OGH 4Ob376/76

OGH4Ob376/7615.11.1976

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M* W*, Geschäftsfrau *, vertreten durch Dr. Gerhard Engin‑Deniz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Wiener Emailmanufaktur A* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG., *, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 10.000,— s.A., Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Rekursstreitwert S 550.000,—), infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 13. Juli 1976, GZ 1 R 109/76‑56, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 16. März 1976, GZ 18 Cg 163/74‑47, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0040OB00376.76.1115.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Den Rekursen wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Berufungsgericht wird eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der Beklagten aufgetragen.

Die Rekurskosten der Klägerin sind weitere Verfahrenskosten; die Beklagte hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

 

Begründung:

M* W* betreibt seit dem Ende des zweiten Weltkrieges im Standort Wien *, das Emailleurgewerbe, eingeschränkt auf das Emaillieren kunstgewerblicher Gegenstände. Sie war seit November 1968 Inhaberin der zu HRA * des Handelsregisters Wien protokollierten Firma „Wiener Emailmanufaktur M* W*“.

Auch die beklagte Kommanditgesellschaft befaßt sich (ua) mit dem Emaillieren kunstgewerblicher Gegenstände. Ihre nunmehrige Firma „Wiener Emailmanufaktur A* Gesellschaft mbH & Co KG“ wurde am 18. Jänner 1973 zu HRA * in das Handelsregister Wien eingetragen. Bei der Wiener Frühjahrsmesse 1973 bediente sich die Beklagte zur Bezeichnung ihres Standes auf der Vorderseite des Schildträgers der Bezeichnung „WIENER EMAILMANUFAKTUR A*“, während an der Rückwand der Koje die Aufschrift „A* S* GMBH WIEN“ zu lesen war.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die klagende Partei „prot. Firma Wiener Emailmanufaktur M* W*, Alleininhaberin M* W*, Geschäftsfrau in Wien *“, der Beklagten die Verwendung der Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ als Bestandteil ihrer Firma und im geschäftlichen Verkehr zu untersagen und die Klägerin zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten in den Tageszeitungen „Die Presse“, „Kurier“ und „Neue Kronen-Zeitung“ zu ermächtigen. Die Klägerin sei einem Großteil ihrer Kunden im deutschen Sprachraum unter der Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ bekannt, so daß im Geschäftsverkehr nur dieser Name verwendet werde. Der Ausdruck „Wiener Emailmanufaktur“ werde in Branchenkreisen so weitgehend mit dem Betrieb der Klägerin identifiziert, daß kein Zusatz die Gefahr von Verwechslungen ausschließen könne. Durch die widerrechtliche Verwendung des Ausdrucks „Wiener Emailmanufaktur“ habe die Beklagte auch schon mehrfach Verwechslungen im Geschäftsverkehr hervorgerufen. Die Beklagte verwende dieses Schlagwort bewußt und in der Absicht, der Klägerin Kunden abspenstig zu machen.

Demgegenüber behauptet die Beklagte, daß der Begriff „Wiener Email“ ein Fachausdruck zur Kennzeichnung einer ganz bestimmten, nur in Wien ausgeübten Art der Emailkunst sei; auch die Bezeichnung „Manufaktur“ sei für kunstgewerbliche Betriebe dieser Art durchaus üblich. Da die Worte „Wiener Emailmanufaktur“ infolgedessen nichts anderes als eine Bezeichnung für den Gegenstand des Unternehmens der Klägerin seien, fehle ihnen die für den Schutz nach § 9 Abs 1 UWG unerläßliche Unterscheidungskraft. Selbst wenn also das Unternehmen der Klägerin allgemein als „Wiener Emailmanufaktur“ bezeichnet werde, sei mangels Kennzeichnungskraft dieses Firmenschlagwortes jede Verwechslungsgefahr ausgeschlossen.

Im ersten Rechtsgang erkannte das Erstgericht im Sinne des Klagebegehrens. Der Firmenbestandteil „Wiener Emailmanufaktur“ sei eine höchst individuelle, begrifflich fundierte und charakteristische Bezeichnung des Unternehmens der Klägerin; da er nicht dem allgemeinen Sprachschatz angehöre, könne ihm die Kennzeichnungskraft keinesfalls von vornherein abgesprochen werden. Die beiderseitigen Bezeichnungen seien aber auch verwechselbar ähnlich, weil das Wort „A*“ zwischen dem tragenden Begriff „Wiener Emailmanufaktur“ und dem Namen „J* S*“ untergehe. Die Urteilsveröffentlichung sei notwendig, um damit bei den in- und ausländischen Geschäftspartnern der Klägerin den früheren Zustand wiederherzustellen.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Da das Emailleurgewerbe nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin auch heute noch im großen Stil als Manufaktur ausgeübt werde, weise die Bezeichnung „Emailmanufaktur“ nur auf den Gegenstand des Unternehmens der Klägerin hin. Auch die Verbindung mit der Herkunftsangabe „Wiener“ verleihe ihm kein besonders charakteristisches und originelles Gepräge, weil sie nichts anderes besage, als daß es sich um ein in Wien ansässiges Unternehmen handle, welches in der hier noch gebräuchlichen Betriebsform der Manufaktur Emailwaren erzeuge. Die Klägerin habe zwar behauptet, daß die Kurzbezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ für ihr Unternehmen Verkehrsgeltung besitze; es bedürfe aber keiner Beweisaufnahmen und keiner Feststellungen in dieser Richtung, weil die Möglichkeit von Verwechslungen des Firmenschlagwortes der Klägerin mit dem vollen Firmenwortlaut der Beklagten – und nur darauf komme es nach dem Klagebegehren an – jedenfalls verneint werden müsse. Der von der Beklagten gewählte Zusatz „J* S* Gesellschaft mbH & Co KG“ reiche zur Unterscheidung der beiden Bezeichnungen schon mit Rücksicht auf das für die Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ bestehende Freihaltebedürfnis vollkommen aus.

Infolge Revision der Klägerin hob der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 28. Mai 1974, 4 Ob 322/74 (ON 29 S 161 ff), die Urteile der Untergerichte auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Dem Firmenschlagwort „Wiener Emailmanufaktur“ müsse bei Verwendung durch ein in Wien ansässiges Unternehmen, welches sich in der auf diesem Sektor auch heute noch gebräuchlichen Betriebsform der Manufaktur mit dem Emaillieren kunstgewerblicher Gegenstände befaßt, jede Kennzeichnungskraft abgesprochen werden. Es handle sich hier um einen rein beschreibenden Hinweis auf den Betriebsgegenstand und den Sitz des Unternehmens, welcher nur dann nach § 9 UWG geschützt werden könne, wenn er im Sinne des 3. Absatzes dieser Gesetzesstelle Verkehrsgeltung erlangt hätte. Da die Gefahr von Verwechslungen auch des vollen Firmenwortlautes der Beklagten mit dem Firmenschlagwort der Klägerin entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes nicht ausgeschlossen werden könne, sei es notwendig, die von der Klägerin für die Verkehrsgeltung der Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ angebotenen Beweise aufzunehmen.

Im fortgesetzten Verfahren gab der Klagevertreter am 15. Oktober 1974 bekannt (ON 30 S 183), daß auf der Seite der klagenden Partei insofern eine Änderung eingetreten sei, als diese „umgewandelt“ worden sei und der Firmenwortlaut nunmehr „Wiener Emailmanufaktur M* W* Gesellschaft mbH & Co KG“ laute; die Bezeichnung der klagenden Partei werde in diesem Sinne „berichtigt“. Gleichzeitig dehnte der Kläger das Urteilsbegehren auf Zahlung von S 500.000,— s.A. – später eingeschränkt auf S 10.000,— s.A. (ON 43 S 222) – aus dem Titel der ungerechtfertigten Bereicherung aus.

Der Beklagtenvertreter bestritt auch den Bereicherungsanspruch und sprach sich gegen die Änderung der Bezeichnung der klagenden Partei aus, weil tatsächlich ein Parteiwechsel vorliege. Gegen einen Eintritt der „Wiener Emailmanufaktur M* W* Gesellschaft mbH & Co KG“ in den Prozeß neben der ursprünglichen Klägerin habe er allerdings nichts einzuwenden.

In der Verhandlungstagsatzung vom 12. Jänner 1976 (ON 46 S 245 f) stellte der Beklagtenvertreter die verwechselbare Ähnlichkeit des Firmenwortlautes der Beklagten mit dem Firmenschlagwort „Wiener Emailmanufaktur“ außer Streit. Der Klagevertreter stellte das Eventualbegehren, der Beklagten die Verwendung der Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ am Anfang ihres Firmenwortlautes im Geschäftsverkehr zu untersagen. Nachdem der Beklagtenvertreter daraufhin erklärt hatte, dieses Eventualbegehren für den Fall der Abweisung des primär gestellten Klagebegehrens anzuerkennen, verwies der Klagevertreter auf die Unzulässigkeit eines solchen bedingten Anerkenntnisses; sollte das Gericht aber das Anerkenntnis trotzdem für erheblich halten und das Hauptbegehren abweisen, dann begehre er die Fällung eines Anerkenntnisurteiles hinsichtlich des Eventualbegehrens.

Das Erstgericht holte über die Verkehrsgeltung des Firmenschlagwortes der Klägerin ein Gutachten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft ein und erkannte sodann mit Urteil vom 16. März 1976 (ON 47) – welches als klagende Partei die „Wiener Emailmanufaktur M* W* Gesellschaft mbH & Co KG“ bezeichnet – die Beklagte neuerlich schuldig, die Verwendung der Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ als Bestandteil ihrer Firma und im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen. Der Klägerin wurde die Befugnis erteilt, diesen Teil des Urteilsspruches auf Kosten der Beklagten in den Tageszeitungen „Die Presse“, „Kurier“ und „Neue Kronen-Zeitung“ zu veröffentlichen. Das Mehrbegehren auf Zahlung von S 10.000,— s.A. wurde – insoweit rechtskräftig –abgewiesen. Der Entscheidung des Erstgerichtes liegen folgende weitere Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:

In die im Handelsregister Wien unter HRA * seit 18. November 1968 protokollierte Einzelfirma „Wiener Emailmanufaktur M* W*“ ist als persönlich haftende Gesellschafterin die „Wiener Emailmanufaktur M* W* Gesellschaft mbH“ eingetreten, wodurch die Einzelfirma in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt wurde; die bisherige Alleininhaberin M* W* ist seither Kommanditistin. Die Gesellschaft hat am 1. Februar 1973 begonnen, ihre Eintragung im Handelsregister erfolgte am 17. September 1974.

Die Klägerin wird in Berichten und Einschaltungen in Zeitungen und Zeitschriften vielfach nur als „Wiener Emailmanufaktur“ bezeichnet; zahlreiche Zuschriften ihrer Kunden und Lieferanten wurden nur an die „Wiener Emailmanufaktur“ adressiert. Die Klägerin verwendet Geschäftspapier und Rechnungsformulare, in deren Kopf in großem Druck die Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ und darunter in kleinerer Schrift der Name M* A* sowie Adresse und Telefonnummer aufscheinen.

Zur Frage der Verkehrsgeltung hatte die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft eine Umfrage bei einer größeren Anzahl von Betrieben aus den beteiligten Kreisen des Handels, des Gewerbes und der Industrie durchgeführt, insbesondere bei Souvenirhändlern, Geschenkartikelhändlern, Heimatwerken, Kunstgewerbehandlungen und Uhrmachern. Die genannten Personen waren gefragt worden, ob sie im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes mit Gegenständen aus kunstgewerblichem Email – wie Modeschmuck, Geschenkartikeln oder Dekorationsgegenständen – befaßt seien, ob ihnen die Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ zu Beginn des Jahres 1973 als Kennzeichen der Herkunft der genannten Waren aus einem bestimmten Unternehmen bekannt gewesen sei und (bejahendenfalls) um welches Unternehmen es sich dabei handle. Als Ergebnis dieser Umfrage langten 103 verwertbare Einzeläußerungen ein, und zwar 75 aus dem Handel, 26 aus dem Gewerbe und 2 aus der Industrie; 50 dieser Äußerungen kamen aus Wien, der Rest aus den Bundesländern. 34 Befragte (29 aus dem Handel, 4 aus dem Gewerbe und 1 aus der Industrie) – das sind 33,1 % – gaben an, daß ihnen die Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ für Erzeugnisse eines gleichnamigen Unternehmens bekannt sei; dabei wurde dieses Unternehmen als M* A* identifiziert und jeweils die Adresse Wien * angegeben. 5 Befragte (2 aus dem Handel und 3 aus dem Gewerbe) – das sind 4,8 % – erklärten, die in Rede stehende Bezeichnung sowohl für Erzeugnisse der Klägerin als auch für die eines anderen Unternehmens zu kennen; dabei wurde viermal das Unternehmen der Beklagten genannt, wobei ein Befragter hinzufügte, daß diese Bezeichnung „jetzt auch von der Firma A* geführt werde“. 9 Befragte (5 aus dem Handel, 3 aus dem Gewerbe und 1 aus der Industrie) – das sind 8,7 % – gaben an, daß sie die gegenständliche Bezeichnung nur mit einem anderen Unternehmen in Verbindung brächten, 5 Befragte (4 aus dem Handel und 1 aus dem Gewerbe) – das sind 4,8 % – erklärten, die Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ zu kennen, machten aber über das Unternehmen keine Angaben; 3 Personen aus dieser Gruppe fügten ihrer Antwort hinzu, daß es sich ihrer Meinung nach um keine betriebliche Herkunftsbezeichnung, sondern um eine Gattungsbezeichnung handle. 13 Befragte (10 aus dem Handel und 3 aus dem Gewerbe) – das sind 12,6 % – ordneten die in Rede stehende Bezeichnung dem Unternehmen der Beklagten zu, wobei sie dieses Unternehmen als „Firma A*“ bzw. „J* S*“ oder „A* S*“ präzisierten. Insgesamt 37 Befragte (25 aus dem Handel und 12 aus dem Gewerbe) –das sind 35,9 % – brachten zum Ausdruck, daß ihnen die Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ zum angegebenen Zeitpunkt nicht bekannt gewesen sei.

Rechtlich verneinte das Erstgericht eine unzulässige Parteienänderung auf der Seite der Klägerin; da durch den Eintritt der „Wiener Emailmanufaktur M* W* Gesellschaft mbH“ als persönlich haftende Gesellschafterin eine Kommanditgesellschaft als Rechtsnachfolgerin der bisherigen Einzelfirma entstanden sei, habe die Parteibezeichnung auf die Firma dieser Rechtsnachfolgerin richtiggestellt werden können. Die verwechselbare Ähnlichkeit der beiderseitigen Bezeichnungen sei aus den Erwägungen des Aufhebungsbeschlusses des Obersten Gerichtshofes zu bejahen und werde im übrigen jetzt nicht mehr bestritten. Bei der Beurteilung der Verkehrsgeltung müsse mit Rücksicht auf das Freihaltebedürfnis der Öffentlichkeit an allgemein üblichen Herkunfts- und Beschaffenheitsangaben ein strenger Maßstab angelegt werden; sie könne nur dann angenommen werden, wenn ein nicht unbeträchtlicher bzw. ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise das betreffende Zeichen als Kennzeichen eines bestimmten Unternehmens ansieht. Da die Parteien größtenteils Händler belieferten, komme es im konkreten Fall vor allem, auf die Auffassung dieser Kreise an. Gehe man aber davon aus, daß die Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ nach dem Gutachten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft bei 33,1 % der beteiligten Verkehrskreise, insbesondere aber bei 38,6 % der befragten Händler, als Kennzeichen des Unternehmens der Klägerin gilt, dann müsse auch unter Anlegung eines strengen Maßstabes der Verkehrsgeltungsnachweis als erbracht angesehen und dem Unterlassungsbegehren der Klägerin infolgedessen Berechtigung zuerkannt werden. Auch die beantragte Urteilsveröffentlichung sei notwendig, um die durch die jahrelange wettbewerbswidrige Benützung des Firmenschlagwortes der Klägerin durch die Beklagte entstandene unrichtige Meinung zu zerstreuen und zu verhindern, daß der Beklagten daraus auch noch in Zukunft ungerechtfertigte Vorteile erwachsen könnten. Das auf den Titel der ungerechtfertigten Bereicherung gestützte Zahlungsbegehren der Klägerin habe dagegen abgewiesen werden müssen, weil dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ein Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung fremd sei.

Das Urteil des Erstgerichtes wurde in seinem stattgebenden Teil von der Beklagten mit Berufung angefochten. In der – nach dem Wortlaut des Rubrums von der „Wiener Emailmanufaktur M* W* Gesellschaft mbH & Co. KG., nach Auffassung der beklagten Partei: M* W*“ erstatteten –Berufungsmitteilung erklärte M* W* ausdrücklich, daß sie die Prozeßführung durch die „Wiener Emailmanufaktur M* W* Gesellschaft mbH & Co KG.“ für sich als Klägerin genehmige.

Das Berufungsgericht wies die Berufung der Beklagten, soweit sie Nichtigkeit geltend gemacht hatte, zurück; im übrigen wurde dem Rechtsmittel der Beklagten jedoch Folge gegeben, der stattgebende Teil des Ersturteils unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Änderung der klagenden Partei von einer Einzelperson auf eine Gesellschaft sei zwar entgegen der Meinung des Erstgerichtes eine unzulässige subjektive Klageänderung, weil eine physische Person, auch wenn sie sich eines Handelsnamens bediene, nicht in eine Gesellschaft „umgewandelt“ werden könne; die durch den Eintritt eines persönlich haftenden Gesellschafters in das Unternehmen eines Einzelkaufmanns entstehende Gesellschaft hafte zwar als Einzelrechtsnachfolgerin für alle bestehenden Verbindlichkeiten, doch bleibe auch in diesem Fall die Haftung des früheren Geschäftsinhabers erhalten. Klägerin sei daher im vorliegenden Fall nach wie vor M* W*, auch wenn sie ihren früheren Handelsnamen jetzt nicht mehr führen dürfe. Ob das Verfahren vor dem Erstgericht, soweit es im Namen der Gesellschaft mbH & Co KG durchgeführt wurde, nichtig sei, könne auf sich beruhen, weil M* W* durch ihre Erklärung, dieses Verfahren zu genehmigen, einen allfälligen Nichtigkeitsgrund jedenfalls beseitigt habe. Die Nichtigkeitsberufung der Beklagten sei deshalb als unbegründet zurückzuweisen gewesen; im Hinblick auf § 234 ZPO, welcher von der herrschenden Rechtsprechung im Sinne der „Irrelevanztheorie“ ausgelegt werde, habe die Klägerin aber durch die Übertragung ihres Unternehmens an die „Wiener Emailmanufaktur M* W* Gesellschaft mbH & Co KG“ auch nicht ihre Aktivlegitimation verloren.

Der Berufung der Beklagten komme aber insoweit Berechtigung zu, als die erforderliche Verkehrsgeltung des Firmenschlagwortes „Wiener Emailmanufaktur“ nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens (noch) nicht angenommen werden könne: Den von der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft mitgeteilten positiven Antworten von rund einem Drittel der Befragten stehe ein anderer, keineswegs unbedeutender Kreis von Unternehmern gegenüber, die das strittige Firmenschlagwort auch anderen Unternehmen als (alleiniges) Kennzeichen zugeschrieben hätten. 12,6 % der Befragten hätten die Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ ausschließlich mit der Beklagten identifiziert, andere dieses Schlagwort beiden oder auch anderen Firmen zugeschrieben. Unter diesen Umständen bedürfe es aber einer Verkehrsgeltung von mehr als 50 % der beteiligten Verkehrskreise, wobei überdies der Anteil derjenigen, die das Firmenschlagwort mit dem Unternehmen der Beklagten identifizieren, im Vergleich dazu nicht ins Gewicht fallen dürfe. Damit sei aber das Verfahren noch nicht spruchreif, weil das Erstgericht zu den weiteren Beweisanträgen der Klägerin, in welchen eine wesentlich stärkere Verkehrsgeltung behauptet worden sei, nicht Stellung genommen habe. Das Erstgericht werde diese Beweisanträge nunmehr zu prüfen und die ihm als zweckmäßig erscheinenden Beweise aufzunehmen haben. Schon jetzt müsse aber darauf hingewiesen werden, daß gegen die Ermächtigung der Klägerin zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten in drei Tageszeitungen keine Bedenken bestünden, weil bei kunstgewerblichen Herkunftsbezeichnungen nicht nur in den Kreisen der Händler, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit ein Interesse an der Aufklärung des wahren Sachverhalts bestehe.

Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wird sowohl von der Klägerin als auch von der Beklagten mit Rekurs bekämpft. Beide Parteien beantragen, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der Beklagten – und zwar nach dem Antrag der Klägerin im Sinne einer Bestätigung des Ersturteils, nach dem Antrag der Beklagten im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens – aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

 

Beide Rekurse sind berechtigt:

 

Vorweg ist festzuhalten, daß das Berufungsgericht die vom Klagevertreter gewünschte Änderung der Bezeichnung der klagenden Partei mit Recht abgelehnt hat: Daß aus der seinerzeitigen protokollierten Einzelfirma „Wiener Emailmanufaktur M* W*“ durch den Beitritt weiterer Personen die „Wiener Emailmanufaktur M* W* Gesellschaft mbH & Co KG“ entstanden ist, welcher die bisherige Alleininhaberin nur noch als Kommanditistin angehört, ändert nichts daran, daß M* W* als Rechtssubjekt – wenn auch nicht mehr als Firmeninhaberin – weiterhin existent ist; daraus folgt aber, daß eine Änderung der Bezeichnung der klagenden Partei von der bisherigen Einzelfirma in die Firma der neugegründeten Kommanditgesellschaft keine bloße „Richtigstellung der Parteibezeichnung“, sondern ein – mangels Zustimmung der Beklagten unzulässiger – Parteiwechsel wäre. Die erst nach Eintritt der Streitanhängigkeit vorgenommene „Umwandlung“ des Einzelunternehmens der Klägerin in eine Personenhandelsgesellschaft ist vielmehr als Einzelrechtsnachfolge auf der Seite der klagenden Partei zu beurteilen, welche als „Veräußerung der in Streit verfangenen Sache“ im Sinne des § 234 ZPO (vgl. Fasching III 97 § 234 ZPO Anm 2) nach der herrschenden Irrelevanztheorie für den Rechtsstreit sowohl hinsichtlich des Prozeßrechtsverhältnisses der Parteien als auch für die materiell-rechtliche Beurteilung des zugrunde liegenden Anspruches ohne Bedeutung bleibt und den klagenden Veräußerer insbesondere auch nicht dazu nötigt, das Klagebegehren auf Leistung an seinen Rechtsnachfolger umzustellen (SZ 46/27; SZ 46/34 = NZ 1974,71 = RZ 1973, 140; EvBl 1966/37 ua.). Nur die Bezeichnung der betreffenden Partei ist in diesem Fall auf den bürgerlichen Namen des Veräußerers, welcher das Recht zum Gebrauch der Firma verloren hat, zu berichtigen (vgl dazu EvBl 1956/86 = HS 1068; JBl 1958, 340 = HS 1070). Klägerin des vorliegenden Rechtsstreites ist daher, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht etwa die während des Prozesses gegründete Kommanditgesellschaft, sondern weiterhin – wenngleich nicht mehr als Inhaberin der gleichnamigen protokollierten Firma – M* W*.

In der Sache selbst hängt die Entscheidung über das Unterlassungs-Hauptbegehren der Klägerin im Sinne der Ausführungen des Aufhebungsbeschlusses ON 29 nur noch davon ab, ob das Firmenschlagwort der Klägerin – dessen verwechselbare Ähnlichkeit mit dem Firmenwortlaut der Beklagten jetzt nicht mehr strittig ist – im Sinne des § 9 Abs 3 UWG „innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Unternehmens“ der Klägerin angesehen wird. Das Berufungsgericht hat eine solche Verkehrsgeltung der Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ auf Grund der bisherigen Verfahrensergebnisse verneint und dabei die Ansicht vertreten, daß im konkreten Fall eine Identifikation des Unternehmenskennzeichens der Klägerin mit deren Unternehmen in mehr als 50 % der beteiligten Verkehrskreise gefordert werden müsse; überdies dürfe der Anteil derjenigen, die dieses Firmenschlagwort mit dem Unternehmen der Beklagten identifizieren, im Vergleich dazu nicht ins Gewicht fallen.

Mit dieser Auffassung ist das Berufungsgericht zwar insoweit im Recht, als an die Verkehrsgeltung einer Bezeichnung, die nur einen beschreibenden Hinweis auf den Betriebsgegenstand und den Sitz des Unternehmens enthält, schon im Hinblick auf das Freihaltebedürfnis der Öffentlichkeit strenge Anforderungen zu stellen sind; es muß daher verlangt werden, daß eine solche Bezeichnung von einem beachtlichen Teil der jeweils angesprochenen Verkehrskreise als Kennzeichen eines bestimmten Unternehmens angesehen wird (siehe dazu Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht11 I 1182 § 16 dUWG Anm 30; ferner die im Aufhebungsbeschluß ON 29 angeführte Judikatur). Der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht, daß dieses Erfordernis im konkreten Fall nur bei einer 50 % übersteigenden Verkehrsgeltung erfüllt wäre, vermag sich der Oberste Gerichtshof jedoch nicht anzuschließen: Durch das von den Untergerichten zur Grundlage ihrer Feststellungen gemachte Gutachten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (ON 42) ist erwiesen, daß die Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ von nicht weniger als 33,1 % aller befragten Unternehmer aus den beteiligten Kreisen des Handels, des Gewerbes und der Industrie mit dem – durch Angabe der Adresse in Wien * eindeutig lokalisierten –Unternehmen der Klägerin identifiziert wurde; bei den – von den Parteien vorzugsweise belieferten – Händlern war diese Bezeichnung sogar von 38,67 % aller Befragten auf das Unternehmen der Klägerin bezogen worden. Im Verein mit der von den Untergerichten festgestellten Tatsache, daß die Klägerin in Berichten und Einschaltungen in Zeitungen und Zeitschriften vielfach nur als „Wiener Emailmanufaktur“ bezeichnet wird, muß aber ein so hoher Prozentsatz positiver Antworten nach Ansicht des erkennenden Senates auch bei Anlegung eines strengen Maßstabes als ausreichend angesehen werden, um die Verkehrsgeltung des Firmenschlagwortes der Klägerin bei einem beachtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise annehmen zu können. Das – im übrigen nicht näher begründete – Verlangen des Berufungsgerichtes nach einer noch größeren, jedenfalls 50 % übersteigenden Verkehrsgeltung geht im konkreten Fall sicherlich zu weit, zumal an der Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ ungeachtet ihres beschreibenden Charakters zweifellos doch ein geringeres Freihaltebedürfnis der Öffentlichkeit besteht, als dies etwa bei Wörtern der täglichen Umgangssprache oder allgemein üblichen Gattungsbezeichnungen, aber auch bei Geschäftsfarben oder dergleichen regelmäßig zutrifft. Auch dem Umstand, daß nach dem Gutachten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft 12,6 % der Befragten das Firmenschlagwort „Wiener Emailmanufaktur“ ausschließlich mit dem Unternehmen der Beklagten identifiziert haben, kommt keineswegs jene Bedeutung zu, die ihm das angefochtene Urteil beigemessen hat: Da die Fragestellung der Bundeskammer entsprechend dem Auftrag des (Gerichtes ausdrücklich auf den Beginn des Jahres 1973 und damit auf einen Zeitpunkt abgestellt war, in welchem die Beklagte mit dem Gebrauch der Bezeichnung „Wiener Emailmanufaktur“ noch gar nicht begonnen hatte, müssen die betreffenden Händler und Gewerbetreibenden – ebenso wie diejenigen, die das in Rede stehende Firmenschlagwort auch der Beklagten zugeschrieben haben – tatsächlich einer „zeitlichen Überlagerung“ zum Opfer gefallen sein, wenn sie dessen ungeachtet behaupten, daß ihnen diese Bezeichnung schon damals als Kennzeichen des Unternehmens der Beklagten bekannt gewesen sei. Ihre Angaben können daher den Aussagewert der für die Klägerin positiven Antworten nicht entscheidend beeinträchtigen.

Ist aber der der Klägerin obliegende Beweis der Verkehrsgeltung ihres Firmenschlagwortes „Wiener Emailmanufaktur“ bei richtiger rechtlicher Beurteilung schon auf Grund der bisherigen Verfahrensergebnisse als erbracht anzusehen, dann bedarf es der vom Berufungsgericht angeordneten Verfahrensergänzung nicht mehr; die Rechtssache ist vielmehr im Sinne einer Bestätigung des in Punkt 1. des Ersturteils ausgesprochenen Unterlassungsgebotes spruchreif. Das gleiche gilt für die Ermächtigung der Klägerin zur Urteilsveröffentlichung nach § 25 Abs 4 UWG: Selbst wenn man nämlich die Rekursbehauptung der Beklagten, daß die Klägerin nur Händler beliefere und daher dem Letztverbraucher im Geschäftsverkehr nicht gegenübertrete, zugunsten der Rekurswerberin als richtig unterstellt, kann dieser Umstand doch nichts daran ändern, daß nicht nur diese unmittelbaren Geschäftspartner der Klägerin, sondern darüber hinaus auch alle jene Personen, die von der Werbung für die Erzeugnisse der Klägerin angesprochen werden, sich für diese Produkte interessieren und sie gegebenenfalls auch in einschlägigen Geschäften kaufen, zwangsläufig mit dem auf die Herkunft der betreffenden Ware hinweisenden Firmenschlagwort „Wiener Emailmanufaktur“ in Berührung kommen müssen. Da auch dieser große, völlig unbestimmte Interessentenkreis über die tatsächlichen geschäftlichen Verhältnisse aufgeklärt und gegen das Fortwirken bereits entstandener irriger Vorstellungen geschützt werden muß, erweist sich das Begehren der Klägerin nach Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in drei großen österreichischen Tageszeitungen als durchaus gerechtfertigt.

Den Rekursen war daher Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden. Der Kostenvorbehalt hinsichtlich der Klägerin beruht auf § 52 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen, weil sie mit ihrem Rekurs zwar formell obsiegt hat, in der Sache selbst aber ohne Erfolg geblieben ist.

 

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