OGH 6Ob550/76

OGH6Ob550/7613.5.1976

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lassmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petretto, Dr. Samsegger, Dr. Friedl und Dr. Resch als Richter in der Verlassenschaftssache nach dem * 1970 verstorbenen F* K*, Bauer, zuletzt wohnhaft *, infolge Revisionsrekurses der M* K*, Hausfrau, *, vertreten durch Dr. Walter Anderl, Rechtsanwalt in Mayrhofen, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 16. Jänner 1976, GZ 4 R 420/75‑25, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Zell am Ziller vom 17. Oktober 1975, GZ A 185/73‑18, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0060OB00550.76.0513.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

 

Der am * 1970 verstorbene F* K* war Eigentümer des geschlossenen Hofes in EZl * KG *. Mit Einantwortungsurkunde vom 8. April 1971 wurde dieser Hof seinen beiden Töchtern E* E*, geborene K* und M* K* je zur ideellen Hälfte mit dem Vorbehalt eingeantwortet, daß der Anerbe sein Anerbenrecht jederzeit geltend machen könne. Da zwischen den beiden Erbinnen im Verhandlungswege keine Einigung erzielt werden konnte, machte E* E*, die ältere der beiden Schwestern, ihr Anerbenrecht geltend und stellte den Antrag, ihr den geschlossenen Hof zuzuweisen und den Übernahmswert nach billigem Ermessen des Gerichtes zu bestimmen.

Die Antragsgegnerin sprach sich gegen diesen Antrag aus.

Das Erstgericht entschied, daß die zwischen E* E* geb. K* und M* K* aufgeschobene Erbteilung gemäß § 16 Abs 1 THG nunmehr vorgenommen, die Antragstellerin E* E* geb. K* als die ältere der beiden Schwestern als Anerbin bestimmt und ihr der Hof ins Alleineigentum zugewiesen werde. Der Übernahmspreis wurde gemäß § 19 Abs 1 THG mit 133.000 S bestimmt, wobei die Auszahlung des Betrages von 66.500 S innerhalb von drei Jahren ab Rechtskraft des Beschlusses wertgesichert erfolgen sollte. Das Erstgericht verfügte ferner, daß nach Rechtskraft dieses Beschlusses die Einverleibung des Eigentumsrechtes für E* E* geb. K* ob dem der M* K* gehörigen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ1* KG * unter gleichzeitiger Löschung der Beschränkung des Eigentumsrechtes durch das Aufgriffsrecht des Anerben, sowie die Einverleibung des Pfandrechtes zu Gunsten der Erbentrichtungsforderung der M* K* im Betrag von 66.500 S im Lastenblatt dieser Einlage vorzunehmen sei.

Das Erstgericht ging davon aus, daß der Ertragswert des Hofes 133.000 S betrage. Wenngleich nach Ansicht des Sachverständigen einem Antrag auf Aufhebung der Hofeigenschaft sicherlich Folge gegeben würde, weil der Hof nicht mehr das Ausmaß und die Beschaffenheit habe, einer fünfköpfigen Familie einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren, sei doch davon auszugehen, daß im gegenständlichen Fall ein geschlossener Hof bestehe. Der Wert des Hofes sei daher gemäß § 19 THG so zu bestimmen gewesen, daß der Übernehmer wohl bestehen kann.

In ihrer Vorstellung und dem allfälligen Rekurs brachte M* K* unter anderem vor, sie habe durch ihren Rechtsbeistand erfahren, daß sie die Möglichkeit habe, selbst bei der Höfebehörde um Aufhebung des geschlossenen Hofes anzusuchen. Von dieser Möglichkeit habe sie Gebrauch gemacht und einen derartigen Antrag gestellt. Der Ausgang des Verfahrens vor der Höfekommission sei für die gegenständliche Entscheidung präjudiziell, weshalb sie beantrage, daß das Erstgericht seine Entscheidung im Vorstellungsweg aufhebe und das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den bei der Höfekommission gestellten Antrag unterbreche. Allenfalls möge das Rekursgericht die angefochtene Entscheidung aufheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung auftragen oder zumindest das Verfahren so lange aussetzen, bis über den Antrag auf Aufhebung des geschlossenen Hofes rechtskräftig entschieden sei. Am 12. Dezember 1975 stellte M* K* überdies beim Erstgericht den Antrag, dieses möge die Zustimmung der E* E* geb. K* zum Antrag auf Aufhebung des geschlossenen Hofes durch richterlichen Spruch ersetzen. Über diesen Antrag wurde bisher noch nicht entschieden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß gab das Rekursgericht dem Rekurs der M* K* nicht Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, daß gemäß § 1 THG die Erbteilungsvorschriften nach §§ 15 ff THG ungeachtet der Tatsache, daß der Hof nicht in der Lage sei, einer fünfköpfigen Familie einen angemessenen Unterhalt zu bieten, anzuwenden seien. Eine Änderung der Rechtslage könne nur durch die Aufhebung der Hofeigenschaft nach § 7 THG herbeigeführt werden. Einen solchen Antrag könne jedoch nur der Eigentümer stellen. Für eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung der Hofeigenschaft fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Darüberhinaus sei zum Einschreiten um Aufhebung der Hofeigenschaft nur der Eigentümer legitimiert und sein Einschreiten sei durch ein Ansuchen von anderer Seite nicht ersetzbar. In der Sache selbst teilte das Rekursgericht die Ansicht des Erstgerichtes, daß der Übernahmswert mit 133.000 S festzusetzen sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der M* K* mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Untergerichten eine Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Antrag auf Aufhebung des geschlossenen Hofes bei der zuständigen Höfebehörde aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gemäß § 16 Abs 1 AußStrG findet gegen eine bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt.

Die Revisionsrekurswerberin erblickt eine offenbare Gesetzwidrigkeit der Entscheidung zweiter Instanz einzig und allein darin, daß ihrem Antrag, das Verfahren zu unterbrechen bis über den Antrag auf Aufhebung des geschlossenen Hofes entschieden sei, nicht stattgegeben wurde. Dies verstoße gegen § 2 Abs 1 Z 7 AußStrG, wonach das Gericht über die Rechte der Parteien nicht voreilig entscheiden solle. Hiebei könnte es sich allerdings nur um einen Verstoß gegen verfahrensrechtliche Grundsätze handeln. Derartige Verstöße können aber im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nach § 16 Abs 1 AußStrG nur wegen Nullität angefochten werden. Ansonsten unterliegen sie als bloße Verfahrensmängel nicht der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof (SZ 23/10; SZ 39/115; EvBl 1966/524 S 666 u.v.a.). Daß aber ein derartiger Verstoß das Gewicht einer Nullität hätte, kann gleichfalls nicht gesagt werden. Auf diesen Begriff des § 16 AußStrG sind im allgemeinen die hiezu in der ZPO entwickelten Grundsätze unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Außerstreitverfahrens sinngemäß anzuwenden (Rintelen, Grundriß S 36; Ott, Rechtsfürsorgeverfahren S 252 und S 214 ff; vgl. auch Fasching IV 112; SZ 22/107; EvBl 1967/274 S 357; SZ 43/228; SZ 44/180; SZ 45/50 u.a.). Der Oberste Gerichtshof hat allerdings auch schon den Standpunkt eingenommen, daß in besonders gelagerten Fällen auch anderen als den durch sinngemäße Anwendung der Bestimmungen des § 477 ZPO als nichtig angreifbaren Verfahrensverstoßen im Hinblick auf ihre einschneidende Bedeutung das Gewicht einer Nullität nach § 16 AußStrG zukommen könne (EvBl 1964/442 S 626 = JBl 1965, 39 mit ablehnender Besprechung von Novak; SZ 43/228; EvBl 1975/151 S 300). Ein solcher Ausnahmefall könne insbesondere dann gegeben sein, wenn er geradezu eine Rechtsverweigerung zur Folge hätte (RZ 1968, 215; SZ 43/228; EvBl 1975/111 S 215).

Da ein Nichtigkeitsgrund im Sinne des § 477 ZPO nicht vorliegt, muß geprüft werden, ob ein sonstiger Verfahrensverstoß gegeben ist, der geradezu einer Rechtsverweigerung gleichkäme. Die Revisionsrekurswerberin meint, die Weigerung des Rekursgerichtes, das Verfahren zu unterbrechen, stelle einen schweren Verfahrensverstoß dar, da sie im Falle der Rechtskraft des angefochtenen Beschlusses und der damit verbundenen Übertragung des Alleineigentums auf die Antragsgegnerin ihre Antragslegitimation bei der Höfekommission verlieren würde und ihr Antrag aus formellen Gründen zurückgewiesen werden müßte.

Dem Außerstreitverfahren ist eine Unterbrechung des Verfahrens im Sinne der ZPO fremd. Es kommt nur die Verweisung auf den Rechtsweg oder das Innehalten im Sinne des § 127 Abs 1 AußStrG in Frage (SZ 25/189; EvBl 1957/139 S 187; SZ 38/25), doch wurde auch ausgesprochen, daß das Abwarten der Entscheidung in einem anderen Verfahren grundsätzlich zulässig sei (MietSlg 18.713; EvBl 1973/52 S 128 = JBl 1973, 263 u.a., zuletzt 5 Ob 70/75). Da aber ein solches Abwarten nicht ausdrücklich vorgeschrieben, sondern nur möglich ist (ein Fall des § 127 Abs 1 AußStrG liegt nicht vor) kann die Abweisung eines darauf abzielenden Antrages keinen Verfahrensmangel vom Gewicht einer Nullität begründen. Dazu kommt aber noch, daß nach der Rechtsprechung (EvBl 1972/102 S 183 = RZ 1972, 89; SZ 45/89; 1 Ob 121/74) für die Erbfolge nach dem Tiroler Höfegesetz nur maßgebend ist, ob der Hof im Grundbuch in der Höfeabteilung des Hauptbuches eingetragen ist, auch wenn tatsächlich die Voraussetzungen für eine solche Eintragung nicht mehr gegeben sind. Stellt der Eigentümer bei Lebzeiten keinen Antrag auf Aufhebung der Höfeeigenschaft, dann bleibt diese weiter erhalten und es sind die besonderen Erbteilungsvorschriften anzuwenden. Entscheidend ist, ob der Hof im Zeitpunkt des Todes des Eigentümers ein geschlossener Hof war oder nicht. Der berufene Anerbe kann aber deshalb, weil er gemäß § 16 Abs 1 THG beantragt hat, die Auseinandersetzung mit dem Miterben aufzuschieben, nicht schlechtergestellt werden, als wenn die Erbteilung ohne einen solchen Aufschub vorgenommen worden wäre. Die Entscheidung JBl 1971, 138, welche keinen Fall eines Antrages während des Verlassenschaftsverfahrens betrifft, kann daher nicht zur Unterstützung der Rechtsansicht der Revisionsrekurswerberin herangezogen werden. Die Abweisung des Antrages der Revisionsrekurswerberin stellt somit auch keine Rechtsverweigerung dar.

Der Revisionsrekurs war somit als unzulässig zurückzuweisen.

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