European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0050OB00012.77.0426.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antrag auf Zuspruch von Rekurskosten wird abgewiesen.
Begründung:
Die Liegenschaftseigentümerin T* gab am 18. Dezember 1975 gegenüber der Firma D*‑Gesellschaft m.b.H., folgende Haftungserklärung ab:
„Ich, T*, auch: T*, geb. *1955, Landwirtin und Unternehmerin, *, erkläre hiemit, daß ich für alle Forderungen, die die protokollierte Firma D*‑Gesellschaft m.b.H., *, an mich aus Wechselakzepten, aus dem Giro von Wechseln, aus Bürgschaften, Schuldscheinen und selbst unverbrieften Forderungen gegenwärtig und künftig zu stellen hat, bis zum Höchstbetrag von 1,000.000,-- S (eine Million Schilling) hafte, es mögen diese Forderungen in Kapital, Zinsen, Kosten und Nebengebühren Jeder Art bestehen oder künftig entstehen.
Zur Sicherstellung bestelle ich die in meinem Alleineigentum stehenden Liegenschaften EZ. * und EZ. *, je KG. W*, einkommend im Grundbuch des Bezirksgerichtes Wildon, und EZ. *, *, * und * je KG. M*, und EZ. *, KG. L*, alle diese Liegenschaften einkommend im Grundbuch des Bezirksgerichtes für ZRS. Graz, simultan zum Pfand.
Ich bewillige zugleich, daß auf Grund dieser Erklärung auf diesen Liegenschaften, und zwar in EZ. * der KG. W*, im Grundbuch des Bezirksgerichtes Wildon als Haupteinlage und in EZ. *, KG. W*, im Grundbuch des Bezirksgerichtes Wildon und EZ. *, EZ. *, EZ. * und EZ. * je KG. M*, und EZ. *, KG. L*, alle diese Liegenschaften einkommend im Grundbuch des Bezirksgerichtes für ZRS. Graz als Nebeneinlagen das Pfandrecht bis zum Höchstbetrage von 1,000.000,-- S (eine Million Schilling) zur Sicherstellung aller Forderungen einverleibt werde, die der protokollierten Firma D*-Gesellschaft m.b.H., im Zuge der Geschäftsverbindung mit mir aus eingeräumten Krediten oder aus dem Titel der Gewährleistung oder des Schadenersatzes erwachsen können ...“
In dieser Haftungserklärung erklärten R* und T*, zu deren Gunsten in EZ. * und EZ. * der KG. W* sowie in den EZ. *, *, * und * je KG. M*, die Reallast des Altenteiles sowie das Veräußerungsverbot einverleibt ist, ihre ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung des Pfandrechtes bis zum Höchstbetrag von 1,000.000,-- S und räumten den oben angeführten Forderungen der Firma D*-Gesellschaft m.b.H., bis zum Höchstbetrag den bücherlichen Vorrang vor den einverleibten Reallasten ein.
Die Haftungserklärung enthält unter dem Vermerk über die Beglaubigung der Unterschriften der T*, geboren * 1955, und der T* und des R*, Auszügler, folgenden Stampiglienabdruck: „D* ZN. der D*-Gesellschaft m.b.H., *, Tel. *“ und darunter zwei Unterschriften. Darunter findet sich folgender weiterer Stampiglienabdruck: „D* (ZN. der D*‑Ges.m.b.H.) *, Tel. *“. An das Wort „I*“ sind mit Schreibmaschine die Worte „Vertriebs-Ges.m.b.H. „hinzugefügt. Unter dem Stampiglienabdruck befinden sich wieder zwei Unterschriften.
Auf Grund dieser Haftungserklärung wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 24. Dezember 1975, TZ. 19.425/75, in den EZ. *, *, * und * je KG. M*, und EZ. *, KG. L*, die Rangordnung für die beabsichtigte Eintragung eines Pfandrechtes für einen Höchstbetrag von 1,000.000,-- S mit Rechtswirksamkeit bis einschließlich 24. Dezember 1976 angemerkt.
Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluß des Erstgerichtes vom 10. Mai 1976, TZ. 7562/76, war das Gesuch der D*-Gesellschaft m.b.H., (im folgenden kurz als Firma D* bezeichnet) auf Grund der Haftungserklärung vom 18. Dezember 1975 und des Rangordnungsbeschlusses vom 24. Dezember 1975 im Range der Anmerkungen COZ. 33, 31, 30, 30, 98 die Einverleibung a) des Pfandrechtes bis zum Höchstbetrag von 1,000.000,-- S zur Sicherstellung aller Forderungen, die der Firma D* im Zuge der Geschäftsverbindung aus eingeräumten Krediten aus dem Titel der Gewährleistung oder des Schadenersatzes erwachsen können, und b) des Vorranges dieser Pfandrechte vor der in COZ. 10 der EZ. *, in COZ. 7 der EZ. *, in COZ. 7 der EZ. * und in COZ. 7 der EZ. * je KG. M*, für R* und T* eingetragenen Reallast des Altenteiles gemäß Vertragspunkt III b bis g zu bewilligen, sowie die Simultanhaftung dieser Einlagen als Nebeneinlagen mit der EZ. *, KG. W*, im Grundbuch des Bezirksgerichtes Wildon als Haupteinlage anzumerken, abgewiesen worden. Das Erstgericht vertrat im wesentlichen die Auffassung, daß folgende Umstände einer aufrechten Erledigung des Grundbuchsgesuches entgegenstünden: Es fehlten die Einschreitervollmacht und der Beschluß des Bezirksgerichtes Wildon über die Bewilligung der Pfandrechtseinverleibung bei der Haupteinlage. Im ersten Absatz der als Haftungserklärung bezeichneten Urkunde werde ein Forderungsverhältnis begründet, aus dem der zur Pfandrechtseinverleibung erforderliche gültige Rechtsgrund nicht schlüssig hervorgehe. Eine „D*-Ges.m.b.H.“, mit welchem Wortlaut die Unterfertigung der Haftungserklärung erfolgt sei, könne es nicht geben, weil gemäß § 5 GmbHG in der Firma das Wort „Gesellschaft“ ungekürzt enthalten sein müsse.
Das Erstgericht wies mit Beschluß vom 27. Dezember 1976, TZ. 19.375/76, den neuerlichen Antrag der Firma D* auf Bewilligung der oben angeführten Grundbuchseintragungen ab. Es führte aus, das Grundbuchsrecht spreche sich zwar nicht ausdrücklich darüber aus, daß ein rechtskräftig abgewiesener Antrag nicht neuerlich eingebracht werden dürfe. Dennoch erlangten auch Entscheidungen in Grundbuchssachen Rechtskraft. Voraussetzung für die Wiedereinbringung eines rechtskräftig abgewiesenen Antrages sei in der Regel eine geänderte Sachlage. Eine solche liege hier nicht vor.
Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahingehend ab, daß es die von der Firma D* beantragten grundbücherlichen Eintragungen bewilligte und dem Erstgericht den Vollzug der bewilligten Einverleibung im Rahmen der Anmerkung der Abweisung des Grundbuchsgesuches und die Verständigung der Beteiligten auftrug. Es führte aus:
Richtig sei, daß auch Entscheidungen in Grundbuchssachen Rechtskraft erlangten und nur eine geänderte Sachlage die Wiederanbringung eines einmal abgewiesenen Gesuches rechtfertige. Entgegen der Annahme des Erstgerichtes liege jedoch eine solche geänderte Sachlage vor. Die Vollmacht des einschreitenden Rechtsanwaltes und der Beschluß des Bezirksgerichtes Wildon über die Bewilligung der Pfandrechtseinverleibung bei der Haupteinlage seien vorgelegt worden. Sei ein Grundbuchsgesuch aus mehreren Gründen nicht aufrecht erledigt worden, sei eine geänderte Sachlage immer schon dann anzunehmen, wenn auch nur ein Mangel, der zur Abweisung des Gesuches geführt habe, beseitigt worden sei. Dies ergebe sich aus der Überlegung, daß es wenig sinnvoll wäre, den Antragsteller zu zwingen, einen aussichtslosen Rekurs gegen einen abweisenden Beschluß zu erheben, wenn die Abweisung nur aus einem Grunde zu Recht erfolgt sei, die anderen Abweisungsgründe hingegen nicht vorgelegen seien. Nur dadurch könnte aber der Antragsteller, wollte man der Ansicht des Erstgerichtes folgen, die Rechtskraftwirkung aus der Welt schaffen. Es müsse daher geprüft werden, ob einer der übrigen vom Erstgericht gebrauchten Abweisungsgründe vorliege.
Richtig sei, daß aus dem ersten Absatz der Haftungserklärung ein Rechtsgrund im Sinne des § 26 Abs 2 GBG „nicht eindeutig“ hervorgehe. Eine Urkunde könne jedoch nur in ihrer Gesamtheit und „nicht stückweise“ betrachtet werden. Die im ersten Absatz der Haftungserklärung angeführten Forderungen, für welche T* die Haftung bis zum Höchstbetrag von 1,000.000,-- S übernommen habe, seien in der Aufsandungserklärung dahingehend präzisiert worden, daß sich diese Haftung nur auf solche Forderungen beschränke, welche der Firma D* im Zuge der Geschäftsverbindung mit T* aus ihr eingeräumten Krediten oder dem Titel der Gewährleistung oder des Schadenersatzes erwüchsen. Die Aufsandungserklärung sei daher als ein Teil des Konsensualvertrages zu werten. Einer anderen Auslegung stünde im Wege, daß diese Einschränkung bzw Präzisierung der Haftung durch die Unterfertigung der Haftungserklärung von der Firma D* zur Kenntnis genommen worden sei. Nur dann, wenn diese Aufsandungserklärung von T* gesondert abgegeben und von der Firma D* nicht unterfertigt worden wäre, könnte sie nicht als Teil des Konsensualvertrages auf gefaßt werden. Der der Haftungserklärung mit hinlänglicher Deutlichkeit zu entnehmende Rechtsgrund liege in den im Zuge der Geschäftsverbindung der T* eingeräumten Krediten und daraus entstehenden Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen.
Der Umstand, daß die Firma auf der Bezugsurkunde nicht mit ihrem vollen Wortlaut, sondern abgekürzt mit „D*-Ges.m.b.H.“ bezeichnet werde, lasse Zweifel an der Identität nicht aufkommen.
Es liege daher kein Abweisungsgrund mehr vor, so daß die bücherlichen Eintragungen zu bewilligen gewesen seien.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der T* mit dem Antrag, den Beschluß im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern, allenfalls ihn aufzuheben „und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Unterinstanzen“ zurückzuverweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.
Der Revisionsrekurswerber führt aus, das Grundbuchsgesuch der Firma D* sei schon deshalb abzuweisen, weil es den Vorschriften der §§ 14 Abs 2, 26 GBG widerspreche. Der erste Absatz der Urkunde, in dem die Forderungen der Firma D* an T* angeführt seien, sei „sinnlos“, denn es sei selbstverständlich, daß der Schuldner für seine Verbindlichkeiten hafte. Überdies hätten diese Schuldverbindlichkeiten „genau und taxativ bezeichnet und beschrieben werden“ müssen. Es fehle vor allem der gültige Rechtsgrund im Sinne des Grundbuchsgesetzes. Die Aufsandungserklärung finde im Konsensualvertrag keine Deckung. In ihr würden als Rechtsgründe eingeräumte Kredite, Gewährleistungs- und Schadenersatztitel angeführt, im Absatz 1 der Urkunde hingegen Wechsel- und Bürgschaftsverpflichtungen, Schuldscheine und unverbriefte Forderungen.
Zutreffend ist das Rekursgericht davon ausgegangen, daß die Urkunde in ihrer Gesamtheit zu beurteilen ist (vergl. dazu auch EvBl 1976/5). Geschieht dies, können über den der beantragten Grundbuchseintragung zugrunde liegenden Rechtsgrund keine Zweifel bestehen. Die im Absatz 1 der Urkunde angeführten Forderungen können aus den in der Aufsandungserklärung angeführten Titeln entstehen, so daß der im Revisionsrekurs behauptete Widerspruch in der Urkunde nicht vorliegt.
Sofern der Revisionsrekurswerber eine genauere Bezeichnung der Schuldverbindlichkeiten und insbesondere die Angabe der Höhe des jeweiligen Schuldbetrages vermißt, übersieht er, daß es sich um die Einräumung eines Höchstbetragspfandrechtes für erst künftig entstehende Forderungen im Sinne des § 14 Abs 2 GBG handelt.
Da das Rekursgericht mit Recht das Eintragungsgesuch der Firma D* bewilligt hat, mußte dem Revisionsrekurs der Erfolg versagt bleiben.
Der Antrag auf Zuspruch von Rekurskosten war schon deshalb abzuweisen, weil ein Kostenersatz in Grundbuchssachen nicht vorgesehen ist.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
