OGH 5Ob27/76

OGH5Ob27/7622.2.1977

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sobalik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel, Dr. Marold, Dr. Samsegger und Dr. Griehsler als Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1.) Dr. jur. H*, Rechtsanwalt, *, BRD., 2.) S*, Besitzerin, *, BRD., und 3.) Dr. med. K*, Arzt, *, BRD., sämtliche vertreten durch Dr. Heinrich Wallner, Rechtsanwalt in Liezen, wider den Antragsgegner Verein der Eigentümergemeinschaft *, vertreten durch den Obmann B*, Rechtsanwalt und Notar, *, BRD., dieser vertreten durch Dr. Heinz Kalss, Rechtsanwalt in Bad Aussee, wegen Regelung der Miteigentümerrechte und Bestellung eines Verwalters sowie Untersagung der Ausübung der Verwaltung, über die Rekurse beider Parteien, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 28. September 1976, GZ R 465/76‑21, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bad Aussee vom 19. Juli 1976, GZ 1 Nc 53/75‑17, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0050OB00027.76.0222.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß und der erstgerichtliche Beschluß werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die neuerliche, nach Verfahrensergänzung zu fällende Entscheidung aufgetragen.

 

Begründung:

Die Liegenschaft EZ * KG * steht im bücherlichen Miteigentum von 91 Personen, mit deren Anteilen Wohnungseigentum an Objekten in den beiden auf der Liegenschaft errichteten Wohnanlagen Panorama I und II untrennbar verbunden ist. Ein mit I* S* bestehender Hausverwaltungsvertrag wurde zum Jahresende 1974 durch Kündigung ordnungsgemäß beendet. Bereits am 2. November 1974 beschlossen 55 Wohnungseigentümer mit 3.204 Anteilen bei insgesamt bestehenden 5.104 Anteilen die Selbstverwaltung der Häuser durch einen hiezu gründenden Verein unter Einstellung eines geeigneten Angestellten ab 1. Jänner 1975. Bei der Beschlußfassung waren drei Gegenstimmen, drei Enthaltungen und vier ungültige Stimmen gegeben. Der Rest der Miteigentümer war nicht erschienen und auch nicht vertreten. Die Antragsgegnerin wurde in der Folge gegründet. Der Verein umfaßte am 27. Mai 1975 47 oder 48 Mitglieder. Nach seinem Statut können Personen, die nicht Miteigentümer der Liegenschaft sind, Vereinsmitglieder werden, aber auch Miteigentümer aus dem Verein ausgeschlossen werden. Von diesem Verein wurde in der Folge die Einstellung der H* S* als Buchhalterin und Repräsentantin mitgeteilt, wobei ungeklärt geblieben ist, ob sie oder vielleicht auch Ing. R* S* die Verwaltungsarbeiten tatsächlich ausführen. Beide verfügen aber nicht über die gewerberechtliche Konzession zur Führung einer solchen Verwaltung.

Am 19. Dezember 1975 stellten drei Wohnungseigentümer den Antrag auf Bestellung eines mit einer Konzession im Sinne der §§ 259, 263 GewO ausgestatteten konzessionierten Verwalters, sowie auf Untersagung der Ausübung der Verwaltung durch die Antragsgegnerin, weil diese die Verwaltung für sämtliche Miteigentümer beanspruche, obwohl ihr nicht alle Liegenschaftsmiteigentümer beziehungsweise Wohnungseigentümer angehörten. Aus den Vereinsstatuten sei ersichtlich, daß die Verwaltung der Liegenschaft als entgeltliche regelmäßige Tätigkeit ausgeübt werden solle, auf die die Bestimmungen der Gewerbeordnung ausdrücklich anzuwenden seien. Die gesamte Liegenschaftsverwaltung werde aber durch unbefugte Personen, nämlich die Ehegatten S*, ausgeübt, die keinerlei Konzession für die Immobilienverwaltung besäßen. Dadurch seien die Rechte der Minderheit, insbesondere der Antragsteller an der Verwaltung nicht gewährleistet.

Die Antragsgegnerin verwies demgegenüber darauf, daß sich eine klare Mehrheit der Wohnungseigentümer für die Selbstverwaltung, die Gründung eines Vereines zu diesem Zwecke und die Aufnahme einer geeigneten Verwalterperson ausgesprochen habe.

Das Erstgericht verpflichtete die Eigentümergemeinschaft *, EZ * KG * zur gemeinsamen Verwaltung dieser Liegenschaft einen mit einer Konzession im Sinne der §§ 259, 263 GewO ausgestatteten konzessionierten Verwalter zu bestellen (Punkt 1.) und untersagte der Antragsgegnerin die Ausübung der Verwaltung dieser Liegenschaft, sei es durch eigene Organe im Wege der Selbstverwaltung, beziehungsweise durch H* S* oder Ing. R* S*, oder durch welche immer vom Verein der Eigentümergemeinschaft * angestellte Personen (Punkt 2.). Das Erstgericht ging davon aus, daß eine gemeinsame einverständliche Selbstverwaltung durch die Miteigentümer nur dann möglich sei, wenn sich alle Miteigentümer über alle Verwaltungshandlungen einig seien. Sonst bleibe nur die Bestellung eines Verwalters, die gemäß § 14 Abs 1 Z 5 WEG 1975 zu den Angelegenheiten gehöre, in denen die Mehrheit entscheide. Die Bestellung eines gemeinsamen Verwalters zur einheitlichen und ordnungsgemäßen Führung der Verwaltung sei bei den heutigen Mehrhauswohnungseigentumsbauten jedenfalls erforderlich. Eine solche Verwaltung sei bisher nicht vorhanden, weil nicht klar erkennbar sei, wer überhaupt diese Verwaltung ausübe und zudem weder die Antragsgegnerin als eingetragener Verein noch die Ehegatten S* die gewerberechtlichen Voraussetzungen, nämlich die Konzession zur Führung einer solchen Verwaltung mitbrächten. Da sohin derzeit überhaupt noch keine ordnungsgemäße Verwaltung eingerichtet sei, liege ein Antrag nach § 15 Abs 1 Z 5 WEG, nämlich ein Antrag der Minderheit auf Bestellung eines gemeinsamen Verwalters vor, dessen Auswahl allerdings nach § 15 Abs 1 Z 3 WEG der Mehrheit der Miteigentümer und nicht dem Gericht vorbehalten sei.

Das Rekursgericht behob aus Anlaß des Rekurses des Antragsgegners den Punkt 2.) des erstgerichtlichen Beschlusses und wies den Antrag der Antragsteller auf Untersagung der Ausübung der Verwaltung durch den Antragsgegner, sei es durch Organe des Antragsgegners, sei es durch Angestellte wie Ing. R* S* oder welcher immer vom Antragsgegner angestellte Person, zurück. Im übrigen wurde dem Rekurs des Antragsgegners Folge gegeben und Punkt 1.) des erstgerichtlichen Beschlusses im Sinne der Abweisung des diesbezüglichen Antrages abgeändert. Die Antragsteller, die sich in ihrem Rekurse nur darüber beschwerten, daß nicht bereits das Gericht einen gemeinsamen Liegenschaftsverwalter bestellt habe, wurden mit ihrem Rechtsmittel auf diese Aussprüche verwiesen.

Das Rekursgericht ging davon aus, daß ein Streit zwischen einer Miteigentümerminderheit und dem Verwalter über die Frage bestehe, ob dieser überhaupt rechtswirksam bestellt worden sei, oder ob ihm wegen der behaupteten Rechtsunwirksamkeit seiner Bestellung die Ausführung der weiteren Verwaltungstätigkeit untersagt werden solle. Für einen solchen Streit, der also nicht die eigentliche Auseinandersetzung mit dem wirksam bestellten Verwalter darstelle, sondern in dem es um die Ordnungsgemäßheit und Rechtsgültigkeit seiner Bestellung gehe, sei eine Zuständigkeit des Außerstreitgerichtes im Rahmen der taxativen Aufzählung des § 26 Abs 1 WEG nicht gegeben. Damit gelangte das Rekursgericht aus Anlaß des Rekurses des Antragsgegners zur Zurückweisung des Antrages auf Untersagung der Ausübung der Verwaltung durch die Antragsgegnerin. Die Abweisung des Antrages auf Bestellung eines Verwalters erfolgte deshalb, weil entgegen der Bestimmung des § 26 Abs 2 Z 1 WEG am gegenständlichen Verfahren nicht alle Miteigentümer, sei es auf Seite der Antragsteller oder auf Seite der Antragsgegner beteiligt gewesen seien. Selbst wenn die Antragsgegnerin alle in ihm zusammengefaßten Mitglieder repräsentieren sollte, wiewohl ihr auch völlig Fremde oder Außenstehende angehören könnten, so gebe es nach dem eigenen Vorbringen der Antragssteller noch mehr als sieben Miteigentümer, die ihr nicht angehörten und somit am gegenständlichen Verfahren nicht beteiligt gewesen seien.

Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller, mit dem im wesentlichen die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses begehrt wird.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Die Parteistellung in dem Verfahren Außerstreitsachen zur Entscheidung über die im § 26 Abs 1 WEG 1975 genannten Angelegenheiten kommt nach dem Abs 2 dieser Gesetzesstelle allen Miteigentümern der Liegenschaft und den Wohnungseigentumswerbern, die dem Gericht vom Antragsteller bekanntgegeben oder sonst bekannt geworden sind, zu. Im Verfahren nach Abs 1 Z 4 hat auch der Verwalter Parteistellung. Es müssen daher an jedem derartigen Verfahren, in dem Gemeinschaftsinteressen berührt sind, sämtliche Miteigentümer schon kraft des Wesens des Miteigentums beteiligt sein (vgl. MietSlg 18.060, 25.050, 26.052; 27.630; Meinhart, Wohnungseigentumsgesetz 1975, 209; Faistenberger-Barta-Call, Kommentar zum Wohnungseigentumsgesetz 1975, 808). Nun tritt wohl als Antragsgegnerin der zur tatsächlichen Durchführung der Verwaltungsagenden begründete Verein auf. Dieser Verein ist schon seiner rechtlichen Struktur nach nicht identisch mit den Liegenschaftsmiteigentümern. Dies ganz abgesehen davon, daß sich auch der Kreis der Vereinsmitglieder nicht mit den Liegenschaftseigentümern decken muß und tatsächlich deckt. Die Antragssteller haben in ihrem Antrag darauf verwiesen, daß abgesehen von ihnen noch mehr als zehn Personen seinerzeit die konzessionierte Verwalterin I* S* mit der Verwaltung betraut hätten und nun ständig unter Klagsandrohung von der Antragsgegnerin aufgefordert würden, dem Verein als Mitglied anzugehören (AS 13). Wenn das Rekursgericht daraus abgeleitet hat, daß es noch eine Reihe von Miteigentümern gibt, die nicht der Antragsgegnerin angehören und somit am gegenständlichen Verfahren nicht beteiligt sind, so entbehrt dies sohin entgegen dem Vorwurf der Revisionsrekurswerber nicht der aktenmäßigen Grundlage. Am gegenständlichen Verfahren ist wohl die Antragsgegnerin als Hausverwalterin beteiligt, was ihr im Hinblick auf den Gegenstand des Verfahrens zukommt, nicht aber, abgesehen von den drei Antragstellern, unmittelbar irgendein weiterer Miteigentümer der Liegenschaft. Dabei ist der Hinweis auf die Schwierigkeit ihrer Feststellung und Benennung zufolge der bereits erfolgten Verbücherung der Miteigentumsanteile und ihrer Ersichtlichkeit aus dem offenen Grundbuch unstichhältig. Aus der Amtswegigkeit des außerstreitigen Verfahrens ist abzuleiten, daß das Gericht die Zahl der Miteigentümer auf dem dargelegten Weg festzustellen und diese am Verfahren zu beteiligen hat (vgl. MietSlg 22.546; Faistenberger, aaO, 808). Da dies bisher nicht geschehen ist, bedarf es einer Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens. Im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der Gesetzesbestimmung, aus der zu entnehmen ist, daß nach der Regierungsvorlage zunächst nur allen Miteigentümern Parteistellung zuerkannt werden sollte, ist zu ersehen, daß im Sinne der Bestimmung des § 26 Abs 2 Z 1 WEG nur hinsichtlich der nicht bekanntgewordenen Wohnungseigentumsbewerber keine Nachforschungs- und Beteiligungspflicht besteht (vgl. Faistenberger aaO, 807).

In der Sache selbst ist davon auszugehen, daß eine qualifizierte Mehrheit der Miteigentümer nach Stimmen und Anteilen den Beschluß gefasst hat, die Verwaltung der Häuser in eine Art Selbstverwaltung dergestalt zu übernehmen, daß diesbezüglich ein Verein gegründet werde, der sich zur tatsächlichen Durchführung der Verwaltung eines Angestellten bedienen sollte. Gemäß dem § 14 Abs 1 Z 5 WEG obliegt die Bestellung und die Abberufung eines gemeinsamen Verwalters der Entscheidung der Mehrheit. Eine solche Bestellung liegt insbesondere dann im Interesse aller, wenn es sich um große Wohnhausanlagen mit einer Vielzahl von Wohnungseigentümern handelt. Es steht aber dem Minderheitseigentümer im Sinne der §§ 15, Abs 1 Z 5 und 18 Abs 1 Z 3 WEG das Recht auf gerichtliche Entscheidung über die Bestellung eines gemeinsamen Verwalters, die Abberufung des Verwalters und die Ersetzung des bestellten Verwalters durch einen anderen zu. Dieses Individualrecht auf Abberufung des Verwalters durch einen konstitutiven außerstreitigen Gerichtsbeschluss ist allerdings davon abhängig, daß der Verwalter die ihm obliegenden Pflichten grob vernachlässigt hat. Die Antragsteller haben ihre Anträge im Zuge des Verfahrens dahin zusammengefasst, daß nach ihrer Ansicht bislang kein oder kein geeigneter Verwalter bestellt wurde, der sich auf die rechtlich normierte Zustimmung der Miteigentümer stütze, wenn aber in der Person des bisherigen Verwalters eine gesetzlich anerkannte Verwalterbestellung vorliege, die Tätigkeit dieses Verwalters mit Rücksicht darauf, daß bisher keinerlei Rücklagen gebildet wurden und auch kein Wirtschaftsplan erstellt wurde, als unzureichend oder mit grober Pflichtvernachlässigung behaftet im Sinne des § 15 Abs 1 Z 5 WEG anzusehen sei (Aktenseite 19). Damit ist den Antragstellern darin zu folgen, daß ihr Antrag auf Untersagung der Ausübung der Verwaltung durch die Antragsgegnerin als solcher Antrag auf Abberufung des Verwalters zu werten ist und mit dem zusammenhängenden Antrag auf Bestellung eines gemeinsamen Verwalters sohin in den Zuständigkeitsbereich des Außerstreitgerichtes im Sinne des § 26 Abs 1 Z 3 und 4 lit b WEG eingeordnet werden kann. Damit liegt auch keine Grundlage für eine teilweise Zurückweisung des Antrages im Sinne der Auffassung des Rekursgerichtes vor.

Den Antragstellern kann nicht darin gefolgt werden, daß die Gründung eines Vereines zur Verwaltung dem Gesetze widerspreche, weil diese dann mit weiteren Kosten, wie Mitgliedsbeiträgen, belastet seien. Im Gesetz ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß sich nicht etwa Miteigentümer zu einem Verein zusammenschließen können, dem die Verwaltung der Liegenschaft übertragen werden soll. Von der vereinsrechtlichen Seite her ist die Begründung der Antragsgegnerin offenbar auch keinen Schwierigkeiten begegnet. Auf der Grundlage des bisherigen Vorbringens kann nicht davon ausgegangen werden, daß allein die Bestellung solcher Personen zum Verwalter die keine gewerbebehördliche Genehmigung hiefür haben, eine grobe Pflichtverletzung der Organe des Vereins darstelle. Zum Verwalter im Sinne des § 14 WEG kann erlaubterweise neben einem Immobilienverwalter nach § 263 Gewerbeordnung und den hier nicht in Betracht zu ziehenden Rechtsanwälten und Wirtschaftstreuhändern eine Privatperson bestellt werden, sofern sie nicht im Sinne des § 1 Abs 2 GewO gewerbsmäßig, also in Gewinnabsicht tätig wird (vgl. Faistenberger aaO, 375, 376). Abgesehen davon, daß die Einhebung von Entgelten, soweit sie nur zur Deckung der Unkosten (Verwaltungsauslagen) dienen, noch kein Kriterium für eine Gewerbsmäßigkeit im Sinne dieser Gesetzesstelle abzugeben vermag (vgl. VwGH 23. März 1976, 2324/75 in ImmZ 1976, 366) ist das Vorliegen einer groben Pflichtenvernachlässigung seitens des Verwalters als Voraussetzung für seine Abberufung nur beim Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Interessen der Miteigentümer unter Beachtung ihrer Individualrechte zu verstehen (vgl. Faistenberger aaO 449, 485). Verwaltungsbehördliche Ahndungen wegen unbefugter Ausübung der Verwaltertätigkeit könnten aber nur den Verwalter, nicht aber die Miteigentümer als solche treffen.

Der Revisionsrekurs erweist sich sohin mit der Maßgabe der dargelegten Erwägungen als berechtigt.

 

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