OGH 8Ob198/76

OGH8Ob198/7619.1.1977

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fedra, Dr. Benisch, Dr. Thoma und Dr. Kralik als Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1) R* K*, Transportunternehmer, *, 2) A* K*, Transportunternehmer, ebenda, beide vertreten durch Dr. Franz und Dr. Friedrich Eckert, Rechtsanwälte in Baden, 3) *versicherungsanstalt, *, vertreten durch Dr. Adolf Fiebich und Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1) J* Z*, Hilfsarbeiter, *, vertreten durch Dr. Walter Langer, Rechtsanwalt in Eisenstadt, 2) Firma L* AG, Bauunternehmung, *, vertreten durch Dr. Leo Kaltenbäck, Rechtsanwalt in Graz, 3) Republik Österreich (Österreichische Bundesbahnen), vertreten durch die Finanzprokuratur, *, unter Beitritt des M*, Fahrdienstleiter, *, vertreten durch Dr. Emil Schreiner, Rechtsanwalt in Eisenstadt, als Nebenintervenient auf Seiten der erst- und zweitbeklagten Parteien im Verfahren zu 2 Cg 375/73, sowie des L* Si*, *, vertreten durch Dr. Erhard Doczekal, Rechtsanwalt in Wien als Nebenintervenient auf Seiten der erstbeklagten Partei im Verfahren zu 2 Cg 375/73 und als Nebenintervenient auf Seiten der drittbeklagten Partei im Verfahren 2 Cg 252/74 wegen S 40.000,-- seitens der erst- und zweitklagenden Parteien, wegen S 115.300,-- seitens der erstbeklagten Partei, wegen S 115.300,-- und Feststellung (Streitwert S l00.000,--) seitens der zweitbeklagten Partei und wegen S 155.300,-- und S 57.017,10-- sowie Feststellung seitens der drittbeklagten Partei infolge Revisionen der erst-, zweit- und drittbeklagten Parteien bzw. Rekurse der erst- und zweitklagenden Parteien sowie der drittbeklagten Partei gegen das Teilurteil bzw. den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 12. Mai 1976, 10 R 68/76‑57 , womit infolge Berufungen der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 30. Dezember 1975, 2 Cg 375/73‑47 teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

 

I. zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0080OB00198.76.0119.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

 

II. Den

B e s c h l u ß

gefaßt:

 

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die erst- und zweitklagenden Parteien sowie die drittbeklagte Partei haben die Rekurskosten selbst zu tragen.

 

Entscheidungsgründe:

Am 26. Juli 1972 kam es gegen 9:55 Uhr auf der eingleisigen Bahnlinie P*-W* zwischen den Bahnhöfen E* und W* beim km 4,660 auf der Eisenbahnkreuzung des schienengleichen Eisenbahnüberganges einer Baustraße im Bereich der damaligen Baustelle des Autobahnknotens E* östlich der Bundesstraße * zu einem Zusammenstoß zwischen dem aus Richtung W* sich nähernden Triebwagenpersonenzug, der von L* Si* als Triebwagenführer geführt wurde, und dem von J* H* über den Eisenbahnübergang gelenkten, mit Schüttmaterial beladenen LKW der Erst- und Zweitkläger. Die Eisenbahnkreuzung war durch einen Bahnschranken gesichert, der aber im Unfallszeitpunkt nicht geschlossen war. J* H* wurde bei dem Unfall getötet, L* Si* schwer und der Bahnschaffner J* B* leicht verletzt. Der LKW der Erst- und Zweitkläger erlitt einen Totalschaden, der Triebwagen wurde ebenfalls beschädigt. In den „Besonderen Bedingungen" der Ausschreibung der Bauarbeiten für den Autobahnknoten * des Amtes der Burgenländischen Landesregierung war der Zweitbeklagten, die auf Grund ihres Anbotes mit der Ausführung von Bauarbeiten beauftragt worden war, vorgeschrieben worden, einen Bahnschranken zu errichten und einen geeigneten Bediensteten zur Bedienung des Schrankens beizustellen. Zur Unfallszeit war der Erstbeklagte mit der Bedienung des Schrankens betraut. Er wurde wegen dieses Unfalles rechtskräftig verurteilt, weil er es als beauftragter Schrankenwärter trotz seitens des zuständigen Fahrdienstleiters ergangener Verständigung von der Annäherung der Zugsgarnitur unterlassen habe, den Schranken zu schließen.

Die Erst- und Zweitkläger begehren nach Modifizierung des Klagebegehrens in den verbundenen Rechtssachen 2 Cg 375/73 und 2 Cg 252/74 (Verbindungsbeschluß vom 14. Mai 1975 AS. 80) von den Erst- und Zweitbeklagten zur ungeteilten Hand und von der Drittbeklagten Ersatz eines Schadens von S 196.300,--, und zwar eines Fahrzeugschadens von S 142.000,--, der Kosten für die Abmeldung des LKW von S 300,-- und eines Verdienstentganges von S 54.000,--. Sie behaupten Alleinverschulden des Erstbeklagten, Haftung der Zweitbeklagten als Dienstgeberin des Erstbeklagten, sowie Haftung der Drittbeklagten gemäß § 19 Abs. 2 EKHG für das Verschulden des Erstbeklagten, der mit ihrem Willen beim Eisenbahnbetrieb tätig gewesen sei.

Die Drittklägerin begehrt in der verbundenen Rechtssache 2 Cg 252/74 (Verbindungsbeschluß vom 23. Juni 1975 AS. 84) als Trägerin der gesetzlichen Unfallsversicherung zur ungeteilten Hand von den Zweit- und Drittbeklagten Ersatz der von ihr an die Hinterbliebenen ihres Versicherten J* H* bis 31. März 1974 erbrachten Pflichtleistungen von S 67.138,90 sowie die Feststellung der Haftung dieser Beklagten zu künftigen Pflichtaufwendungen an die Hinterbliebenen ihres Pflichtversicherten im Rahmen des Deckungsfonds. Die Zweitbeklagte hafte auf Grund ihrer Fürsorgepflicht aus dem Werksvertrag auch den Dienstnehmern anderer Betriebe, somit auch den Hinterbliebenen des getöteten Kraftfahrers der Erst- und Zweitkläger J* H* gegenüber für das Verschulden des Erstbeklagten. Die Drittbeklagte hafte gemäß § 19 Abs. 2 EKHG für das Verschulden des Erstbeklagten, der mit ihrem Willen beim Eisenbahnbetrieb tätig gewesen sei.

Der Erstbeklagte macht ein 50%iges Mitverschulden des Lenkers des LKW der Erst- und Zweitkläger geltend und wendet gegen deren Forderung aufrechnungsweise eine Gegenforderung von S 683.257,-- (AS. 32) ein.

Die Zweitbeklagte bestreitet jegliche Haftung für das Verschulden des Erstbeklagten. Zwischen ihr einerseits und dem getöteten J* H* sowie den Erst- und Zweitklägern andererseits habe weder eine Leistungsverpflichtung noch ein Vertragsverhältnis bestanden. Sie hafte weder nach § 1313 a noch nach § 1315 ABGB für das Verschulden des Erstbeklagten. Dieser sei weder ihr Erfüllungs- noch ihr Besorgungsgehilfe gewesen, da er ihrem Weisungs- und Aufsichtsrecht entzogen gewesen sei. Er sei nur insoferne ihr Dienstnehmer gewesen, als er von ihr entlohnt worden sei. Rechtlich sei er Dienstnehmer der ÖBB gewesen, da er nur über deren Weisungen gehandelt habe. Es fehle ihr daher auch die passive Klagslegitimation. Den Getöteten treffe ein Mitverschulden zu 75 %, das sich die Kläger anrechnen müßten.

Die Drittbeklagte bestreitet jegliche Haftung sowohl aus Verschulden als auch nach dem EKHG und wendet aufrechnungsweise eine Gegenforderung von S 1,101.316,28 ein. Der Erstbeklagte sei zu ihr in keinem Dienst- und Arbeits- oder sonstigem Rechtsverhältnis gestanden, sondern sei ein Bediensteter der Zweitbeklagten gewesen. Ihre Bediensteten treffe kein Verschulden an dem Unfall. Sie hätten auch jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt angewendet, so daß der Haftungsausschluß nach § 9 EKHG vorliege. Den Lenker des Fahrzeuges der Erst- und Zweitkläger treffe ein 75%iges Mitverschulden (AS. 160).

Hinsichtlich des Klagebegehrens der Erst- und Zweitkläger stellte das Erstgericht deren Forderung mit S 155.300,-- als zu Recht bestehend, die Gegenforderung des Erstbeklagten von S 683.275,-- und der Drittbeklagten von S 1,101.316,25 als nicht zu Recht bestehend fest, verurteilte die drei Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 155.300,-- samt Anhang an die Erst- und Zweitkläger und wies das Mehrbegehren von S 41.000,-- ab.

Hinsichtlich des Klagebegehrens der Drittklägerin stellte das Erstgericht deren Forderung mit S 55.017,10,-- als zu Recht bestehend, die Gegenforderung der Drittbeklagten von S 1,101.316,25 als nicht zu Recht bestehend fest, verurteilte die Zweit- und Drittbeklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 55.017,10 s.A., wies das Mehrbegehren von S 12.121,80 ab und stellte die Haftung der Zweit- und Drittbeklagten für künftige Pflichtaufwendungen der Drittklägerin an die Hinterbliebenen ihres Pflichtversicherten J* H* im Rahmen des Deckungsfonds fest.

Die Abweisung des Teilbegehrens der Erst- und Zweitkläger von S 41.000,-- und des Teilbegehrens der Drittklägerin von S 12.121,80 blieb unangefochten. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes im Ausspruch über das Zurechtbestehen der Forderung der Erst- und Zweitkläger mit S 115.300,-- und des Nichtzurechtbestehens der Gegenforderung der Erst- und Drittbeklagten bis zur Höhe dieser Forderung und im Teilzuspruch von S 115.300,-- gegen die Beklagten, sowie im Ausspruch über das Feststellungsbegehren der Drittklägerin. Im übrigen, nämlich im Ausspruch über das Zurechtbestehen der Forderung der Erst- und Zweitkläger hinsichtlich eines weiteren Betrages von S 40.000,-- und über das Nichtzurechtbestehen der Gegenforderung der Erst- und Drittbeklagten bis zur Höhe dieser Forderung und hinsichtlich des Teilzuspruches von S 40.000,-- sowie im Ausspruch über das Zurechtbestehen der Forderung der Drittklägerin von S 55.017,10 und über das Nichtzurechtbestehen der Gegenforderung der Drittbeklagten bis zur Höhe dieser Forderung sowie hinsichtlich des Zuspruches von S 55.017,10 hob es das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen der Beklagten.

Der Erstbeklagte ficht dieses Urteil insoweit an, als die Forderung der Erst- und Zweitkläger mit mehr als S 57.650,-- als zu Recht bestehend, seine Gegenforderung bis zur Höhe dieser Forderung als nicht zu Recht bestehend festgestellt und den Erst- und Zweitklägern ein Betrag von S 115.300,-- zugesprochen wurde. Er macht den Anfechtungsgrund des § 503Z. 4 ZPO geltend und stellt die Anträge, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Forderung der Erst- und Zweitkläger nur mit S 57.650,-- und seine Gegenforderung bis zur Höhe dieser Forderung als zu Recht bestehend festgestellt und demgemäß die Klage abgewiesen werde, oder es aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Zweitbeklagte ficht dieses Urteil im Zuspruch von S 115.300,-- an die Erst- und Zweitkläger und im Ausspruch über das Feststellungsbegehren der Drittklägerin aus den Anfechtungsgründen des § 503Z. 2, 3 und 4 ZPO an. Sie stellt die Anträge, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Leistungsbegehrens der Erst- und Zweitkläger sowie des Feststellungsbegehrens der Drittklägerin, allenfalls im Sinne der Abweisung der Hälfte des Leistungsbegehrens der Erst- und Zweitkläger sowie im Sinne der Abweisung des Begehrens der Drittklägerin auf Feststellung ihrer Haftung für mehr als die Hälfte der künftigen Pflichtaufwendungen dieser Klägerin abzuändern oder es aufzuheben und die Sache an eines der Untergerichte zurückzuverweisen.

Die Drittbeklagte ficht dieses Urteil insoweit an, als die Forderung der Erst- und Zweitkläger mit S 115.300,-- als zu Recht bestehend, ihre Gegenforderung bis zur Höhe dieser Forderung als nicht zu Recht bestehend erkannt und den Erst- und Zweitklägern ein Betrag von S 115.300,-- zugesprochen, sowie ihre Haftung gegenüber der Drittklägerin für deren künftige Pflichtaufwendungen festgestellt wurde. Sie macht den Anfechtungsgrund des § 503 Z. 4 ZPO geltend und stellt die Anträge, das angefochtene Urteil – unter Beseitigung des Ausspruches, ihre Gegenforderung bestehe bis zur Höhe der Klagsforderung der Erst- und Zweitkläger nicht zu Recht – im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens der Erst- und Zweitkläger, sowie des Feststellungsbegehrens der Drittklägerin abzuändern oder es aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Kläger stellen den Antrag, den Revisionen nicht Folge zu geben.

Gegen den Aufhebungsbeschluß richten sich die Rekurse der Erst- und Zweitkläger sowie der Drittbeklagten. Die Erst- und Zweitkläger stellen den Antrag, den angefochtenen Beschluß im Ausspruch über die Aufhebung des Urteiles des Erstgerichtes hinsichtlich ihres Teilbegehrens von S 40.000,-- aufzuheben. Die Drittbeklagte stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß im Ausspruch über die Aufhebung des Urteiles des Erstgerichtes hinsichtlich des Teilbegehrens der Erst- und Zweitkläger von S 40.000,-- sowie hinsichtlich des Teilbegehrens der Drittklägerin von S 55.017,10 aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Bundesstraßenverwaltung begann im Jahre 1971 mit dem Bau des E* Autobahnknotens, der eine Autobahn von W* nach E* und eine Schnellstraße verbinden wird. Die Hauptfahrbahn liegt auf einem Damm, der so hoch ist, daß darunter der Verkehr auf der Bundesstraße und der Eisenbahn unbehindert weitergeführt werden konnte. Die Schnellstraße überquert die Bundesstraße * und die Eisenbahnlinie E*-W* über zwei Brücken. Die die Eisenbahn überführende Brücke war am 26. Juli 1972 fertiggebaut. Die Arbeiter begannen mit der Ausschalung der aus Beton hergestellten Brücke. Diese war aber noch nicht befahrbar, weil die anschließenden Straßenstücke nicht in der notwendigen Höhe aufgeschüttet waren. Die Schüttarbeiten waren erst im Gange. Dazu führten LKW aus einer etwa 5 km entfernten Schottergrube in der Nähe von T* das Schüttmaterial heran, das dort abgebaut worden und außerhalb des Grundwassers abgelagert und zum Transport hergerichtet war. Zur Anfahrt benützten die LKW die damals unfertige Schnellstraßentrasse, die eine Breite von etwa 40 m hatte und bereits in einer Höhe von 2 bis 3 m über dem Gelände aufgeschüttet war. Zur Überquerung der Eisenbahnlinie durch den Baustellenverkehr war die Errichtung eines schienengleichen Bahnüberganges erforderlich, für den vom Amt der Burgenländischen Landesregierung auf Grund einer Ermächtigung des Bundesministeriums für Verkehr die Bau- und Betriebsbewilligung erteilt worden war. In einem Arbeitsübereinkommen wurde die Errichtung eines Sperrschrankens angeordnet. Laut Bauausschreibung des Amtes der Burgenländischen Landesregierung für den Knoten E* wurde in den „Besonderen Bedingungen" die Beistellung geeigneter Dienstnehmer zur Bedienung der vorschriftsgemäß errichteten Schranken auf Baudauer der zweitbeklagten Partei als dem die Bauarbeiten durchführenden Unternehmen verbindlich vorgeschrieben. Wegen der einfachen Verhältnisse wurden deren Betrieb nicht die üblichen Verkehrs- und Signalvorschriften, sondern eine einfache Bedienungsanleitung zugrundegelegt. Die Einschulung des Erstbeklagten und seines Vertreters als Schrankenwärter erfolgte durch Organe der ÖBB, die ihnen nach Ablegung einer formlosen Verwendungsprüfung die Ermächtigungsscheine ausfolgten. Der Schrankenposten war unter anderem mit einem Anschaltfernsprecher, einem Fernsprechvormerk und einem Zugverzeichnis ausgerüstet. Der Schranken besaß keinen Kurbelbetrieb. Die hölzernen Schrankenbalken waren durch Gegengewichte im Gleichgewicht und mußten nacheinander händisch gehoben oder gesenkt werden. Die Breite des Eisenbahnüberganges betrug etwa 8 m. Weitere Verkehrszeichen waren nicht aufgestellt. Die Schrankenwärterhütte stand südlich der Bahnlinie etwa 10 m vom näheren Straßenrand und den dort befindlichen Gegengewichten der Schrankenbäume entfernt. Bei mäßiger Eile benötigte der Schrankenwärter vom Aufstehen in der Hütte bis zum Schließen der beiden Schranken 40 Sekunden. Die Sicht von der Schrankenwärterhütte auf die Bahnlinie war in Richtung E* mindestens 800 m frei, in Richtung W* durch die in etwa 30 m Entfernung beginnende Straßenbrücke wesentlich behindert. Die Brücke war am 26. Juli 1972 noch voll eingerüstet, so daß nur ein Raum frei blieb, der für das gefahrlose Durchfahren der Zugsgarnitur notwendig war. Die Sicht auf den Kreuzungspunkt für einen aus W* kommenden Triebwagenführer betrug bei einem Sehpunktabstand von 3 m von den Schienen 70 m bei einem solchen Abstand von 6 m vom Gleis 60 m von diesem, weil die Eisenbahntrasse vor der neuen Brücke bogenförmig verläuft. Nach der Bedienungsanleitung hatte der Schrankenwärter den Schranken vor Eintreffen der Schienenfahrzeuge zeitgerecht, im allgemeinen 3 Minuten vor der Vorbeifahrt, zu schließen. Er wurde fernmündlich vom Fahrdienstleiter der Nachbarbahnhöfe (E* und W*) von jeder bevorstehenden Zug- oder Kleinbahnfahrt gesondert verständigt. Der seinerzeitige Vorarbeiter S* hatte einmal zum Erstbeklagten gesagt, er möge den Bahnschranken so spät wie möglich schließen, um den Baustellenverkehr so wenig wie möglich zu behindern. Der Erstbeklagte negierte diesen Vorschlag jedoch und schloß den Schranken – bis zum Unfallstag – entsprechend den Vorschriften immer zeitgerecht. Die Fahrdienstleiter der beiden Nachbarbahnhöfe führten Zugmeldebücher, in denen alle Meldungen, insbesondere das Anbieten eines Zuges dem Nachbarbahnhof, eingetragen werden, wie dies bei einer eingleisigen Strecke vorgeschrieben ist. Es kam häufig vor, daß sich der Schrankenwärter in dieses Gespräch zwischen den Fahrdienstleitern einschaltete und damit die Abfahrt des Zuges zur Kenntnis nahm. Daneben führte der Fahrdienstleiter noch einen Fernsprechvormerk für den Verkehr mit dem Schrankenwärter, in dem die an diesen allein gerichteten Meldungen verzeichnet wurden. Die Fahrgeschwindigkeit auf der Strecke W*-E* ist mit 60 km/h begrenzt. Die Fahrzeit von W* bis E* (6,548 km) beträgt unter Berücksichtigung des Aufenthaltes in der Station W*-Haltestelle 9,5 Minuten, bis zur Unfallstelle (1,924 km vor E*) ca. 7 Minuten. Im Sommerfahrplan 1972 war ein Personenzug vorgesehen, der um 9:48 Uhr den Bahnhof W* verließ und um etwa 9:55 Uhr den provisorischen Eisenbahnübergang, an dem sich der Unfall ereignete, passierte. Am 26. Juli 1972 bestand die Zugsgarnitur, die um 9:48 Uhr W* verließ, aus einem Dieseltriebwagen der Baureihe 5046, einem zweiachsigen Dienstwagen und zwei zweiachsigen Reisezugwagen mit einem Gewicht von 103 t und einem Bremsgewicht von 104 t. Die Zuggarnitur entsprach den Vorschriften. Das Registriergerät im Geschwindigkeitsmeßgerät war zulässigerweise nicht montiert. Die gefahrene Geschwindigkeit überstieg niemals die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h. Triebwagenführer dieses Zuges war der mit der Bahnstrecke vertraute Nebenintervenient L* Si*, Zugführer J* W* und Schaffner J* B*. Fahrdienstleiter des Bahnhofes W*, M*, bot um 9:46 Uhr den Zug dem Fahrdienstleiter in E* W* an und erhielt die Erlaubnis zur Abfahrt. Er verließ seinen Dienstraum, ließ um 9:48 Uhr den Zug fahrplanmäßig abfahren und beobachtete noch 1 bis 2 Minuten lang den den Bahnhof verlassenden Zug. Beim Zurückgehen in das Bahnhofsgebäude war sich M* nicht sicher, ob sich der Erstbeklagte in das Anbotgespräch eingeschaltet gehabt hatte. Er rief diesen daher um 9:51 Uhr oder 9:52 Uhr an und teilte ihm mit, daß der Zug „recht", d.h. fahrplangemäß abgefahren sei. Das erste Gespräch ist mit 9:46 Uhr im Zugmeldebuch und im Fernsprechverzeichnis für den Schrankenposten eingetragen. Der als Kontrollruf gedachte Anruf des Schrankenpostens ist in den Vormerken des Bahnhofes W* nirgends eingetragen. Als sich der Triebwagenzug der eingeschaltenen Brücke kurz vor der Unfallstelle näherte, stellte der Triebwagenführer wenige Meter vor Erreichen des Gerüstes fest, daß der Bahnschranken geöffnet war und ein LKW auf dem Bahnübergang stand. Er leitete in einer Entfernung von 69 m vor dem Übergang eine Schnellbremsung mit Sandung ein, betätigte gleichzeitig die Typhone und stellte den Motor ab. In der ihm zur Verfügung gestandenen Zeit von 5,2 Sekunden konnte er den Führerstand nicht mehr verlassen, wurde deshalb beim Zusammenstoß mit dem LKW eingeklemmt und dabei schwer verletzt. Die Bremseinleitungsgeschwindigkeit betrug 53 km/h, die Anprallgeschwindigkeit etwa 40 km/h. Der Zug hinterließ eine Blockierspur von 55 m. Der Triebwagenführer konnte mit den ihm zur Verfügung gestandenen technischen Mitteln und der ihm möglichen Voraussicht den Unfall nicht verhindern. An diesem Tage, einem sehr warmen bewölkten Sommertag, war eine Reihe von LKW unterwegs, die von der Schottergrube in T* Schüttmaterial über den Bahnübergang zur Abladestelle jenseits der Bundesstraße * zuführten. Darunter befanden sich zwei LKW des Erst- und Zweitklägers, den einen mit dem Kennzeichen * lenkte J* H*, den zweiten der gleichen Type G*. Im Verlaufe oder vor der 9. oder 10. Fahrt hatte es leicht zu regnen begonnen. Die Zufahrtstraße war feucht und schlüpfrig, so daß wegen der starken Durchfeuchtung des dadurch unverwendbar gewordenen Schüttmaterials weitere Fahrten eingestellt werden sollten. Die LKW fuhren auf der aufgeschütteten Schnellstraße bis etwa 80 m vor den Bahnübergang, Dort lenkten die Fahrer ihre Fahrzeuge an den rechten Rand, um zum Bahnübergang etwa 1,5 bis 2 m hinabzufahren, etwas nach rechts zu lenken und die Bahn im rechten Winkel bei den Bahnschranken zu überqueren. Auf der Straßentrasse wurden Geschwindigkeiten von etwa 40 km/h eingehalten, während die Zufahrt zum Bahnübergang und dessen Überquerung nur eine geringere Geschwindigkeit von ungefähr 20 km/h erlaubte. Während der Fahrt auf der Schnellstraße konnte die Bahnlinie nach beiden Richtungen eingesehen werden. Bei der Abfahrt fiel die Sicht gegen W* wegen der höheren Anschüttung und der mehrere Meter hohen bis auf den Zugsdurchlaß völlig undurchsichtigen Brücke weg. Die Fahrbahn zum schienengleichen Übergang war unbefestigt, naß, kotig und schlüpfrig. Der mit Holzbohlen ausgelegte Schienenübergang war bei Nässe besonders glitschig. Er bildete eine kaum merkliche Mulde. Die Meldung des Zuges durch den Fahrdienstleiter M* (um 9:45 Uhr oder 9:52 Uhr) trug der Erstbeklagte in seinem Vormerk ein. Als E*, der mit einem Tankwagen die Bahnlinie überquert und diesen 30 m danach abgestellt hatte, zu ihm kam und um ein Getränk ersuchte, stand der Erstbeklagte bei der Tür seines Schrankenwärterhauses. Er verkaufte nämlich in seiner Schrankenwärterhütte in bescheidenem Umfang alkoholfreie Getränke, was auch den Polieren der Zweitbeklagten Partei bekannt war. Der Erstbeklagte erklärte E*, er möge sich das Getränk selbst nehmen, es müsse gleich ein Zug kommen. Als E* zur Getränkekiste ging, kam es zum Zusammenstoß. Der Erstbeklagte hatte den Schranken noch nicht geschlossen, weil er den Zug irrtümlich aus E* erwartet und von dort nicht kommen gesehen hatte. J* H*, der weder übermüdet noch sonst in seiner Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt war, war mit seinem mit Schotter in unauffälliger Weise beladenen LKW auf der üblichen Fahrbahn gefahren, ohne den Zug bemerkt zu haben, der 100 m vor seiner Abfahrt zum Bahnübergang etwa einen halben Kilometer vom späteren Kollisionspunkt entfernt war. J* H* näherte sich langsam dem Bahnübergang, bemerkte den unter der Brücke fahrenden Triebwagenzug, bremste den LKW ab, rutschte mit der Vorderachse über die Schienen und kam nahezu auf der Gleismitte zum Stehen. Mit einer sehr geringen Bewegung in seiner Fahrtrichtung kam es zum Zusammenstoß mit der Vorderseite des Triebwagens. Der LKW wurde während der Mitnahme durch den Triebwagen um die Längsachse im Uhrzeigersinn gedreht und blieb völlig zertrümmert vor dem zum Stillstand gekommenen entgleisten Triebwagen liegen. J* H* war sofort tot. Dieser hätte frühestens 6 m vor dem Erreichen der Geleise den unter der Brücke oder knapp davor etwa 60 m vor dem Bahnübergang fahrenden Triebwagen erkennen können. Hätte er sofort einen Bremsentschluß gefaßt, hätte er bei der anzunehmenden eingehaltenen Geschwindigkeit von etwa 20 km/h 5,56 m bis zum Bremseinsatz und weitere 5,2 m bis zum Stillstand des LKW benötigt, so daß der LKW mit der Mitte auf den Geleisen zum Stehen gekommen wäre, wobei bis dahin 8,2 Sekunden vergangen wären. Ob J* H* versuchte, den allenfalls abgewürgten Motor anzulassen und den Allradantrieb einzuschalten oder wegen des verständlichen maßlosen Schockes durch Erkennen seiner Todesstunde reaktionsunfähig wurde oder ob er den Zug erst 1 oder 2 Sekunden später bemerkte, als der Lockführer den LKW gesehen hatte, ließ sich nicht feststellen. Der zertrümmerte LKW Marke Klöckner-Humboldt-Deutz (Magirus) Baujahr 1966, war mit einem Dreiseitenkipper ausgestattet und wies einen für dieses Kraftfahrzeug besonders langen Radstand auf. Seine Länge betrug 7 m, seine Nutzlast 9 t. Unter Berücksichtigung einer Kilometerleistung von 354.000 sowie der nachgewiesenen Reparaturen und Instandsetzungen betrug der Marktzeitwert dieses gut erhaltenen gebrauchten Fahrzeuges einer gängigen Marke und Type S 120.000,--. Der Restwert der noch verwendbaren fünf Reifen und der Vorderachse betrug S 5.000,--. Der Schaden des Erst- und des Zweitklägers durch den Verlust dieses Kraftfahrzeuges beträgt somit S 115.000,--. Zur Wiederbeschaffung des wegen seines besonderen Radstandes außerhalb der Norm liegenden Fahrzeuges in einem betriebsfähigen Zustand wäre ein Zeitraum von zwei Monaten nötig gewesen. Der LKW war im Sommer 1972 für die Zweitbeklagte zum Schüttmaterialtransport auf der Schnellstraße und im anschließenden Autobahnknoten E* eingesetzt.

Das Berufungsgericht übernahm diese Feststellungen als Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens und unbedenklicher Beweiswürdigung.

Hinsichtlich des Verdienstentganges der Erst- und Zweitkläger und hinsichtlich der Pflichtaufwendungen der Drittbeklagten und des Deckungsfonds für diese Pflichtaufwendungen traf das Erstgericht folgende weitere Feststellungen:

Wenn die beiden LKW der Erst- und Zweitkläger nicht dort Verwendung finden konnten, hatten der Erst- und der Zweitkläger für den LKW Aufträge von La* in W*. Bei Regenwetter waren die LKW nur dann einsatzfähig, wenn die Baustellen auf Asphaltstraßen zu erreichen waren, doch traf dies beim Bauvorhaben Autobahnknoten E* zum Unfallszeitpunkt nicht zu. Wenn der LKW voll im Einsatz war, betrug sein Umsatz S 2.000,-- bis S 3.000,-- täglich. Nach der Tarifempfehlung des Fachverbandes des Güterbeförderungsgewerbes für den Güternahverkehr und der allgemeinen Erfahrung beträgt die Entschädigung bei durch Unfall verursachtem Fahrzeugausfall 50 % des entgangenen Umsatzes. Die Drittklägerin anerkannte als gesetzlicher Versicherungsträger für die sozialversicherungsrechtliche Unfallversicherung den Unfall des J* H* mit Bescheid vom 6. Dezember 1972 als Arbeitsunfall und gewährte der Witwe H* H* eine Witwenrente und den beiden Waisen Sa* H* und Su* H* Waisenrenten. Als Bemessungsgrundlage nach § 179 Abs. 1 ASVG wurden S 67.075,40 einschließlich von Sonderzahlungen in der Höhe von S 4.800,40 festgestellt. In Erfüllung des rechtskräftigen Bescheides erhielt die Witwe 20 % Witwenrente und die beiden Waisen ebenfalls je 20 % Waisenrente vom 26. Juli 1972 bis 31. Dezember 1973 in der Höhe von je S 958,20 monatlich. Diese Leistungen erhöhten sich 1974 auf monatlich je S 1.008,--. Sonderzahlungen wurden in der jeweiligen Rentenhöhe zu den im Mai und Oktober fälligen Renten geleistet. Im Jahre 1972 wurden jedem Bezugsberechtigten S 5.940,84, 1973 S 13.414,80 und für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. März 1974 je S 3.024,--ausgezahlt. J* H* war zuletzt seit 22. Feber 1971 beim Erst- und beim Zweitkläger als Lastkraftwagenfahrer eingesetzt. Einige Monate vor seinem Tod hatte er auch die Berechtigung zum Fahren mit Autobussen erworben. Sein Bruttoverdienst betrug bis zum 1. Juni 1972 wöchentlich S 1.111,62 = S 930,84 netto, ab 2. Juni 1972 wöchentlich S 1.711,35 = S 1.342,70 netto. Der Urlaubszuschuß und die Weihnachtsremuneration betrug je S 2.302,95. Bis zum 31. März 1974 hätte sich sein Lohn nicht verändert. Seit Beginn des Jahres 1972 war er jedoch manchmal als Autobusfahrer eingesetzt, wenn nämlich Autobuslenker des Erst- und des Zweitklägers ausfielen. Wenn solche Leistungen am Wochenende notwendig waren, erhielt er im allgemeinen unter der Woche Zeitausgleich. „Es ist aber nicht auszuschließen", daß er manchmal neben seiner normalen Arbeit tageweise Autobusfahrten unternahm, für die er jeweils S 250,-- brutto für netto und Trinkgelder in der Höhe von S 200,-- erhielt. Der fiktive Verdienst hätte im Jahre 1972 S 71.777,24, 1973 S 80.426,30 und im 1. Quartal 1974 S 20.106,60 betragen. Außer seinem Einkommen als Kraftfahrer hatte J* H* keinen Verdienst. Er war weder Raucher noch Trinker und benötigte für den Arbeitstag S 100,-- für seine Verpflegung. Er unterhielt ein Auto, um von seinem Wohnort M* zur Arbeit nach E* fahren zu können. Seine Familie und er bewohnten ein ihm gehöriges Wohnhaus. Die Familie verbrauchte für ihren Lebensunterhalt den gesamten Verdienst des Mannes und Vaters. Die Witwe verzog mit ihren Kindern von M* nach P*, wo sie eine Eigentumswohnung erwarb, wofür sie monatlich S 1.100,-- „Zins" und S 1.500,-- Kredit bezahlen muß. Sie besitzt einen PKW.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, das Verschulden des Erstbeklagten stehe auf Grund seiner rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung bindend fest. Die Zweitbeklagte hafte für das Verschulden des Erstbeklagten als ihres Gehilfen bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Übereinkommen mit der Bundesstraßenverwaltung und den Österreichischen Bundesbahnen. Dieses habe zum wesentlichen Inhalte gehabt, auch dritte Personen, die nicht ihre unmittelbaren Vertragspartner gewesen seien, bei der Benützung des Eisenbahnüberganges im Rahmen des Werksverkehrs zu schützen. Auch wenn der Erstbeklagte den Dienst als Schrankenwärter nach den von den österreichischen Bundesbahnen erteilten Weisungen zu versehen gehabt habe, sei er Dienstnehmer und Erfüllungsgehilfe der Zweitbeklagten gewesen und geblieben. Die Drittbeklagte hafte gemäß § 19 Abs. 2 EKHG für das Verschulden des mit ihrem Willen beim Betrieb der Eisenbahn tätig gewesenen Erstbeklagten, auch wenn dieser nicht ihr Dienstnehmer gewesen sei. Den beim Unfall getöteten J* H* treffe kein Mitverschulden. Es habe weder dessen Übermüdung noch eine Überladung oder Verkehrsuntauglichkeit der Reifen des von ihm gelenkten LKW nachgewiesen werden können. Zur Beobachtung des Eisenbahnverkehrs schon während der Fahrt auf der Trasse der heutigen Schnellstraße sei er nicht verpflichtet gewesen. Bei der Annäherung an den durch Schranken gesicherten Bahnübergang habe er erst auf wenige Meter Sicht auf den herankommenden Zug bekommen. Wenn auch ein Weiterfahren ohne Bremsen den Zusammenstoß möglicherweise hätte verhindern können, könne J* H* das Versäumen dieser allfälligen Möglichkeit zur Vermeidung des Unfalles ebensowenig als Verschulden angelastet werden, wie die Vornahme einer Notbremsung bei Ansichtigwerden des aus einem Tunnel hervorkommenden Zuges. Der Schaden des Erst- und Zweitklägers bestehe aus dem Fahrzeugschaden von S 115.000,-- und den unbestrittenen Abmeldekosten von S 300,-- sowie dem gemäß § 273 ZPO mit S 40.000,-- ermittelten Nutzungsausfall für zwei Monate. Es könne von den Erst- und Zweitklägern nicht verlangt werden, konkret nachzuweisen, welche Aufträge ihnen endgültig entgangen seien. Im Transportgewerbe würden Aufträge für Schotter und Schüttmaterialtransporte stets nicht langfristig vergeben. Der Unternehmer müsse sich daher jeweils um die Aufträge der nächsten oder übernächsten Woche kümmern, könne sich aber diese Aufträge nicht auf längere Frist sichern. Mit Rücksicht auf die lange Dauer der Wiederbeschaffungszeit von zwei Monaten könne nur von fiktiven Annahmen ausgegangen werden. Jeder Fuhrwerksunternehmer müsse sich auf den Verlust eines Fahrzeuges einstellen und könnte nicht so handeln, als stünde ihm das Fahrzeug weiter zur Verfügung, was Voraussetzung für den Nachweis des durch das Fehlen des Fahrzeuges entgangenen Verdienstes wäre. Werde berücksichtigt, daß die Jahreszeit, während der das Fahrzeug ausfiel, für derartige Transporte besonders günstig gewesen sei, daß die Arbeiten auf dieser Baustelle noch lange nicht beendet gewesen wären, könne der Ausfall des Fahrzeuges unter Zugrundelegung der üblichen 5 ½ Tage-Woche und des Stillstandes des Fahrzeuges an Regentagen während der zwei Monate mit 40 Einsatztagen angenommen werden. Die Höhe des dadurch entgangenen Verdienstes von S l.000,-- pro Einsatztag ergebe sich aus den Angaben des Erstklägers, die mit den vom Sachverständigen ermittelten diesbezüglichen Erfahrungswerten übereinstimmten.

Bei den der Drittklägerin zu ersetzenden Beträgen sei von dem durch den Getöteten zuletzt tatsächlich geleisteten Unterhalt auszugehen. Im vorliegenden Falle stehe fest, daß der Getötete und seine Familienangehörigen das gesamte Einkommen für den Lebensunterhalt verbrauchten. Für das Jahr 1972 sei von einer Aufteilung des Familieneinkommens von 26 % für die Witwe und je 12 % für die beiden Kinder, für das Jahr 1973 im Hinblick auf die eingetretene Lohnerhöhung 30 % für die Witwe und je 12,5 % für die beiden Kinder auszugehen. Für die 159 Tage des Jahres 1972 (vom 26. Juli bis 31. Dezember 1972) stünden vom Jahresverdienst von S 71.777,24 S 31.267,35 zur Verfügung; davon entfielen auf die Witwe S 8.129,50 und auf jedes Kind S 3.752,10. Vom Verdienst für 1973 von S 80.426,30 betrage der Anteil der Witwe S 24.127,90 und der jeden Kindes S 10.053,30. Mit diesen Beträgen wären die Ersatzansprüche der drittklagenden Partei für die Kinder begrenzt, weil deren Leistungen für diese jeweils höher gewesen seien. Die dafür zustehenden Beträge machten daher S 7.504,20 für 1972, S 20.106,60 für 1973 und S 5.026,65 für die ersten drei Monate des Jahres 1974, zusammen also S 32.637,45 aus. Für die Witwe stehe der Drittklägerin dagegen der Ersatz ihres gesamten Rentenaufwandes von S 22.379,65 zu, weil ihre Leistungen an diese stets unter dem Deckungsfonds gelegen seien. Die berechtigten Forderungen der Drittklägerin betrügen daher insgesamt S 55.017,10.

Das Berufungsgericht billigte die Ansicht des Erstgerichtes sowohl hinsichtlich der Haftung der Zweitbeklagten als auch der Drittbeklagten für das Verschulden des Erstbeklagten. Auf Grund der „Besonderen Bedingungen" der Ausschreibung der Bauarbeiten und des Arbeitsübereinkommens mit der Drittbeklagten habe die Zweitbeklagte die Sicherung des Fahrweges über den Eisenbahnübergang als vertragliche Nebenverpflichtung zu Gunsten dritter Personen, somit auch der Erst- und Zweitkläger sowie deren tödlich verunglückten Lenkers übernommen, die im Rahmen der Bauführung Lastenbeförderungen durchzuführen hatten. Es seien daher gemäß § 1313 a ABGB auch diese dritten Personen bzw. die Drittklägerin als Legalzessionarin berechtigt, gegen die Zweitbeklagte den Ersatz ihres bzw. des auf sie übergegangenen Schadens geltend zu machen. Die Haftung der Drittbeklagten ergebe sich aus § 19 Abs. 2 EKHG, weil der Erstbeklagte mit ihrem Willen beim Betriebe der Eisenbahn tätig gewesen sei. Für diese Haftung sei es nicht von Bedeutung, daß es sich nur um einen im Interesse des Baustellenverkehrs errichteten, nicht aber um einen dem allgemeinen Verkehr zugänglichen Eisenbahnübergang gehandelt habe. Ein Mitverschulden des getöteten J* H* sei zu verneinen. Dieser sei nicht verpflichtet gewesen, sich schon auf größere Entfernung vom Bahnübergang zu vergewissern, ob sich ein Zug nähere. Es würde eine Überforderung in der Beobachtung von Verkehrsvorschriften, insbesondere des § 18 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung darstellen, wollte man eine solche Beobachtung des Schienenverkehrs vor der unmittelbaren Annäherung an den Bahnübergang verlangen. J* H* habe sich darauf verlassen dürfen, daß der Bahnschranken vor unmittelbarer Annäherung eines Zuges geschlossen werde. Eine für das Zustandekommen des Unfalles maßgebliche Überladung des LKW sei ebensowenig erwiesen, wie eine für die gegebenen Verhältnisse zu hohe Annäherungsgeschwindigkeit des LKW. Dem Getöteten könne auch nicht als Mitverschulden angelastet werden, daß er anstatt anzuhalten nicht versucht habe, den Bahnübergang mit größtmöglicher Geschwindigkeit zu überqueren. Darin wäre eine Überforderung der Reaktionsfähigkeit des LKW-Lenkers zu erblicken. Dieser sei auch gemäß § 18 Abs. 4 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung sogar zum Anhalten verpflichtet gewesen.

Bei der Bemessung des dem Erst- und Zweitkläger zu ersetzenden Verdienstentganges sowie bei der Ermittlung des Deckungsfonds für die Forderungen der Drittklägerin habe das Erstgericht das ihm im § 273 ZPO eingeräumte gebundene Ermessen zu Unrecht angewendet. Es habe die von Kläger und Beklagten angebotenen Sachverständigenbeweise ohne ausreichende Begründung nicht aufgenommen. Es sei nicht erkennbar, warum diese Beweise über die Höhe des dem Erst- und dem Zweitkläger als Verdienstentgang gebührenden Betrages nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu erbringen sei. Das Erstgericht habe auch keine eindeutigen Feststellungen darüber getroffen, welche Einkünfte J*H* außer den in seinem Lohnkonto aufscheinenden Beträgen tatsächlich gehabt habe. Denn die Feststellung, daß es nicht „auszuschließen sei, daß er neben seiner normalen Tätigkeit tageweise Autobusfahrten gehabt habe", für die er S 250,-- brutto für netto und Trinkgelder in der Höhe von S 200,-- erhalten habe, reiche für die Annahme eines über die in seinem Lohnkonto beim Erst- und Zweitkläger vermerkten Bezüge hinausgehenden Einkommens nicht aus. In diesem Belange sei daher das Verfahren erster Instanz mangelhaft geblieben, weshalb insoweit das Urteil des Erstgerichtes aufzuheben sei.

 

I.) Zu den Revisionen:

 

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind nicht gerechtfertigt.

Die Zweitbeklagte macht unter den Anfechtungsgründen des § 503 Z. 2 und 3 zunächst geltend, das Berufungsgericht habe die Ablehnung der neuerlichen Einvernahme der Zeugen W* Z*, J* Si* und Al* sowie des Erstbeklagten an Hand des vorgelegten Baustellen- und Kreuzungsmodelles seitens des Erstgerichtes mit der Begründung gebilligt, das Modell stimme nicht mit der Wirklichkeit überein. Diese Begründung sei aktenwidrig. Das Modell sei nur in der Darstellung der Abfahrtsrampe nicht naturgetreu, wohl aber in der Anfahrtsrichtung des LKW auf der Dammkrone. Für die Möglichkeit der Beobachtung der Annäherung des Zuges durch den getöteten LKW-Lenker sei aber die Sichtmöglichkeit bei der Auffahrt auf der Dammkrone entscheidend.

Von einer Aktenwidrigkeit im Sinne des § 503 Z. 3 ZPO kann schon deshalb nicht die Rede sein, weil auch das Berufungsgericht nur davon ausgegangen ist, daß eine nicht vollkommene Übereinstimmung des Modelles mit der Wirklichkeit gegeben sei. Soweit die Zweitbeklagte eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens in der Zurückweisung des schon im Verfahren erster Instanz gestellten Beweisantrages auf ergänzende Vernehmung der vorgenannten Personen erblickt, unternimmt sie den unzulässigen Versuch, eine bereits im Berufungsverfahren überprüfte, aber als nicht stichhältig erkannte Mängelrüge zu wiederholen (vgl. SZ 27/4; SZ 22/106). Im übrigen haben die Untergerichte ohnehin festgestellt, daß während der Fahrt auf der Schnellstraße die Bahnlinie nach beiden Richtungen beobachtet werden konnte.

Eine weitere Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erblickt die Zweitbeklagte in der Zurückweisung des von ihr in erster Instanz gestellten Beweisantrages auf Einvernahme des Zeugen J* Ha* und Einsichtnahme in Fuhrrechnungen zu der von ihr behaupteten 60%igen Überladung des LKW, die sich auf die Bremsverzögerung ausgewirkt habe. Das Berufungsgericht habe die Ablehnung dieser Beweisaufnahme aus den unzutreffenden Gründen gebilligt, der Behauptung fehle die Schlüssigkeit, weil der Errechnung des Gewichtes der Nutzlast durch den Sachverständigen F* nasser Kies zugrunde liege, der LKW aber nicht mit Kies, sondern mit Schotter, somit mit einem nicht gleichartigen Material beladen gewesen sei. Der Beweisantrag sei nicht auf Feststellung einer Überladung mit Kies, sondern mit Schotter gerichtet gewesen, so daß dem Beweisantrag die Schlüssigkeit nicht gefehlt habe.

Damit macht die Zweitbeklagte nicht Mängel des Berufungsverfahrens im Sinne des § 503 Z. 2 ZPO, sondern vielmehr einen der rechtlichen Beurteilung zuzurechnenden Feststellungsmangel geltend, der aber nicht vorliegt. Nach den getroffenen Feststellungen konnte der getötete LKW-Lenker den Triebwagenzug frühestens 6 m vor dem Erreichen der Geleise wahrnehmen. Da der LKW bei der angenommenen Geschwindigkeit von 20 km/h bis zum Bremseinsatz 5,56 m zurücklegte, konnte sich bei einer Entfernung des LKW von den Geleisen von nur mehr 40 cm im Zeitpunkte des Bremseinsatzes eine allfällige Überladung zufolge dadurch bedingter geringer Veränderungen in der mittleren Bremsverzögerung auf den Bremsweg des LKW nicht mehr in einer Weise auswirken, daß sich daraus eine Vermeidbarkeit des Unfalles oder eine Verringerung der Unfallsfolgen ergäbe. Es bedarf daher nicht der Feststellung der behaupteten Überladung des LKW, da sie bei der gegebenen Sachlage für die Beurteilung des Fahrverhaltens des Getöteten rechtlich ohne Bedeutung ist.

Auch die Rechtsrüge der Beklagten ist nicht begründet.

 

1) Zur Haftung der Zweitbeklagten:

 

Die Zweitbeklagte macht geltend, die Übernahme vertraglicher Sorgfaltspflichten zu Gunsten Dritter sei stets nur auf einen bestimmten Personenkreis eingeschränkt und müsse besonders vereinbart werden. Ihre Verpflichtung habe sich darin erschöpft, einen Dienstnehmer zur Bedienung des Schrankens beizustellen. Damit seien nur die Österreichischen Bundesbahnen insoferne begünstigt worden, als sie für die Entlohnung des Schrankenwärters habe aufkommen müssen und die Österreichischen Bundesbahnen diesbezüglich schad-und klaglos zu halten gehabt habe. Die Verpflichtung zur Sicherung des Eisenbahnüberganges sei weiterhin Sache der Österreichischen Bundesbahnen geblieben. Der Schrankenwärter sei auch von den Österreichischen Bundesbahnen eingeschult worden und deren Weisungen unterworfen gewesen. Eine Verpflichtung zur Sicherung des Fahrweges habe sie nicht übernommen. Es sei rechtlich verfehlt, die Haftung der Eisenbahnen über den Umweg vertraglicher Nebenverpflichtungen der Zweitbeklagten aufzuerlegen. Ein Vertragsverhältnis zwischen ihr und den Erst- und Zweitklägern habe nur insoferne bestanden, als diese Werkleistungen ihr gegenüber zu erbringen gehabt hätten, die aber mit der Sicherung des Eisenbahnüberganges nicht im Zusammenhang gestanden seien. Eine vertragliche Nebenverpflichtung bestehe auch nur gegenüber dem Kontrahenten, nicht aber zu Gunsten Dritter.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Es ist heute in Lehre und Rechtsprechung allgemein anerkannt, daß die Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht nur zwischen den Vertragspartnern, sondern auch gegenüber bestimmten dritten Personen bestehen, die zwar aus dem Vertrag nicht unmittelbar berechtigt sind, aber der vertraglichen Leistung nahestehen. Begünstigte Personen in diesem Sinne sind Dritte, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung beim Vertragsabschluß voraussehbar war und die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigte oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet ist. In diesen Fällen wird den dritten Personen die Geltendmachung eines eigenen Schadens aus fremdem Vertrag zuerkannt (vgl. Bydlinski JBl 1960, S. 359 ff, insbesondere S. 363; Koziol, Haftpflichtrecht II S. 70 ff; JBl 1960, 386; JBl 1963, 570; EvBl 1969/216; JBl 1974, 573; SZ 43/236; JBl 1976, 210 u.a.). Schutzpflichten gegenüber den Vertragspartnern erwähnt § 1169 ABGB. Nach dieser Gesetzesstelle trifft den Besteller eines Werkes gegenüber dem Unternehmer eine ähnliche Fürsorgepflicht, wie sie dem Dienstgeber nach § 1157 ABGB gegenüber den Dienstnehmern obliegt. Diese Fürsorgepflicht des Bestellers besteht als Nebenverpflichtung aus dem Werkvertrag nicht nur gegenüber dem Unternehmer, sondern auch zu Gunsten aller Personen, welche die Arbeiten ausführen. Sie bezieht sich vor allem auf die Sicherung der Arbeitsstätte, wozu im vorliegenden Fall unzweifelhaft auch die Absicherung des Fahrweges für Lastenbeförderungen auf der Baustelle über die die Baustelle querende Eisenbahnlinie gehörte (vgl. Arb 8972). Den Schuldner treffen Schutzpflichten aber nicht nur bezüglich der körperlichen Unversehrtheit Dritter, sondern auch gegenüber Sachen dritter Personen, wenn deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung beim Vertragsabschluß voraussehbar war und den Vertragspartner Sorgfaltspflichten gegenüber diesen Sachen treffen (vgl. Bydlinski aaO S. 364; Koziol aaO S. 72, JBl 1960, 386; EvBl 1969/216; JBl 1974, 573; 6 Ob 218/71, 2 Ob 192/70). Wenn im vorliegenden Falle die Bundesstraßenverwaltung auf Grund der ihr als Bestellerin des Werkes obliegenden Fürsorge- und Schutzpflichten im Bereich der Baustelle die Zweitbeklagte als bauausführende Unternehmerin in den Ausschreibungsbedingungen verpflichtete, für die Bedienung des von ihr zu errichtenden Eisenbahnschrankens an der Kreuzung der Baustraße mit der Eisenbahnlinie einen Schrankenwärter beizustellen, wurde ihr damit bei der gegebenen Sachlage die Fahrwegsicherung an dieser Eisenbahnkreuzung übertragen und hatte sie nicht etwa bloß die Erbringung dieser Leistung durch einen Dritten zu veranlassen, ohne selbst zur Fahrwegsicherung verpflichtet zu sein. Zutreffend haben daher die Untergerichte die Schutzwirkung dieser zwischen der Zweit- und Drittbeklagten getroffenen Vereinbarung zu Gunsten der Erst- und Zweitkläger und ihres getöteten LKW-Lenkers als der vertraglichen Leistung nahestehenden Dritten sowohl bezüglich ihrer körperlichen Unversehrtheit als auch bezüglich des zur Lastenbeförderung auf der Baustelle eingesetzten LKW angenommen. Die Zweitbeklagte hatte daher auf Grund der übernommenen Verpflichtung zur Fahrwegsicherung die Sicherheit auf der Eisenbahnkreuzung sowohl hinsichtlich des Transportfahrzeuges der Erst- und Zweitkläger als auch der körperlichen Unversehrtheit ihres Lenkers, des Pflichtversicherten der Drittklägerin, zu gewährleisten, und haftet demnach den Erst- und Zweitklägern sowie der Drittklägerin als Legalzessionarin hinsichtlich der auf sie übergegangenen Ansprüche der Hinterbliebenen des beim Unfall getöteten LKW-Lenkers gemäß § 1313 a ABGB für das Verschulden des Erstbeklagten als ihres Erfüllungsgehilfen. § 1313 a ABGB ist nicht nur dann anwendbar, wenn zur Erfüllung der Hauptleistungspflicht ein Gehilfe herangezogen wird, sondern auch dann, wenn die Erfüllung der mit einem Schuldverhältnis verknüpften Schutz-und Sorgfaltspflichten einem anderen übertragen wird (vgl. Koziol II, 261; JBl 1963, 570 u.a.).

 

2) Zur Haftung der Drittbeklagten:

 

Die Drittbeklagte wendet sich gegen die Ansicht der Untergerichte, daß sie gemäß § 19 Abs. 2 EKHG für das Verschulden des Erstbeklagten zu haften habe. Es habe sich im vorliegenden Falle nicht um eine Eisenbahnkreuzung im üblichen Sinne, sondern um eine solche nur für den Baustellenbetrieb gehandelt, die von der Zweitbeklagten auf eigene Kosten errichtet, erhalten und in eigener Verantwortung personalmäßig durch einen ihrer Bediensteten betreut worden sei. Dieser schienengleiche Eisenbahnübergang sei nicht allgemein zugänglich gewesen, sondern sei nur für die Baustelle errichtet und benützt worden.

Was die Haftung der Drittbeklagten aus dem Betrieb der Eisenbahn anlangt, so bestimmt § 19 Abs. 2 EKHG, daß der Betriebsunternehmer der Eisenbahn für das Verschulden der Personen, die mit seinem Willen beim Betrieb der Eisenbahn tätig waren, haftet, soweit diese Tätigkeit für den Unfall ursächlich war. Dem Bahnbetrieb sind auch die der Vorbereitung und der Abwicklung der Beförderung dienende Vorgänge, wenn sie im Zusammenhang mit wirklich ablaufenden Beförderungsvorgängen stehen, zuzurechnen. Hiezu gehört auch das Schließen eines Schrankens an Eisenbahnübergängen bei Annäherung eines Zuges. Die Sperrung der Straße, die dadurch herbeigeführt wird, soll Störungen und Gefahren, die sich an den Wegübergängen für Eisenbahntransport ergeben, verhindern und gleichzeitig den Straßenverkehr vor den aus dem Eisenbahnbetrieb drohenden Gefahren schützen (vgl. Wussow, Das Unfallhaftpflichtrecht, 12. Auflage, S. 343 RdZl 630; BGHVersR 1963, 583). Für die Zurechnung eines solchen Betriebsvorganges zum Betrieb der Eisenbahn kann es nicht darauf ankommen, ob es sich um einen Schranken an einem schienengleichen Eisenbahnübergang im Verlauf einer Straße mit öffentlichem Verkehr oder – wie im vorliegenden Falle – um einen Schranken an einem schienengleichen Eisenbahnübergang im Verlauf einer Straße mit beschränktem Fahrzeugverkehr, hier Baustellenverkehr handelt, da der Schutzzweck des Schrankens gegen die Gefahren, die sich einerseits durch den Wegübergang für die Eisentransporte ergeben und andererseits dem Straßenverkehr aus dem Eisenbahnbetrieb drohen, in gleicher Weise gegeben ist, ob es sich nun um den Verkehr im Verlaufe einer die Eisenbahn querende Straße mit öffentlichem Verkehr oder mit beschränktem Fahrzeugverkehr handelt. Daraus folgt, daß der Erstbeklagte in seiner Eigenschaft als Schrankenwärter „beim Betrieb der Eisenbahn" tätig war. Die erweiterte Haftung des Betriebsunternehmers der Eisenbahn nach § 19 Abs. 2 EKHG setzt nur das Tätigwerden einer Person beim Betrieb der Eisenbahn mit Willen des Betriebsunternehmers und die Ursächlichkeit dieser Tätigkeit für den Unfall voraus. Der Begriff des Betriebsgehilfen wurde gegenüber der ursprünglichen Passung des früher in Geltung gestandenen Art. IV EVzKVG ausgedehnt und die Betriebsgehilfenhaftung auch ausdrücklich auf die Eisenbahnhaftung erstreckt. Betriebsgehilfe ist jeder, der irgendwie eine mit dem Betrieb zusammenhängende Aufgabe mit Willen des Betriebsunternehmers wahrnimmt. Dieser Begriff ist nicht auf Personen beschränkt, die in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis zum Betriebsunternehmer stehen (vgl. Edlbacher, ÖJZ 1959, S. 318; Veit, MGA des EKHG 3. Auflage Anm. 5 zu § 19; Koziol aaO S. 482 FN 321; ZVR 1968/102 und 132; ZVR 1973/41; ZVR 1974/189).

Daß der Erstbeklagte mit Willen der Drittbeklagten beim Betrieb der Eisenbahn tätig war, steht auf Grund des festgestellten Sachverhaltes außer Zweifel. Er wurde von den Österreichischen Bundesbahnen eingeschult und seine Tätigkeit wurde mit der Zugabfertigung auf den Bahnhöfen in E* und W* koordiniert. Die Unterlassung der Schließung des Schrankens war für den Unfall auch ursächlich. Die Bejahung der Haftung der Drittbeklagten als Betriebsunternehmerin der Eisenbahn nach § 19 Abs. 2 EKHG für das Verschulden des Erstbeklagten durch die Untergerichte ist daher frei von Rechtsirrtum.

 

3) Zum Mitverschulden des Getöteten:

 

Alle Beklagten machen geltend, der Lenker des LKW hätte schon beim Befahren der Dammkrone die schräg zu seiner Fahrtrichtung verlaufende Bahnstrecke beobachten müssen und wäre ihm die Wahrnehmung der Annäherung des Zuges zumindest auf eine Entfernung von 200 bis 300 Meter möglich gewesen. Bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte er daher gemäß § 18 Abs. 4 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 den LKW rechtzeitig anhalten müssen. In der Unterlassung der aufmerksamen Beobachtung der Bahnstraße liege sein Mitverschulden.

Da die Bestimmungen der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 nur für Eisenbahnkreuzungen im Verlaufe von Straßen mit öffentlichem Verkehr gelten, käme im vorliegenden Falle nur allenfalls eine analoge Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 18 Abs. 1 und 4 dieser Verordnung in Betracht. Aber damit wäre für den Standpunkt der Beklagten nichts gewonnen. Nach den getroffenen Feststellungen war der Triebwagenzug von der späteren Unfallstelle noch rund 500 m (bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit des Zuges von 55 km/h somit rund 33 Sekunden) entfernt, als sich der LKW 100 m vor der Abfahrt befunden hat und somit im Zeitpunkt der Abfahrt des LKW von der Dammkrone (bei einer Fahrgeschwindigkeit des LKW von rund 40 km/h) noch rund 350 m (ca. 23 Sekunden) entfernt. Da der LKW-Lenker grundsätzlich darauf vertrauen konnte, daß der Bahnschranken rechtzeitig vor Annäherung eines Zuges geschlossen werde, kann es ihm nicht als anspruchsverkürzendes Mitverschulden angerechnet werden, wenn er nicht schon auf Entfernungen von rund 500 bis 350 m auf die Annäherung des Zuges geachtet hätte. Auch die StVO sieht die Anbringung des Gefahrenzeichens „Bake“ mit drei roten Balken nach § 50 Z. 6 c StVO, das den Verkehrsteilnehmern einen Bahnübergang ankündigt und diese in der Regel erst auf einen die Straße querenden Eisenbahnverkehr aufmerksam macht, erst ungefähr 240 m vor dem Bahnübergang vor.

Die Drittbeklagte erblickt ein Mitverschulden des Lenkers des LKW auch noch darin, daß er mit Rücksicht auf die glitschigen Bodenverhältnisse durch Unterlassung der Einhaltung einer besonders langsamen Fahrweise nicht die nötige Sorgfalt angewendet habe.

Dem ist entgegenzuhalten, daß die angenommene Geschwindigkeit von 20 km/h es dem Lenker des LKW bei der gegebenen Sicht auf den Schranken ohne weiteres ermöglicht hätte, sein Fahrzeug rechtzeitig vor dem geschlossenen Schranken anzuhalten, so daß nicht erkennbar ist, worin sein Mitverschulden liegen sollte.

Die Untergerichte haben daher aus zutreffenden Gründen eine Schadenskürzung wegen Mitverschuldens des Lenkers des LKW verneint.

Den Revisionen mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 392 Abs. 2 und 52 Abs. 2 ZPO.

 

II.) Zu den Rekursen:

 

Die Rekurse sind nicht gerechtfertigt.

Die Drittbeklagte bekämpft die teilweise Aufhebung des Urteiles insoweit, als ihre Haftung für den Unfallschaden bejaht und ein Mitverschulden des Lenkers des LKW verneint wurde.

Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die die Haftung der Drittbeklagten und ein allfälliges Mitverschulden des Lenkers des LKW betreffenden Ausführungen bei der Erledigung der Revisionen verwiesen werden.

Die Erst- und Zweitkläger bekämpfen die Aufhebung des Urteiles des Erstgerichtes hinsichtlich des von ihnen geltend gemachten Verdienstentganges von restlich S 40.000,-- mit der Begründung, die Voraussetzungen für die Anwendung des § 273 ZPO zur Feststellung des Verdienstentganges nach freier Überzeugung seien gegeben. Die Höhe des Verdienstentganges wäre auch durch Heranziehung eines Buchsachverständigen nicht genau zu ermitteln. Die Aufnahme dieses Beweises wäre nur mit weiteren Kosten verbunden, deren Ausmaß in einem Mißverhältnis zu dem Erfolg, der aus einem solchen Gutachten zu erwarten wäre, stünde.

Es ist nicht erfindlich, daß ein Buchsachverständiger nicht zu einigermaßen präzisen Ergebnissen bei der ziffernmäßigen Ermittlung des Verdienstentganges der Erst- und Zweitkläger gelangen könnte, so daß dem Gerichte die Ergebnisse eines strengen Beweisverfahrens zur Gewinnung seiner Entscheidungsgrundlage zur Verfügung stehen (vgl. SZ 27/52). Wenn das Berufungsgericht daher die Voraussetzungen für die Anwendung der Bestimmungen des § 273 ZPO nicht als gegeben und den Sachverhalt noch nicht als genügend geklärt erachtete, so kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (vgl. RZ 1967, 74; SZ 40/109; SZ 41/68).

Den Rekursen war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

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