European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0050NC00007.25M.0402.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Ablehnungsantrag wird, soweit er „den Präsidenten und alle Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck“ betrifft, zurückgewiesen.
Soweit der Delegierungsantrag auf § 9 Abs 4 AHG gestützt wird, wird er zurückgewiesen, im Übrigen wird er abgewiesen.
Zur Entscheidung über die Ablehnung aller Richter der Landesgerichte im Sprengel des Oberlandesgerichts Innsbruck wird die Sache dem dafür zuständigen Oberlandesgericht Innsbruck überwiesen.
Begründung:
[1] Das Bezirksgericht Innsbruck wies mit Beschluss vom 2. 12. 2024, GZ 13 C 676/24d‑4, den Antrag des Antragstellers auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach der Antragsgegnerin die Abschaltung der Stromversorgung in seinem Objekt und damit die „Anwendung gesetzlich unzulässiger Gewalt“ verboten werde, ab.
[2] In seinem innerhalb der Rekursfrist beim Erstgericht eingebrachten Antrag erklärt der Antragsteller, dagegen Rekurs erheben zu wollen, beantragt die Bewilligung der Verfahrenshilfe hiefür in vollem Umfang, lehnt den Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck und sämtliche Richter im Oberlandesgerichtssprengel Innsbruck als befangen ab und beantragt die Delegierung des Verfahrens „gemäß § 9 Abs 4 AHG“ in den Oberlandesgerichtssprengel Wien, weil „die Organwalter des OLG Innsbruck aufgrund des behängenden Verfahrens von der Gerichtsbarkeit ausgeschlossen seien“.
[3] Das Erstgericht legte letztlich dem Obersten Gerichtshof den Ablehnungsantrag (samt einer Stellungnahme der im Antrag namentlich genannten Erstrichterin des Bezirksgerichts Innsbruck) zur Entscheidung vor.
Rechtliche Beurteilung
[4] Der Ablehnungsantrag ist (in bezeichnetem Umfang) nicht berechtigt, der Delegierungsantrag teils unzulässig, teils ebenfalls nicht berechtigt.
1. Zum Ablehnungsantrag
[5] Der Antragsteller begründet diesen zusammengefasst damit, er sei seit Jahren einem „kontinuierlichen systematischen Mobbing durch Organwalter im OLG Innsbruck ausgesetzt“ das sich „in zahlreichen urkundlich erweislichen schweren Amtsmissbräuchen und zahlreichen Rechtsbeugungen widerspiegle“ und ihn in ein tiefes Burnout getrieben habe. In dem Zusammenhang behauptet er eine gesetzwidrige strafrechtliche Verurteilung samt Verhängung eines gesetzwidrigen unbefristeten Berufsverbots und seine Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft Innsbruck ohne Tatsachensubstrat. Die unabhängige Justiz verweigere dem Antragsteller seit zehn Jahren jegliches rechtsstaatliche Verfahren. Im konkreten Fall habe die Erstrichterin des Bezirksgerichts Innsbruck der Antragsgegnerin zu seinem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein Äußerungsrecht eingeräumt, ihm aber das Recht zur Stellungnahme hiezu oder auf Äußerung durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung verweigert und damit sein Gehör verletzt. Überdies habe das Erstgericht der Antragsgegnerin unrichtig verzeichnete und erhöhte Kosten in Schädigungsabsicht zugesprochen, was mit Kostenrekurs zu bekämpfen sei. Die Erstrichterin habe durch prozessual willkürliche Vorgehensweise Betrug vertuschen wollen und damit den Tatbestand des Amtsmissbrauchs verwirklicht.
[6] 1.1. Wird ein Gerichtshof durch eine Ablehnung beschlussunfähig, so entscheidet über diese Ablehnung nach § 23 JN der zunächst übergeordnete Gerichtshof.
[7] 1.2. Hier lehnte der Antragsteller sämtliche Richter des Sprengels des Oberlandesgerichts Innsbrucks ab. Zur Entscheidung über die Ablehnung ist daher insoweit der Oberste Gerichtshof berufen (RS0109137 [T2]). Das Oberlandesgericht Innsbruck hat im Ausgangsverfahren aber nur die Entscheidung im Verfahren über eine Ablehnung sämtlicher Richter eines Landesgerichts in seinem Sprengel zu treffen. Daher hat das Oberlandesgericht Innsbruck seinerseits im Fall seiner Beschlussfähigkeit über die Ablehnung aller Richter seiner Landesgerichte zu entscheiden (4 Nc 27/14d; 3 Nc 8/21p).
[8] 1.3. Eine Ablehnung kann nur aus persönlichen Gründen gegen die bestimmte Person eines Richters erfolgen; die Ablehnung eines ganzen Gerichts ist daher unzulässig (RS0046005; RS0045983). Die Ablehnung eines ganzen Gerichts erfordert die Ablehnung jedes einzelnen Richters unter Angabe detaillierter Ablehnungsgründe für jede einzelne Person, weil immer nur ein Richter als Person, niemals aber das Gericht als Institution abgelehnt werden kann (RS0046005 [T22]). Eine unzulässige indifferente Pauschalablehnung eines ganzen Gerichtshofs als Institution wäre nur dann nicht gegeben, wenn dem Antrag zu entnehmen ist, dass bei jedem einzelnen Richter im Wesentlichen dieselben Ablehnungsgründe vorliegen (RS0045983 [T10, T11]). Ein solcher Fall liegt entgegen der Auffassung des Ablehnungswerbers hier aber nicht vor.
[9] 1.4. Der Antragsteller nennt namentlich nur die zur Entscheidung über seinen Provisorialantrag zuständige Richterin des Bezirksgerichts Innsbruck und führt hinsichtlich sämtlicher Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck nur pauschal das ihm angeblich widerfahrene systematische Mobbing und eine gesetzwidrige Verurteilung ohne nähere Präzisierung ins Treffen. Konkrete Gründe dafür, warum einzelne oder auch alle Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck nicht in der Lage sein sollten, über die Befangenheit der Richter des Landesgerichts Innsbruck zu entscheiden, sind dem Antrag nicht zu entnehmen. Mangels ausreichender Substantiierung bedarf es auch keiner Äußerung der abgelehnten Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck (RS0045983 [T14]).
[10] 1.5. Die pauschale Ablehnung des Präsidenten und aller Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck ist daher zurückzuweisen. Das Oberlandesgericht Innsbruck ist damit in der Lage, über die (ebenfalls pauschale) Ablehnung aller Richter des Landesgerichts Innsbruck zu entscheiden, das für das Rechtsmittel des Antragstellers im Instanzenzug zuständig ist (vgl 3 Nc 8/21p).
2. Zum Delegierungsantrag
[11] Seinen Ablehnungsantrag verbindet der Antragsteller mit einem „Delegationsantrag gemäß § 9 Abs 4 AHG“. Aufgrund des „behängenden Verfahrens gegen Organwalter des OLG Innsbruck“ möge das Verfahren in den Oberlandesgerichtssprengel Wien delegiert werden. Der Antrag ist unzulässig.
[12] 2.1. Die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen eine Delegation über Antrag in Betracht kommt, sind in § 31 JN geregelt. Das Vorliegen der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen behauptet der Antragsteller nicht. § 9 Abs 4 AHG ist ein Fall der notwendigen und der Parteidisposition entzogenen Zuständigkeitsbegründung (RS0050131), sodass der Partei insoweit ein Antragsrecht nicht zukommt (RS0056449 [T27]). Überdies liegt kein Amtshaftungsverfahren vor, sodass für eine notwendige Delegierung nach § 9 Abs 4 AHG kein Raum besteht (1 Nc 16/24d).
[13] 2.2. Auf Ablehnungsgründe kann ein Delegationsantrag nach ständiger Rechtsprechung nicht gestützt werden (RS0073042).
[14] 2.3. Damit war der Delegierungsantrag teils als unzulässig zurück‑, teils abzuweisen.
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