European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0080OB00559.76.0216.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 2.699,52 (darin S 600,-- Barauslagen und S 155,52 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger, ein Baumeister, begehrt für einen vom Beklagten bestellten Zubau zu einer Kraftfahrzeugwerkstätte ein restliches Entgelt in der Höhe von S 60.396,28.
Der Beklagte wendete gegenüber der Klagsforderung mangelnde Fälligkeit ein. Der Kläger habe entgegen seiner Zusage die gerügten Mängel noch immer nicht behoben. Der Beklagte habe seinen Verbesserungsanspruch nie zu Gunsten eines Preisminderungsanspruches fallen gelassen. Aufrechnungsweise hielt der Beklagte gegenüber dem eingeschränkten Klagebegehren Gegenforderungen im Gesamtbetrag von S 93.422,66 samt Anhang aufrecht, darunter die Forderung nach Ersatz der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung im Betrage von S 32.313,66, die der Kläger alle nach Grund und Höhe bestritt.
Der Kläger replizierte zu dem aufrechnungsweise eingewendeten Anwaltshonorar, daß diese Kosten ihm gegenüber nicht geltend gemacht werden könnten und die verrechneten Anwaltsleistungen im übrigen nicht erforderlich gewesen seien.
Das Erstgericht erachtete die Klagsforderung mit S 59.060,28 als zu Recht bestehend, die Gegenforderung des Beklagten mit S 44.359,-- zu Recht bestehend und sprach dem Kläger daher S 14.701,28 samt Anhang zu.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers nicht Folge, der Berufung des Beklagten wurde nur im Kostenpunkt teilweise Folge gegeben.
Gegen dieses Urteil, soweit damit die Klagsforderung mit S 59.060,28 als fällig und zu Recht bestehend und die Gegenforderung von S 32.313,66 an Rechtsanwaltshonorar für nicht zu Recht bestehend erachtet wurde, richtet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Z 2 und 4 ZPO, mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Im Revisionsverfahren ist nur das Zurechtbestehen und die Fälligkeit der Klagsforderung sowie das Zurechtbestehen der Gegenforderung an Rechtsanwaltshonorar strittig.
Diesbezüglich hat das Erstgericht im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Der Kläger erstellte dem Beklagten den Kostenvoranschlag vom 3. 8. 1971. Auf dieser Grundlage beauftragte der Beklagte im Jahre 1971 den Kläger mit der Errichtung eines Zubaues zu einem bestehenden Werkstättengebäude. Dabei sicherte der Kläger zu, die Arbeiten bis Mitte November 1971 zu vollenden. Der Zubau war vom Beklagten für die Unterbringung einer Spritz- und Trockenkabine zur Lackierung von Kraftfahrzeugen bestimmt. Der Beklagte bestellte am 24. 8. 1971 über Os*, den Vertreter der Firma A* & Co KG eine kombinierte Spritz- und Trockenkabine, die in den vom Kläger herzustellenden Zubau eingebaut werden sollte. Diese Anlage stand ab November 1971 bei der Firma A* & Co KG zur Lieferung und Montage bereit. Nach Entdeckung eines Mangels des Betons Ende November 1971 veranlaßte der Beklagte eine Überprüfung der Betondruckfestigkeit. Der vom Beklagten eingeholte Befund ergab, daß der vom Kläger hergestellte Beton den gestellten Anforderungen nicht entsprach. Nach Feststellung dieses Mangels nahm der Beklagte die Hilfe seines Bruders Ing. J* in Anspruch, der technischer Geschäftsführer einer Bauunternehmung ist. Der Beklagte zog ihn in der Folge zu Besprechungen und Befundaufnahmen an Ort und Stelle bei. Ing. J* erklärte dem Beklagten, er könne die von ihm begehrten Arbeiten nicht mehr unentgeltlich leisten. Am 16. 12. 1971 fand an der Baustelle eine Besprechung über die erforderlichen Sanierungsarbeiten statt. Hierüber wurde ein Aktenvermerk aufgenommen. Der Kläger erklärte sich damals zur Vornahme der erforderlichen Sanierungsarbeiten bereit, insbesondere zu einer Erneuerung des Unterlagsbetons im Heizungs- und Lüftungsraum. Diese im Aktenvermerk vom 16. 12. 1971 unter Punkt 2 festgelegte Erneuerung des Unterlagsbetons im Heizungs- und Lüftungsraum lehnte der Kläger dann jedoch mit der Begründung ab, sich hiezu nicht verpflichtet zu haben. Über diesen Streitpunkt führten die Parteien und ihre Vertreter einen Briefwechsel. Bis Ende April 1972 stellte der Kläger tatsächlich alle Sanierungsarbeiten mit Ausnahme einer Erneuerung des Unterlagsbetons im Heizungs- und Lüftungsraum fertig. Der Beklagte forderte weiterhin die Einbringung eines armierten Unterlagsbetons in diesem Raum. Schließlich erklärte sich der Kläger doch zur Ausführung dieser Arbeit bereit und stellte sie Mitte Juni 1972 fertig. Erst nach Vornahme dieser Arbeit war ein Einbau der bei der Firma A* & Co KG lagernden Spritz- und Trockenkabine möglich. Wegen Urlaubes baute diese Lieferfirma die Anlage erst im August 1972 ein. Nach dem von beiden Parteien und ihren Vertretern gefertigten Protokoll über die am 13. 10. 1972 erfolgte Abnahme der Baumeisterarbeiten (Beilage 31) rügte der Beklagte folgende Mängel:
1.) daß der Innenwandverputz im Vorbereitungsraum schadhaft und hohl liegende Stellen aufweise;
2.) daß der Fensterparapet im Vorbereitungsraum rechts neben dem Einfahrtstor unvollendet sei und Verputzschäden zeige;
3.) daß die Trennfuge im Bereich des zu 2.) erwähnten Fensters nicht durchgehend sei und zu unwillkürlichen Rißbildungen führen werde;
4.) daß der Fassadenputz an der Westseite Rißbildungen zeige und daß sich die Mauerfugen durchzeichneten;
5.) daß am Altbestand bei den Fassadenputzanschlüssen Verschmutzungen an Fassade und Fenster sichtbar seien (Verschmutzung durch Verputzarbeit);
6.) daß das vor dem Einfahrtstor befindliche Einlaufgitter nicht planmäßig ausgeführt worden sei und sich als unwirksam erweise.
Der Kläger verpflichtete sich nach dem Inhalt dieses Protokolls unter anderem, die zu Punkt 1.) und 5.) gerügten Mängel binnen 14 Tagen zu beheben. Die weiteren Mängelrügen erkannte er damals nicht an. Der Vertreter des Beklagten urgierte die Behebung der anerkannten Mängel mit Schreiben vom 16. 11. 1972. Die Mängel wurden nicht behoben. Der Kläger legte vielmehr die mit 18. 12. 1972 datierte Schlußrechnung mit einem Rechnungsbetrag von S 228.760,28, von dem ein Teilrechnungsbetrag von S 100.000,-- abgezogen wurde. Zu dieser Schlußrechnung nahm der Vertreter des Beklagten im Schreiben vom 16. 2. 1973 (Beilage 35) im einzelnen Stellung, begehrte aber keine Mängelbehebung, sondern erhob Gegenforderungen und machte hinsichtlich der Fassade einen Qualitätsabstrich von S 5.174,-- geltend. Auch mündlich verlangte der Beklagte nach Legung der Schlußrechnung nie mehr eine Mängelbehebung. Die vom Beklagten gerügten, im Protokoll vom 13. 10. 1972 unter Punkt 1.) bis 5.) erwähnten Mängel bestehen noch. Zu ihrer Behebung wäre 1973 ein Aufwand von S 9.700,-- erforderlich gewesen. Auch der vom Beklagten gerügte, unter Punkt 6.) erwähnte Mangel liegt vor. Er wäre aber nur bei einer großflächigen Gefälleänderung des Vorplatzes und damit nicht ohne bedeutenden Kostenaufwand behebbar.
Das Erstgericht war der Auffassung, daß aus dem gesamten Verhalten des Beklagten seit Legung der Schlußrechnung ein Verzicht auf das ursprünglich gestellte Begehren nach Mangelbehebung und eine Beschränkung auf den Preisminderungsanspruch angenommen werden müsse. Das preisgeminderte Entgelt sei daher fällig. Da der Kläger die vertraglich geschuldete Arbeit schlecht ausgeführt habe, sei dem Beklagten zuzubilligen gewesen, sich durch Beiziehung eines Fachmannes, seines Bruders, vor weiteren Schäden zu schützen. Andererseits sei der Beklagte in der durch den Kläger schuldhaft herbeigeführten Lage nicht auf Rechtsbeistand angewiesen gewesen. Die Beiziehung eines Rechtsanwaltes sei nicht als notwendig anzusehen. Daher bestehe die Gegenforderung von S 32.313,66 nicht zu Recht.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte auch dessen rechtliche Beurteilung. Es erachtete die Zulässigkeit des Rechtsweges für die Gegenforderung des Beklagten betreffend das Anwaltshonorar für gegeben, diese Gegenforderung aber nicht für berechtigt.
Unter dem Revisionsgrund nach § 503Z 2 ZPO wendet sich der Beklagte gegen die Billigung der erstgerichtlichen Feststellung, der Beklagte habe nach Legung der Schlußrechnung bis zur Einleitung des Prozesses vom Kläger nicht mehr Behebung der Mängel verlangt. Dies ergebe sich nicht aus der Korrespondenz, insbesondere nicht aus dem Schreiben vom 16. 2. 1973, Beilage 35.
Das Berufungsgericht hat in Erledigung der Beweis- und Tatsachenrüge des Beklagten diese tatsächliche Feststellung des Erstgerichtes nicht nur auf Grund der Korrespondenz, insbesondere des Schreibens Beilage ./35, sondern auch auf Grund der Parteienaussage des Beklagten als unbedenklich übernommen. Die Ausführungen der Revision stellen daher den Versuch einer im Revisionsverfahren unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen dar.
Soweit der Beklagte die Unterlassung von Feststellungen aus der von ihm vorgelegten Korrespondenz rügt, daß die Zuziehung eines Rechtsanwaltes zur Durchsetzung der Ansprüche erforderlich und auch gerechtfertigt gewesen sei, macht er, soweit nicht die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes bekämpft wird, Feststellungsmängel geltend, die bei Erledigung der Rechtsrüge zu erörtern sein werden.
Der Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO liegt daher nicht vor.
In der Rechtsrüge bekämpft der Beklagte zunächst die Auffassung des Berufungsgerichtes, sein Verhalten nach Schlußrechnungslegung durch den Kläger sei als schlüssiger Verzicht auf die Behebung der Mängel und damit als Verlangen nach Preisminderung zu werten.
Das Rechtsverhältnis zwischen den Streitteilen ist als Werkvertrag anzusehen. Gemäß § 1167 ABGB kann der Besteller bei wesentlichen Mängeln, welches das Werk unbrauchbar machen, oder der ausdrücklichen Bedingung zuwiderlaufen, vom Vertrag abgehen. Will er das nicht oder sind die Mängel weder wesentlich noch gegen die ausdrückliche Bedingung, so kann er die Verbesserung, falls diese nicht einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, oder eine angemessene Minderung des Entgeltes fordern. Da ein Wandlungsanspruch gar nicht geltend gemacht wurde, ist zu untersuchen, ob und in welcher Weise der Beklagte sein Wahlrecht zwischen Verbesserungs- und Preisminderungsansprüchen ausgeübt hat. Der Beklagte hat zunächst einzelne Mängel gerügt und deren Verbesserung gefordert, die vom Kläger auch zum Teil durchgeführt, bzw. bezüglich anderer Mängel zugesagt, aber bis zur Übermittlung der Schlußrechnung an den Beklagten nicht vorgenommen wurde. In der anwaltlich verfaßten, umfassenden Stellungnahme zur Schlußrechnung hat der Beklagte weder eine noch vorzunehmende Verbesserung erwähnt, noch die fehlende Fälligkeit der restlichen Entgeltforderung wegen Nichtdurchführung verlangter Verbesserungsarbeiten in irgend einer Weise angedeutet, sondern Preisminderung verlangt und Gegenforderungen erhoben. Hat sich der Besteller dafür entschieden, Minderung zu verlangen, kann er wegen dieser Mängel nicht mehr Verbesserung fordern (vgl. Adler-Höller in Klang² V 396 unter b). Dem Beklagten war somit ein Zurückgreifen auf den Verbesserungsanspruch und damit auch der Einwand der mangelnden Fälligkeit des noch nicht bezahlten Werkslohnes wegen einer noch ausstehenden Mängelbehebung verwehrt. Dies hat auch hinsichtlich des Mangels am Rigoleinlaufschacht samt Einlaufgitter vor dem Einfahrtstor zu gelten.
Bezüglich der in der Revision bekämpften Annahme des Nichtzurechtbestehens der vom Beklagten eingewendeten Gegenforderung von S 32.313,66 für Rechtsanwaltshonorar ist zunächst darauf zu verweisen, daß beide Vorinstanzen die Zulässigkeit des Rechtsweges bejaht haben. Doch ist dem Berufungsgericht unter Hinweis auf dessen zutreffende Ausführungen beizupflichten, daß im vorliegenden Fall die Beiziehung eines Rechtsanwaltes durch den Beklagten auf Kosten des Klägers schon nach dem Prozeßvorbringen nicht gerechtfertigt war, so daß es diesbezüglich keiner weiteren Beweisaufnahmen und Feststellungen bedurfte.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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