OGH 7Ob595/76

OGH7Ob595/7624.6.1976

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neperscheni als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick, Dr. Petrasch, Dr. Kuderna und Dr. Wurz als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Mag. Pharm. U*, Apothekerin, Linz, Parzhofstraße Nr. 16; 2.) D*, Angestellte, *; 3.) E*, Student in *; sämtliche vertreten durch Dr. Helmut Werther, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei „W*“ Gesellschaft m. b. H. & Co. KG, *, vertreten durch Dkfm. Dr. Friedrich Groß, Rechtsanwalt in Wien, wegen 150.630,17 S samt Anhang, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25. Februar 1976, GZ 6 R 26/76‑63, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 3. November 1975, GZ 40 d Cg 210/71‑57, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0070OB00595.76.0624.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Hinsichtlich des begehrten Teilbetrages von 14.850,85 S wird die Revision

 

z u r ü c k g e w i e s e n.

 

II. zu Recht erkannt:

 

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.984,08 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen 960,‑‑ S, Umsatzsteuer 298,08 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte befaßt sich mit der Errichtung von Wohnhausanlagen. Der Rechtsanwalt Dr. H* war ihr Rechtsberater. Bei Durchführung auswärtiger Bauvorhaben beauftragte jedoch die Beklagte regelmäßig ortsansässige Rechtsanwälte oder Notare mit juristischen Aufgaben. Dabei nahm die Beklagte mit diesen Kontakte auf, erteilte ihnen Aufträge und gab sie ihrem Rechtsberater Dr. H* bekannt, der dann, mit den von der Beklagten bestimmten Personen (Notare oder Rechtsanwälte) zusammenarbeitete. Als die Beklagte im Jahre 1963 von den Ehegatten H* ein 17.000 m2 großes Grundstück in *, erwarb, lernte sie deren Vertrauensmann, Notar Dr. E*, kennen, der auch die Abwicklung des Ankaufes durchführte. Die Kosten der Vertragserrichtung wurden von der Beklagten bezahlte Als die Beklagte ein benachbartes Grundstück erwarb, übertrug sie Dr. E* neuerlich die Vertragsdurchführung. Für die von ihm erbrachten Leistungen legte Dr. E* am 28. 9. 1965 eine Honorarnote, lautend auf 32.850,85 S (siehe Beilage ./C), und urgierte am 25. 11. 1965 die Bezahlung dieses Betrages (Beilage ./D). In ihrem Antwortschreiben vom 29. 11. 1965 (Beilage ./E) berief sich die Beklagte auf eine Vereinbarung, nach der Dr. E* für die ihm zugesicherte Errichtung sämtlicher, den geplanten zweiten Bauabschnitt auf dieser Liegenschaft betreffenden Verträge die in der Honorarnote (Beilage ./C) verzeichneten Arbeiten kostenlos durchzuführen habe. Als Dr. E* eine solche Vereinbarung in Abrede stellte, leistete die Beklagte am 7. 1. 1966 eine Teilzahlung von 10.000,‑‑ S und am 28. 3. 1969 eine weitere Teilzahlung von 8.000,‑‑ S.

Mit ihrer Klage begehren die Erben des am 5. 10. 1970 verstorbenen Notars Dr. E* von der Beklagten die Bezahlung von insgesamt 150.630,17 S samt Anhang. Die Klagsforderung bestehe aus der vorgenannten restlichen Honorarforderung von 14.850,85 S und einem weiteren Honoraranspruch für die vom Verstorbenen für das Wohnprojekt der Beklagten in Linz‑Urfahr verrichteten umfangreichen Vorarbeiten in der Höhe von 135.779,32 S Die Beklagte beantragt Klagsabweisung und wendet hinsichtlich des begehrten Zuspruches von 14.850,85 S Verjährung ein. Hinsichtlich der weiteren Honorarforderung von 135.779,32 S bestreitet die Beklagte die passive Klagslegitimation und behauptet, es sei zwischen ihr, Dr. E* und Dr. H* vereinbart worden, daß der letztere ca. 30 % des von ihm an die Wohnungseigentümer in Rechnung zu stellenden Honorars für die Durchführung der Verträge an Dr. E* zu überlassen habe. Schließlich habe die Beklagte Dr. E* die Beglaubigung und grundbücherliche Durchführung der zu errichtenden 238 Schuldscheine übertragen. Durch den hiedurch zu erwartenden Kosteneingang von ca. 250.000,‑‑ S sollte auch das Honorar des Dr. E* für die von ihm verrichteten Vorarbeiten abgegolten sein. Die Kläger replizierten hierauf, daß die Geschäftsgrundlage für die getroffene Vereinbarung über die Beteiligung des Dr. E* an den Honorareinnahmen des Dr. H* weggefallen sei, weil es nicht zum Abschluß sämtlicher in Aussicht genommener Verträge durch den Vorgenannten gekommen sei. Eine weitere Vereinbarung sei hingegen zwischen den Streitteilen nicht zustandegekommen.

Das Erstgericht entschied im Sinne des Klagebegehrens. Nach seinen Feststellungen erwarb die Beklagte im Zusammenhang mit der geplanten Errichtung einer Wohnhausanlage in *, eine Bombenruine auf der *, um die Förderungsrechte dieser Liegenschaft auf die von den Ehegatten H* erworbenen Grundstücke zu übertragen. Auf diese Weise sollten die Förderungsmittel des Wohnhauswiederaufbaufonds erlangt werden. Die Ankaufsverhandlungen gestalteten sich jedoch äußerst schwierig, weil die Bombenruine im Eigentum von etwa 40 Personen stand, die teils bereits verstorben, teils verschollen waren. Es waren daher Abhandlungs- und Todeserklärungsverfahren durchzuführen. Diese wurden teils von Dr. H*, teils von Notar Dr. E* durchgeführt, der vor allem die ortsnahen Angelegenheiten verrichtete. Ende des Jahres 1969 waren die Arbeiten so weit gediehen, daß die Kaufverträge mit den Wohnungsinteressenten abgeschlossen werden konnten. Es war vorgesehen, daß die Kaufverträge für die zu errichtenden 238 Eigentumswohnungen von Dr. H* an Hand von entworfenen Musterverträgen zu verfassen waren, der dafür den Wohnungsinteressenten pro Vertrag den Betrag von 4.000,‑‑ S verrechnen sollte. Mit diesem Honorar sollten sämtliche Vorarbeiten abgegolten sein. Dr. E* sollte den Wohnungsinteressenten Auskünfte erteilen, ihnen die Verträge in seiner Kanzlei zur Unterschrift vorlegen und die Beglaubigung nach Unterschriftsleistung vornehmen. Es wurden daher auch die Wohnungsinteressenten aufgefordert, in der Zeit vom 15. bis 17. 12. 1969 in der Kanzlei des Dr. E*zur Vertragsunterfertigung zu erscheinen und die Vertragskosten von 4.000,‑‑ S sofort zu bezahlen. Es bildete sich aber eine Aktionsgemeinschaft der Wohnungsinteressenten, in deren Auftrag Dr. Er* ein Schreiben an die Wohnungswerber richtete, in dem er von der Unterfertigung gewisser Teilverträge mit der Begründung abriet, daß die verlangten Anwaltskosten in vielen Fällen zu hoch gegriffen seien, weil sie ohne Rücksicht auf die Wohnungsgröße pauschal verrechnet würden und Vorkosten beinhalten, deren Bezahlung zu Unrecht begehrt würde. Es kam daraufhin zu einer Besprechung zwischen dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten, Dr. B*, Dr. Er* und Dr. H*, bei der vereinbart wurde, ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer in Linz über die Höhe des Anwaltshonorars für die einzelnen Wohnungen einzuholen, dem sich sämtliche Beteiligte unterwerfen sollten. Dr. Er* wurde außerdem zugesagt, daß er 40 Verträge abschließen könne. Dr. E* bezifferte im Zuge der Besprechungen über die Berichtigung seiner Honorarforderung deren Höhe einschließlich der im Zusammenhang mit den Vertragsabschlüssen absehbaren Kosten mit ca. 200.000,‑‑ S. Eine Durchrechnung des Honorars des Dr. H* für die ihm noch verbliebenen 198 Vertragsabschlüsse (40 waren Dr. Er* zugesichert worden) ergab unter Berücksichtigung von sozialen Härtefällen einen Betrag von ca. 630.000,‑‑ S. Da sich Dr. H* bereit erklärte, die Honorarforderung des Dr. E* gegen die Beklagte aus seinen Honorareingängen zu berichtigen, kam es zwischen Dr. H*, Dr. B* und Dr. E zu folgender Vereinbarung: Dr. H* sollte 29,9 % seines aus den Vertragsabschlüssen eingehenden Honorars an Dr. E* abführen. Damit sollten sämtliche Ansprüche des Dr. E* aus seinen bis dahin im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben *, erbrachten Leistungen abgegolten sein. Tatsächlich kam es in der Folge nur zu 106 Vertragsabschlüssen durch Dr. H*, während die restlichen Verträge von Dr. Er* und Dr. Ei* errichtet wurden, die an der Vereinbarung, derzufolge ein Honoraranteil an den Notar Dr. E* abgeführt werden sollte, nicht beteiligt waren. Im Zusammenhang mit der Erstellung des vorgenannten Gutachtens der Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich übermittelte der Notar Dr. E* dem Rechtsanwalt Dr. H* eine Honoraraufstellung (Beilage ./N) über 128.410,72 S (ohne Umsatzsteuer). Diese betraf die angemessen verrechneten Leistungen des Notars Dr. E*, die von ihm nach Erstellung der Kostennote vom 28. 9. 1965 (Beilage ./C) im Auftrag der Beklagten für diese erbracht wurden. Im September oder Anfang Oktober 1970 erschien Dr. B*, der bis April 1970 allein und dann bis November 1970 zusammen mit A* als Geschäftsführer der Beklagten zeichnungsberechtigt war, mit diesem in der Kanzlei des Notars Dr. E*, traf ihn jedoch nicht an, weil er auf Urlaub oder bereits in Spitalspflege war. Er unterbreitete dem in dessen Kanzlei tätigen Notariatskandidaten Dr. F* das Anbot, Dr. E*möge auf seinen Anteil (29,9 %) an den Honoraransprüchen des Dr. H* verzichten. Dafür würde er mit der Verfassung sämtlicher im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben zu errichtenden Schuldscheinen und deren Verbücherung beauftragt werden. Das hiebei zu erwartende Honorar von ca. 250.000,‑‑ S sollte sämtliche bis dahin aufgelaufenen Kosten des Notars Dr. E* decken. Dr. F* versprach, den Vorschlag weiterzuleiten, wozu es jedoch im Hinblick auf das Ableben des Dr. E am * nicht mehr kam. Am 5. 10. 1970 erschienen Dr. B* und A* bei Dr. H*, gaben ihm bekannt, daß Dr. E* auf seinen Honoraranteil verzichtet habe und bewogen Dr. H*, seine ihm gegen die Beklagte zustehende Kostenforderung zu reduzieren, zumal ihm nunmehr die Honorareingänge ungeschmälert verbleiben würden. Dr. H* leistete daher an Dr. E* auf Grund der seinerzeitigen Vereinbarungen keine Zahlungen. Auch von dritter Seite wurden an Dr. E* auf seine Honorarforderung keine Zahlungen geleistet. Einen ausdrücklichen Verzicht auf seine Honorarforderung hat Dr. E* nie abgegeben. Das Erstgericht verneinte die von der Beklagten behauptete Verjährung der Klagsforderung von 14.850,85 S. Die Vereinbarung über die Beteiligung des Dr. E*an den Honorareingängen des Dr. H* sei hingegen unter der Voraussetzung zustandegekommen, daß die vorgesehenen 198 Verträge in dessen Kanzlei abgeschlossen werden. Tatsächlich habe jedoch Dr. H* im Hinblick auf die Einschaltung der Rechtsanwälte Dr. Er* und Dr. Ei* nur 106 Verträge abgewickelt. Damit sei aber die Geschäftsgrundlage für die vorgenannte Vereinbarung weggefallen. Deren Anfechtung durch die Kläger sei daher berechtigt. Dr. E* konnte somit sein Honorar nach dem Anwalts- bzw. Notariatstarif berechnen, in deren Rahmen sich auch die Honoraraufstellung (Beilage ./N) bewege.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.

Es war gleich dem Erstgericht der Ansicht, daß die Klagsforderung von 14.850,85 S nicht verjährt sei. In der zwischen der Beklagten, Dr. E* und Dr. H*zur Berichtigung der Honorarforderung von 135.779,32 S getroffenen Vereinbarung sei eine Assignation im Sinne des § 1400 ABGB zu erblicken, in der die Beklagte Dr. H* angewiesen habe, 29,9 % seines Honorars an ihrer Stelle an Dr. E* zu bezahlen. Das Valutaverhältnis bilde daher eine Schuld der Beklagten an Dr. E*, die erst durch die angewiesene Leistung getilgt werden sollte. Durch die nur zahlungshalber erfolgte Anweisung sei das ursprüngliche Schuldverhältnis unberührt geblieben. Ein Schuldnerwechsel (durch Eintritt des Dr. H*) sollte nicht eintreten und sei auch von der Beklagten nicht behauptet worden. Die Kläger könnten daher die ursprüngliche Forderung des Dr. E* gegen die Beklagte geltend machen, die überdies durch ihre an Dr. H* bewußt unrichtig gemachte Mitteilung, Dr. E* habe auf seinen Anteil (an seinem Honoraranspruch) verzichtet, die Leistungsverweigerung an die Kläger bewirkt habe. Das Verlangen der Beklagten, die Kläger müßten ihre Forderung gegen Dr. H* geltend machen, würde daher auch gegen Treu und Glauben verstoßen. Ob die Geschäftsgrundlage der vorgenannten Vereinbarung weggefallen sei, brauche demnach nicht mehr untersucht zu werden.

Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus den Revisionsgründen des § 503 Z 2 und 4 ZPO. Sie beantragt, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Klagsforderung besteht aus zwei Honoraransprüchen des verstorbenen Notars Dr. E* gegen die Beklagte für die Abwicklung und Verbücherung eines von ihr getätigten Grundstückskaufes und für die Leistung verschiedener Vorarbeiten für die von der Beklagten auf den erworbenen Liegenschaften projektierte Wohnhausanlage. Im Hinblick auf das Vorliegen konformer Urteile der Unterinstanzen hängt die Zulässigkeit der Revision hinsichtlich der begehrten 14.850,85 S davon ab, ob die geltend gemachten Honoraransprüche für die Berechnung der Revisionsgrenze des § 502 Abs. 5 ZPO zusammenzurechnen sind oder nicht. Nach der mit der herrschenden Lehre (Fasching, Ergänzungsband S. 100) übereinstimmenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind derartige Ansprüche nur dann zusammenzurechnen, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (Jud. 56 neu, EvBl 1971/151, zuletzt 7 Ob 232/71). Dies ist aber hier nicht der Fall, weil die von Dr. E* erbrachten Leistungen auf Grund verschiedener ihm erteilter Aufträge erbracht worden sind. Der bloße Umstand, daß mehrere Ansprüche einer Person gegen ein und denselben Gegner gerichtet sind, reicht für die Annahme eines tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhanges nicht aus (7 Ob 232/71). Hiefür wäre erforderlich, daß die Ansprüche unabhängig voneinander nicht bestehen könnten, oder aus einer gemeinsamen tatsächlichen oder rechtlichen Grundlage entstanden sind (Fasching I S. 342, EvBl 1949/226, 1954/207, 1971/151 u.a.m.). Hinsichtlich, der Honorarforderung von 14.850,85 S ist somit die Revision unzulässig und war daher zurückzuweisen.

 

B e s c h l u ß

gefaßt:

Rechtliche Beurteilung

Im übrigen ist die Revision nicht berechtigt.

Einen Verfahrensmangel erblickt die Revisionswerberin in dem Fehlen von Feststellungen, wie hoch die von Notar Dr. E* auf Grund des „neuen Vertrages“ (gemeint offensichtlich die von der Revisionswerberin behauptete Vereinbarung von September bzw. Anfang Oktober 1970) zu erbringenden Leistungen zu bewerten seien und welche Eingänge die in seiner Kanzlei erfolgten Vertragsunterfertigungen durch die Wohnungsinteressenten und die Beglaubigung ihrer Unterschriften gebracht hätten. Außerdem sei nicht erörtert worden, ob bei Abschluß des „Neuerungsvertrages“ die Möglichkeit des Ausfalles von Honorareingängen (des Dr. H*) besprochen und dafür eine Lösung getroffen worden sei.

Mit diesen Ausführungen behauptet die Revisionswerberin zunächst Feststellungsmängel, deren Geltendmachung der Rechtsrüge vorbehalten ist (Fasching IV S. 326, SZ 23/175 und 372, RZ 1966/165 u.a.m.). Das diesbezügliche Revisionsvorbringen ist daher der Rechtsrüge zu unterstellen. Darüber hinaus nahmen die Untergerichte nicht als erwiesen an, daß es zum Abschluß der von der Revisionswerberin behaupteten „neuen Vereinbarung“ (vom September bzw. Oktober 1970) gekommen ist. Feststellungen in dieser Richtung erübrigten sich daher schon aus diesem Grunde. Ob bei Abschluß des „Neuerungsvertrages“ (gemeint Vereinbarung über die Honorarbeteiligung des Dr. E*) von den Parteien die Möglichkeit eines Honorarausfalles des Rechtsanwaltes Dr. H* besprochen wurde, ist hingegen, wie noch bei Erörterung der Rechtsrüge hervorzuheben sein wird, ohne Belang. Der gerügte Verfahrensmangel liegt somit nicht vor.

In ihrer Rechtsrüge bekämpft die Revisionswerberin die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die getroffene Vereinbarung über die Beteiligung des Notars Dr. E*an den Honorareingängen des Rechtsanwaltes Dr. H* als Anweisung zu betrachten sei. Bei dieser Vereinbarung handle es sich vielmehr um einen Neuerungsvertrag, durch den nicht nur der Hauptgegenstand der Forderung (des Dr. E*) geändert worden, sondern auch ein neuer Schuldner hinzugekommen sei. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Berufungsgerichtes diese Vereinbarung sei infolge Wegfalles der Geschäftsgrundlage gegenstandslos geworden. Hiezu wäre eine förmliche Anfechtungserklärung der Kläger erforderlich gewesen, die nicht erfolgt sei. Außerdem könne unter Geschäftsgrundlage nur eine typische Voraussetzung verstanden werden, die stets einem Geschäft von der Art des geschlossenen zugrunde gelegt werde. Dies sei jedoch hier nicht der Fall, weil das Risiko, daß Dr. H* das veranschlagte Honorar nicht erlangen werde, von vornherein gegeben gewesen und von Dr. E* in Kauf genommen worden sei. Dieses Risiko könne daher nicht nachträglich unter dem Vorwand des Wegfalles der Geschäftsgrundlage auf die Revisionswerberin abgewälzt werden.

Auch diesen Ausführungen der Revisionswerberin kann im Ergebnis nicht gefolgt werden. Ob es sich bei der vorgenannten, zwischen der Revisionswerberin, Dr. E*und Dr. H* getroffenen Vereinbarung um eine Anweisung, eine Schuldübernahme oder einen Vertrag sui generis (mit Neuerungswirkung) handelt, kann im gegenständlichen Falle dahingestellt bleiben. Bei Abschluß dieser Vereinbarung gingen nämlich die Vertragsparteien davon aus, daß die von Dr. H* mit den Wohnungseigentümern abzuschließenden Verträge Honorareingänge von ca. 630.000,‑‑ S erbringen werden und daher der auf Dr. E* entfallende Anteil von 29,9 % zur Deckung seiner Honoraransprüche gegen die Revisionswerberin ausreichen werde. Den Fortbestand dieser bei Vertragsabschluß angenommenen Voraussetzung (Abschluß von 198 Verträgen mit einem veranschlagten Honorareingang von 630.000,‑‑ S) machten die Parteien im gegenständlichen Falle zur Bedingung im Sinne des § 901 erster Fall ABGB. Eine solche Vereinbarung kann nämlich ungeachtet des in der vorgenannten Gesetzesstelle gebrauchten Wortes „ausdrücklich“ auch stillschweigend getroffen werden (Gschnitzer in Klang2 IV/1 S. 228, 337, SZ 35/7, EvBl. 1974/29, MietSlg 24.089).

Das im Gesetz gebrauchte Wort „ausdrücklich“ soll nämlich nur der bloßen Tatsache die Konkludenz absprechen, daß eine Partei den sie bestimmenden Beweggrund bei oder vor Abschluß des Geschäftes mitgeteilt und der andere Vertragsteil gleichwohl das Geschäft abgeschlossen hat. Um eine konkludente Erhebung der Erwartungen der Parteien zur Bedingung eines Vertragsabschlusses annehmen zu können, muß daher ein besonderer zum Tatbestand der Äußerung des Beweggrundes oder des Endzweckes hinzutretender Sachverhalt vorliegen (Gschnitzer in Klang2 IV/1 S 328 f, SZ 35/7). Hier hatte der verstorbene Notar Dr. E* keine Veranlassung, auf seine Honoraransprüche gegen die Revisionswerberin auch nur teilweise zu verzichten. Wenn er daher den vorgenannten Vertrag abschloß, so tat er dies nur aus dem auch von der Revisionswerberin verfolgten Beweggrund, daß durch den ihm zugesicherten Anteil an den Honorareingängen des Dr. H*die gänzliche Berichtigung seiner Honorarforderung gedeckt sei. Der bei Vertragsabschluß klar zutage tretende Beweggrund (Endzweck) der Vertragsparteien war somit die gänzliche Befriedigung der Ansprüche des Notars Dr. E*durch dessen Beteiligung an dem zu erwartenden Honorar des Dr. H*. Diese Voraussetzung ist aber nach Vertragsabschluß weggefallen, weil Dr. H* tatsächlich nicht die vorgesehenen 198 sondern nur 108 Kaufverträge errichtete. Die Kläger sind daher wegen Nichteintrittes des zur Bedingung gemachten Beweggrundes bzw. Endzweckes der vorgenannten Vereinbarung an diese nicht gebunden (§ 901 erster Fall ABGB) und können für die von ihrem Rechtsvorgänger erbrachten Leistungen von der Revisionswerberin ein angemessenes Honorar begehren. Hiezu kommt noch, daß diese durch ihre Organe den Eintritt der vorgenannten Vertragsvoraussetzung auch wider Treu und Glauben vereitelte, weil sie unter der Vorspiegelung, Dr. E* hätte auf seinen Honoraranteil verzichtet, Dr. H* zu einer Ermäßigung seiner Honorarforderung mit der Begründung bewog, seine Honorareingänge würden ihm nun zur Gänze verbleiben. Auch aus diesem Grunde kann sich die Revisionswerberin nicht auf die getroffene Vereinbarung berufen. Ob die vorgenannte Voraussetzung für die eben erwähnte Vereinbarung eine typische war, braucht daher nicht mehr untersucht zu werden (SZ 35/7). Ebenso kann es dahingestellt bleiben, ob die Parteien mit einem allfälligen Ausfall der Honorareinnahmen des Dr. H* rechnen mußten. Eine Erörterung, ob die Parteien diese Möglichkeit ins Auge gefaßt und dafür Vorsorge getroffen haben, erübrigte sich daher. Die Angemessenheit des von Dr. E* in Rechnung gestellten Honorars (siehe Beilage ./N) blieb hingegen unbestritten.

Der Revision der Beklagten war sohin nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens stützt sich auf §§ 41 , 50 ZPO. Da die Kläger in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision bezüglich des Teilanspruches von 14.850,85 S nicht hingewiesen haben, erfolgte die Kostenbestimmung auf einer Bemessungsgrundlage von 135.779,32 S.

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