European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0060OB00574.76.0624.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Begründung:
W* L* führte im Standort N*, ein nicht protokolliertes Kreditvermittlungsunternehmen, welches im Geschäftsverkehr unter dem Namen „Geld- und Kreditvermittlung – W* L*,“ auftrat.
Am 19. Dezember 1973 schlossen W* L* und seine Gattin M* L* vor dem öffentlichen Notar Dr. Robert Lasnausky in Wiener Neustadt einen Notariatsakt über die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma „K*“, K*, GesmbH.
Gegenstand des Unternehmens dieser Ges.m.b.H. war zunächst die Vertretung und Geschäftsführung (der erst zu gründenden) Firma K*, Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Co., KG., ferner die Ausübung des Gewerbes der Geld- und Kreditvermittlung, die Ausübung des konzessionierten Gewerbes der Realitätenvermittlung einschließlich der Vermittlung von Hypothekardarlehen und die Ausübung des Gewerbes der Vermögensberatung, wobei die Gesellschaft berechtigt ist, sich an Unternehmen mit gleichem, ähnlichem und auch anders geartetem Geschäftszweck in jeder rechtlich zulässigen Form zu beteiligen.
Zu Geschäftsführern wurden auf die Dauer ihrer Eigenschaft als Gesellschafter W* L* und M* L* bestellt. Die Gesellschaft wurde am 21. Mai 1973 zu HRB * in das Handelsregister des Kreisgerichtes Wiener Neustadt eingetragen.
Am 3. Juli bzw. 31. Juli 1974 schlossen die K*-Ges.m.b.H., vertreten durch ihre Geschäftsführerin M* L* einerseits und W* L*, Kaufmann in N*, andererseits eine Kommanditgesellschaft unter der Firma K*Gesellschaft m.b.H. & Co., KG. Gesellschafter dieser Kommanditgesellschaft sind einerseits die K*-Ges.m.b.H. als Komplementärin und W* L* als Kommanditist andererseits. Laut Gesellschaftsvertrag erbringt die Komplementärgesellschaft keine Bareinlage, ihre Leistung besteht in der Ausübung der Vertretung und Geschäftsführung der Firma K*-Ges.m.b.H. & Co., KG. Die K*-Ges.m.b.H. ist weder am Gesellschaftskapital noch an einem etwaigen Grundvermögen beteiligt.
Laut Punkt III/2 des eben erwähnten Gesellschaftsvertrages bringt der Gesellschafter W* L* als Kommanditeinlage sein eingangs schon erwähntes, nicht protokolliertes Einzelunternehmen mit dem Sitz in N* und seinen derzeitigen Zweigniederlassungen mit dem Unternehmensgegenstand der Geld- und Kreditvermittlung sowie der Vermittlung von Hypothekardarlehen ein.
Der Wert dieser Sacheinlage wird nur bis zu einem Betrag von 300.000 S als Kommanditeinlage eingebracht. Die Wertermittlung erfolgt auf der Grundlage der zum 31. Dezember 1973 erstellten Jahresschlußbilanz. Sollte diese Bilanz einen höheren Wert des Kapitalkontos ausweisen, ist der den Betrag von 300.000 S übersteigende Betrag über das Verrechnungskonto des Gesellschafters W* L* zu führen.
Der Gegenstand des Unternehmens der K*-Ges.m.b.H. & Co., KG., ist wiederum die Ausübung des Gewerbes der Geld- und Kreditvermittlung, die Ausübung des konzessionierten Gewerbes der Realitätenvermittlung und der Vermittlung von Hypothekardarlehen, die Ausübung des Gewerbes der Vermögensberatung, wobei die Gesellschaft berechtigt ist, sich an Unternehmen mit gleichem oder ähnlichem Geschäftszweck in jeder rechtlich zulässigen Form zu beteiligen.
Die K*-Ges.m.b.H. & Co., KG., wurde am 18. November 1974 zu HRA * in das Handelsregister des Kreisgerichtes Wiener Neustadt eingetragen.
Vier Tage vor der Protokollierung der Firma K*-Ges.m.b.H. & Co., KG., die laut Gesellschaftsvertrag am 1. Jänner 1974 ihre Tätigkeit aufgenommen hatte, erteilten die Beklagten dem Einzelunternehmer W* L*, Geld- und Kreditvermittlung in N*, den Auftrag zur Vermittlung eines Kredites in der Höhe von 400.000 S. Auftragsempfänger war W* L* und nicht die K*-Ges.m.b.H. & Co., KG.
Mit der vorliegenden Klage macht die K*-Ges.m.b.H. & Co., KG., gegenüber den Beklagten einen Spesenbeitrag in der Höhe von 1 % der in Aussicht genommenen Kreditsumme geltend, zumal die Beklagten unbegründet schließlich die Kreditzuteilung abgelehnt hätten.
Die Klägerin beruft sich hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des Erstgerichtes auf die im Kreditvermittlungsauftrag Beilage B enthaltene Gerichtsstandvereinbarung. Die Urkunde enthält knapp oberhalb der Unterschrift der Beklagten die Klausel: „Für Streitigkeiten aus diesem Vertrag wird die Zuständigkeit des für N*, Niederösterreich, sachlich zuständigen Gerichtes vereinbart.“
Die Beklagten erhoben die Prozeßeinrede der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes mit der Begründung, sie hätten seinerzeit nicht mit der Klägerin einen Kreditvermittlungsvertrag geschlossen, sondern mit W* L*. Eine Zession der aus dieser Vereinbarung dem W* L* zustehenden Forderungen an die Klägerin sei in der Klage nicht behauptet worden. Es sei auch in der Klage nicht die Zessionsurkunde vorgelegt worden, um die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes N* in Anspruch nehmen zu können.
Das Erstgericht wies die Prozeßeinrede der örtlichen Unzuständigkeit zurück, während das Rekursgericht mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes zurückwies. Es führte aus:
Die Meinung des Rekurses, es könne im vorliegenden Fall von der Klägerin auch der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 88 Abs 1 JN in Anspruch genommen worden sein, vermöge das Rekursgericht nicht zu teilen, denn dies hätte zur Voraussetzung, daß die vertragschließenden Parteien einen Erfüllungsort vereinbart hätten, was der Urkunde Beilage B nicht zu entnehmen sei. Die genannte Urkunde enthalte vielmehr nur eine Gerichtsstandvereinbarung, nicht aber eine Übereinkunft, betreffend den Erfüllungsort. Ob daher die Klage zulässigerweise beim Bezirksgericht N* angebracht werden konnte, sei daher ausschließlich nach § 104 JN zu beurteilen.
Eine Vereinbarung im Sinne der genannten Gesetzesstelle sei für die Universal- und Singularsukzessoren jener Personen wirksam, welche sie abgeschlossen hätten.
Es sei zwar richtig, daß eine Gerichtsstandvereinbarung nach § 104 JN schon in der Klage urkundlich nachzuweisen sei, doch sei die Vorlage der Urkunde im Falle der Erhebung der Unzuständigkeitseinrede bis zur Entscheidung über diese möglich.
Wie sich aus der von den Beklagten vorgelegten Photokopie der Urkunde Beilage B ergebe, sei der in der Urschrift Beilage B aufscheinende rote Stampiglienaufdruck mit der Legende „K*, Ges.m.b.H. & Co., KG.,“ im Zeitpunkt der Auftragserteilung im Auftragsformular noch nicht vorhanden gewesen; er sei erst später beigefügt worden, wohl aber vor Klagseinbringung. Der Erstrichter habe daher bei der amtswegigen Prüfung der Zuständigkeitsfrage aus Beilage B weder sichere Schlüsse ziehen können, ob W* L* oder die K*-Ges.m.b.H. & Co., KG., Vertragspartner gewesen seien noch sei eine Rechtsnachfolge urkundlich nachgewiesen. Wenn sich der Erstrichter dessen ungeachtet nicht als unzuständig betrachtet habe, sei es zulässig, im Zusammenhang mit der Unzuständigkeitseinrede noch nach Klagseinbringung die nach Ansicht der Klägerin die Rechtsnachfolge bescheinigenden Urkunden dem Gericht vorzulegen; auf diese Urkunden sei auch bei der Beurteilung der Zuständigkeitsfrage einzugehen.
Das Rekursgericht vermöge die Auffassung des Erstgerichtes nicht zu teilen, es sei durch die vorgelegten Urkunden nachgewiesen, daß die K*-Ges.m.b.H. & Co., KG., Rechtsnachfolgerin des W* L*, betreffend die Rührung des Geld- und Kreditvermittlungsunternehmens W* L*, sei.
Es treffe zwar zu, daß gemäß Art 7 Nr 9 der 4. EVHGB die Einlagen der Gesellschafter sowie die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (Gesellschaftsvermögen) würden.
Punkt III/2 des Gesellschaftsvertrages vom 3. bzw. 31. Juli 1974 enthalte jedoch nur eine obligatorische Verpflichtung des Kommanditisten W* L*, das bisher von ihm geführte Einzelunternehmen als Sacheinlage bis zu einem Bilanzwert von 300.000 S einzubringen. Gewiß sei ein Unternehmen im Sinne einer organisierten Erwerbsgesellschaft als Gesamtsache im Sinne des § 302 ABGB Gegenstand des Rechtsverkehrs. Aus dem Gesellschaftsvertrag müsse auch geschlossen werden, daß das erwähnte Einzelunternehmen auf Grund der Beitragspflicht des Kommanditisten W* L* ins Eigentum der Ges.m.b.H. & Co., KG., übertragen werden solle, denn es biete sich kein Anhaltspunkt dafür, daß dieses Unternehmen etwa nur zur Nutzung durch die Kommanditgesellschaft einzubringen wäre. Gehe man aber von der vereinbarten Verpflichtung aus, das Unternehmen ins Gesellschaftsvermögen überzuführen, dann sei nicht zu übersehen, daß das Gesellschaftsvermögen einer Kommanditgesellschaft ein selbständiges Sondervermögen darstelle. Für den Erwerb der einzelnen Vermögenswerte des Gesellschaftsvermögens gälten daher die gemeinrechtlichen Grundsätze. Es müßten daher die sachenrechtlichen Vorschriften über die Übertragung von Rechten auf ein anderes Rechtssubjekt eingehalten werden. Daher seien z.B. Forderungen, die als Einlage geleistet wurden, an die Personengesellschaft abzutreten, bewegliche Sachen der Gesellschaft zu übergeben und Grundstücke in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zu übereignen.
Die aus dem Gesellschaftsvertrag vom 3. bzw. 31. Juli 1974 zu entnehmende Verpflichtung des Kommanditisten, sein bisher von ihm persönlich geführtes Kreditvermittlungseinzelunternehmen als Sacheinlage in die Ges.m.b.H. & Co. einzubringen, stelle noch keinen Nachweis dar, daß dies auch tatsächlich geschehen sei.
Da auch eine Einzelabtretung der aus dem Kreditvermittlungsauftrag vom 14. November 1974 für W* L* resultierenden Forderungen an die Klägerin nicht behauptet worden sei, könne von einer nachgewiesenen Rechtsnachfolge hinsichtlich der klageweise geltend gemachten Forderung nicht gesprochen werden.
Gegen den Beschluß zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung ersten Instanz abzuändern.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Die Klägerin gibt die Entscheidung des Rekursgerichtes unrichtig wieder, wenn sie unterstellt, dieses sei der Auffassung, eine Rechtsnachfolge der Klägerin nach W* L* sei hinsichtlich der klageweise geltend gemachten Forderung nicht eingetreten. In Wahrheit beruht der angefochtene Beschluß auf der Überzeugung, es sei nicht urkundlich nachgewiesen, daß der Kommanditist W* L* auch tatsächlich gemäß seiner Verpflichtung aus dem Gesellschaftsvertrag sein bisher von ihm persönlich geführtes Kreditvermittlungs-Einzelunternehmen als Sacheinlage in die Ges.m.b.H. & Co., KG., eingebracht habe. Das Rekursgericht hat also nur den urkundlichen Nachweis der Singularsukzession vermißt.
Unrichtig ist die Ansicht der Klägerin, es gehe schon aus der nachgewiesenen Eintragung der Klägerin im Handelsregister mit unzweideutiger Klarheit hervor, daß „die Unternehmerstellung“ an die Klägerin übertragen worden sei. Diesbezüglich ist auf § 162 Abs 1 und § 106 Abs 2 HGB zu verweisen, wonach bei der Anmeldung einer Kommanditgesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister wohl die Gesellschafter und insbesondere die Kommanditisten und deren vertragsgemäße Einlagen anzugeben sind, aber nicht die Angabe oder gar die Bescheinigung gefordert wird, daß die Gesellschafter ihre Geld- oder Sacheinlagen tatsächlich eingebracht haben.
Somit spitzt sich die vorliegende Sache auf die Frage zu, ob die vorgelegten Urkunden jeweils für sich allein oder in ihrer Gesamtheit den von § 104 JN geforderten urkundlichen Nachweis der Gerichtsstandvereinbarung einschließlich der auch sie umfassenden Einzelrechtsnachfolge darstellen. Durch den Gesellschaftsvertrag, betreffend die Ges.m.b.H. & Co., KG., Beilage D, ist urkundlich nur nachgewiesen (Punkt III 2), daß W* L* die Verpflichtung übernommen hat, als Kommanditeinlage sein nicht protokolliertes Einzelunternehmen mit dem Sitz in N* und den derzeitigen Zweigniederlassungen mit dem Unternehmensgegenstand der Geld- und Kreditvermittlung sowie der Vermittlung von Hypothekardarlehen einzubringen. Diese urkundlich nachgewiesene Verpflichtung umfaßt auch die in diesem Rechtsstreit klageweise geltend gemachte Forderung. Mit Recht hat das Rekursgericht dieser Urkunde nur die Übernahme einer Vertragspflicht entnommen. Diese allein bedeutet noch nicht die hier maßgebende Singularsukzession.
Aus dem Vergleich der Urkunde Beilage B mit der von den Beklagten vorgelegten Photokopie hat das Rekursgericht überzeugend abgeleitet, daß der in der Urkunde Beilage B ersichtliche rote Stampiglienaufdruck mit der Firmenbezeichnung der Klägerin bei Vertragsabschluß noch nicht enthalten war und also zumindest ursprünglich die am Fuße der Urkunde ersichtliche Gerichtsstandvereinbarung nicht zwischen den Parteien des Rechtsstreites geschlossen wurde.
Der Einzelrechtsnachfolger eines Partners der Vereinbarung nach § 104 JN kann grundsätzlich die Gerichtsstandvereinbarung für sich in Anspruch nehmen, doch hat er außer der Vereinbarung selbst auch den Rechtsübergang urkundlich nachzuweisen (Fasching I, Anm 1, zu § 104 JN). Der in der Urkunde Beilage B ersichtliche rote Stampiglienaufdruck entspricht diesem Erfordernis weder für sich allein, noch im Zusammenhalt mit der Urkunde Beilage D und der Tatsache der Innehabung und Vorlage der Urkunde durch die Klägerin. Wesentliche Voraussetzung des urkundlichen Nachweises ist es, daß die vorgelegte Urkunde den Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Gerichtsstandvereinbarung zweifelsfrei aus ihrem Text erkennen läßt (Fasching I, Anm 11, letzter Absatz, zu § 104 JN). Dieses Erfordernis gilt in gleicher Strenge für den urkundlichen Nachweis der Einzelrechtsnachfolge und diesem Erfordernis werden die vorgelegten Urkunden Beilage B und D nicht gerecht.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 40, 50 und 52 Absatz 1 ZPO.
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