European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0070OB00168.25V.1119.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:
„1. Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei habe der klagenden Partei aufgrund und im Umfang des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrags zu Polizzennummer * für den Schaden sfall im Zeitraum zwischen dem 27. 5. 2023 und dem 11. 6. 2023 zu Schadensnummer * auf dem Parkplatz zwischen der Polizeidienststelle und dem Health-Center auf V* (Griechenland), mit dem Fahrzeug VW-Caddy Cargo 2.0 TDI, Kennzeichen *, Deckungsschutz zu gewähren, wird abgewiesen.
2. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 7.369,08 EUR (darin enthalten 1.228,18 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit 3.589,32 EUR (darin enthalten 348,22 EUR an Umsatzsteuer und 1.500 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 3.383,40 EUR (darin enthalten 250,90 EUR an Umsatzsteuer und 1.878 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Zwischen dem Kläger als Versicherungsnehmer und der Beklagten als Versicherer besteht für das beschädigte Fahrzeug ein Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag inklusive Kaskoversicherung. Diesem Vertrag liegen unter anderem die „Allgemeinen Z*-Bedingungen für die Teilkasko-Versicherung mit Parkschaden (AK2 2018)“ zugrunde, die auszugsweise lauten:
„ Artikel 1
Umfang der Versicherung
[...]
1.1. Versichert sind das Fahrzeug und seine Teile, die im versperrten Fahrzeug verwahrt oder an ihm befestigt sind (Treibstoffe gelten nicht als Fahrzeugteile), gegen Beschädigung, Zerstörung und Verlust
[...]
1.7. durch Berührung des geparkten oder haltenden Fahrzeuges mit einem unbekannten Fahrzeug (Parkschaden);
1.8. durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen;
[...]
Artikel 3
Örtlicher Geltungsbereich
1. Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf Europa im geografischen Sinn, [...]“
[2] Der Kläger ließ das versicherte Fahrzeug während eines Radurlaubs in Griechenland zwischen 27. 5. 2023 und 11. 6. 2023 auf einem öffentlichen Parkplatz stehen. In diesem Zeitraum wurde das Fahrzeug von unbekannten Dritten abgeschleppt und beschädigt. Dabei handelte es sich nicht um eine ordnungsgemäße Verbringung des Fahrzeugs, vielmehr wurde dessen „vorprogrammierte“ Schädigung in Kauf genommen. Das Abschleppen des Fahrzeugs erfolgte nicht professionell. Es wurde über unbefestigtes steiniges Gelände gezogen, ohne Rücksicht darauf, dass dadurch möglicherweise Beschädigungen verursacht werden können.
[3] Als Folge des Abschleppvorgangs zeigte die Stoßstangenhülle des Fahrzeugs rechts der Ausnehmung der Abschleppöse eine massive Kunststoffzusammenfaltung mit Verschiebung nach rechts. Die Unterseite der Stoßstangenhülle und die daran anschließende Motorraumabdeckung weisen Kratzer auf, die durch am Boden vorhandene größere Steine verursacht worden sein können. Die Streifspuren an der rechten Felge und die Kratzer am rechten Kotflügel sind auf einen Kontakt mit einer Mauer zurückzuführen. Die zu erwartenden Reparaturkosten betragen rund 4.500 EUR.
[4] Die Beklagte lehnte die Versicherungsdeckung ab.
[5] Der Kläger begehrt die Feststellung der Versicherungsdeckung, weil es sich um einen Parkschaden im Sinn der Versicherungsbedingungen handle. Im Übrigen sei der Schaden durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen verursacht worden.
[6] Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Es liege weder ein Parkschaden noch eine mut- oder böswillige Schädigung vor.
[7] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Beschädigung des Fahrzeugs sei durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen erfolgt.
[8] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Auslegung der Begriffe „Mut- und Böswilligkeit“ im vorliegenden versicherungsrechtlichen Kontext keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestehe.
[9] Die Beklagte beantragt in ihrer Revision, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass die Klage abgewiesen werde; in eventu stellt sie einen Aufhebungsantrag.
[10] Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[11] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist auch berechtigt.
1. Allgemeines
[12] 1.1. Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 f ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]; RS0017960). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen; dabei ist der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen (RS0008901 [insb T5, T7, T87]). Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RS0050063 [T3]).
[13] 1.2. Rechtsbegriffe haben in der Rechtssprache eine bestimmte Bedeutung und sind daher in diesem Sinn auszulegen. Dieser Grundsatz kann allerdings nur dann zur Anwendung kommen, wenn den zu beurteilenden Rechtsinstituten nach herrschender Ansicht ein unstrittiger Inhalt beigemessen wird und sie deshalb in der Rechtssprache eine einvernehmliche Bedeutung haben. Dementsprechendes hat auch für die in den AVB verwendeten Rechtsbegriffe zu gelten (RS0123773 [insb auch T6]). In AVB verwendete Rechtsbegriffe sind daher, wenn sie in der Rechtssprache eine bestimmte, unstrittige Bedeutung haben, in diesem Sinn auszulegen (RS0123773 [T4]).
2. Parkschaden
[14] 2.1. Gemäß Art 1.7. AK2 2018 ist das Fahrzeug unter anderem gegen Beschädigung durch Berührung des geparkten oder haltenden Fahrzeugs mit einem unbekannten Fahrzeug (Parkschaden) versichert.
[15] 2.2. Der Kläger hat das Vorliegen dieses Versicherungsfalls nicht nachgewiesen (vgl RS0043438), weil sein Fahrzeug nicht im Zuge eines Ein- oder Ausparkvorgangs, sondern durch den Abschleppvorgang beschädigt wurde. Die Beschädigung des abgeschleppten Fahrzeugs durch den Abschleppvorgang ist aber kein Parkschaden im Sinn von Art 1.7. AK2 2018.
3. Mut- oder böswillige Schädigung
[16] 3.1. Gemäß Art 1.8. AK2 2018 ist das Fahrzeug unter anderem gegen Schäden durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen versichert.
3.2. Die Begriffe „mut- und böswillig“ haben in der Rechtssprache keine bestimmte, unstrittige Bedeutung:
[17] 3.2.1. Gemäß § 1331 ABGB ist der Wert der besonderen Vorliebe zu ersetzen, wenn der Schaden aus Mutwillen und Schadenfreude verursacht worden ist. Mutwillen liegt vor, wenn der Täter aus Freude an der Beschädigung (GlUNF 3089; Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1331 Rz 4; Huber in Klang3 § 1331 ABGB Rz 16) oder an der schädigenden Handlung agiert (Geroldinger in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 § 1331 Rz 14; Koziol, Haftpflichtrecht II3 Rz A/5/300).
[18] Gemäß § 408 ZPO kann das Gericht die unterliegende Partei auf Antrag der siegenden Partei zur Leistung eines Entschädigungsbetrags verurteilen, wenn die unterliegende Partei offenbar mutwillig Prozess geführt hat. „Mutwillig“ bedeutet hier nach der Rechtsprechung und einer Lehrmeinung bewusst aussichtslose Prozessführung des Gegners (8 Ob 2/16a; Brenn in Höllwerth/Ziehensack, ZPO‑TaKomm² § 408 Rz 3). Nach anderen Lehrmeinungen setzt „Mutwillen“ das Bewusstsein der Unrichtigkeit des bezogenen Rechtsstandpunkts voraus (Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 408 Rz 6) bzw, dass die fehlende Berechtigung des Standpunkts offen zutage tritt oder prozessfremde Zwecke verfolgt werden (Geroldinger in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 408 Rz 8; ähnlich Fucik in Fasching/Konecny³ § 408 ZPO Rz 4; zur Vielschichtigkeit des Begriffs einschließlich einer historischen Analyse: Geroldinger, Der mutwillige Rechtsstreit [2017] 58 ff, 603 ff).
[19] Gemäß § 222 Abs 3 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen, wer ein Wirbeltier mutwillig tötet. Mutwillig bedeutet hier, dass die Tat schlicht aus Lust am Töten oder im Zusammenhang mit Satanskulten oder Tierpornographie begangen wird (ErläutRV 1166 BlgNR 21. GP 34). Die Tötung muss daher nicht nur ohne vernünftigen Grund, sondern darüber hinaus ohne berechtigten Zweck, aus reiner Bequemlichkeit oder Boshaftigkeit begangen werden (Riffel in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 222 Rz 78; ähnlich Schwaighofer in Pk‑StGB2 § 222 Rz 8 und Hinterhofer in SbgK‑StGB [2002] § 222 Rz 74; vgl auch Tipold in Leukauf/Steininger, StGB4 § 222 Rz 6c [„rein um des Tötens willen“]).
[20] Zusammengefasst kommt der Begriff „Mutwille“ (bzw „mutwillig“) in der österreichischen Rechtsordnung in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen vor und ist äußerst vielschichtig (vgl die weiteren Nachweise bei Geroldinger, Rechtsstreit 58 ff).
[21] 3.2.2. Der Begriff „böswillig“ findet sich lediglich vereinzelt und ohne sachlichen Zusammenhang mit der hier einschlägigen Thematik in der Rechtsordnung (zB §§ 2, 3 Telekom‑Netzsicherheitsverordnung 2020 [„böswilliger Angriff“] oder § 31 Theaterarbeitsgesetz [böswilliges Versäumen einer Aufführung]).
[22] §§ 1294, 1324 ABGB verwenden die Begriffe „böse Absicht“. Gemäß § 1294 ABGB gründet sich die willkürliche Beschädigung in einer bösen Absicht, wenn der Schade mit Wissen und Willen verursacht worden ist. Dabei reicht nach heutigem Verständnis Eventualvorsatz aus (4 Ob 208/23a; Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1294 Rz 22; Koziol, Haftpflichtrecht I4 Rz C/2/22; Kodek in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 1294 Rz 59; Karner in KBB7 § 1294 ABGB Rz 10). Auch in § 1324 ABGB ist „böse Absicht“ im Sinn von Vorsatz zu verstehen (Hinteregger in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1324 Rz 4; Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1324 Rz 1; Huber in Schwimann/Neumayr, ABGB-TaKomm6 § 1324 Rz 1).
[23] §§ 1294, 1324 ABGB, die der Urfassung des ABGB (JGS Nr 946/1811) entstammen, verwenden den Begriff der „bösen Absicht“ daher gleichbedeutend mit dem nun üblichen in der modernen Rechtssprache verwendeten Begriff „Vorsatz“. Die Verwendung des Begriffs „Böswilligkeit“ in aktuellen Versicherungsbedingungen kann daher nicht im Sinne von „böse Absicht“ gemäß den §§ 1294, 1324 ABGB verstanden werden, weil der Versicherer diesfalls die heute gebräuchlichen Begriffe „Vorsatz“ oder „vorsätzlich“ benützt hätte.
[24] 3.2.3. Nach alldem hat der Begriff „mutwillig“ ganz unterschiedliche Bedeutungsinhalte und wird der Begriff „böswillig“ nur in sachfremden Zusammenhängen sowie ohne klaren Begriffsinhalt verwendet, sodass die beiden Begriffe in der Rechtssprache keine bestimmte, unstrittige Bedeutung haben.
3.3. Zur Mut- noch Böswilligkeit im Sinn der Versicherungsbedingungen:
[25] 3.3.1. Die Versicherungsbedingungen enthalten keine Definition der Begriffe Mut- und Böswilligkeit. Die Erwägungen der Entscheidung 7 Ob 215/23b sind daher entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.
[26] 3.3.2. In Deutschland wird zur vergleichbaren Bedingungslage gelehrt, dass der Vorsatz des Täters bei mutwilliger als auch bei böswilliger Beschädigung auf die Beschädigung gerichtet sein und dies sein alleiniges oder wesentliches Motiv sein müsse (Klimke in Prölss/Martin, VVG32 AKB 2015 A.2.2.2 Rn 36; ähnlich Stomper in Halm/Kreuter, AKB-Kommentar3 A.2.2.2. AKB Rn 105; Böhmer in Höke, MAH Straßenverkehrsrecht6 § 48 Rn 11; Stadler in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung19 AKB 2015 A.2 Rn 380). Mut- oder Böswilligkeit liege daher vor, wenn als dominierendes Motiv vandalistische Freude über den Schaden, diffuser Hass gegen andere oder persönliche Feindseligkeit gegen den Geschädigten zur Tat geführt hat (Krischer in MüKommVVG³ Kap 62 Rn 101).
[27] Teile der deutschen Lehre differenzieren in der Folge weiter zwischen mut- und böswilliger Beschädigung: Der Begriff „mutwillig“ beziehe sich mehr auf solche Täter, die nur einen dummen Streich ausführen, wohingegen der Begriff „böswillig“ die Freude an der Schädigung des Fahrzeugeigentümers bzw eine feindliche Haltung ihm gegenüber zum Ausdruck bringe und eine schlechte Gesinnung voraussetze (Stomper in Halm/Kreuter, AKB-Kommentar3 A.2.2.2. AKB Rn 105; Kreuter/Schwab in Staudinger/Halm/ Wendt, Versicherungsrecht3 AKB 2015 A.2.2.2 Rn 109; Stadler in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung19 AKB 2015 A.2 Rn 381; Maier, Die mut- oder böswillige Beschädigung in der Kaskoversicherung, r+s 2025, 737 [Rn 20]). Diese Ansicht hat die österreichische Lehre übernommen (Reisinger in Fucik/Hartl/Schlosser, HB Verkehrsunfall III4 82; Reisinger in Kainz/Michtner/Reisinger, Kfz-Versicherung2 132). Nach einer weiteren Ansicht bringe „mutwillig“ zum Ausdruck, dass der Täter bei seinem Handeln zwar die Beschädigung ohne weiteres in Kauf nehme, dies aber nicht das Hauptmotiv seines Handelns sei, während der böswillig Handelnde in erster Linie Schaden zufügen wolle (Jacobsen in Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung3 AB 2008 A.2. Rn 85).
[28] 3.3.3. Nach Ansicht des Fachsenats beschreibt der Versicherer mit „Mut- oder Böswilligkeit“ eine bestimmte qualifizierte Form des Vorsatzes, hätte er doch ansonsten schlicht (jede) vorsätzliche Schädigung durch betriebsfremde Personen in Art 1.8. AK2 2018 versichert. Dies ist auch für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer erkennbar, weil dieser eine mut- oder böswillige Schädigung auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht schon dann annehmen wird, wenn der Täter den Schaden im Sinne von Eventualvorsatz bloß billigend in Kauf genommen hat, es ihm also – umgangssprachlich formuliert – egal ist, wenn ein Schaden entsteht.
[29] Für das Vorliegen dieses Versicherungsfalls reicht es daher nicht, dass das Handeln des Täters bloß vom allgemeinen Schädigungsvorsatz getragen ist, sondern es bedarf eines zusätzlichen (subjektiven) Elements: Mut- oder Böswilligkeit setzt voraus, dass die Handlung von besonderen Motiven, wie etwa sinnloser Schädigungslust, vandalistischer Freude am Schaden, diffusem Hass oder feindlicher Haltung gegenüber dem Fahrzeugeigentümer getragen ist; sie liegt aber auch dann vor, wenn die schädigende Handlung für den Täter reiner Selbstzweck (Schädigung rein um der Schädigung willen) und nicht Mittel zum Zweck (zB Diebstahl) gewesen ist (idS auch Koch in Bruck/Möller, VVG10 A.2. AKB 2016 Rn 343).
[30] 3.3.4. Die Beweislast für das Vorliegen einer mut- oder böswilligen Handlung liegt nach allgemeinen Regeln beim Versicherungsnehmer (RS0043438). Diesem kommen dabei jedoch – ähnlich wie in den Diebstahlsfällen (vgl zuletzt 7 Ob 140/24z) – Beweiserleichterungen zugute. Die Beweisschwierigkeiten des Versicherungsnehmers sind zwar nicht mit jenen beim Diebstahl gleichzusetzen, weil Schäden am Fahrzeug vorhanden sind, die Rückschlüsse auf den Schadenshergang zulassen. Doch sind insbesondere die Motive des Täters für den Versicherungsnehmer nur sehr schwer zu beweisen. Es genügt daher auch im Fall der mut- oder böswilligen Schädigung, wenn der Versicherungsnehmer ein Mindestmaß an Tatsachen beweist, die das äußere Erscheinungsbild des Versicherungsfalls bilden (vgl RS0102499). Dies setzt im gegebenen Zusammenhang voraus, dass die festgestellten Fahrzeugschäden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Rückschluss erlauben, dass diese auf ein mut- oder böswilliges Verhalten Dritter zurückzuführen sind.
[31] 3.3.5. Im vorliegenden Fall wurde das Fahrzeug des Klägers im Zuge des Abschleppvorgangs beschädigt. Die Vorgangsweise des betriebsfremden Dritten war nach den Feststellungen derart unprofessionell, dass der Schadenseintritt geradezu „vorprogrammiert“ war, sodass der Dritte die Schädigung des Fahrzeugs offensichtlich in Kauf genommen hat. Selbst wenn man diesen Sachverhalt dahin interpretieren würde, dass der Dritte die Beschädigung des Fahrzeugs ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, wäre damit für den Kläger nichts gewonnen. Damit steht aber weder ein besonderes (verpöntes) Motiv des Dritten an der schädigenden Handlung fest, noch, dass die im Zuge des Abschleppvorgangs erfolgte Schädigung reiner Selbstzweck gewesen wäre. Der Kläger hat auch kein „äußeres Bild“ nachgewiesen, das mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss erlauben würde, die Schäden seien auf ein mut- oder böswilliges Verhalten des Dritten zurückzuführen. Vielmehr stehen ausschließlich Schäden fest, die bloß auf einen (völlig) unsachgemäßen Abschleppvorgang schließen lassen. Damit hat der die Versicherungsleistung beanspruchende Kläger die anspruchsbegründende Voraussetzung des Eintritts des Versicherungsfalls im Sinn von Art 1.8. AK2 2018 nicht bewiesen.
4. Ergebnis und Kosten
[32] 4.1. Die Revision ist daher zusammengefasst berechtigt. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren im Sinn einer Klageabweisung abzuändern.
[33] 4.2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 ZPO.
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