft m.b.H. hat ein gemäß § 382 Z 2 EO vom Gericht zu bestellender Verwalter zu besorgen; diese Anordnung gilt bis 31. Dezember 1976, jedenfalls aber bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Rechtsstreites."
Das Erstgericht wies auch diesen Antrag ab.Das Gericht nahm als bescheinigt an, daß im Schreiben vom 25. August 1975, offenbar von Dkfm. S* an den Beklagten gerichtet, die Einberufung der Generalversammlung für den 1. September 1975 bestätigt wurde. Es wurde darauf hingewiesen, daß dieser Termin einvernehmlich zwischen dem Beklagten und Dkfm. S* festgelegt worden sei. Im Schreiben wurde auch darauf hingewiesen, daß für den Fall der Nichteinhaltung dieses Termins durch den Beklagten die Generalversammlung für den 9. September 1975 einberufen werde. Als Tagesordnungspunkte hiefür wurden Abberufung des Geschäftsführers A*, Neuwahl eines Geschäftsführers und Allfälliges bekanntgegeben. Im Antwortschreiben des Dr. Peter Armstark vom 26. August 1975 wurde die Vereinbarung der Einberufung einer Generalversammlung für den 1. September 1975 als unrichtig bestritten, jedoch ehestmögliche Einberufung einer Generalversammlung zugesagt. Im Antwortschreiben des Dkfm. S* vom 27. August 1975 wurde darauf hingewiesen, daß das Schreiben vom 25. August 1975 als Aufforderung zur Einberufung einer Generalversammlung zu verstehen gewesen sei. Es wurde darin unter Bezugnahme auf das Schreiben Dris. Armstark vom 26. August 1975 die Erwartung auf Einberufung der Generalversammlung bis 4. September 1975 zum Ausdruck gebracht.
Das Erstgericht vertrat die Auffassung, die Generalversammlung vom 25. November 1975 sei nicht ordnungsgemäß einberufen worden, weil den Voraussetzungen nach § 37 GesmbHG nicht entsprochen worden sei. Das Verlangen des Dkfm. S* auf Einberufung der Generalversammlung sei durch deren tatsächliche Einberufung für den 14. Oktober 1975 konsumiert worden. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß der Beklagte diese Generalversammlung nachträglich rechtswirksam wieder abberaumt habe. Es wäre der Vorgang nach § 37 GesmbHG zu wiederholen gewesen, weil aus der erstmaligen Absetzung der vom Beklagten berufenen Generalversammlung durch diesen – inzwischen sei auch die Kaduzierung des Dkfm. S* ausgesprochen worden – nicht hätte geschlossen werden können, daß der Beklagte etwa die Durchführung einer Generalversammlung dadurch verhindern werde, daß er sie zwar jeweils auf Verlangen selbst berufen, dann aber auch wieder selbst abberaumen werde. Es wäre dem Dkfm. S* oblegen, den Beklagten in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer neuerlich zur Einberufung einer Generalversammlung aufzufordern und erst im Falle einer Verweigerung der Einberufung durch den Beklagten oder im Falle einer neuerlichen Abberaumung der von ihm selbst berufenen Generalversammlung hätte Dkfm. S* als Mehrheitsgesellschafter nach § 37 GesmbHG die Generalversammlung einberufen dürfen.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der gefährdeten Partei Folge und erließ folgende einstweilige Verfügung:
l.) Dem Beklagten und Antragsgegner wird auf-getragen, die Geschäftsführung der A* Gesellschaft m.b.H., *, unverzüglich einem vom Kreisgericht Wiener Neustadt als Handelsgericht zu bestellenden Verwalter zu übergeben und es wird dem Beklagten und Antragsgegner ab dem Zeitpunkt dieser Übergabe die Ausübung jeglicher Tätigkeit als Geschäftsführer der A* Gesellschaft m.b.H. verboten, und zwar einschließlich der Übernahme von für die A* Gesellschaft m.b.H. bestimmter Postsendungen, sowie Sendungen und Schriftstücken von Behörden und Gerichten, soweit sie an die A* Gesellschaft m.b.H. gerichtet sind; dies alles für die Dauer des zu 1 Cg 1538/76 anhängigen Rechtsstreites.
2.) Diese einstweilige Verfügung darf nicht vor Nachweis des gerichtlichen Erlages der mit S 300.000,-- festgesetzten Sicherheitsleistung, die der klagenden und gefährdeten Partei auferlegt wird, vollzogen werden.
Das Rekursgericht führte aus, es gebe wohl neben der einverständlichen schriftlichen Abstimmung der Gesellschafter einer Ges.m.b.H. auch eine ohne förmliche Berufung abgehaltene Generalversammlung (Universalversammlung gemäß § 38 Abs 4 GesmbHG). Vorausgesetzt sei hier aber, daß alle Gesellschafter mit einer solchen Abhaltung einverstanden seien. Im vorliegenden Fall ergebe sich aus dem notariellen Protokoll über die außerordentliche Generalversammlung vom 25. November 1975, daß der Beklagte durch seinen Rechtsvertreter Dr. Hyrohs einwenden ließ, es liege keine rechtswirksame Ladung zur heutigen Generalversammlung vor, er erkläre sich mit den gestellten Anträgen nicht einverstanden und überdies gebe er gegen die Beschlüsse Widerspruch zu Protokoll. Unter diesen Voraussetzungen könne allerdings diese notariell beurkundete Versammlung vom 25. November 1975 nicht als Universalversammlung gemäß § 38 Abs 4 GesmbHG angesehen werden. So lange der Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. nicht vom hiezu befugten Organ abberufen worden sei, sei es seine Pflicht, seiner gesetzmäßigen Verantwortung für die Geschäftsführung zu entsprechen. Hiebei obliege es ihm u.a. gemäß § 36 Abs 1 Satz 2 GesmbHG zumal wenn wie hier, eine andere Regelung im Gesellschaftsvertrag nicht behauptet worden sei, die Generalversammlung einzuberufen. Allerdings müsse gemäß § 37 Abs 1 GesmbHG die Generalversammlung von ihm auch dann ohne Verzug berufen werden, wenn Gesellschafter, deren Stammeinlagen den zehnten Teil des Stammkapitals erreichen, was hier auf den Anteil des Dkfm. S* zutreffe, die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes verlangen. Werde dem Verlangen vom Geschäftsführer nicht innerhalb von 14 Tagen nach der Aufforderung entsprochen, so könnten die Berechtigten unter Mitteilung des Sachverhaltes die Einberufung zur Generalversammlung gemäß § 37 Abs 2 GesmbHG bewirken, wobei hinsichtlich des Verlangens nach Berufung nicht ein übertriebener Formalismus vonnöten sei. Im Gegensatz zum ersten Rechtsgang sei nunmehr behauptet und bescheinigt, daß der Gesellschafter Dkfm. S*, der gemäß § 37 Abs 1 GesmbHG zur Stellung eines solchen Begehrens befugt gewesen sei, vom Beklagten als dem Geschäftsführer der Gesellschaft m.b.H. die Berufung der Generalversammlung unter Angabe von Gründen schriftlich verlangt habe. Es treffe zu, daß der Geschäftsführer darauf in weiterer Folge eine Generalversammlung für den 14. Oktober 1975 anberaumt habe. Damit sei der Anspruch des Gesellschafters Dkfm. S* auf Berufung einer Generalversammlung aber noch nicht konsumiert worden. Denn der Geschäftsführer könne wohl eine von ihm selbst gemäß § 36 Abs 1 GesmbHG berufene Generalversammlung mangels anderer Bestimmung der Satzung in eigener Verantwortung auch wieder abberaumen, ohne vorher die Zustimmung der Gesellschafter einzuholen. Beraume der Geschäftsführer aber, wovon nach dem ergänzenden Sachverhalt hier auszugehen sei, eine auf Verlangen eines Gesellschafters gemäß § 37 Abs 1 GesmbHG berufene Generalversammlung ohne Zustimmung dieses Gesellschafters ab, so habe er damit in dessen Recht eingegriffen und so gehandelt, als ob er sich von vornherein geweigert hätte, dem Verlangen des Gesellschafters auf Berufung einer Generalversammlung zu entsprechen. Daher sei zufolge der Abberaumung der für den 14. Oktober 1975 auf Verlangen des Gesellschafters Dkfm. S* berufenen Generalversammlung durch den Geschäftsführer diesem Gesellschafter bereits das Recht erwachsen, selbst die Berufung der Generalversammlung gemäß § 37 Abs 2 GesmbHG zu bewirken. Da das Gesetz eine Nachfristsetzung durch den Gesellschafter an den säumigen Geschäftsführer nicht vorsehe, müsse Letzterer folglich auch nicht nochmals zur Berufung der Generalversammlung aufgefordert werden.
Dkfm. S* sei somit als ein nach § 37 Abs 1 GesmbHG qualifizierter Gesellschafter infolge Eintrittes der Voraussetzungen nach § 37 Abs 2 GesmbHG befugt gewesen, nach dieser Gesetzesstelle die Generalversammlung für den 6. November 1975 zu berufen. Da hinsichtlich der Berufung dieser Generalversammlung nicht alle Förmlichkeiten nach § 38 Abs 1 und 2 GesmbHG beachtet worden seien, sei diese Generalversammlung zwar nicht ordnungsgemäß berufen gewesen, doch habe gemäß § 38 Abs 4 letzter Satz GesmbHG bei dieser Generalversammlung ordnungsgemäß der Beschluß gefaßt werden können, eine neuerliche Generalversammlung für den 25. November 1975 einzuberufen. Dkfm. S* sei als Gesellschafter der A* Gesellschaft m.b.H. zwar nach Auffassung des Beklagten kaduziert worden. Für das Provisorialverfahren könne aber auf Grund der Erklärung des A* im Registerakt HRB * des Kreisgerichtes Wiener Neustadt über die Einzahlung der Stammeinlage durch Dkfm. S* und im Hinblick auf den Spruch sowie die Entscheidungsgründe des Urteils des Kreis- als Handelsgerichtes Wiener Neustadt vom 6. Juli 1976, 1 Cg 1531/76, allerdings mit einer noch darzulegenden Einschränkung nach § 390 Abs 1 EO, davon ausgegangen werden, daß die Kaduzierung zu Unrecht und unwirksam erfolgt sei, weshalb die diesbezüglichen Rechtsfolgen rückwirkend als nicht eingetreten anzusehen seien. Somit habe Dkfm. S* gemäß § 37 Abs 2 GesmbHG sein Berufungsrecht sowie gemäß § 39 Abs 1 GesmbHG sein Stimmrecht als Mehrheitsgesellschafter zur Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer und der Bestellung neuer Geschäftsführer für die Gesellschaft m.b.H. wirksam ausüben können. Nach diesen für das Provisorialverfahren sich ergebenden Erwägungen sei der Beklagte als Geschäftsführer der A* Gesellschaft m.b.H. abberufen worden, habe dies aber nicht zur Kenntnis genommen. Da der Beklagte durch seine weitere, nunmehr als unbefugt erkannte Geschäftsführertätigkeit in der Lage sei, den bestehenden geschäftlichen Zustand des in Form einer Gesellschaft m.b.H. betriebenen Unternehmens einerseits zu verändern und diesen Zustand notwendigerweise durch jede Geschäftsführerhandlung auch tatsächlich ändere, es andererseits auf der Hand liege, daß hiedurch unwiederbringlicher Schaden für die Gesellschaft m.b.H. entstehen könne, und deshalb entstehen müsse, weil ein Unbefugter ihre Geschäfte führe, seien die Voraussetzungen für die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung nach § 381 Z 1 bzw. Z 2 EO gegeben, zumal jedenfalls infolge Einsetzung eines Verwalters an Stelle des Geschäftsführers hinsichtlich der Geschäftsführung nur ein vorläufiger Zustand bis zur Beendigung des Rechtsstreites geschaffen werde. Aus diesen Erwägungen sei die einstweilige Verfügung zu erlassen gewesen, wobei gemäß § 390 Abs 1 EO die Bewilligung vom Erlag einer mit S 300.000,-- bemessenen Sicherheitsleistung abhängig zu machen sei, weil hinsichtlich der Kaduzierung wohl bereits ein Rechtsstreit anhängig, dieser aber aktenkundig noch nicht rechtskräftig beendet sei, insoweit also eine Voraussetzung des gegen den Beklagten erhobenen Anspruches noch nicht als völlig verläßlich bescheinigt angesehen werden könne. Überdies sei die Auferlegung der Kaution auch im § 390 Abs 2 EO begründet.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Revisionsrekurse der gefährdeten Partei und ihres Gegners. Während die Antragstellerin gestützt auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung die Abänderung im Sinn des gänzlichen Entfalles der Sicherheitsleistung, allenfalls deren Herabsetzung auf S 100.000,-- bzw. eine angemessene Herabsetzung anstrebt, beantragt der Antragsgegner Abänderung im Sinne der Abweisung des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
1.) Zum Rekurs des Antragsgegners:
Der Antragsgegner weist darauf hin, daß er nach wie vor als einziger Geschäftsführer der A* Gesellschaft m.b.H. für diese vertretungsbefugt sei. Die Gesellschaft könne daher im vorliegenden Verfahren nicht durch die auf der Prozeßvollmacht des Klagevertreters unterzeichneten Personen vertreten werden, es hätte vielmehr im Wege des Außerstreitverfahrens ein Kurator bestellt werden müssen, der die Gesellschaft gegen den Geschäftsführer zu vertreten gehabt hätte. Auch die hinsichtlich der Kaduzierung vom Rekursgericht vertretene Auffassung sei unrichtig, da die Rechtswirkungen erst mit der Zustellung des Schreibens an den säumigen Gesellschafter eintreten; die Datierung der Ausschlußerklärung sei hingegen ohne Bedeutung, es komme vielmehr auf die Postaufgabe an. Die auf Wunsch des Dkfm. S* berufene Generalversammlung vom 14. Oktober 1975 habe mit Rücksicht auf dessen vorher wirksam vorgenommene Kaduzierung abberaumt werden können. Infolge der Kaduzierung habe Dkfm. S* die Generalversammlungen vom 6. und 25. November 1975 nicht wirksam berufen können, sodaß in diesen Versammlungen auch keine rechtsgültigen Beschlüsse gefaßt werden konnten. Schließlich hätte eine Sicherheitsleistung von S 500.000,-- für den Fall der Erlassung der einstweiligen Verfügung festgesetzt werden sollen.
Was zunächst die Frage der Kaduzierung des Dkfm. S* anlangt, ist diesbezüglich beim Kreis- als Handelsgerichtes Wiener Neustadt zur GZ 1 Cg 1531/76 ein Prozeß über die von Dkfm. S* gegen die A* Gesellschaft m.b.H. eingebrachte Klage auf Feststellung, daß das Telegramm und das Schreiben der Gesellschaft m.b.H. vom 10. Oktober 1975 den Ausschluß des Klägers als Gesellschafters aus der Gesellschaft m.b.H. gemäß § 66 Abs 2 GesmbHG nicht zur Folge hatten, sodaß der Kläger nach wie vor Gesellschafter der Gesellschaft m.b.H. ist, anhängig. Das Erstgericht hat dem Klagebegehren mit Urteil vom 6. 7. 1976, das noch nicht rechtskräftig ist, stattgegeben. Es ging hiebei davon aus, daß das Schreiben der Gesellschaft m.b.H. vom 9. 9. 1975, mit dem dem Kläger gemäß § 66 Abs 1 GesmbHG der Ausschluß angedroht wurde, diesem am 10. September 1975 zugestellt wurde. Die mit 10. Oktober 1975 datierte Ausschlußerklärung sei nicht wirksam, weil die Monatsfrist des § 66 Abs 1 GesmbHG nicht eingehalten worden sei.
Diese Ansicht hat das Gericht auf die von Gellis, Kommentar zum GesmbHG, S. 209, vertretene Auffassung gestützt. Wird weiters berücksichtigt, daß, wie sich aus dem Registerakt HRB * des Kreis- als Handelsgerichtes Wiener Neustadt ergibt, A* als Geschäftsführer der Gesellschaft m.b.H. gemäß § 10 GesmbHG die Erklärung abgegeben hat, daß die von Dkfm. * zu leistende Stammeinlage bar einbezahlt worden sei und sich in seiner freien Verfügung als Geschäftsführer befinde, ist dem Rekursgericht beizupflichten, daß für das Provisorialverfahren davon ausgegangen werden kann, daß die Kaduzierung unwirksam erfolgt und Dkfm. S* damit noch Gesellschafter der Gesellschaft m.b.H. ist.
Gemäß § 37 Abs 1 GesmbHG muß die Generalversammlung auch dann ohne Verzug berufen werden, wenn Gesellschafter, deren Stammeinlagen den 10. Teil des Stammkapitals erreichen, die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes verlangen. Wird dem Verlangen von den zur Berufung der Versammlung befugten Organen nicht innerhalb von 14 Tagen nach der Aufforderung entsprochen, so können gemäß § 37 Abs 2 die Berechtigten unter Mitteilung des Sachverhaltes die Berufung selbst bewirken. Im Gesetz ist nicht festgesetzt, auf welchen Termin die zur Berufung befugten Organe auf Grund eines Antrages nach § 37 Abs 1 die Versammlung festzusetzen haben. Diesbezüglich ist aber davon auszugehen, daß das im § 37 Abs 1 statuierte Recht nicht via facti frustriert werden darf (vgl. Gellis, a.a.O. S. 126, Pkt. 8).
Die Vorinstanzen haben als bescheinigt erachtet, daß der Gesellschafter Dkfm. S* – dessen Stammeinlage nach dem Gesellschaftsvertrag 51 % des Stammkapitals beträgt – mit Schreiben vom 25. 8. bzw. 27. 8. 1975 die Einberufung der Generalversammlung bis 4. September 1975 verlangte. Auf Grund dieses Verlangens berief der Geschäftsführer A* die Generalversammlung für den 14. Oktober 1975, beraumte sie jedoch am 13. Oktober 1975 wieder ab, da inzwischen die Kaduzierungsfrist abgelaufen und Dkfm. S* rechtswirksam aus der Gesellschaft ausgeschlossen sei. Zutreffend hat das Rekursgericht dieses Verhalten des Geschäftsführers als Verweigerung der Berufung der Versammlung im Sinne des § 37 Abs 2 GesmbHG mit der Folge, daß nunmehr das Recht der Berufung nach dieser Gesetzesstelle auf Dkfm. S* übergegangen sei, erachtet. Dieser war daher berechtigt, die Generalversammlung für den 6. November 1975 einzuberufen. Da hinsichtlich der Berufung dieser Generalversammlung nicht alle formellen Voraussetzungen nach § 38 Abs 1 und 2 GesmbHG eingehalten worden waren, konnte gemäß § 38 Abs 4 letzter Satz GesmbHG bei dieser Versammlung der Beschluß gefaßt werden, eine neuerliche Generalversammlung für den 25. November 1975 einzuberufen. Bei dieser ordnungsgemäß berufenen Generalversammlung, bei der auch der Antragsgegner anwesend war, durfte Dkfm. S* gemäß § 39 Abs 1 GesmbHG sein Stimmrecht als Mehrheitsgesellschafter im Sinne der Abberufung des Antragsgegners als Geschäftsführer und der Bestellung neuer Geschäftsführer für die Gesellschaft m.b.H., nämlich seiner Person sowie der E* S* und der I*, rechtswirksam ausüben. Da der Antragsgegner die Nichtigerklärung des Generalversammlungsbeschlusses, mit dem seine Abberufung erfolgte, auf Grund einer Klage gemäß § 41 GesmbHG gar nicht behauptet hat, ist seine Abberufung jedenfalls im Provisorialverfahren als wirksam anzusehen. Darauf, ob dieser Umstand bereits im Handelsregister eingetragen ist, kommt es nicht an, weil die Eintragung im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer ohne Bedeutung ist und nur Dritten gegenüber die im § 15 HGB vorgesehene Wirkung hat (vgl. HS 5583 u.a.). Da die wirksame Bestellung und damit auch die Vertretungsbefugnis der durch den Generalversammlungsbeschluß vom 25. 11. 1975 eingesetzten Geschäftsführer Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist, muß ihnen bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieser Frage die Vertretungsbefugnis für die Ges.m.b.H. zugebilligt werden (vgl. EvBl 1973/271 u.a.). Der Bestellung eines Kurators für die Ges.m.b.H. bedurfte es daher nicht.
Da der Antragsgegner ungeachtet seiner Abberufung seine Geschäftsführertätigkeit fortsetzt, konnte ohne Bescheinigung weiterer Gefahr die beantragte einstweilige Verfügung gemäß § 381 Z 2 EO erlassen werden, da in der Fortsetzung der Geschäftsführertätigkeit durch einen Unbefugten eine Bedrohung mit unwiederbringlichem Nachteil für die Gesellschaft liegt, die seine Rechtshandlungen gegen sich gelten lassen muß, solange die Löschung des Geschäftsführers im Handelsregister nicht durchgeführt ist (vgl. Kostner, GesmbH² S. 50 f, Graschopf, GesmbH, S. 104, Hämmerle, Handelsrecht II S. 150, Torggler in GesRZ 1974, S. 8, GlUNF 5352).
Dem Rekurs des Antragsgegners war daher ein Erfolg zu versagen.
2.) Zum Rekurs der Antragstellerin:
Zutreffend hat das Rekursgericht mit Rücksicht darauf, daß einerseits über die Wirksamkeit der Kaduzierung des Dkfm. S* noch nicht rechtskräftig abgesprochen ist, andererseits die Erlassung der einstweiligen Verfügung einen nicht unerheblichen Eingriff in die Rechtssphäre des Antragsgegners darstellt, den Vollzug der einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht. Deren Höhe erscheint jedoch insbesondere mit Rücksicht auf die Verwalterbestellung, die wohl geeignet sein wird, den Eintritt eines größeren Schadens für den Antragsgegner hintanzuhalten, mit S 300.000,-- doch zu hoch bemessen. Der Oberste Gerichtshof erachtet vielmehr eine Sicherheitsleistung von S 200.000,-- für ausreichend.
In diesem Umfang war daher dem Revisionsrekurs des Antragstellers folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf den §§ 40, 50 ZPO, §§ 393 Abs 1, 78 und 402 EO.
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