European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0040OB00561.76.1005.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Rekurs des Antragstellers gegen die Zurückweisung seines Begehrens nach einer Beitragsleistung der Antragsgegner zu den Herstellungs-, Gestaltungs- und Erhaltungskosten der Notwegeanlage wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Begründung:
In Punkt 1. seines – im zweiten Rechtsgang gefaßten – Beschlusses vom 22. 12. 1975 (ON 36) räumte das Erstgericht dem Antragsteller und dessen Rechtsnachfolgern im Eigentum der Liegenschaft EZ *9 KG * mit den Grundstücken Nr * Baufläche, Wohnhaus in * und Nr */2 Acker zur ordentlichen Bewirtschaftung und Benützung dieser Liegenschaft einen Notweg in der Breite von 3 m Fahrbahn und einer Gesamtbreite von 11,5 m zum Gehen und Fahren mit landesüblichen Fahrzeugen jeder Art von dem über das Grundstück Nr *5 Acker der EZ *5 KG * führenden Güterweg „*“ über die den Antragsgegnern gehörenden Grundstücke Nr *5 Acker, Nr *0 Weide und Nr *7 Acker der Liegenschaft EZ *5 KG * zu dem dem Antragsteller gehörenden Grundstück Nr */2 Acker ein; der Notweg sei vom Antragsteller durch eine sachkundige Baufirma nach entsprechender behördlicher Genehmigung herzustellen, wobei zwei Auf- und Abfahrten auf dem Notweg im Bereich des Grundstückes Nr *7 Acker anzulegen seien. Punkt 2. des Beschlusses beschreibt den Verlauf dieses Notweges näher. Gemäß Punkt 3. wird der Entschädigungsbetrag mit S 34.000,‑‑ festgesetzt und dem Antragsteller zur Zahlung an die Antragsgegner binnen 4 Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses auferlegt (§ 15 Abs 5 NotwegeG). Der folgende Punkt 4. betrifft die sich aus der Einräumung des Notweges und der Festsetzung eines Entschädigungsbetrages ergebenden grundbücherlichen Eintragungen, Punkt 5. normiert die Kostenersatzpflicht des Antragstellers.
Bei der Bemessung der Entschädigungssumme ging das Erstgericht auf Grund des Gutachtens der Sachverständigen Dipl. Ing. J* und Ing. E* (ON 31 S. 121 ff) von folgenden Ansätzen aus:
a) Zur Anlegung des Notweges werde voraussichtlich eine Fläche von 2.200 m2 erforderlich sein. Als Wert dieses Grundes sei das arithmetische Mittel aus dem ortsüblichen Verkehrswert von S 9,‑‑ pro Quadratmeter und dem Ertragswert bei Anbau von Futtergerste von S 4,87 pro Quadratmeter anzunehmen, was einen Quadratmeter-Preis von S 6,94 ergebe; daraus errechne sich für 2.200 m2 ein Grundwert von S 15.265,25.
b) Da der Notweg die belasteten Grundstücke, insbesondere das Ackergrundstück Nr *7, in einer Länge von insgesamt 190 m durchschneide und damit eine durchgehende Bearbeitung dieser – 25 bis 30 Grad geneigten – Flächen verhindere, gebühre den Antragsgegnern für die dadurch verursachte Wirtschaftserschwernis nach den Vergütungsrichtsätzen der Niederösterreichischen Landes-Landwirtschaftskammer ein Abgeltungsbetrag von S 100,‑‑ pro Laufmeter, insgesamt also ein Betrag von S 19.000,‑‑.
Aus diesen beiden Komponenten ergebe sich eine Entschädigungssumme von S 34.265,25 oder (abgerundet) S 34.000,‑‑, wobei bewußt vernachlässigt werde, daß ein im Verlauf der geplanten Notwegetrasse bereits vorhandener, etwa 50 cm breiter Fußsteig bei einer Gesamtlänge von 190 m schon jetzt einen Ernteausfall auf einer Bodenfläche von 95 m2 bedinge.
Im übrigen vertrat das Erstgericht die Rechtsauffassung, daß allein die Durchschneidung eines Grundstücks durch eine aufgezwungene Wegeanlage eine Entwertung dieser Grundfläche zur Folge habe. Der mit der Errichtung des Weges zwangsläufig verbundene Bau von Böschungen verursache auch insofern eine Wirtschaftserschwernis, als die aus Sicherheitsgründen notwendige Bearbeitung des in Hanglage befindlichen Ackers in der Richtung des Gefälles, also senkrecht zum Weg, jetzt nicht mehr durchgehend möglich sei. Dazu komme, daß bis zur Bildung einer Grasnarbe auf den Böschungen noch mit einer Gefährdung der unterhalb des Weges liegenden Flächen durch abfließendes Wasser bei starken Niederschlägen gerechnet werden müsse. Um dieser Gefahr begegnen zu können, müsse der Weg von einer sachkundigen Baufirma nach entsprechender behördlicher Genehmigung hergestellt werden.
Der Beschluß des Erstgerichtes wurde vom Antragsteller „hinsichtlich der Festsetzung des Entschädigungsbetrages mit S 34.000,‑‑ und hinsichtlich der Bestimmung der Fahrbahnbreite mit 3 m, behördlicher Genehmigung und erhöhter Gerichtskosten“ mit Rekurs angefochten; der Rekursantrag ging dahin, den angefochtenen Beschluß aufzuheben oder dahin abzuändern, „daß die Entschädigungssumme mit S 1.500,‑‑ festgesetzt wird oder mit S 100,‑‑ jährlich bzw. bei Eigentumsübergang S 8.500,‑‑,
daß die erhöhten Gerichtskosten gemäß § 25 vom Antragsgegner zu bezahlen sind,
daß die Fahrbahnbreite des Weges mit der Toleranz von 3 bis 4,50 m Breite bestimmt wird,
daß die zusätzliche behördliche Genehmigung als nicht erforderlich ausbleibt,
daß die Anteilnahme des Antragsgegners bei den Herstellungs-, Gestaltungs- und Erhaltungskosten bei Mitbenützung gemäß § 1 und § 17 des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1973 bestimmt wird“.
Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht diesen Rekurs insoweit zurück, als mit ihm eine Beitragsleistung der Antragsgegner zu den Kosten der Herstellung, Gestaltung und Erhaltung der Notwegeanlage bei deren Mitbenützung durch die Antragsgegner sowie eine 3,5 m übersteigende Fahrbahnbreite begehrt wurde; im übrigen wurde der Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe bestätigt, daß im letzten Absatz des Punktes 1. die Worte „ ..... nach entsprechender behördlicher Genehmigung“ zu entfallen hätten. Auch im Außerstreitverfahren sei es ausgeschlossen, im Rekurs neue, von den bisherigen Behauptungen abweichende oder noch gar nicht aufgestellte Tatsachenbehauptungen vorzubringen oder neue, von den bisherigen abweichende Anträge zu stellen. Da ein Begehren, die den Weg mitbenützenden Antragsgegner in analoger Anwendung der § 1 Abs 3, § 17 Abs 3 des niederösterreichischen Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1973 zur Leistung eines Beitrages zu den Herstellungskosten dieser Anlage zu verpflichten, in erster Instanz ebensowenig gestellt worden sei wie ein Antrag, die Fahrbahnbreite auf mehr als 3,5 m zu erhöhen, habe das Rechtsmittel in diesem Umfang wegen „Unzulässigkeit des Rekursvorbringens bzw. des Rechtsmittelbegehrens“ zurückgewiesen werden müssen. Davon abgesehen, bestünden aber gegen die vom Erstgericht auf Grund des Sachverständigengutachtens vorgenommene Bemessung der Entschädigung mit S 34.000,‑‑ keine Bedenken, so daß dem Rekurs des Antragstellers im übrigen ein Erfolg zu versagen gewesen sei. Dabei sei lediglich die Bindung der Herstellung der Notwegeanlage an eine vorhergehende behördliche Genehmigung aus dem Spruch der Entscheidung zu eliminieren gewesen, weil einer solchen Genehmigungspflicht – welche übrigens im Notwegegesetz nicht vorgesehen sei – dort, wo sie nach den polizeilichen Gesetzen bestehe, ex lege Bedeutung zukomme, weshalb es überflüssig erscheine, im Beschluß des Gerichtes ihre Erfüllung zur Bedingung der Durchführung der bewilligten Notwegeanlage zu machen.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der (Revisions-)Rekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über die Entschädigungsfrage aufzutragen und insbesondere die Zahlungspflicht des Antragstellers mit höchstens S 10.000,‑‑ festzusetzen.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist, soweit es als Rekurs aufzufassen ist, unberechtigt, im übrigen aber unzulässig.
Vorweg ist festzuhalten, daß die Rekursentscheidung insoweit, als der Antrag auf Einräumung eines mehr als 3,5 m breiten Notweges zurückgewiesen, die Worte ".... nach entsprechender behördlicher Genehmigung“ aus Punkt 1. Abs 2 des erstgerichtlichen Beschlusses ausgeschieden und dem Rekurs im Kostenpunkt nicht Folge gegeben wurde, vom Antragsteller nicht weiter bekämpft wird, Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittels vielmehr nur noch die Höhe der vom Antragsteller zu zahlenden Entschädigung ist. Der Beschluß des Erstgerichtes ist somit in seinem Punkt 1. (Einräumung des Notweges) sowie im Kostenpunkt (Punkt 5.) – welcher gemäß § 14 Abs 2 AußStrG ohnehin einer Anfechtung in dritter Instanz entzogen wäre – in Rechtskraft erwachsen.
Richtig ist ferner, daß der Antragsteller ein Begehren, den Antragsgegnern für den Fall einer Mitbenützung des Notweges durch sie in entsprechender Anwendung der §§ 1, 17 des niederösterreichischen Güter-und Seilwege-Landesgesetzes 1973 einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung, Gestaltung und Erhaltung der Wegeanlage aufzuerlegen, in erster Instanz nicht erhoben hat. Da es den Parteien auch im Außerstreitverfahren ungeachtet der Bestimmung des § 10 AußStrG grundsätzlich verwehrt ist, im Rekursverfahren neue Anträge zu stellen (so insbesondere EvBl 1974/226 = NZ 1974, 155; ebenso 1 Ob 205, 206/74, 1 Ob 167/75, 6 Ob 128/75, 6 Ob 589/76), hat das Rekursgericht das Rechtsmittel des Antragstellers in diesem Umfang mit Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Soweit jedoch im übrigen die Entscheidung des Erstgerichtes über die Höhe der vom Antragsteller gemäß § 5 Abs 1 NotwegeG zu leistenden Entschädigung (Punkt 3. des Beschlusses ON 36) zur Gänze bestätigt wurde, ist der Rechtsmittelwerber nunmehr auf die Anfechtungsgründe des § 16 Abs 1 AußStrG beschränkt. Die im Revisionsrekurs ausdrücklich geltend gemachten Anfechtungsgründe der offenbaren Gesetzwidrigkeit und der Aktenwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung sind jedoch aus nachstehenden Erwägungen nicht gegeben:
Wenn der Antragsteller dem Rekursgericht zunächst vorwirft, daß es sich mit den aus einer allfälligen Mitbenützung des Notweges für die Antragsgegner verbundenen Vorteilen überhaupt nicht befaßt, die diesbezüglichen Rekursausführungen zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen und dadurch die in § 15 Abs 1 NotwegeG normierte Verpflichtung, in der Begründung der Entscheidung die für die Überzeugung des Gerichtes maßgebenden Umstände darzulegen, verletzt habe, dann ist ihm folgendes entgegenzuhalten: Es ist richtig, daß der Antragsteller bereits in seiner dem Erstgericht am 17. 12. 1975 vorgelegten „weiteren Stellungnahme“ (bei ON 35) ausdrücklich gebeten hatte, für den Fall einer Mitbenützung des geplanten Notweges durch die Antragsgegner die von ihm zu zahlende Entschädigungssumme „dementsprechend zu reduzieren“ (S. 148). Da das Erstgericht auf dieses Vorbringen überhaupt nicht eingegangen ist, die vom Antragsteller zu leistende Entschädigung vielmehr auf Grund des Sachverständigengutachtens ON 31 – welches eine Berücksichtigung allfälliger Vorteile der Antragsgegner durch eine Mitbenützung des künftigen Notweges gleichfalls nicht erkennen läßt – mit S 34.000,‑‑ festgesetzt hat, konnte der Rekursantrag des Antragstellers, „die Anteilnahme des Antragsgegners bei den Herstellungs-, Gestaltungs- und Erhaltungskosten bei Mitbenützung gemäß § 1 und § 17 des niederösterreichischen Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1973 zu bestimmen“ (S. 161), im Zusammenhang mit dem sich darauf beziehenden Rekursvorbringen (S. 158) allenfalls auch so verstanden werden, daß der Antragsteller damit (auch) die Nichtberücksichtigung seines in diese Richtung gehenden Vorbringens durch das Erstgericht rügen wollte, dessen Beachtung seiner Meinung nach zu einer entsprechenden Herabsetzung der Entschädigung hätte führen müssen. Auch damit wäre aber für den Antragsteller nichts gewonnen, weil dem Rekursgericht auch bei einer solchen Deutung des Rechtsmittelvorbringens nur eine – allerdings auf der aktenwidrigen Annahme einer Neuerung beruhende – Nichterledigung einer im Rekurs erhobenen Mängelrüge und damit wiederum nur ein Verfahrensmangel vorgeworfen werden könnte, welcher keinesfalls das Gewicht einer Nichtigkeit (Nullität) hätte und daher im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nach § 16 Abs 1 AußStrG nicht beachtet werden könnte (SZ 23/10; SZ 38/172; SZ 39/115 u.v.a.).
Entgegen der Meinung des Rekurswerbers kann aber auch von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung über die Höhe der Entschädigungssumme keine Rede sein: Gemäß § 5 Abs 1 NotwegeG hat der des Notweges bedürftige Grundeigentümer für allen Schaden, der durch die Einräumung des Notweges den damit belasteten Liegenschaften zugefügt wird, eine angemessene Entschädigung zu leisten. Welcher Betrag als Entschädigung im Sinne dieser Gesetzesstelle „angemessen“ ist, ist in erster Linie eine Ermessensfrage; eine offenbare Gesetzwidrigkeit der Entscheidung käme insoweit daher überhaupt nur dann in Betracht, wenn die Untergerichte bei der Festsetzung der Entschädigungssumme gegen die im Gesetz (§ 5 Abs 1, § 6 NotwegeG) hiefür gegebenen Richtlinien offenbar verstoßen hätten (vgl. dazu die Rechtsprechung zum gleichartigen Problem der Enteignungsentschädigung: SZ 40/11 = RZ 1967, 204 = ZVR 1967/182; JBl 1972, 327 u.v.a., zuletzt etwa 4 Ob 611, 612/74). Eine Verletzung dieser Grundsätze vermag der Rekurswerber aber nicht aufzuzeigen: Im Einklang mit dem Sachverständigengutachten haben die Untergerichte bei der Bemessung der Entschädigungssumme im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 18/132; SZ 37/2 = EvBl 1964/266 = JBl 1964, 373 = ZVR 1964/139) nicht nur auf den Verkehrswert des durch den Notweg betroffenen Grundstückteiles sondern darüber hinaus auch auf die weiteren Nachteile Bedacht genommen, die sich für die Eigentümer der belasteten Liegenschaft durch die Erschwerung der Wirtschaftsführung ergeben werden. Daß eine solche Wirtschaftserschwernis auch im konkreten Fall als gegeben angenommen wurde, den Antragsgegnern hiefür nach den Vergütungsrichtlinien der Niederösterreichischen Landes-Landwirtschaftskammer ein Pauschalbetrag von S 100,‑‑ pro Laufmeter zuerkannt und dabei der Umstand, daß die ersten 50 m des geplanten Notweges über unproduktiven Grund führen, bewußt vernachlässigt wurde, kann schon deshalb nicht offenbar gesetzwidrig sein, weil das Gesetz keinerlei Bestimmungen über die Berechnung der „angemessenen“ Entschädigung kennt.
Mit dem – im übrigen nicht näher konkretisierten – Vorwurf, die Untergerichte hätten bei der Bemessung der Entschädigung ihre gesetzliche Verpflichtung, die für die Entscheidung maßgebenden Tatumstände von Amts wegen klarzustellen, vernachlässigt, macht der Antragsteller aber wieder nur einen (vermeintlichen) Verfahrensmangel geltend, welcher, wie oben ausgeführt, im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nach § 16 Abs 1 AußStrG. unberücksichtigt bleiben muß.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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