European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0040OB00543.76.0525.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 15.724,50 (einschließlich S 2.400,-- Barauslagen und S 987,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Erstklägerin begehrt die Zahlung eines Betrages von S 2,044.541,93 und die Zweitklägerin die Zahlung eines Betrages von S 227.172,44 s.A. als restlichen Kaufpreis für ihre Geschäftsanteile an der I* Ges.m.b.H. V*, die sie dem Beklagten übertragen hätten.
Die beklagte Partei beantragt Abweisung dieser Begehren mit der Begründung, daß der vereinbarte Kaufpreis von S 6,750.000,-- für die Erstklägerin und von S 750.000,-- für die Zweitklägerin nur unter der Voraussetzung festgelegt worden sei, daß die Jahresbilanz 1971 der angeführten Gesellschaft zumindest ausgeglichen sei. Tatsächlich habe aber die Jahresbilanz 1971 einen Verlust in der Höhe von S 2,271.724,37 ergeben, sodaß sich der Kaufpreis (anteilsmäßig) um insgesamt diesen Betrag vermindert habe.
Das Erstgericht sprach der Erstklägerin einen Betrag von S 1,756.378,25 und der Zweitklägerin einen Betrag von S 195.153,15 jeweils s.A. zu und wies das Mehrbegehren (unangefochten) ab.
Es ging von folgendem Sachverhalt aus:
Die Erstklägerin sei Gesellschafterin der I* Gesellschaft m.b.H., V*, mit einem Geschäftsanteil im Nominalbetrag von S 3,600.000,-- und die Zweitklägerin Gesellschafterin dieser Gesellschaft mit einem Geschäftsanteil im Nominalbetrag von S 400.000,-- gewesen.
Im Jahre 1971 habe Rechtsanwalt Dr. S* dem Geschäftsführer der Beklagten, Kommerzialrat * R*, mitgeteilt, daß die Klägerinnen ihre Geschäftsanteile an der I* Ges.m.b.H. verkaufen wollten. R* habe erklärt, daß seine Firma unter Umständen an einem Erwerb dieser Anteile interessiert wäre; dies werde jedoch davon abhängen, was eine allfällige Prüfung der Firma ergebe. Kurz darauf habe Ing. * Z*, der bei der I* Ges.m.b.H. als Prokurist angestellt sei, Kommerzialrat R* angerufen und erklärt, er habe von H* Auftrag erhalten, mit ihm Verbindungen aufzunehmen. Nach Terminvereinbarungen habe Ing. Z* Kommerzialrat R* einen Besuch abgestattet und diesem erklärt, er habe Vollmacht, alle von R* bezüglich der I* Ges.m.b.H. gestellten Fragen zu beantworten. Kommerzialrat R* habe mit Ing. Z* einen Termin zur Besichtigung des Betriebes der I* Ges.m.b.H. vereinbart. Zum vereinbarten Termin habe er diesen Betrieb aufgesucht und habe ihn gemeinsam mit Ing. Z* besichtigt. Dieser habe ihm hiebei die Zwischenbilanz per 30. 6. 1971 und die Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 1. 1. bis 30. 6. 1971 übergeben, aus der sich ein „Gewinn vor Steuern“ von S 376.171,-- ergeben habe. Ferner habe er Aufstellungen der Maschinen und der technischen und baulichen Gegebenheiten übergeben. Kommerzialrat R* habe die Möglichkeit gehabt, bei diesem Besuch im Betrieb der I* Ges.m.b.H. in die ganze Buchhaltung Einsicht zu nehmen und mit dem Buchhalter zu sprechen. Es sei zu keinen Vereinbarungen gekommen. Kommerzialrat R* habe erklärt, er würde die Firma unter Umständen kaufen, das hänge vom Preis ab. Ing. Z* habe diese Stellungnahme weiterleiten sollen.
Bei seinem Besuch bei der I* Ges.m.b.H. habe Kommerzialrat R* auch in den Bericht des Wirtschaftsprüfers * S* über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. 12. 1970 der I* Ges.m.b.H. Einsicht genommen. Dieser Bericht habe einen Reingewinn 1970 von S 5,202.612,80 ergeben. In der Bilanz sei unter dem Titel „sonstige Forderungen“ ein Betrag von S 7.403.723,09 als Aktivum eingesetzt gewesen. Wie sich aus dem Bericht ergeben habe, sei hierin ein Betrag von S 3,038.979,23 für vom Finanzamt I* noch nicht gutgeschriebene Umsatzsteuerrückvergütungen enthalten gewesen. In dem Bericht heiße es hiezu unter TZ 17: „Von der Firma wurden am 31. 12. 1970 die Ausfuhrvergütungsansprüche für die Monate Juli bis Dezember 1970, die bis zu diesem Zeitpunkt vom Finanzamt I* noch nicht gutgeschrieben waren, aktiviert. Nach österreichischem Steuerrecht stellen die Bestimmungen über Ausfuhrvergütungen keine Muß-, sondern nur eine Kannvorschrift dar. Daher dürfen steuerlich nur jene Vergütungen als Erträge verbucht werden, die bis zum Bilanzstichtag vom Finanzamt gutgeschrieben werden. Werden sie dennoch nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise aktiviert, so sind diese Beträge bei der Ermittlung des steuerlichen Ergebnisses nicht zu berücksichtigen, also auszuscheiden.“
Aus TZ 25 dieses Berichtes ergebe sich, daß die gegenständlichen Forderungen aus Umsatzsteuerrückvergütungen bei der Ermittlung des körperschaftssteuerlichen Einkommens nicht berücksichtigt worden seien.
Am 18. 11. 1971 sei es im Büro des Kommerzialrates R* zu einer Besprechung gekommen, an welcher außer diesem Dr. * I*, Diplomvolkswirt * H*, Ing. Z* und gegen Schluß der Besprechung auch Dr. S* teilgenommen haben. Dr. I* und H* haben als Angestellte der C* AG, der Muttergesellschaft der Klägerin, an diesen Verhandlungen mit dem Auftrag und der Vollmacht teilgenommen, über den Verkauf der Geschäftsanteile der Klägerin an der I* Ges.m.b.H. an die Beklagte zu verhandeln. Zu Beginn der Verhandlungen habe zwischen jenem Preis, den die Klägerin verlangt habe, und jenem, den die Beklagte zu zahlen bereit gewesen sei, eine Differenz in der Höhe von ca. S 7,000.000,-- bestanden. Im Zuge der Verhandlungen sei Kommerzialrat R* ein weiteres Zwischenergebnis vorgelegt worden, und zwar die Zwischenbilanz zum 31. 7. 1971 und die Gewinn- und Verlustrechnung vom 1. 1. bis 31. 7. 1971. Hieraus ergebe sich für diese Zeit ein „Gewinn vor Steuern“ von S 489.423,--. Bei den Verhandlungen habe die Frage der zu erwartenden Jahresbilanz 1971 eine wesentliche Rolle gespielt. Die Vertreter der Klägerinnen haben mehrmals auf den hohen Gewinn des Jahres 1970 hingewiesen, wozu Kommerzialrat R* erklärt habe, daß das Jahr 1970 ihn nicht interessiere, weil der hohe Gewinn dieses Jahres atypisch sei. Kommerzialrat R* habe sein ursprüngliches Anbot auf S 5,000.000,-- erhöht, die Vertreter der Klägerinnen haben ihre ursprünglichen Forderungen auf S 7,5 Millionen ermäßigt. Nach längerem Stocken der Verhandlungen habe Kommerzialrat R* erklärt, er wäre bereit, einen Kaufpreis in der Höhe von S 7,5 Millionen zu bezahlen, wenn ihm garantiert werde, daß per Ende 1971 eine ausgeglichene Bilanz vorliege. Dr. I*, H* und Ing. Z* haben ihm hierauf zugesichert, daß die Bilanz 1971 ausgeglichen sein und daß wahrscheinlich sogar ein kleiner Gewinn zu verzeichnen sein werde. Kommerzialrat R* habe sich auf Grund dieser Zusage mit einem Kaufpreis in der Höhe von S 7,5 Millionen einverstanden erklärt und gesagt, es müsse keinen Gewinn geben, sondern nur eine ausgeglichene Bilanz. Er würde jedoch, falls sich etwa ein kleiner Verlust von S 1.000,-- oder S 2.000,-- ergeben werde, nicht so kleinlich sein und etwa deshalb den Kaufschilling reduzieren. Die Verhandlungen haben mit einer vollen Einigung geendet. Dr. S*, der gegen Schluß der Besprechungen bei diesen anwesend gewesen sei, sei beauftragt worden, auf Basis der Verhandlungsergebnisse ein schriftliches Anbot der Beklagten zu verfassen. Er habe jedoch in dieser Sache ausschließlich die Klägerinnen vertreten. Bei den Verhandlungen habe Kommerzialrat R* im Zusammenhang mit seinem Verlangen nach einer ausgeglichenen Bilanz ausdrücklich erklärt, er wolle jedenfalls, wenn er das Unternehmen übernehme, keinen Verlustvortrag in das nächste Jahr mitnehmen. Bei den Gesprächen über das zu erwartende Ergebnis 1971 sei von allfälligen Belastungen, die sich noch aus dem Vorjahr ergeben könnten, in keiner Weise die Rede gewesen. Der Inhalt der vorangeführten, seitens der Klägerinnen unwidersprochen gebliebenen Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten habe auch der Absicht der Vertragsteile hinsichtlich des in Frage stehenden Begriffes der „ausgeglichenen Bilanz“ entsprochen.
In der Folge habe Dr. S* im Auftrag der Klägerinnen versucht, Kommerzialrat R* doch zu einer neuerlichen Erhöhung des Kaufpreises zu bewegen, was jedoch mißlungen sei. Er habe hierüber mit Schreiben vom 22. 11. 1971 an die C* AG als Muttergesellschaft der Klägerinnen berichtet, und zugleich das schriftliche Anbot der Beklagten übermittelt. Hierauf habe Dr. S* das Schreiben der C* AG vom 7. 12. 1974 erhalten, mit dem die Annahme des Anbotes erklärt und Dr. S* beauftragt worden sei, die notarielle Beurkundung des Übernahmevertrages zu veranlassen. Zugleich sei er ersucht worden, wenn möglich, zu erreichen, daß im Vertrag die in einer angeschlossenen Aktennotiz angeführten Punkte berücksichtigt werden sollten. Punkt 1.) dieser Dr. S* zugleich übersendeten Aktennotiz habe gelautet:
„Gewährleistung.
Beim Verkauf eines Unternehmens durch Übernahme aller Geschäftsanteile finden hinsichtlich der Mängel des Unternehmens die Vorschriften über die Gewährleistung für Sachmängel Anwendung. Das bedeutet, daß im vorliegenden Fall der Kaufpreis gemindert oder der Kaufvertrag gewandelt werden könnten, wenn sich später einzelne Mängel des Unternehmens der verkauften Ges.m.b.H. herausstellen. Diese Rechtsfolge sollte ausgeschlossen werden, wenn etwaige Mängel vermutlich bereits bei den Kaufpreisfestsetzungen berücksichtigt worden sind. Es wird daher empfohlen, in den Kauf- und Abtretungsvertrag bezüglich der GmbH Anteile folgende Klausel einzufügen:
‚Die Käuferin, die R* Ges.m.b.H. in Wien übernimmt das Unternehmen der I* Ges.m.b.H. in V*, das auf Grund der Abtretung aller Geschäftsanteile der I* Ges.m.b.H. in * auf die Käuferin übergeht, wie es steht und liegt, also ohne eine Gewährleistung der Verkäufer, der C*‑I* Ges.m.b.H. K* in H* und der C* C* AG in H*.‘“
Dr. S* habe sich zu Kommerzialrat R* begeben, dem er die angeführten Schreiben zur Einsicht vorgelegt habe. Kommerzialrat R* habe erklärt, daß, da es sich um ein Unternehmen mit Gebrauchtmaschinen handle, es selbstverständlich sei, daß die Gewährleistung ausgeschlossen werde und habe sohin der vorgeschlagenen Klausel zugestimmt. In dem Gespräch sei eindeutig zum Ausdruck gekommen, daß es sich nur um einen Ausschluß der Gewährleistung für Sachmängel habe handeln sollen. Nach dieser Besprechung zwischen Dr. S* und Kommerzialrat R* sei es dann zum Abschluß des Vertrages in der Form gekommen, daß die Beklagte ein in Form eines Notariatsaktes an sie gerichtetes Anbot in der selben Form fristgerecht angenommen habe. In diesem Anbot war unter Punkt 5.) festgehalten, daß die Kläger dafür gewährleisten, daß die zur Abtretung angebotenen Geschäftsanteile voll einbezahlt und frei von Rechtsmängeln und Lasten sind; unter Punkt 7.) wurde festgehalten, daß die Beklagte das Unternehmen der I* Ges.m.b.H. in V* durch Übernahme sämtlicher Geschäftsanteile dieser Gesellschaft wie es liegt und steht übernehme, demnach ohne Gewährleistung der abtretenden Gesellschafter ausgenommen der Bestimmung des Punktes „5“).
Wirtschaftsprüfer Dr. S* habe am 6. 3. 1972 den Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. 12. 1971 der I* Ges.m.b.H. erstellt. Aus der von ihm hiebei erstellten Jahresbilanz ergebe sich ein Reinverlust 1971 in der Höhe von S 2,271.724,37. Der Gewinnvortrag aus 1970 habe unter Berücksichtigung einer Änderung durch Betriebsprüfung und einer Gewinnausschüttung 1970 von S 5,000.000,-- S 1,951.531,40 betragen. Es ergebe sich daher ein Verlustvortrag 1971 in der Höhe von S 320.192,97. Die Beklagte habe diesen Bericht einige Monate nach Jahresbeginn 1972 erhalten.
In rechtlicher Hinsicht kam das Erstgericht, ausgehend von der Feststellung, daß die Klägerinnen der Beklagten ausdrücklich zugesagt haben, die Jahresbilanz 1971 des veräußerten Unternehmens werde ausgeglichen sein, und daß die Beklagte nur auf Grund dieser Zusage bereit gewesen sei, ihr Kaufpreisanbot auf den schließlich vereinbarten Betrag von S 7,5 Millionen zu erhöhen, zu dem Schluß, das Vorliegen einer ausgeglichenen Jahresbilanz 1971 sei eine ausdrücklich bedungene Eigenschaft des veräußerten Unternehmens gewesen. Bei Unrichtigkeit dieser Zusage haften daher die Klägerinnen aus dem Titel der Gewährleistung nach § 923 ABGB und es bestehe dementsprechend auch ein Preisminderungsanspruch der Beklagten gemäß § 932 ABGB. Da nach der festgestellten Parteienabsicht in diesem Zusammenhang aber nicht etwa vom Geschäftsergebnis des Jahres 1971 auszugehen sei, sondern vom Gesamtergebnis der Bilanz 1971, widerspreche diese nur insofern der Zusage der Klägerinnen als sich daraus ein Verlustvortrag in der Höhe von S 320.192,97 ergebe. Die Frage, inwieweit für den Verlust des Jahres 1971 die nachträgliche Versteuerung von Umsatzsteuern und Rückvergütungen aus dem Jahre 1970 maßgeblich gewesen sei und ob, bzw. inwieweit diese auf Grund eines Studiums des Prüfungsberichtes 1970 voraussehbar gewesen sei, sei unerheblich, da die Zusage der ausgeglichenen Bilanz ohne jede diesbezügliche ausdrückliche oder konkludente Einschränkung erfolgt sei. Der Preisminderungsanspruch der Beklagten bestehe daher nur im Umfang des sich aus der Jahresbilanz der I* Ges.m.b.H. für 1974 ergebenden Verlustvortrages von S 320.192,97 zu Recht, weshalb auch die zuzusprechenden Klagsbeträge anteilig um diesen Betrag zu vermindern gewesen seien.
Die Berufung der Beklagten gegen den stattgebenden Teil des erstgerichtlichen Urteiles blieb erfolglos. Das Berufungsgericht ging davon aus, daß das Erstgericht eine ausdrückliche Feststellung über die Absicht der Parteien bei Abschluß des Vertrages getroffen habe und daher die Auslegung der Vertragsurkunde nicht rechtliche Beurteilung, sondern Beweiswürdigung sei. Die Beweiswürdigung des Erstgerichtes sei aber unbedenklich, sodaß die Feststellungen des Erstgerichtes zu übernehmen seien. Das gelte insbesondere von der Feststellung, daß der Geschäftsführer der Beklagten erklärte, die Bilanz (für das Jahr 1971) dürfe keinen Verlust aufweisen, er wolle jedenfalls keinen Verlustvortrag in das nächste Jahr mitnehmen, und daß diese Erklärung der gemeinsamen Parteienabsicht darüber, was unter einer „ausgeglichenen Bilanz“ zu verstehen sei, entsprochen habe. Daraus folge rechtlich, daß richtigerweise der vereinbarte Kaufpreis nur um den Verlustvortrag der Bilanz für das Jahr 1971 in der Höhe von S 320.192,97, nicht aber um den Reinverlust für das Jahr 1971 in der Höhe von S 2,271.724,37, der durch den Gewinnvortrag aus dem Jahr 1970 in der Höhe von S 1,951.531,40 vermindert wurde, gekürzt worden sei.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer vollständigen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder es aufzuheben.
Die klagenden Parteien beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Auszugehen ist davon, daß nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes der Geschäftsführer der Beklagten bei den Verhandlungen über den Kauf der Geschäftsanteile der Klägerinnen erklärte, er zahle den Preis von (insgesamt) S 7,5 Millionen unter der Voraussetzung, daß per Ende 1971 eine ausgeglichene Bilanz vorliege und daß er dies dahin erläuterte, er wolle jedenfalls, wenn er das Unternehmen übernehme, keinen Verlustvortrag in das nächste Jahr mitnehmen. Weiter wurde festgestellt, daß dieser Auslegung des Begriffes „ausgeglichene Bilanz“ von der Gegenseite nicht widersprochen wurde und daß diese Auslegung der Parteienabsicht entsprach. Die Feststellung des Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins einer bestimmten Absicht dessen, der eine Willenserklärung abgibt, ist aber eine im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbare Tatfrage (Fasching ZP IV 33). Damit ist allen Ausführungen der Revision darüber, daß die Erklärung des Geschäftsführers der beklagten Partei nicht diese Bedeutung gehabt habe, der Boden entzogen.
Mit Recht hat aber das Berufungsgericht auch darauf verwiesen, daß eine Auslegung der Erklärung des Geschäftsführers der beklagten Partei im Sinn der Auslegungsregel des § 914 ABGB zum selben Ergebnis führte. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Bedeutung eines Ausdruckes ist nämlich nach der Bestimmung des § 914 ABGB dieser so zu verstehen, wie ihn der Erklärungsempfänger unter Berücksichtigung aller Umstände und der Übung des redlichen Verkehrs auffassen durfte (Gschnitzer-Klang 2 IV 404, Koziol-Welser, Grundriß I3 68 f., JBl 1975 602 u.a.). Darnach konnte aber die Erklärung des Geschäftsführers der beklagten Partei, er zahle den verlangten Preis, wenn die Bilanz des Jahres 1971 ausgeglichen sein werde, im Zusammenhang mit der weiteren Erklärung, er wolle jedenfalls, wenn er das Unternehmen übernehme, keinen Verlustvortrag in das nächste Jahr übernehmen, nur dahin verstanden werden, daß nicht der sich im Jahre 1971 ergeben de Gewinn oder Verlust, sondern der Umstand entscheidend sein soll, daß in der Bilanz für das Jahr 1971 im Endergebnis kein Verlustvortrag ausgewiesen werde. Die beklagte Partei kann sich daher nicht darauf berufen, daß diese Erklärung einen anderen Sinn gehabt habe. Die Ausführungen der Revision zeigen weder eine Aktenwidrigkeit noch einen Verstoß gegen Denkgesetze, sondern nur die Möglichkeit auf, daß der Geschäftsführer der beklagten Partei andere Überlegungen anstellte. Damit stand aber die von den Untergerichten festgestellte Parteienabsicht und auch der objektive Inhalt der von ihm abgegebenen Erklärung nicht im Einklang, sodaß darauf nicht einzugehen ist. Es ist nur darauf zu verweisen, daß der Hinweis der Verkäufer auf das ungewöhnlich günstige Wirtschaftsergebnis des Jahres 1970 keineswegs ausschließt, daß sich der Geschäftsführer der beklagten Partei beim Kauf der Geschäftsanteile damit begnügte, daß die Bilanz für das Jahr 1971 wenigstens im Ergebnis ausgeglichen sei, also keinen Verlustvortrag aufweist, er aber nicht zur Bedingung machte, daß im Jahre 1971 kein Verlust gegeben sei. Daß Gewinn oder Verlust in Bilanzen auf das nächste Jahr vorgetragen werden, haben die Untergerichte entgegen den Ausführungen in der Revision nicht übersehen. Gerade dieser Umstand, der den Verhandlungs- und Vertragspartnern als Kaufleuten bekannt sein mußte, führt dazu, der Erklärung des Geschäftsführers der beklagten Partei bei objektiver Auslegung den von den Untergerichten angenommenen Sinn beizumessen. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, daß der Geschäftsführer der beklagten Partei in Kenntnis des Prüfungsberichtes über das Jahr 1970, indem die Aktivierung der Ausfuhrvergütungen in voller Höhe bemängelt worden war, sodaß Auswirkungen auf den ausgewiesenen Gewinnvortrag und damit auf die Bilanz des nächsten Jahres zu erwarten waren, die Erklärung abgab, er wolle jedenfalls keinen Verlustvortrag in das nächste Jahr „mitnehmen“ (AS 109, 125/126). Gerade unter Berücksichtigung dieses Umstandes mußte der Erklärung des Geschäftsführers der beklagten Partei der Sinn beigemessen werden, den die Untergerichte angenommen haben. Da die Vertreter der Klägerinnen dieser Auslegung nicht widersprachen, ist somit dieser Inhalt der abgegebenen Erklärung zum Inhalt der Vereinbarung geworden. Damit ist aber der entscheidende Umstand geklärt, ob die von der Beklagten behauptete Bedingung für die Verbindlichkeit des vereinbarten Kaufpreises von 7,5 Millionen Schillingen, daß die Jahresbilanz 1971 wenigstens ausgeglichen sei, vereinbart wurde und welche Bedeutung der Begriff „ausgeglichene Bilanz“ in diesem Zusammenhang nach der übereinstimmenden Auffassung der Parteien und überdies auch nach der objektiven Auslegung dieses Ausdruckes hatte. Da darnach maßgeblich war, daß die Bilanz für das Jahr 1971 keinen Verlustvortrag aufweise, haben die Untergerichte mit Recht nur insoweit eine Minderung des Kaufpreises als gerechtfertigt anerkannt, als diese Voraussetzung nicht erfüllt wurde, und im übrigen dem Begehren nach Zahlung des restlichen Kaufpreises stattgegeben.
Da sich der Inhalt des umstrittenen Begriffes „ausgeglichene Bilanz“ auf Grund der Parteienabsicht und auch nach den objektiven Auslegungsregeln ermitteln läßt, kommt es nicht mehr darauf an, zu wessen Lasten eine Undeutlichkeit der Äußerung ginge (SZ 40/57, 45/20 u.a.).
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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