European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0070OB00008.25I.0219.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich das gegen den Erstbeklagten erhobene Räumungsbegehren.
[2] Die Kläger sind Eigentümer einer Liegenschaft in Wien. Der Erstbeklagte ist Mieter einer dort befindlichen Wohnung. Er leistete im Zeitraum von August 2019 bis inklusive Juli 2022 trotz Mahnung keinerlei Mietzinszahlungen. Zum Zeitpunkt der Klagseinbringung am 29. Juli 2022 haftete ein Gesamtbetrag von 16.620,11 EUR unberichtigt aus.
[3] Am 11. Oktober 2022 wurde über das Vermögen des Erstbeklagten ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Daraufhin wurde das Verfahren unterbrochen. Mit Beschluss des Bezirksgerichts N* vom 7. März 2023 wurden die Mietrechte an der Wohnung aus der Insolvenzmasse ausgeschieden und dem Erstbeklagten zur freien Verfügung überlassen. In der Folge wurde das Verfahren fortgesetzt.
[4] Das Erstgericht verpflichtete den Erstbeklagten zur Räumung der Wohnung. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.
Rechtliche Beurteilung
[5] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Erstbeklagten.
[6] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
[7] 2. Ist über das Vermögen des Mieters ein Insolvenzverfahren eröffnet worden, sind die bis zur Verfahrenseröffnung eingetretenen Rückstände Insolvenzforderungen (vgl RS0064127 [T11]). Der Vermieter kann die Kündigung bzw Vertragsauflösung auch auf Insolvenzforderungen stützen (2 Ob 213/99h; Lovrek in GeKo Wohnrecht I § 33 MRG Rz 53).
[8] 3. Gegen ein Räumungsbegehren wegen Nichtzahlung des Bestandzinses kann mangels Gleichartigkeit nicht mit Geldforderungen gegen den Bestandgeber prozessual aufgerechnet werden; der Bestandnehmer hat nur die Möglichkeit, gegen die anerkannte Zinsforderung außergerichtlich aufzurechnen und den Räumungsanspruch mit der Behauptung zu bestreiten, dass die geltend gemachte Voraussetzung für die Erhebung der Räumungsklage fehle (RS0021036; Höllwerth in Hausmann/Vonkilch 4 § 33 MRG Rz 39c).
[9] Da der Erstbeklagte im Verfahren keine unbedingte Aufrechnungserklärung (Schuldtilgungseinwand) behauptet, sondern eine prozessuale Aufrechnungseinrede erhoben hat (vgl RS0033970 [T7]), entspricht die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass auf die eingewendeten Gegenforderungen nicht einzugehen sei, der dargestellten Rechtsprechung.
[10] 4. Wird die angefochtene Entscheidung auf eine selbständig tragfähige Hilfsbegründung gestützt, muss auch diese im Rechtsmittel bekämpft werden (RS0118709). Die Revision zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf, wenn sie eine derartige alternative Begründung des Berufungsgerichts unbekämpft lässt (RS0118709 [T7, T12]).
[11] Die Revision bekämpft lediglich die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach der Mietzinsrückstand infolge Anerkennung durch die Masseverwalterin im Insolvenzverfahren mit Bindung für den Räumungsprozess feststehe. Mit der selbständig tragfähigen Begründung des Berufungsgerichts, wonach die Einwände des Erstbeklagten ohnehin nicht geeignet wären, einen qualifizierten Mietzinsrückstand zu beseitigen, weil er weder Mietzinsminderungsansprüche in der Höhe der gesamten Mietzinsforderung behaupte, noch ein unrichtig angewendeter Betriebskostenschlüssel dazu führen könne, dass er überhaupt keinen Mietzins schulde oder dieser nicht fällig geworden sei, setzt sich die Revision mit keinem Wort auseinander, sondern wiederholt lediglich ihr Berufungsvorbringen, sodass sie diesbezüglich nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (vgl RS0043312 [T13]).Damit zeigt die Revision im Ergebnis keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[12] 5. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).
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