European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1978:0040OB00415.77.0207.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes vom 26. September 1977 (ON 17) wiederhergestellt und der Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 7. November 1977 (ON 20) zurückgewiesen wird.
Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.
Begründung:
Die F* besorgt die Generalvertretung der V* für verschiedene Länder Europas, insbesondere auch für Österreich. Bis zum 31. Dezember 1976 hatte sie der V* Ges.m.b.H. Nachfolger KG * („V* W*“) das ausschließliche Recht zum Verkauf der V*‑Produkte in Österreich eingeräumt. Diesen Lizenzvertrag hat sie mit Schreiben vom 20. September 1976 aufgekündigt und ab 1. Jänner 1977 der erstbeklagten Partei das ausschließliche Vertriebsrecht hinsichtlich der V*‑Produkte in Österreich übertragen. Daraufhin änderte V* W* ihre Firma auf W* KG.; sie vertreibt nunmehr Mineralölprodukte der Firma G* in Österreich. Sie steht daher zur erstbeklagten Partei, deren Geschäftsführer der Zweitbeklagte ist, auf dem österreichischen Markt beim Vertrieb von Mineralölprodukten in einem Wettbewerbsverhältnis.
Die klagende Partei (und ihr persönlich haftender Gesellschafter Ing. E*) erwirkten zu 1 Cg 110/77 des Landesgerichtes Salzburg eine (inzwischen in Rechtskraft erwachsene – siehe: 4 Ob 375/77) einstweilige Verfügung, wonach den beklagten Parteien unter anderem das Abwerben von Dienstnehmern der klagenden Partei verboten wurde. Dieses Verbot wurde im wesentlichen deswegen erlassen, weil die klagende Partei im Lauf der jahrzehntelangen Tätigkeit im Vertrieb von Mineralölprodukten eine Vertreterorganisation in ganz Österreich auf gebaut hatte, in deren Rahmen sie zuletzt vierzehn Gebietsvertreter beschäftigte, und die beklagten Parteien 7 davon für sich abwarben; 6 der abgeworbenen Vertreter sind noch bei den beklagten Parteien beschäftigt. 5 der abgeworbenen Vertreter hatten im Dienstvertrag mit dem bisherigen Dienstgeber (klagende Partei) eine Konkurrenzklausel vereinbart, wonach sie sich im wesentlichen verpflichteten, bei einem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis innerhalb eines Jahres keinen gleichartigen Posten bei einer Konkurrenzfirma anzunehmen. Daß die beklagten Parteien von diesen Konkurrenzklauseln Kenntnis gehabt hätten, wurde vom Rekursgericht ebensowenig als bescheinigt angesehen, wie die Rechtswirksamkeit dieser Klauseln (2 R 71/77 des Oberlandesgerichtes Linz S 10). Es wurde aber als bescheinigt angenommen, daß die Abwerbung der Dienstnehmer der klagenden Partei durch die beklagte Partei planmäßig zur Schwächung der Konkurrenztätigkeit der klagenden Partei und zur (teilweisen) Zerstörung der Vertreterorganisation der klagenden Partei erfolgte. Darin wurde ein nach § 1 UWG sittenwidriges Verhalten der beklagten Parteien erblickt und damit der Anspruch auf Unterlassung einer Abwerbung von Dienstnehmern als bescheinigt angesehen (2 R 71/77 des Oberlandesgerichtes Linz S 9 ff.).
Zu 1 Cg 210/77 des Landesgerichtes Salzburg begehrt die klagende Partei nunmehr neben der Feststellung der Schadenersatzpflicht der beklagten Parteien für alle Schäden aus der Abwerbung von 7 namentlich angeführten ehemaligen Dienstnehmern, die beklagten Parteien schuldig zu erkennen, die Beschäftigung von 6 dieser Dienstnehmer in einem jeweils angeführten Gebiet und für einen (datumsmäßig festgelegten) Zeitraum von einem Jahr ab Beginn des Dienstverhältnisses mit den beklagten Parteien zu unterlassen. Die klagende Partei stützt dieses Begehren im wesentlichen darauf, daß sie Anspruch auf Beseitigung des durch die wettbewerbswidrige Abwerbung der Dienstnehmer geschaffenen Zustandes habe. Zur Sicherung des erhobenen Unterlassungsanspruches beantragte die klagende Partei eine einstweilige Verfügung gleichen Inhaltes.
Die beklagte Parteien beantragten Abweisung dieses Begehrens. Die Beklagten hätten von den Konkurrenzklauseln der Dienstnehmer, soweit solche mit dem früheren Dienstgeber überhaupt vereinbart gewesen seien, nichts gewußt; im übrigen seien diese Konkurrenzklauseln auch nicht wirksam, sodaß das begehrte Beschäftigungsverbot eine Umgehung der zwingenden Bestimmungen der §§ 36, 37 AngGes darstelle. Das Begehren auf Unterlassung einer Beschäftigung der angeführten Dienstnehmer sei – insbesondere aus arbeitsrechtlichen Erwägungen – „rechtlich unzulässig“.
Das Erstgericht bewilligte (nach Aufhebung des Beschlusses vom 20. Juli 1977 ON 7 als nichtig) mit Beschluß vom 26. September 1977 (ON 17) neuerlich die beantragte einstweilige Verfügung. Es ging von dem oben angeführten Sachverhalt und davon aus, daß sie sechs im Begehren der klagenden Partei genannten (abgeworbenen) Vertreter noch bei den beklagten Parteien beschäftigt sind. Die Behauptung der klagenden Partei, daß die sittenwidrige Abwerbung ihrer Dienstnehmer nach den Verhältnissen der Branche bei ihr eine Fortwirkung zumindest für die Dauer eines Jahres ab dem Ausscheiden der betreffenden Dienstnehmer erwarten lasse, sei von den Beklagten nicht bestritten worden. Der sich aus § 15 UWG ergebende Anspruch auf Beseitigung der Folgen einer wettbewerbswidrigen Handlung sei im vorliegenden Fall den gegebenen Verhältnissen durch die Beschränkung des Beschäftigungsverbotes auf das seinerzeitige Vertretungsgebiet der abgeworbenen Vertreter und die zeitliche Begrenzung mit einem Jahr ab Eingehen des neuen Dienstverhältnisses angepaßt. Der Einwand, daß durch die beantragte einstweilige Verfügung in Rechte Dritter eingegriffen werde, komme nicht zum Tragen. Für allfällige Nachteile der Dienstnehmer hafte die erstbeklagte Partei, welche die Folgen ihres wettbewerbswidrigen Verhaltens tragen müsse.
Gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhoben die beklagten Parteien rechtzeitig Rekurs, wobei sie beantragten, diesem aufzuschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dieser Antrag wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 7. November 1977 (ON 20) abgewiesen, wogegen die beklagten Parteien ebenfalls rechtzeitig Rekurs erhoben.
Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes vom 26. September 1977 (ON 17) im Sinne einer Abweisung des Antrages der klagenden Partei auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab und verwies den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 7. November 1977 (ON 20) auf diese Entscheidung.
Das Rekursgericht ging davon aus, daß die wettbewerbswidrige Handlung der beklagten Parteien im planmäßigen Abwerben von Gebietsvertretern der klagenden Partei bestanden habe. Nunmehr gehe es um den Anspruch gemäß § 15 UWG auf Beseitigung des dem Gesetz widerstreitenden Zustandes. Dieser Anspruch sei auf Verfügungen beschränkt, durch welche die Rechtssphäre dritter Personen unberührt bleibe. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil die Rechtssphäre der betroffenen Dienstnehmer nicht nur finanzielle Ansprüche umfasse. Dem Beschäftigungsverbot stehe vielmehr das Recht der Dienstnehmer auf Beschäftigung, das nach dem nunmehrigen Stand des Arbeitsrechtes entgegen der in älteren Entscheidungen vertretenen Auffassung anerkannt werden müsse, entgegen. Überdies ließen sich bei einem Gebietsvertreter im Falle des Ausschlusses einer Tätigkeit im Außendienst die finanziellen Verluste nicht ausreichend beweisen, um den Dienstnehmer tatsächlich finanziell schadlos stellen zu können. Als Mittel zur Beseitigung der Folgen der wettbewerbswidrigen Abwerbung von Dienstnehmern wäre ein Auftrag an den nunmehrigen Dienstgeber, das Dienstverhältnis ehemöglichst zu kundigen, denkbar. Durch die Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sei dem Rekurs der beklagten Partei gegen die Versagung der aufschiebenden Wirkung ihres Rekurses der Boden entzogen.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern oder ihn aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Die klagende Partei macht im wesentlichen geltend, die Grundsätze des Arbeitsrechtes hätten sich nicht derart geändert, daß von der Rechtsprechung, wonach bei sittenwidriger Abwerbung von Arbeitskräften zur Beseitigung der Folgen dieses Verhaltens gemäß § 15 UWG auch ein zeitlich und örtlich zu begrenzender Anspruch auf Unterlassung der Beschäftigung dieser Arbeitskräfte durch denjenigen, der abgeworben hat, gegeben sei, abzugehen sei. Überdies sei nicht schlechthin die Beschäftigung der in der einstweiligen Verfügung angeführten Dienstnehmer durch die beklagte Partei, sondern nur die besonders angeführte Tätigkeit verboten worden.
Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.
Das Rekursgericht hat richtig erkannt, daß nunmehr nicht die Frage zu beurteilen ist, ob die beklagte Partei durch die Abwerbung der früheren Dienstnehmer der klagenden Partei wettbewerbswidrig gehandelt hat; diese Frage ist im Verfahren 1 Cg 110/77 des Landesgerichtes Salzburg geprüft und durch die dort erlassene einstweilige Verfügung bereits bejaht worden. Das wettbewerbswidrige Verhalten der beklagten Parteien wurde allerdings darin gesehen, daß die Abwerbung planmäßig zur Schwächung der Konkurrenztätigkeit der klagenden Partei und zur (teilweisen) Zerstörung der Vertreterorganisation der klagenden Partei erfolgte. Der Hinweis des Erstgerichtes in der Begründung der nunmehr erlassenen einstweiligen Verfügung auf die Konkurrenzklausel in Dienstverträgen abgeworbener Vertreter mit der klagenden Partei, die überdies nicht in allen Dienstverträgen enthalten war, ist verfehlt, weil ein wettbewerbswidriges Verhalten durch Verleitung dieser Dienstnehmer zum Vertragsbruch im Verfahren 1 Cg 110/77 nicht als bescheinigt angenommen worden war. Aber auch das als bescheinigt angenommene sittenwidrige Verhalten der beklagten Parteien begründete den von der klagenden Partei zu 1 Cg 110/77 des Landesgerichtes Salzburg erhobenen Anspruch auf Unterlassung der Abwerbung von Dienstnehmern der klagenden Partei. Dieser Anspruch umfaßt gemäß § 15 UWG auch das – nunmehr von der klagenden Partei geltend gemachte – Recht, die Beseitigung des den Vorschriften des Gesetzes widerstreitenden Zustandes vom Verpflichteten, soweit ihm die Verfügung darüber zusteht, zu verlangen. Während der Unterlassungsanspruch im engeren Sinn verhindern soll, daß künftig weitere Beeinträchtigungen der als wettbewerbswidrig erkannten Art erfolgen, dient der Beseitigungsanspruch der Abwehr bereits erfolgter, aber noch fortdauernder Störungen. Wer durch einen Gesetzesverstoß einen Störungszustand geschaffen hat, stört weiter, solange dieser Zustand nicht beseitigt ist. Seine Pflicht zum Handeln folgt aus seinem vorangegangenen Verhalten (Hohenecker‑Friedl Wettbewerbsrecht 87). Bei sittenwidriger Abwerbung von Arbeitskräften besteht der Störungszustand weiter, solange sich die Folgen dieser Handlung nach den Verhältnissen in der Branche und des gegebenen Falles noch in der Sphäre des früheren Dienstgebers auswirken und für diesen noch Folgen haben. Zur Beseitigung der Folgen einer sittenwidrigen Abwerbung kann daher den nunmehrigen Arbeitgeber, die Beschäftigung des abgeworbenen Dienstnehmers mit einer den Verhältnissen des Einzelfalles angepaßten zeitlichen, örtlichen und sachlichen Begrenzung des Verbotes untersagt werden (SZ 34/86, ÖBl 1963 72 ua).
Hinsichtlich der Wahrung dieser Grenze hat das Erstgericht zutreffend darauf verwiesen, daß die beklagten Parteien die Behauptung der klagenden Partei, das begehrte Verbot der Beschäftigung der angeführten Dienstnehmer mit den angegebenen zeitlichen und örtlichen Grenzen entspreche diesem Erfordernis, nicht bestritten haben. Dagegen wird auch im Rechtsmittelverfahren nichts mehr vorgebracht, sodaß diese Voraussetzung als erfüllt angesehen werden kann.
Das Rekursgericht vertrat allerdings die Ansicht, durch das begehrte Beschäftigungsverbot werde in unzulässiger Weise in Rechte der Dienstnehmer eingegriffen, da sich diese Rechte nicht in vertraglichen Ansprüchen finanzieller Natur gegen den nunmehrigen Dienstgeber erschöpften, sondern auch das Recht auf tatsächliche Beschäftigung entsprechend dem nunmehrigen Dienstvertrag umfaßten. Diese Auffassung kann nicht geteilt werden.
Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung SZ 34/86 allerdings lediglich darauf verwiesen, daß durch ein Beschäftigungsverbot nach § 15 UWG in die Rechte der Dienstnehmer nicht eingegriffen werde, da diesen nichts verboten werde und ihre Ansprüche gegen den nunmehrigen Dienstnehmer voll aufrecht blieben. Mit dem „Recht auf Beschäftigung“ befaßte sich der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit einer „Beurlaubung“ eines Dienstnehmers während der Kündigungsfrist in seiner Entscheidung JBl 1954/495 mit dem Ergebnis, daß dem Dienstnehmer, sofern nicht ein Gesetz für bestimmte Berufe eine besondere Regelung trifft, keinen Anspruch darauf habe, die vereinbarten Dienste auch tatsächlich leisten zu können, sodaß die „Beurlaubung“ des Dienstnehmers nicht rechtswidrig gewesen sei.
Die Auffassung, daß das österreichische Recht, soweit nicht Sonderregelungen bestehen, keinen gesetzlichen Anspruch auf Beschäftigung kenne, wird auch von Autoren, welche diese Auffassung nicht teilen und jedenfalls die Festlegung eines allgemeinen Anspruches des Dienstnehmers auf Beschäftigung bei einer künftigen Regelung des Arbeitsrechtes befürworten, als die herrschende Ansicht bezeichnet (Mayer-Maly, österreichisches Arbeitsrecht 101 f., Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser Arbeitsrecht I 139 f., Ostheim, Verhandlungen des österreichischen Juristentages in Wien 1970 Band I 4. Teil 101 ff.). Strasser (ÖJZ 1954 60 ff.) hält der herrschenden Auffassung im wesentlichen entgegen, daß sie nicht der Interessenlage entspreche, da das Dienstverhältnis nicht rein vermögensrechtlich gesehen werden dürfe und der Dienstnehmer nicht nur an der Fortzahlung des Entgeltes, sondern auch daran ein Interesse habe, daß er tatsächlich arbeiten könne. Der Umstand, daß der Dienstnehmer im Rahmen des Dienstvertrages auch tatsächlich beschäftigt werde und daß er dies auch rechtlich beanspruchen könne, sei daher „in der Regel“ für den Dienstnehmer Grundlage des Dienstvertrages, die dem Dienstgeber bekannt sei oder doch bekannt sein müsse, sodaß er Vertragsinhalt werde. Von den arbeitsrechtlichen Gesetzen werde allgemein ein Recht auf Beschäftigung weder anerkannt noch verneint. Dieser Gesichtspunkt wird auch von Ostheim (a.a.O.) mit dem Hinweis hervorgehoben, daß der Zwang zum Nichtstun den betreffenden Dienstnehmer nicht mehr als vollwertiges Glied der Berufsgemeinschaft und der Gesellschaft erscheinen lasse und daher die „grundlose“ Weigerung des Dienstgebers, dem Dienstnehmer die Erbringung seiner Dienste zu gewähren, den Dienstnehmer in seiner Menschenwürde und seinem persönlichen Wertgefühl schwer verletze; es müsse daher für eine Beschäftigungspflicht „grundsätzlich“ eingetreten werden, „soweit der Beschäftigung im konkreten Fall nicht überwiegende Interessen des Dienstgebers gegenüberstehen“, die sowohl in der Person des Dienstnehmers als auch in betrieblichen Verhältnissen gelegen sein könnten. Spielbüchler (a.a.O.) vertritt die Auffassung, die Möglichkeit, sich am vertrauten Arbeitsplatz betätigen zu können, dürfe nicht „von der Laune des Arbeitgbers“ abhängen, die dem Arbeitgeber obliegende Pflicht zur Fürsorge für die Person des Arbeitnehmers ergebe kraft Größenschlußes auch ein Recht auf Beschäftigung. Mayer-Maly (a.a.O.) führt aus, es seien „viele Fälle vorstellbar“, in denen die Beschäftigungspflicht nicht bloß Mittel zum Zweck (wie z.B. bei der Ausbildung eines Lehrlings), sondern Selbstzweck sei, sodaß es für die Beschäftigungspflicht nicht nur auf das schutzwürdige Interesse des Arbeitnehmers ankomme, sondern auf die personenbezogene Bedeutung der Arbeit als sinnvolle Lebensgestaltung und als Selbstverwirklichung und Selbstbestätigung. Die Wahrung dieses Interesses des Arbeitnehmers gehöre zum schuldigen Respekt vor der Person des Arbeitnehmers und somit zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, als deren Konkretisierung schon nach geltendem Recht ein allgemeiner Anspruch auf Beschäftigung Anerkennung zu verdienen scheine.
Alle diese für die Bejahung eines allgemeinen Anspruches auf Beschäftigung, gewissermaßen eines Grundrechtes auf Arbeit ins Treffen geführten Erwägungen, die aber durchwegs die Möglichkeit nicht ausschließen, daß ein Recht auf Beschäftigung im Einzelfall nicht bestehe, sind jedenfalls bei einem Sachverhalt wie dem, der im vorliegenden Fall gegeben ist, nicht zielführend. Daher, braucht auf die Frage, ob die Beklagten dazu legitimiert wären, ein allenfalls zu bejahendes Grundrecht auf Arbeit Dritter geltend zu machen, nicht eingegangen zu werden. Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß die abgeworbenen Personen Gebietsvertreter waren, denen der Konkurrenzkampf der Streitteile keineswegs unbekannt sein konnte und denen auch klar sein mußte, daß der Abwerbung aus dem Dienstverhältnis mit der klagenden Partei durch die beklagte Partei in diesem Konkurrenzkampf eine maßgebliche Rolle zukam. Unabhängig vom Bestand und der Gültigkeit einer Konkurrenzklausel in ihrem Dienstvertrag mit der klagenden Partei mußten die abgeworbenen Vertreter ebenso wie die abwerbenden beklagten Parteien damit rechnen, daß dann, wenn die Dienstnehmer durch die beklagten Parteien abgeworben werden, sich die klagende Partei gegen diese Abwerbung und deren Folgen vor allem auch mit den durch das UWG zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr setzen werde. Daß dies auch zu seinem Verbot der Beschäftigung der abgeworbenen Dienstnehmer in einem zeitlich und örtlich begrenzten Rahmen führen kann und das Erreichen eines solchen Verbotes gerade das vornehmliche Ziel der klagenden Partei sein werde, war so naheliegend, daß davon ausgegangen werden muß, daß die Dienstnehmer, welche auf Grund der Abwerbung durch die beklagten Parteien zu diesen wechselten, diese Möglichkeit in Kauf nehmen mußten. Wenn sie dennoch Dienstverträge mit den beklagten Parteien schlossen und die tatsächliche Beschäftigung im Rahmen dieser Dienstverträge wegen erfolgreicher Erhebung eines Anspruches nach dem UWG durch die klagende Partei zur Sicherung des tatsächlichen Erfolges dieses Anspruches und zur Beseitigung der Folgen des wettbewerbswidrigen – und damit rechtswidrigen – Verhaltens der beklagten Parteien in einem zeitlich und örtlich begrenzten Rahmen untersagt wird, kann von einem Eingriff in Rechte dieser Dienstnehmer auf Beschäftigung (auch oder gerade) innerhalb dieses Rahmens nicht gesprochen werden. Es liegt jedenfalls kein Regelfall vor, in dem die Begründung eines Rechtes auf tatsächliche Beschäftigung nach Strasser (a.a.O.) Vertragsgrundlage ist, weil die Möglichkeit, daß die tatsächliche Beschäftigung bei den beklagten Parteien durch Schritte der klagenden Partei unterbunden oder eingeschränkt werde, schon bei Vertragsabschluß erkennbar gegeben und naheliegend war. Das Verbot einer Beschäftigung in dem durch die einstweilige Verfügung festgelegten zeitlichen und örtlichen Rahmen erfolgte nicht grundlos, sondern aus Umständen, von denen auch die Dienstnehmer schon bei Abschluß des (neuen) Dienstvertrages wissen mußten, daß sie eintreten können und denen die Rechtsordnung eine maßgebliche Bedeutung zuerkennt. Die Bestimmung des § 15 UWG soll nämlich offensichtlich bewirken, daß die Wettbewerbsverstöße nicht nur festgestellt und für die Zukunft untersagt werden, sondern daß auch alles beseitigt wird, wodurch der wettbewerbswidrig Handelnde noch Vorteile oder der von der wettbewerbswidrigen Handlung Betroffene noch Nachteile haben kann. Dies ist schon deswegen notwendig, um dem Verbot der wettbewerbswidrigen Handlung auch den praktischen Erfolg zu sichern und eine Umgehung dieses Verbotes nach Möglichkeit zu verhindern. Von Maßnahmen zur Beseitigung des gesetzwidrigen Zustandes sollen nur wirklich unbeteiligte Dritte nicht betroffen werden. Die abgeworbenen Dienstnehmer standen aber im vorliegenden Fall, auch wenn sie nicht als Mittäter der wettbewerbswidrigen Handlungen in Anspruch genommen wurden, zu diesen doch in einem solchen Naheverhältnis, daß ein Recht auf Arbeit der Durchsetzung des Anspruches der klagenden Partei auf Beseitigung des gesetzwidrigen Zustandes nicht entgegengehalten werden kann.
Aus denselben Überlegungen müssen auch allfällige Beweisschwierigkeiten für Ansprüche der Dienstnehmer, die sich durch das Unterbleiben der tatsächlichen Arbeitsleistung ergeben können, diesen zugemutet werden. Zu den Ausführungen der beklagten Parteien über sich aus dem erlassenen Beschäftigungsverbot für sie ergebende Schwierigkeiten, hat im übrigen schon das Erstgericht zutreffend darauf verwiesen, daß es sich dabei nur um die Folgen des. Wettbewerbswidrigen – und damit rechtswidrigen – Verhaltens der Beklagten handelt, die sie sich selbst zuzuschreiben haben. Es war ihre Sache, sich durch entsprechende Vereinbarungen mit den abgeworbenen Dienstnehmern die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung für den Fall eines gerichtlichen Verbotes der vorgesehenen Tätigkeit offenzuhalten oder die sich aus dem Mangel entsprechender Vereinbarungen mit den Dienstnehmern ergebenden Schwierigkeiten in Kauf zu nehmen. Keinesfalls kann sich derjenige, der wettbewerbswidrig handelt, den Folgen seines Handelns durch den Hinweis auf Schwierigkeiten entziehen, die sich aus inzwischen und gerade als Folge dieses Handelns getroffenen Vereinbarungen mit anderen Personen ergeben.
Daraus folgt, daß durch das Beschäftigungsverbot in anerkennenswerte Rechte Dritter nicht eingegriffen wird, sodaß in Stattgebung des Revisionsrekurses der Beschluß des Erstgerichtes, womit die beantragte einstweilige Verfügung erlassen wurde (ON 17), wiederherzustellen war.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf § 393 EO
Durch die Wiederherstellung dieses Beschlusses des Erstgerichtes fällt auch die Grundlage dafür weg, den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Erstgerichtes ON 20, womit ihrem Antrag, dem Rekurs gegen den Beschluß ON 17 aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, abgewiesen wurde, auf die Sacherledigung des dagegen erhobenen Rekurses zu verweisen, sodaß auch über den Rekurs gegen den Beschluß ON 20 zu entscheiden war. Er war aber zurückzuweisen, weil durch die endgültige Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes die Beschwer durch die Versagung der aufschiebenden Wirkung des Rekurses gegen diesen Beschluß weggefallen ist und die Beschwer eine Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist, die auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über dieses Rechtsmittel gegeben sein muß (SZ 37/ 84, JBl 1963 432, 1967 154, EvBl 1971/152 ua).
Die Entscheidung über die Kosten des Rekurses stützt sich auf §§ 402, 78 EO, 40, 50, 52 ZPO.
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