European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0050OB00017.77.0524.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Die Antragsteller sind zu insgesamt 6834/10.000 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ * KG * mit den Häusern *; mit den Miteigentumsanteilen ist jeweils das Wohnungseigentum an bestimmten, in den Häusern gelegenen Wohnungen verbunden. Die Miteigentümer der Liegenschaft bestellten im Jahre 1970 den Antragsgegner auf die Dauer von 20 Jahren zum gemeinsamen Verwalter der Liegenschaft. Ein Teil der Miteigentümer in jedem der vier Häuser bezog die ihnen gehörigen Eigentumswohnungen bereits im Jahre 1971. In einem an alle Wohnungseigentümer gerichteten Rundschreiben vom 10. August 1976 ersuchten die Miteigentümer und gewählten Hausvertrauensleute Ing. Jörg Tropper und Dkfm. Franz Svitil zur beabsichtigten Kündigung der Verwaltungsvollmacht des Antragsgegners um die Erteilung von Vollmachten, die dahin lauteten, daß der Verwaltungsvertrag mit dem Antragsgegner gemäß § 18 Abs 1 Z 2 WEG 1975 unter gleichzeitiger Bestellung eines anderen Verwalters gekündigt werden könne. Nachdem 49 Miteigentümer mit zusammen 6339/10.000 Miteigentumsanteilen die Vollmachten erteilt hatten, kündigten Ing. Jörg Tropper und Dkfm. Franz Svitil namens der Miteigentümer am 21. September 1976 dem Antragsgegner die Verwaltung zum 31. Dezember 1976 auf. Später erteilten auch noch die drei weiteren Antragsteller Vollmachten. Zugleich mit der Kündigung bestellten Ing. Jörg Tropper und Dkfm. Franz Svitil namens der Mehrheit der Miteigentümer E* zum neuen Verwalter mit Wirkung vom 1. Jänner 1977.
Mit der Behauptung, daß der Antragsgegner die Kündigung nicht anerkenne, stellten die Antragsteller das Begehren, die Kündigung des Verwalters für rechtswirksam zu erklären. Zu der vom Erstgericht angeordneten Tagsatzung, zu der auch alle nicht als Antragsteller aufgetretenen Miteigentümer und der Antragsgegner geladen waren, erschien für die letztgenannten Miteigentümer nur Dr. Otto Rainer, der jedoch keine Erklärung abgab.
Das Erstgericht sprach aus, daß die von der Mehrheit der Miteigentümer der Liegenschaft EZ * KG * ausgesprochene Kündigung des mit dem Antragsgegner abgeschlossenen Verwaltungsvertrages zum 31. Dezember 1976 für rechtswirksam erklärt werde; mit Rechtskraft des Beschlusses sei der genannte Vertrag aufgelöst. Das Erstgericht stellte fest, vor der Kündigung durch die Mehrheit hätten sich die Hausvertrauensleute Ing. Jörg Tropper und Dkfm. Franz Svitil im Juli 1976 an alle Wohnungseigentümer mit dem Vorschlag gewendet, dem Antragsgegner zu kündigen und gleichzeitig einen neuen Hausverwalter zu bestellen. Am 26. Juli 1976 habe der Antragsgegner ein Schreiben an alle Wohnungseigentümer gerichtet, mit dem er ersucht habe, die vorgeschlagene Kündigung aufzuschieben. Im weiteren Rundschreiben an alle Wohnungseigentümer vom 10. August 1976 hätten die Hausvertrauensleute auch die ihrer Meinung nach gegebenen Mängel der vom Antragsgegner geführten Hausverwaltung im wesentlichen aufgezeigt. Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß die ausgesprochene Kündigung dem § 18 Abs 1 Z 2 WEG 1975 entspreche und keiner Angabe von Gründen bedurft hätte. Die Motive der Kündigung seien daher unerheblich. Die fünfjährige Frist sei zum 31. Dezember 1976 abgelaufen gewesen, da die Häuser schon im Jahre 1971 bezogen worden seien; nicht notwendig sei es, daß alle Miteigentümer vor dem 1. Jänner 1972 eingezogen gewesen sein müßten. Ebenso hätte in den Vollmachten der Name des neuen Verwalters nicht genannt sein müssen.
Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß mit der Maßgabe, er habe dahin zu lauten, daß die zum 31. Dezember 1976 erfolgte Kündigung des Antragsgegners als Verwalters der Häuser * durch die Miteigentümer der Liegenschaft EZ * KG * rechtswirksam sei. Die Verständigung der Gesamtheit der Miteigentümer sei eine unabdingbare Voraussetzung für das Zustandekommen einer rechtswirksamen Willensbildung der Mehrheit gewesen. Einer formellen Beratung und Abstimmung habe es jedoch nicht bedurft; es habe genügt, daß alle Teilhaber der Gemeinschaft von der geplanten Maßnahme verständigt und damit der Minderheit Gelegenheit gegeben wurde, zur geplanten Beschlußfassung Stellung zu nehmen. Das sei im vorliegenden Fall geschehen, da die Hausvertrauensleute sich mit ihrem Vorschlag an alle Miteigentümer gewendet hätten und auch der Antragsgegner hierauf in einem gleichfalls an alle Miteigentümer gerichteten Schreiben erwidert habe. Auch um die Unterstützung der geplanten Kündigung durch Erteilung von Vollmachten seien alle Miteigentümer ersucht worden. Die Minderheit habe damit Gelegenheit gehabt, zu der geplanten Beschlußfassung Stellung zu nehmen, so daß in der nachfolgenden Erteilung der Vollmachten zur Kündigung ein Gemeinschaftsbeschluß zu erblicken sei, der die Minderheit gebunden habe. Die Antragsteller hätten nicht den Empfang der Verständigungen, sondern nur die Absendung beweisen müssen.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß abzuändern und die Kündigung des Verwaltungsvertrages mit dem Antragsgegner zum 31. Dezember 1976 als rechtsunwirksam aufzuheben, in eventu den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht, allenfalls unter gleichzeitiger Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Das Erstgericht wies zunächst den Revisionsrekurs als unzulässig zurück, da gemäß § 26 Abs 2 Z 3 WEG 1975 die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über das Rechtsmittel des Rekurses anzuwenden seien, gemäß § 528 Abs 1 Z 1 ZPO Rekurse gegen bestätigende Entscheidungen der zweiten Instanz aber unzulässig seien. Das Rekursgericht trug dem Erstgericht die Vorlage des Revisionsrekurses auf; der Antragsgegner werde durch die Entscheidung des Rekursgerichtes mehr belastet als durch die des Erstgerichtes, da nach ersterer der Verwaltungsvertrag mit 31. Dezember 1976, nach letzterer jedoch erst nach Rechtskraft der erstgerichtlichen Entscheidung zu enden hatte; die Entscheidung des Rekursgerichtes sei daher in Wahrheit (teilweise) abändernd gewesen. Da die abschließende Beurteilung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels immer bei der Instanz liegt, die über das Rechtsmittel zu entscheiden hat (EFSlg. 23.560; SZ 25/323 ua), hat der Oberste Gerichtshof die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nochmals zu prüfen. Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß mit seinem ersten Beschluß die Entscheidung des Erstgerichtes nicht nur verdeutlicht (RZ 1972, 185), sondern insoferne auch abgeändert wurde, als die Wirkung eine andere sein sollte. Während nach Auffassung des Erstgerichtes die Kündigung des Verwaltungsvertrages mit dem Antragsgegner erst mit der Rechtskraft seiner Entscheidung wirksam werden sollte, vertrat das Rekursgericht die Auffassung, daß die Verwaltungsvollmacht des Antragsgegners mit 31. Dezember 1976 endete und dies nur festzustellen war. Daraus könnten andere Rechtsfolgen abgeleitet werden, so daß von einem vollständig bestätigenden Beschluß nicht gesprochen werden kann. Die Grundsätze des Judikates 56 neu = SZ 24/335, wonach ein nur teilweise bestätigendes Urteil zur Gänze angefochten werden kann, gelten auch im Rekursverfahren (SZ 45/117; SZ 25/224 ua).
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.
Der Antragsgegner geht von seinem vom Rekursgericht geteilten Standpunkt aus, daß die Verständigung der Gesamtheit der Miteigentümer eine unabdingbare Voraussetzung für das Zustandekommen einer rechtswirksamen Willensbildung der Miteigentümer gewesen sei, bezeichnet jedoch die Auffassung des Rekursgerichtes, daß die Verständigung aller Teilhaber der Gemeinschaft von der geplanten Kündigung vom Erstgericht unangefochten festgestellt worden sei, als aktenwidrig und unrichtig. Dem Rekursgericht ist zunächst darin beizupflichten, daß, wenn auch das Gesetz keine besonderen Vorschriften darüber enthält, in welcher Form ein Gemeinschaftsbeschluß, wie er in den §§ 833 und 836 ABGB vorgesehen ist, zustandezukommen hat, und insbesondere nicht bestimmt, ob der Abstimmung eine formelle Beratung vorauszugehen hat, die herrschende Rechtsprechung doch fordert, daß alle Teilhaber der Gemeinschaft von der geplanten Beschlußfassung verständigt werden und ihnen wenigstens Gelegenheit gegeben wird, zur geplanten Verwaltungsmaßnahme Stellung zu nehmen; die Minderheit darf durch die Mehrheit nicht überrumpelt werden, ihr ist vielmehr eine Äußerung zu ermöglichen (EvBl 1965/441; SZ 18/11 ua; Klang in seinem Komm2 III 1112; Jensik, Miteigentum‑Wohnungseigentum, 25; Swoboda, Fragen aus dem Miteigentumsrecht, 16; dagegen Ehrenzweig 2 I/2, 153). Es muß aber bezweifelt werden, ob dies auch für eine Kündigung der Verwaltung nach § 18 Abs 1 Z 2 WEG 1975 zu gelten hat. Während nämlich die §§ 833 und 836 ABGB von der Mehrheit der Stimmen sprechen, weshalb daraus geschlossen werden muß, daß zumindest die Stimmen der Minderheit zu hören sind, spricht § 18 Abs 1 Z 2 WEG 1975 davon, daß der bestellte Verwalter nach Ablauf von fünf Jahren „von der Mehrheit der Miteigentümer“ gekündigt werden kann. Das Gesetz scheint also davon auszugehen, daß sich nur eine Mehrheit finden muß, die die Kündigung aussprechen will, und der Schutz der Minderheit lediglich darin besteht, daß nur ein sogenanntes konstruktives Mißtrauensvotum (Justizausschußbericht 1681 BlgNR. XIII. GP , Allg.T. Z 5) genügt, also gleichzeitig ein anderer Verwalter bestellt werden muß. Diese Unterscheidung der gesetzlichen Formulierung mag bewußt oder unbewußt erfolgt sein, hätte aber ihre Rechtfertigung darin, daß gerade bei Apartmenthäusern die Benachrichtigung und Anhörung aller Miteigentümer besonders schwierig sein kann und rechtlich schützenswerte Interessen der Minderheit nicht verletzt werden können, wenn für eine Fortsetzung der Verwaltung Sorge getragen ist. Da das Gesetz gewiß nicht Meinungsverschiedenheiten, sondern eher Klarstellungen herbeiführen wollte, kann ihm auch nicht die Absicht unterstellt werden, eine allen sonstigen Erfordernissen des § 18 Abs 1 Z 2 WEG 1975 entsprechende Kündigung eines Verwalters könnte schon wegen Verletzung von Anhörungspflichten einem einzigen in der Minderheit gebliebenen Miteigentümer gegenüber unwirksam sein. Gewiß könnte es in einem gerichtlichen Verfahren aber nur Sache der in der Minderheit gebliebenen oder übergangenen Minderheitseigentümer, die nach der zwingenden Vorschrift des § 26 Abs 2 Z 1 WEG 1975 am Verfahren zu beteiligen sind, sein, die Mißachtung von Anhörungsrechten zu rügen, nicht aber die des gekündigten Verwalters. Die Miteigentümer, die sich nicht der Mehrheit angeschlossen hatten, beteiligten sich am vorliegenden Verfahren aber trotz Ladung zur Verhandlung nicht bzw gaben dabei keine Erklärungen ab. Wenn sie selbst ihre Rechte nicht als verletzt erachteten, kann dem gekündigten Verwalter, der nur seine Interessen zu wahren hat, nicht das Recht eingeräumt werden, sich auf die angebliche Verletzung der Rechte der Minderheit zu berufen und daraus für sich Rechte abzuleiten. Es sei daher nur am Rande erwähnt, daß sogar der Antragsgegner selbst vor der Kündigung alle Miteigentümer von der auch ihm zuvor mitgeteilten Kündigungsabsicht durch ein Rundschreiben verständigt und dazu Stellung genommen hat, so daß die Minderheit schon auf Grund seines Rundschreibens (Beilage 6) über die bestehende Absicht informiert war.
Geradezu unverständlich ist die Darlegung des Revisionsrekurses, der Antragsgegner könnte sich auch darauf berufen, daß die Bevollmächtigung der Hausvertrauensleute infolge einer unrichtigen Sachverhaltsdarstellung bzw unrichtigen Information erteilt worden sei. Diese Fragen betrafen, wie das Rekursgericht richtig darlegte, nur das Innenverhältnis. Vor allem bedarf die Kündigung keiner Gründe. Daß die Vollmachtgeber aber die Ersetzung des Antragsgegners – ob mit oder ohne Grund – durch einen anderen Verwalter wünschten, steht außer Zweifel. Eine Verpflichtung des Gerichtes zu prüfen, aus welchen Gründen sie dies wollten, besteht nicht.
In anderen Richtungen als in den oben dargestellten wird die Entscheidung des Rekursgerichtes nicht bekämpft. Es genügt daher, im übrigen auf die Darlegungen der untergerichtlichen Entscheidungen, wonach alle Voraussetzungen des § 18 Abs 1 Z 2 WEG 1975 gegeben waren, zu verweisen. Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.
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