European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0070OB00133.25X.0925.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiete: Exekutionsrecht, Familienrecht (ohne Unterhalt)
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der Gegner der gefährdeten Partei ist schuldig, der gefährdeten Partei die mit 402,86 EUR (darin enthalten 67,14 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Das Rekursgericht hat die Verlängerung der ursprünglich für sechs Monate erlassenen einstweiligen Verfügung nach den §§ 382b und 382c EO durch das Erstgericht wegen nachträglicher Einbringung einer Scheidungsklage bestätigt und ausgesprochen, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Rechtsprechung zur Verteilung der Behauptungs‑ und Bescheinigungslast bei einer Verlängerung aufgrund der Einleitung eines Hauptverfahrens ohne Zuwiderhandeln des Antragsgegners gegen die einstweilige Verfügung nach der Änderung der maßgeblichen Bestimmungen durch das Gewaltschutzgesetz 2019 vorliege.
[2]
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof zufolge §§ 78, 402 Abs 4 EO, § 526 Abs 2 letzter Satz ZPO nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig. Eine erhebliche Rechtsfrage wird weder mit der zweitinstanzlichen Zulassungsbegründung noch im Revisionsrekurs des Antragsgegners aufgezeigt. Der Beschluss kann sich auf die Darlegung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
[3] 1. Bereits zu 7 Ob 224/18v hatte der Oberste Gerichtshof die Verlängerung einer einstweiligen Verfügung aus Anlass der Einleitung eines Hauptverfahrens ohne Verstoß gegen die erlassene einstweilige Verfügung zu beurteilen.
[4] 2. Demnach kann die Frist, für welche eine einstweilige Verfügung bewilligt worden ist, auf Antrag verlängert werden, wenn der angestrebte Zweck innerhalb des betreffenden Zeitraums nicht erreicht werden konnte (RS0005534), weil die Gefährdungslage weiter besteht. Wird ein Hauptverfahren erst nach Erlassung einer einstweiligen Verfügung gerichtsanhängig, so kann daher die beschränkte Geltungsdauer vor Fristablauf auf Antrag verlängert werden, wenn der Gefährdungstatbestand fortdauert (vgl RS0109194 [T4] = RS0123193 [T1]). Nur wenn sich ergäbe, dass die Voraussetzungen der Anspruchsbescheinigung und der Gefährdungsbescheinigung nicht mehr vorliegen, wäre der Antrag auf Verlängerung abzuweisen (RS0005613).
[5] 3. Die Änderungen der hier maßgeblichen Bestimmungen durch das Gewaltschutzgesetz 2019 haben sich darauf bezogen, dass den Gerichten ausdrücklich und im Sinn der Begründung zum 2. GeSchG (271/A XXIV. GP 23) die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, bei Anordnung einer einstweiligen Verfügung zum Schutz vor Gewalt in Wohnungen im Hinblick auf die Dauer dieser Verfügung auf ein erst künftig einzuleitendes Hauptverfahren Bedacht zu nehmen (970/A XXVI. GP 42). Im Zusammenhang mit der Verlängerung einer einstweiligen Verfügung aus Anlass der Einleitung eines Hauptverfahrens sind im Gewaltschutzgesetz 2019 keine Änderungen enthalten, sodass sich daraus auch keine Grundlage für ein Abgehen von der ständigen Rechtsprechung zur Behauptungs‑ und Bescheinigungslast ergibt.
[6] 4. Hier kam das Erstgericht, trotz Vorbringens des Antragsgegners, er habe Gewaltpräventionsgespräche absolviert, unbekämpft zur Überzeugung, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich an der Gefährdungslage etwas geändert hätte. Damit stellen sich die vom Rekursgericht angesprochenen Fragen der Behauptungs- und Bescheinigungslast nicht mehr, sondern lagen nach den darstellten Grundsätzen die Voraussetzungen für eine Verlängerung der einstweiligen Verfügung vor.
[7] 5. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
[8] 6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 393 Abs 2 EO iVm §§ 50, 41 ZPO. Die Antragstellerin hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen.
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