OGH 4Ob61/25m

OGH4Ob61/25m22.5.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Istjan, LL.M., Mag. Waldstätten, Dr. Stiefsohn und Mag. Böhm in der Rechtssache der gefährdeten Partei M*, vertreten durch die Forsthuber & Partner Rechtsanwälte (OG) in Baden, gegen die Gegnerin der gefährdeten Partei N* GmbH, *, vertreten durch die Skribe Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über die Revisionsrekurse der gefährdeten Partei und der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 20. Februar 2025, GZ 1 R 191/24d‑10, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Zwettl vom 23. Oktober 2024, GZ 1 C 800/24f‑5, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00061.25M.0522.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei wird zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs der Gegnerin der gefährdeten Partei wird teilweise Folge gegeben.

Die einstweilige Verfügung der Vorinstanzen wird bestätigt. Sie wird jedoch unwirksam, wenn die gefährdete Partei nicht binnen 14 Tagen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Sicherheitsleistung von 10.000 EUR beim Erstgericht erlegt.

Die Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsrekurse endgültig selbst zu tragen.

Die gefährdete Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Die gefährdete Partei (idF: der Antragsteller) ist (Strom-)Netzkunde der Gegnerin der gefährdeten Partei (idF: die Antragsgegnerin), die Netzbetreiberin am Wohnort des Antragstellers ist. Zwischen den Parteien besteht ein aufrechter Netzzugangsvertrag. Der Stromverbrauch des Antragstellers wird mit einem mechanischen Messgerät gezählt, das im Eigentum der Antragsgegnerin steht. Die Antragsgegnerin beabsichtigt, den Ende 2024 „eichfälligen“ Zähler gegen ein intelligentes Messgerät („Smart Meter“) auszutauschen und dieses auf Wunsch des Antragstellers entsprechend § 1 Abs 6 Intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung (IME‑VO) zu konfigurieren („Opt‑Out‑Konfiguration“). Der Antragsteller lehnt den Austausch unter Verweis auf die Gefahr von „Elektrosmog“ und datenschutzrechtliche Bedenken ab.

[2] Mit Schreiben vom 27. 9. 2024 und 11. 10. 2024 kündigte die Antragsgegnerin dem Antragsteller nach erfolglosen Einigungsversuchen an, bei einer weiteren Weigerung des Antragstellers, ihr den Zugang zum Messgerät zum Zwecke des Austauschs desselben zu gewähren, die Stromlieferung zu unterbrechen und gegebenenfalls den Netzzugangsvertrag aufzulösen.

[3] Beim Erstgericht ist ein Verfahren über eine Klage der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller auf Duldung des Einbaus eines „Smart Meters“ anhängig.

[4] Dem Netzzugangsvertrag zwischen den Parteien liegen die Allgemeinen Bedingungen für den Zugang zum Verteilernetz der Antragsgegnerin (AB‑VN) zugrunde. Diese lauten auszugsweise:

VIII. Betrieb und Instandhaltung […]

2. N* und der Netzkunde haben die zu ihren jeweiligen Betriebsanlagen gehörenden elektrischen, baulichen oder sonstigen Teile entsprechend den geltenden technischen Regeln zu betreiben und instand zu halten. […]

9. Zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der N* ist diese[r] bzw. den legitimierten Beauftragten der N* der Zutritt zu den Anlagen des Netzkunden und zu den eigenen Anlagen zu gestatten. N* übt dieses Recht unter möglichster Berücksichtigung der Interessen des Netzkunden aus. Das Recht von N* gemäß Punkt XXVI. beinhaltet den Eingriff in den Besitz und das Eigentum des Netzkunden im erforderlichen Ausmaß. […]

XI. Messung und Messeinrichtungen

1. N* hat allen Netzkunden eine zuverlässige, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Erfassung der Verbrauchswerte durch die dem Netzkunden zugeordneten Messgeräte zu gewährleisten. N* führt die Erfassung der vom Netzkunden eingespeisten oder entnommenen Energie (Arbeit und allenfalls beanspruchte Leistung) durch.

2. Die erforderlichen Mess-, Steuer- und Datenübertragungseinrichtungen (im Folgenden: Messeinrichtungen) werden von N* nach den technischen Erfordernissen und unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Netzkunden hinsichtlich Art, Zahl, Ort und Größe festgelegt, eingebaut, überwacht, entfernt und erneuert, soweit nichts anderes vereinbart oder in der Systemnutzungsentgelt-Verordnung vorgesehen oder in den geltenden technischen Regeln festgelegt wurde.

3. Die Verpflichtung zum Einbau von intelligenten Messgeräten ('Smart Meter') ist N* gemäß § 83 Abs 1 ElWOG 2010 in Zusammenhang mit der Intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung (IME-VO) vorgeschrieben. Die Entscheidung, ob konventionelle Messeinrichtungen oder intelligente Messeinrichtungen ('Smart Meter') eingesetzt werden, obliegt N* unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen (insbesondere § 83 Abs 1 ElWOG 2010 und IME-VO). Insbesondere legt N* fest, ob und gegebenenfalls wann und in welchem Gebiet intelligente Messgeräte eingesetzt werden. N* hat den Netzkunden schriftlich und zeitnah über den Einbau eines intelligenten Messgerätes und die damit verbundenen Rahmenbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz sowie Bereitstellung und Übermittlung der Informationen gemäß §§ 81a bis 84a ElWOG 2010 zu informieren. […] N* hat den Wunsch eines Netzkunden, kein intelligentes Messgerät zu erhalten, zu berücksichtigen. […]

5. Will der Netzkunde Messeinrichtungen selbst beistellen, hat er diesen Wunsch N* zeitgerecht mitzuteilen. Diese hat daraufhin dem Netzkunden die hierfür geltenden Spezifikationen bekannt zu geben. N* gibt dabei die Zählertechnologie vor. […]

7. Der Netzkunde stellt in seinem Bereich den erforderlichen Platz für die Messeinrichtungen auf eigene Kosten zur Verfügung und verpflichtet sich, diese nach den Anweisungen von N* zu verwahren. N* ist berechtigt, den Messplatz unentgeltlich zu nutzen und notwendige Umbauarbeiten vorzunehmen, die für einen allfälligen Tausch / Modernisierung der Messeinrichtung erforderlich sind. N* übt dieses Recht unter möglichster Berücksichtigung der Interessen des Netzkunden aus. [...]

8. Die Messeinrichtungen werden entsprechend den im Maß- und Eichgesetz bzw. den in den Eichvorschriften festgelegten Zeitabständen geeicht. Der für die Nacheichung oder aus sonstigen technischen Gründen erforderliche Wechsel der betroffenen Messeinrichtungen wird nach Terminabstimmung und auf Wunsch im Beisein des Netzkunden oder dessen Vertreters durchgeführt. N* wird sich bemühen, auf Terminwünsche des Netzkunden einzugehen, wobei Termine oder Zeitfenster von 2 Stunden vereinbart werden können. Kann der Termin oder das Zeitfenster von 2 Stunden nicht eingehalten werden, ist mit dem Netzkunden ehestmöglich ein Ersatztermin zu vereinbaren. […]

XXVI. Aussetzung der Vertragsabwicklung

1. Jeder Vertragspartner darf seine Verpflichtungen aus dem Netzzugangsvertrag einschließlich der Allgemeinen Verteilernetzbedingungen dann aussetzen und insbesondere die Netzdienstleistungen unterbrechen, wenn der andere Vertragspartner die Bestimmungen des Vertrages verletzt und nicht bloß eine geringfügige und alsbald behebbare Zuwiderhandlung vorliegt. […]

2. Als Zuwiderhandlungen, die eine sofortige Aussetzung der Vertragsabwicklung rechtfertigen, gelten:

[…]

3. Alle übrigen Zuwiderhandlungen wie z.B. Nichterfüllung fälliger Zahlungsverpflichtungen (Zahlungsverzug, Verweigerung einer Vorauszahlung oder Sicherheitsleistung) berechtigen N* nur dann zur physischen Trennung der Netzverbindung (Abschaltung), wenn dem eine zweimalige Mahnung inklusive jeweilig mindestens zweiwöchiger Nachfristsetzung vorangegangen ist. Die zweite Mahnung hat auch eine Information über die Folge einer Abschaltung des Netzzuganges nach Verstreichen der zweiwöchigen Nachfrist sowie über die damit einhergehenden voraussichtlichen Kosten einer allfälligen Abschaltung zu enthalten. Bei jeder Mahnung hat N* auf die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Beratungsstelle des bestehenden Energielieferanten, soweit diese gemäß § 82 Abs 7 ElWOG einzurichten ist, hinzuweisen. Die letzte Mahnung hat mit eingeschriebenem Brief zu erfolgen (qualifiziertes Mahnverfahren). […]

XXVII. Vertragsauflösung aus wichtigem Grund

1. Das Recht beider Vertragspartner zur Auflösung des Netzzugangsvertrages aus wichtigem Grund bleibt unberührt.

2. Ein wichtiger Grund liegt für N* insbesondere dann vor, wenn: [...]

b) der Netzkunde – trotz eines durchgeführten Mahnverfahrens nach Punkt XXVI. Ziffer 3 – die Verletzung wesentlicher anderer Pflichten aus diesem Vertrag nicht beendet; […]“

[5] Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist der – über eine rechtskräftige Teilabweisung des Rekursgerichts hinausgehende – Sicherungsantrag des Antragstellers, der Antragsgegnerin bis zur Beendigung des beim Erstgericht anhängigen Verfahrens über die Klage der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller auf Duldung des Einbaus eines „Smart Meters“ zu verbieten, ihre vertraglichen Verpflichtungen zur Gewährung des Netzzugangs gegenüber dem Antragsteller zu „unterlassen“, dies konkret in Form der Androhung oder Umsetzung der Stromabschaltung (zB durch Ausbau des verbauten Messgeräts), soweit damit die Zustimmung des Antragstellers zum Ausbau/Austausch/Einbau eines Messgeräts im Sinn des § 83 Abs 1 ElWOG 2010 iVm § 1 Abs 6 der IME‑VO („Smart Meter“) bewirkt werden soll, sowie den Netzzugangsvertrag mit dem Antragsteller (allein) aus dem Grund zu beenden, dass sich dieser weigert, statt des vorhandenen Zählers ein Messgerät im Sinn des § 83 Abs 1 ElWOG 2010 iVm § 1 Abs 6 der IME‑VO („Smart Meter“) einbauen zu lassen. Der Antragsteller steht auf dem Standpunkt, dass er aufgrund des aufrechten Netzzugangsvertrags einen Anspruch auf Netzzugang habe und die Antragsgegnerin zur Auflösung des Vertrags nicht berechtigt sei. Die Antragsgegnerin könne den derzeitigen Zustand jederzeit dadurch beenden, dass sie den „eichfälligen“ mechanischen Zähler nacheichen lasse, ihn gegen einen anderen geeichten mechanischen Zähler der gleichen Art austausche oder dem Einbau eines ihr vom Antragsteller zur Verfügung gestellten anderen geeichten mechanischen Zählers zustimme.

[6] Die Antragsgegnerin beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags und entgegnet, aufgrund der Weigerung des Antragstellers, ihr den Austausch des „eichfälligen“ Zählers zu ermöglichen, zur (Androhung der) Aussetzung ihrer vertraglichen Pflicht auf Gewährung des Netzzugangs und zur (Androhung der) Vertragsauflösung aus wichtigem Grund berechtigt zu sein. Sie dürfe nur geeichte Strommessgeräte verwenden, andernfalls mache sie sich strafbar. Eine Nacheichung oder Installation von Messgeräten, die keine „Smart Meter“ seien, wäre eine Zuwiderhandlung gegen § 83 Abs 1 ElWOG 2010 iVm der IME‑VO und gemäß § 99 Abs 2 Z 14 ElWOG 2010 mit einer Geldstrafe von bis zu 75.000 EUR bedroht.

[7] Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Die Stromabschaltung sei ein drohender unwiederbringlicher Schaden. Die Antragsgegnerin habe ihre vertraglichen Verpflichtungen einzuhalten. Der Problematik der Eichfälligkeit des gegenständlichen Messgeräts könne durch die Antragsgegnerin jedoch nicht nur durch den Austausch mit einem „Smart Meter“ Abhilfe geschafft werden, sondern es bestehe zudem etwa die Möglichkeit, das bestehende Messgerät nachzueichen, um einen gesetzeskonformen Zustand desselben (wieder‑)herzustellen.

[8] Das Rekursgericht

1. sprach aus, dass das Erstgericht unzuständig sei, und überwies die Rechtssache gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht Mödling, und

2. gab dem Rekurs der Antragsgegnerin teilweise Folge: Es erließ die einstweilige Verfügung nicht bis zum Abschluss des beim Erstgericht anhängigen Verfahrens über die Klage der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller auf Duldung des Einbaus eines „Smart Meters“, sondern bis zur Beendigung eines vom Antragsteller binnen vier Wochen einzuleitenden Streitschlichtungsverfahrens gemäß § 22 Abs 2 ElWOG 2010, falls aber gegen den Bescheid der Regulierungsbehörde rechtzeitig eine Klage eingebracht werden sollte, bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens über diese Klage. Einen Teil des Sicherungsantrags, der nicht Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist, wies das Rekursgericht rechtskräftig ab.

[9] Den Überweisungsbeschluss (1.) stützte das Rekursgericht auf § 387 Abs 2 EO. Gegenstand des Sicherungsverfahrens sei nicht, ob die Antragsgegnerin einen vertraglichen Anspruch habe, beim Antragsteller einen „Smart Meter“ einzubauen, sondern ob sie berechtigt sei, diesen Anspruch durch (Drohung mit) Trennung vom Netz oder Stromabschaltung durchzusetzen. Das beim Erstgericht anhängige Verfahren über die Klage der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller auf Duldung des Einbaus eines „Smart Meter“ begründe daher nicht die Attraktionszuständigkeit des § 387 Abs 1 EO. Die Zuständigkeit richte sich vielmehr nach dem Sitz der Beklagten. Die Unzuständigkeit des Erstgerichts führe nicht zur Nichtigkeit seiner einstweiligen Verfügung; nur eine allfällige Pflicht zur Verfahrensfortsetzung gehe auf das zuständige Gericht über.

[10] In der Rekursentscheidung (2.) verwies das Rekursgericht auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, nach der die Weigerung des Netzbenutzers, dem Netzbetreiber für einen geplanten Zählertausch Zutritt zu einem Objekt zu gewähren, es nicht rechtfertige, anstelle der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe faktisch zur Selbsthilfe im Wege der (Androhung der) Stromabschaltung zu greifen. Dies gelte auch für den vorliegenden Fall. Die Weigerung des Antragstellers sei nicht absolut. Die Antragsgegnerin führe nicht aus, weshalb ihr der (vorläufige) Einbau eines geeichten konventionellen Messgeräts unmöglich sein solle. Sofern sie sich auf eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 2 Z 14 ElWOG 2010 stütze, erhelle nicht, inwiefern sie die Verpflichtung gemäß § 83 Abs 1 ElWOG 2010 iVm § 1 Abs 1 IME‑VO gerade aufgrund des konkreten Einzelfalls nicht erfüllen könnte.

[11] Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung der AB‑VN in Zusammenhang mit einer Aussetzung der Vertragsabwicklung sowie einer Vertragsauflösung bei einer bestehenden Eichfälligkeit des Messgeräts vorliege.

[12] Gegen den Überweisungsbeschluss des Rekursgerichts und gegen den Ausspruch über die Rechtfertigung der einstweiligen Verfügung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers. Er strebt erkennbar die Aufhebung des Ausspruchs über die Unzuständigkeit des Erstgerichts und der Überweisung sowie die Abänderung des Ausspruchs über die Rechtfertigung der einstweiligen Verfügung dahin an, dass sie bis zur Beendigung des zwischen den Parteien bereits anhängigen Verfahrens über die Duldung des Einbaus eines „Smart Meters“ erlassen werde.

[13] Die Antragsgegnerin beantwortete den Revisionsrekurs des Antragstellers nicht.

[14] Gegen die einstweilige Verfügung (in dem im Revisionsrekursverfahren gegenständlichen Umfang) richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit einem auf Abweisung des Sicherungsantrags gerichteten Abänderungsantrag und hilfsweise mit einem Aufhebungsantrag.

[15] Der Antragsteller beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin „zu verwerfen“.

Rechtliche Beurteilung

[16] Der Revisionsrekurs des Antragstellers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf und ist daher unzulässig. Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist dagegen zulässig und teilweise berechtigt.

I. Zum Revisionsrekurs des Antragstellers:

[17] 1. Der Antragsteller tritt inhaltlich einerseits dem – aufgrund der Überprüfung des erstgerichtlichen Beschlusses gefassten und einen Teil der Rekursentscheidung bildenden – Überweisungsbeschluss des Rekursgerichts und andererseits dem Ausspruch des Rekursgerichts über die Rechtfertigung der einstweiligen Verfügung entgegen.

2. Zum Überweisungsbeschluss:

[18] Im vorliegenden Sicherungsverfahren behauptet der Antragsteller einen Anspruch auf Gewährung des Netzzugangs auf der Grundlage des mit der Antragsgegnerin geschlossenen (und unstrittig aufrecht bestehenden) Netzzugangsvertrags und beantragt dessen Sicherung mit einer einstweiligen Verfügung. Dass über diesen zu sichernden Anspruch bereits ein Hauptverfahren anhängig wäre, behauptet der Antragsteller nicht. In dem von ihm bezeichneten, beim Erstgericht anhängigen (Haupt-)Verfahren zwischen den Parteien geht es schon nach seinem eigenen Vorbringen um einen anderen Anspruch einer anderen Partei, nämlich den von der Antragsgegnerin gegen ihn geltend gemachten Anspruch auf Duldung des Austauschs des „eichfälligen“ mechanischen Zählers gegen einen „Smart Meter“. Die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts, beim Erstgericht sei kein Verfahren anhängig, das die Attraktionszuständigkeit nach § 387 Abs 1 EO begründen könne, weshalb das zuständige Gericht jenes nach § 387 Abs 2 EO sei, wirft vor diesem Hintergrund keine erhebliche Rechtsfrage auf.

3. Zur Rechtfertigung:

[19] Die Bestimmung des § 391 Abs 2 EO verfolgt nach der Rechtsprechung den Zweck, die gefährdete Partei unter Androhung der Aufhebung der einstweiligen Verfügung zu zwingen, die zur Geltendmachung des behaupteten Anspruchs notwendige Klage in möglichst kurzer Zeit anzubringen, damit die durch die einstweilige Verfügung geschaffene Lage unverzüglich einer Klärung zugeführt wird (RS0005632). Hier behauptet der Antragsteller einen Anspruch auf Gewährung des Netzzugangs auf der Grundlage des mit der Antragsgegnerin geschlossenen (und unstrittig aufrecht bestehenden) Netzzugangsvertrags und beantragt dessen Sicherung mit einer einstweiligen Verfügung. Dass über diesen zu sichernden Anspruch bereits ein Hauptverfahren anhängig wäre, behauptet der Antragsteller nicht. Des Weiteren siehe oben zu Punkt 2. Es bedarf daher keiner Korrektur durch eine gegenteilige Sachentscheidung, dass das Rekursgericht die einstweilige Verfügung nicht bis zur rechtskräftigen Beendigung des anhängigen Verfahrens erlassen hat, sondern von der rechtzeitigen Rechtfertigung durch aktive Schritte des Antragstellers (Antrag bei der Schlichtungsstelle und allenfalls Klage) abhängig gemacht hat.

II. Zum Revisionsrekurs der Antragsgegnerin:

[20] 1. Die Zulässigkeit des (streitigen) Rechtswegs für den vorliegenden Sicherungsantrag wird von den Parteien zutreffend nicht in Frage gestellt (vgl 3 Ob 191/24w, Rz 12–16).

[21] 2. § 381 Z 2 EO ermöglicht die Erlassung einstweiliger Verfügungen zur Sicherung anderer Ansprüche als Geldansprüche, wenn solche Verfügungen zur Verhütung drohender Gewalt oder zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen.

[22] 3. Der Antragsteller beantragt die Sicherung des Anspruchs auf Gewährung des Netzzugangs auf der Grundlage des mit der Antragsgegnerin geschlossenen (und unstrittig aufrecht bestehenden) Netzzugangsvertrags. Die Antragsgegnerin hält dem entgegen, dass sie aufgrund der Weigerung des Antragstellers, den „eichfälligen“ mechanischen Zähler durch ein intelligentes Messgerät (allenfalls in der „Opt‑Out‑Konfiguration“) ersetzen zu lassen, zur (Androhung der) Trennung der Netzverbindung und zur (Androhung der) Auflösung des Vertrags berechtigt sei.

[23] 4. Zu klären ist, ob die Antragsgegnerin ein den Netzzugangsvertrag verletzendes Verhalten des Antragstellers bescheinigt hat, das „nicht bloß eine geringfügige und alsbald behebbare Zuwiderhandlung“ (Punkt XXVI Z 1 und 3 AB‑VN) darstellt oder als „Verletzung wesentlicher anderer Pflichten aus diesem Vertrag“ (Punkt XXVII Z 2 lit b AB‑VN) zu werten ist. Im ersten Fall ermöglichen die AB‑VN der Antragsgegnerin die Aussetzung ihrer Pflicht auf Gewährung des Netzzugangs (Punkt XXVI Z 1 und 3 AB‑VN), im zweiten Fall die Auflösung des Netzzugangsvertrags aus wichtigem Grund (Punkt XXVII Z 2 lit b AB‑VN). Als Beispiel einer Vertragsverletzung, die den Netzbetreiber – nach zwei qualifizierten Mahnungen, deren Vorliegen der Antragsteller hier nicht bestreitet – zur physischen Trennung der Netzverbindung (Abschaltung) berechtigt, führt der Vertrag die „Nichterfüllung fälliger Zahlungsverpflichtungen (Zahlungsverzug, Verweigerung einer Vorauszahlung oder Sicherheitsleistung)“ an (Punkt XXVI Z 3 AB‑VN).

[24] 5. Der Oberste Gerichtshof hat zu 3 Ob 191/24w, 7 Ob 167/24w und 9 Ob 95/24x (betreffend vergleichbare AB‑VN einer anderen Netzbetreiberin) dargelegt, dass die Weigerung des Netzbenutzers, der Netzbetreiberin Zugang zu seinem Objekt zu gewähren, damit sie einen (grundsätzlich funktionsfähigen) Stromzähler austauschen kann, qualitativ nicht den Fällen des Zahlungsverzugs und der Verweigerung einer Vorauszahlung oder Sicherheitsleistung gleichzuhalten sei. Die Weigerung des Netzbenutzers rechtfertige es daher nicht, dass die Netzbetreiberin, statt gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, ihr Recht auf Austausch des Zählers faktisch im Wege der Selbsthilfe – durch Androhung der Stromabschaltung – durchzusetzen versuche.

[25] Diese rechtliche Beurteilung, die das Rekursgericht für den vorliegenden Fall übernommen hat, betraf Fälle, in denen die Netzbetreiberin mechanische Zähler mit gültiger Eichung austauschen wollte (3 Ob 191/24w: Eichung bis Dezember 2026; 7 Ob 167/24w: Eichung bis Dezember 2028; 9 Ob 95/24x: Eichung bis Dezember 2031).

[26] 6. Die Antragsgegnerin weist zutreffend darauf hin, dass der vorliegende Fall insofern anders gelagert ist, als der im Objekt des Antragstellers verwendete Zähler – anders als die Zähler in den Vorentscheidungen – „eichfällig“ ist. Der Antragsteller bestreitet weder, dass der Zähler nach dem Maß- und Eichgesetz (MEG) eichpflichtig ist, noch, dass die Antragsgegnerin die Eichpflicht zu erfüllen hat, noch, dass die Gültigkeit der Eichung des Zählers (Nacheichfrist) abgelaufen ist. Aufgrund dieses Sachverhaltselements bedarf die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts aufgrund folgender Erwägungen einer Klarstellung:

[27] 6.1. Die Netzbenutzer haben dem Netzbetreiber ein Systemnutzungsentgelt zu entrichten. Dieses setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen, die (dem Grunde nach) gesetzlich vorgegeben sind (§§ 51 ff ElWOG 2010) und (der Höhe nach) durch Verordnung der Regulierungsbehörde bestimmt werden (§ 51 Abs 2 ElWOG 2010 iVm der Verordnung der Regulierungskommission der E‑Control, mit der die Entgelte für die Systemnutzung bestimmt werden [Systemnutzungsentgelte‑Verordnung 2018 – SNE‑V 2018]). Die Höhe des Systemnutzungsentgelts hängt (auch) vom Verbrauch ab, den der Elektrizitätszähler ermittelt.

[28] 6.2. Gemäß § 7 Abs 1 Maß- und Eichgesetz (MEG) sind Messgeräte, deren Richtigkeit durch ein rechtlich geschütztes Interesse gefordert wird, nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnitts A des MEG eichpflichtig. Wer ein eichpflichtiges Messgerät verwendet oder bereit hält, ist gemäß § 7 Abs 2 MEG dafür verantwortlich, dass es geeicht ist. Gemäß § 8 Abs 1 Z 4 lit a MEG unterliegen Elektrizitätszähler ohne und mit abrechnungsrelevanten Zusatzeinrichtungen oder Tarifeinrichtungen, die im amtlichen oder rechtsgeschäftlichen Verkehr verwendet oder bereitgehalten werden, der Eichpflicht. Gemäß § 14 MEG sind eichpflichtige Messgeräte innerhalb bestimmter Fristen zur Nacheichung vorzulegen. Für Elektrizitätszähler sieht § 15 Z 7 lit b und c sowie Z 10 MEG, abhängig von der konkreten Ausgestaltung, Nacheichfristen von zehn oder zwanzig Jahren vor. § 18 Z 2 lit b MEG ermächtigt die Bundesministerin oder den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, durch Verordnung die gemäß § 15 MEG bestehende Nacheichfrist hinsichtlich bestimmter Messgeräte um jeweils höchstens fünf Jahre zu verlängern, wenn durch Prüfungen von Teilmengen der in einem bestimmten Jahr geeichten Messgeräte nach festzulegenden allgemein anerkannten statistischen Verfahren zu erwarten ist, dass die Richtigkeit und Zuverlässigkeit dieser Messgeräte für diesen Zeitraum gewährleistet ist. § 1 der aufgrund dieser Ermächtigung ergangenen Verordnung der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort über die Verlängerung der Nacheichfrist für Elektrizitätszähler und elektrische Tarifgeräte regelt eine solche Verlängerung der Nacheichfrist um jeweils fünf Jahre für die in § 15 Z 7 lit b und c sowie Z 10 MEG angeführten Elektrizitätszähler, wenn deren Richtigkeit vor Ablauf der Gültigkeit der Eichung durch eine Stichprobenprüfung nachgewiesen worden ist.

[29] 6.3. Der Zweck der Eichpflicht ist die Sicherstellung der Richtigkeit und Zuverlässigkeit der eichpflichtigen Messgeräte für die Dauer der Nacheichfrist (vgl § 18 Z 2, § 38 Abs 4, 6 MEG und § 1 der VO über die Verlängerung der Nacheichfrist für Elektrizitätszähler und elektrische Tarifgeräte). Ein Elektrizitätszähler, dessen Nacheichfrist abgelaufen ist, erfüllt diesen gesetzlichen Zweck nicht; er gewährleistet keine richtige Messung des Stromverbrauchs. Damit ist auch die richtige Abrechnung des vom Netzbenutzer auf der Grundlage des ElWOG, der SNE‑V 2018 und des Netzzugangsvertrags geschuldeten Systemnutzungsentgelts gefährdet. Die Netzbetreiberin läuft in dieser Konstellation Gefahr, durch eine falsche Stromverbrauchsmessung und -abrechnung nicht das in Gesetz und Verordnung vorgesehene Systemnutzungsentgelt zu erhalten. Umgekehrt läuft auch der Netzbenutzer Gefahr, zu viel Entgelt zu zahlen.

[30] 6.4. Vor diesem Hintergrund könnte ein in der dauerhaften Weigerung, der Antragsgegnerin Zutritt zum Objekt zu gewähren, um einen „eichfälligen“ Zähler auszutauschen, gelegener Verstoß des Antragstellers gegen Punkt VIII Z 9 und Punkt XI Z 7 AB‑VN nicht als eine bloß „geringfügige und alsbald behebbare Zuwiderhandlung“ (Punkt XXVI Z 1 AB‑VN) zu werten sein, sondern als „Verletzung wesentlicher anderer Pflichten“ aus dem Netzzugangsvertrag (Punkt XXVII Z 2 lit b AB‑VN), weil dann ein der „Nichterfüllung fälliger Zahlungsverpflichtungen“ (Punkt XXVI Z 3 AB‑VN) vergleichbarer Fall vorläge, wenn der Netzbenutzer eine ordnungsgemäße Verbrauchsmessung und Abrechnung verhindert.

[31] 7. Ein solcher Verstoß ist hier aber nicht zu beurteilen. Der Antragsteller hält der Antragsgegnerin vielmehr entgegen, den derzeitigen Zustand jederzeit dadurch beenden zu können, dass sie den „eichfälligen“ mechanischen Zähler nacheichen lasse, ihn gegen einen anderen geeichten mechanischen Zähler der gleichen Art austausche oder dem Einbau eines ihr vom Antragsteller zur Verfügung gestellten anderen geeichten mechanischen Zählers zustimme. Er verweigert den Zutritt zum Objekt im Wesentlichen zur Verhinderung des Austauschs des vorhandenen „eichfälligen“ Stromzählers gegen eine ganz bestimmte andere Art („Smart Meter“). Wäre ein Austausch des „eichfälligen“ Stromzählers in einer vom Antragsteller gewünschten Form rechtlich zulässig und faktisch möglich, würde kein der „Nichterfüllung fälliger Zahlungsverpflichtungen“ (Punkt XXVI Z 3 AB‑VN) vergleichbarer Fall vorliegen, wenn und weil eine ordnungsgemäße Verbrauchsmessung und Abrechnung weiterhin möglich wäre.

[32] 7.1. Dass ein Austausch mit einem (geeichten) Zähler in der vom Antragsteller gewünschten Form (mechanisch) rechtlich nicht zulässig oder faktisch nicht möglich wäre, behauptet die Antragsgegnerin im Revisionsrekurs nicht. Sie legt insbesondere nicht dar, inwiefern sie die Verpflichtung gemäß § 83 Abs 1 ElWOG 2010 iVm § 1 Abs 1 IME‑VO aufgrund des konkreten Einzelfalls nicht erfüllen könne. Anders als von der Antragsgegnerin in erster Instanz vertreten, enthält § 1 IME‑VO keine Verpflichtung zum Einbau eines intelligenten Messgeräts konkret beim Antragsteller, sondern (lediglich) eine Zielverpflichtung: Nach § 1 Abs 1 Z 2 IME‑VO hat jeder Netzbetreiber (im Rahmen der technischen Möglichkeiten) bis Ende 2024 mindestens 95 vH der an sein Netz angeschlossenen Zählpunkte als intelligente Messgeräte auszustatten. Angesichts der Behauptung der Antragsgegnerin in erster Instanz, dass (schon) 99,97 % ihrer Strommessgeräte „Smart Meter“ seien, ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Antragsgegnerin dieser Zielverpflichtung nicht bereits nachgekommen wäre (und auch bei Einbau eines mechanischen Stromzählers beim Antragsteller weiterhin nachkommen würde). Dem Revisionsrekurs ist auch nicht zu entnehmen, dass bei Berücksichtigung der vom Antragsteller genannten alternativen Möglichkeiten eine ordnungsgemäße Verbrauchsmessung und Abrechnung nicht mehr möglich wäre.

[33] 7.2. Im Ergebnis trifft der Antragsteller mit seinem Verhalten daher (bloß) die Entscheidung, welche Art von Messeinrichtung bei ihm zum Einsatz kommen soll. Da eine solche Entscheidung gemäß Punkt XI Z 3 AB‑VN „unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen“ der Antragsgegnerin obliegt und sie selbst in dem Fall, dass der Netzkunde Messeinrichtungen selbst beistellt, gemäß Punkt XI Z 5 AB‑VN die Zählertechnologie vorgeben kann, könnte in dem Verhalten des Antragstellers eine Zuwiderhandlung gegen den Netzzugangsvertrag vorliegen, der dieses Wahlrecht grundsätzlich der Antragsgegnerin zuordnet.

[34] Die Frage, ob ein Netzbetreiber den Wunsch eines Endverbrauchers, kein intelligentes Messgerät zu erhalten, aufgrund des Unionsrechts (vgl die diesbezügliche Vorlagefrage an den EuGH zu C‑468/24 ) oder aufgrund der vom Antragsteller vorgebrachten gesundheitlichen oder datenschutzrechtlichen (vgl die diesbezüglichen Vorlagefragen an den EuGH zu C‑468/24 ) Bedenken zu berücksichtigen hat, muss hier aber nicht geklärt werden. Selbst wenn man mit der Antragsgegnerin davon ausginge, dass diese vom Antragsteller erhobenen Bedenken gegen den Einbau eines „Smart Meters“ nicht zutreffen und der Antragsteller den Einbau somit zu dulden hätte, läge nämlich eine Vertragsverletzung vor, der durch die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe begegnet werden könnte und es wäre auch dann nicht ersichtlich, warum der Antragsgegnerin eine Verbrauchsmessung und Abrechnung in einer vom Antragsteller gewünschten Form nicht zumindest vorübergehend – bis zur Klärung, ob den Antragsteller die von ihr behauptete Duldungspflicht trifft – zumutbar (oder warum ihr dies weniger zumutbar als dem Antragsteller die Stromabschaltung und Auflösung des Netzzugangsvertrags) sein sollte.

[35] Bei der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Zuwiderhandlung handelt es sich somit um eine „geringfügige und alsbald behebbare Zuwiderhandlung“ (Punkt XXVI Z 1 AB‑VN) und nicht um eine „Verletzung wesentlicher anderer Pflichten“ aus dem Netzzugangsvertrag (Punkt XXVII Z 2 lit b AB‑VN), sodass die Antragsgegnerin weder zur Aussetzung der Vertragsabwicklung noch zur Vertragsauflösung berechtigt ist.

[36] 7.3. Die Antragsgegnerin hat daher keinen Sachverhalt bescheinigt, der sie nach den AB‑VN zur (Androhung der) Unterbrechung der Netzdienstleistung gegenüber dem Antragsteller berechtigt, sei es durch Aussetzung der Vertragsabwicklung (Punkt XXVI Z 1 und 3 AB‑VN) oder nach Vertragsauflösung aus wichtigem Grund (Punkt XXVII Z 2 lit b AB‑VN).

[37] 8. Dass im vorliegenden Fall durch die unberechtigte (Androhung der) Abschaltung des Stroms ein unwiederbringlicher Schaden im Sinn des § 381 Z 2 EO zu befürchten ist, wird im Revisionsrekurs – zutreffend (vgl 7 Ob 167/24w, Rz 17; 9 Ob 95/24x, Rz 31) – nicht bezweifelt. Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, dass der Antragsteller den Einbau eines „Smart Meters“ (mit einer „Opt‑Out‑Konfiguration“) zu dulden (und sie dafür Zugang zum Objekt zu erhalten) habe, ist dies nicht Gegenstand des Provisorialverfahrens, in dem es vielmehr um die Berechtigung der Antragsgegnerin geht, einen solchen Anspruch durch (Drohung mit) Stromabschaltung oder Auflösung des Netzzugangsvertrags durchzusetzen (vgl 3 Ob 191/24w, Rz 22; 7 Ob 167/24w, Rz 13; 9 Ob 95/24x, Rz 26). Da die Zufügung des angedrohten Übels (die Abschaltung des Stroms vor gerichtlicher Klärung des Duldungsanspruchs der Antragsgegnerin) nicht erlaubt ist, ist auch die Drohung mit diesem Übel mit Widerrechtlichkeit behaftet (RS0014873 [T1]).

[38] 9. Das Rekursgericht hat die einstweilige Verfügung (im revisionsrekursgegenständlichen Umfang) somit zu Recht erlassen.

[39] 10.1. Der Vollzug einer einstweiligen Verfügung ist jedoch – auch ohne einen in erster Instanz gestellten Antrag erst durch das Rechtsmittelgericht (RS0005496) – nach § 390 Abs 2 EO nach dem Ermessen des Gerichts vom Erlag einer Sicherheit durch den Antragsteller trotz Bescheinigung seines Anspruchs abhängig zu machen, wenn gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung wegen der Größe des Eingriffs in die Interessen des Antragsgegners Bedenken bestehen. Durch die Sicherheitsleistung wird in einem solchen Fall die nötige Interessenabwägung zwischen der Gefährdung des Antragstellers und dem Eingriff in die Rechtssphäre des Antragsgegners vorgenommen und ein entsprechender Ausgleich bewirkt (RS0005711). In die Interessenabwägung ist die Möglichkeit einzubeziehen, dass sich der zu sichernde Unterlassungsanspruch letztlich als unberechtigt erweisen könnte; dies insbesondere dann, wenn ein Einwand des Gegners der gefährdeten Partei mit den Mitteln des Sicherungsverfahrens nicht oder jedenfalls nicht sicher erledigt werden kann (RS0005711 [T7]). Die Kaution dient somit lediglich zur Sicherstellung des dem Gegner durch die etwa sich als unberechtigt erweisende einstweilige Verfügung entstehenden Ersatzanspruchs und der Kosten (RS0005453). Die Bemessung der Sicherheitsleistung liegt im Ermessen des Gerichts; es bedarf dazu keiner besonderen Erhebungen über die mögliche Höhe eines dem Antragsgegner eventuell drohenden Schadens (RS0005584).

[40] 10.2. Die Erlassung der einstweiligen Verfügung bringt einen derartigen beachtlichen Eingriff in die Rechtssphäre der Antragsgegnerin mit sich. Im Fall des Bestehens einer Duldungspflicht des Antragstellers zum Einbau eines „Smart Meters“ wäre der – vom Antragsteller dann unrechtmäßig erzwungene – Einbau eines anderen Messgeräts mit höheren Kosten für die Antragsgegnerin verbunden (neuerlicher Wechsel des Messgeräts). Die Antragsgegnerin befürchtet auch bei Einbau eines Messgeräts in der vom Antragsteller gewünschten Form die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens und die Verhängung einer Geldstrafe. Auch wenn sie diese Befürchtung nicht mit der für die Abweisung des Sicherungsantrags hinreichenden Sicherheit konkretisieren konnte, kann eine Bestrafung im Rahmen eines solchen Verwaltungsstrafverfahrens mit den Mitteln des Sicherungsverfahrens auch nicht sicher ausgeschlossen werden. Die Auferlegung einer Sicherheitsleistung in entsprechender Höhe ist daher gerechtfertigt. Sollte sie sich als unzureichend herausstellen, kann sie jederzeit erhöht werden (RS0005584 [T5]).

[41] 10.3. Da die einstweilige Verfügung bereits durch Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts in Vollzug gesetzt wurde, ist der Auftrag zum Erlag der Sicherheit zu befristen und das Fortbestehen der einstweiligen Verfügung von der Einhaltung der Frist abhängig zu machen (RS0005722 [T1]).

[42] 11. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Kosten der Revisionsrekurse auf §§ 40, 43 Abs 2, 50 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 4 EO und hinsichtlich der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung des Antragstellers auf § 393 Abs 1 EO.

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