European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0060OB00049.25M.0326.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Urheberrecht
Spruch:
I. Der Antrag der beklagten Partei auf Anberaumung einer mündlichen Revisionsverhandlung wird abgewiesen.
II. Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit jeweils 387,44 EUR (darin enthalten 64,57 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] I. Gemäß § 509 Abs 1 ZPO entscheidet der Oberste Gerichtshof über eine Revision grundsätzlich in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorherige mündliche Verhandlung. Die Anberaumung einer mündlichen Revisionsverhandlung steht im Ermessen des Obersten Gerichtshofs, dessen Prüfungskompetenz letztlich auf Rechtsfragen beschränkt ist (RS0043679 [T4, T7]). Eine Revisionsverhandlung kann daher niemals der Erörterung der Tatfrage dienen, weshalb auch jede Beweisaufnahme durch das Revisionsgericht ausgeschlossen ist (vgl RS0043679 [T5]). Ein Recht des Revisionswerbers auf Abhaltung der von ihm beantragten Revisionsverhandlung besteht nicht (6 Ob 210/23k; vgl RS0043689). Der Beklagte zeigt auch nicht auf, warum eine Revisionsverhandlung der Klärung von Rechtsfragen dienlich sein sollte; derartiges ist auch nicht erkennbar.
[2] II. Die Streitteile kandidierten für eine wahlwerbende Liste, die im Jahr 2020 bei der Wahl in eine Stadtvertretung antrat. Um Wahlwerbung zu betreiben, wurde im August 2020 ein Lichtbild angefertigt. Auf diesem Lichtbild sind sämtliche Kläger und der Beklagte abgebildet. Im Jahr 2022 war dieses Lichtbild auf dem Facebook-Account des Beklagten abgebildet. Nach Einbringung der Klage entfernte der Beklagte das Lichtbild von seinem Facebook-Account.
[3] Die Kläger begehren die Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung dieses Lichtbilds sowie die Veröffentlichung dieses Begehrens.
[4] Der Beklagte beantragt Klageabweisung.
[5] Das Erstgericht gab den Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.
[6] Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):
[7] 1. Die Ablehnung eines Richters im Rechtsmittelverfahren führt zu dessen Unterbrechung bis zur Entscheidung des für die Ablehnung zuständigen Gerichts. Erst nach rechtskräftiger Erledigung des Ablehnungsantrags darf über das Rechtsmittel entschieden werden. Eine sofortige Entscheidung des Rechtsmittelgerichts ist nur zulässig, wenn im Rechtsmittel keine konkreten Befangenheitsgründe ins Treffen geführt werden oder die Ablehnung offenkundig rechtsmissbräuchlich erfolgt (RS0042028 [T7, T15, T18]). Dies ist hier der Fall, ist die vom Beklagten behauptete Befangenheit doch völlig substanzlos und hat er den Berufungssenat ohnehin bereits unmittelbar nach Zustellung der Berufungsentscheidung erfolglos abgelehnt.
[8] 2. Der Oberste Gerichtshof ist nur Rechts‑ und nicht Tatsacheninstanz. Fragen der Beweiswürdigung können an den Obersten Gerichtshof nicht herangetragen werden (RS0042903 [T2, T7, T8, T10]; RS0043414 [T11]; RS0069246 [T1, T2]).
[9] 3. Die behaupteten Mangelhaftigkeiten des Berufungsverfahrens wurden geprüft; sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[10] 4. Gemäß § 78 UrhG dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf eine andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt würden.
[11] 4.1. Der Bildnisschutz greift ein, sofern und soweit der Abgebildete ein berechtigtes Interesse am Unterbleiben der Veröffentlichung seines Bildnisses hat. Auf den Bildnisschutz kann sich deshalb derjenige nicht berufen, der einer Veröffentlichung seines Bildnisses zugestimmt hat. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, für welchen Zweck und innerhalb welchen Rahmens diese Zustimmung erteilt wurde (RS0078128; A. Kodek in Handig/Hofmarcher/Kucsko, urheber.recht3 § 78 UrhG Rz 63 ff). Hierbei ist nach der Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzulegen. Im Zweifel ist die Verwendung in einem anderen Kontext als dem ursprünglichen nicht von der Einwilligung umfasst (6 Ob 14/16a). Wie weit eine Zustimmung reicht, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (vgl RS0078128 [T3]). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit eines späteren Widerrufs der – unentgeltlich erteilten – Erlaubnis zur Veröffentlichung eines Bildes unter geänderten Verhältnissen (RS0078017).
[12] 4.2. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die berechtigten Interessen der Kläger seien durch die Veröffentlichung des Lichtbilds auf dem Facebook-Account des Beklagten verletzt worden, weil die Kläger ihre Zustimmung zur Verwendung des Lichtbilds nur im Zusammenhang mit der Wahlwerbung im Jahr 2020 zur Steigerung des Bekanntheitsgrads erteilt hätten und das Lichtbild tatsachenwidrig für einen außenstehenden Betrachter Einigkeit und Einvernehmen der abgebildeten Personen suggeriere, bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof, mögen die Streitteile auch nach ihrem „Bruch“ noch für eine bestimmte Zeit in derselben Fraktion der Stadtvertretung tätig gewesen sein.
[13] 4.3. Soweit die Rechtsrüge nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt und daher nicht weiter zu behandeln (vgl RS0043603).
[14] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO, wobei den Klägern die Kosten nach Kopfteilen zuzusprechen waren (9 Ob 41/12p; Obermaier, Kosten-handbuch4 Rz 1.347).
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