OGH 6Ob225/21p

OGH6Ob225/21p22.12.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofräte Univ‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*, vertreten durch Suppan/Spiegl/Zeller Rechtsanwalts OG in Wien, gegen die beklagte Partei H*, vertreten durch Dr. Christoph Völk, MJur (Oxford), Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 16. November 2021, GZ 4 R 127/21g‑11, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0060OB00225.21P.1222.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] Die Ermittlung des Bedeutungsgehalts einer Äußerung ist eine Rechtsfrage, die von den näheren Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der konkreten Formulierung in ihrem Zusammenhang abhängt (RS0115693 [T1]). Auch die Frage, ob eine bestimmte Äußerung als Wertungsexzess zu qualifizieren ist, hängt von den jeweiligen Umständen ab und stellt im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage dar (RS0113943). Gleiches gilt für die Frage, ob der Tatsachenkern, der wahr sein muss, im Einzelfall enger oder weiter zu ziehen ist (RS0113640).

[2] Im vorliegenden Fall konnten sich die Vorinstanzen auf eine Entscheidung des erkennenden Senats (6 Ob 122/13d) zur Beurteilung einer Schlagzeile stützen. Danach steht einer isolierten Beurteilung einer Schlagzeile oder einer ähnlichen Hervorhebung (Überschrift eines Postings) der Grundsatz entgegen, dass jede Äußerung nach dem Gesamtzusammenhang, in dem sie fiel, zu beurteilen ist, es sei denn die Schlagzeile (die Überschrift, der Titel oder ähnliche Hervorhebungen) enthielte vollständige Tatsachenbehauptungen oder wenn Tatsachenbehauptungen mit denjenigen im Folgetext nicht in Einklang zu bringen sind (6 Ob 232/10a; 6 Ob 92/04d).

[3] Wenn die Vorinstanzen die prominent hervorgehobene Schlagzeile („Was hat die Ö* jetzt schon wieder aufgeführt?“) und die darunter in kleinerer Schrift gebrachte Überschrift eines verlinkten Artikels „Mafia zweigt Gelder von EU‑Förderungen ab“ dahin beurteilten, dass durch die gewählte Form der Veröffentlichung ein Zusammenhang zwischen den beiden Artikeln suggeriert werde, sodass die Klägerin nicht nur abstrakt als „Mafia“ bezeichnet, sondern ihr auch ganz konkret das „Abzweigen“, also die missbräuchliche Verwendung von EU‑Förderungen vorgeworfen wird, ist darin keine Rechtsfrage der von § 528 Abs 1 ZPO iVm § 402 Abs 2 EO geforderten Bedeutung zu erblicken.

[4] Der Revisionsrekurs war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

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