OGH 4Ob360/77

OGH4Ob360/7712.7.1977

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Kuderna und Dr. Kralik als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*, *, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien a) E*, Kaufmann und Geschäftsführerin der E* Gesellschaft mbH, *, vertreten durch Dr. Gerhard Schütz, Rechtsanwalt in Wien, b) L*, Einzelhandel, *, vertreten durch Dr. Peter Pöch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 18. Jänner 1977, GZ 5 R 5/77‑13, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 25. November 1976, GZ 25 Cg 450/76‑3, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0040OB00360.77.0712.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

 

Begründung:

Die klagende Partei behauptet, daß die beiden Beklagten (u.a.) mit dem Standort in K*, M*, den Einzelhandel mit Leder- und Pelzbekleidung betreiben und mit der Firma T* Gesellschaft mbH * zusammenarbeiten. Diese Firma habe in mehreren Zeitungen unter dem Firmenschlagwort „P*“ für den Standort K*, M* unter Hinweis auf Tiefpreise und darauf, daß die ersten 100 Nerzkrawatten zum Eröffnungsangebot von nur 475,-- S abgegeben werden, und mit der Behauptung, daß Pelze und Leder bis zu 30 % unter dem Schätzpreis, das sei laut Schätzungsprotokoll der durchschnittliche österreichische Einzelhandelsverkaufspreis einschließlich Mehrwertsteuer, unter Beifügung eines Stampiglienabdruckes eines gerichtlich beeideten Sachverständigen geworben. Diese Angaben seien unrichtig und die Werbung sei daher wettbewerbswidrig. Es werde daher beantragt, den Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr beim Einzelhandel mit Leder- und Pelzwaren nach oder neben irreführender Billigpreiswerbung, die sie selber oder ein Dritter ankündigt, Leder- und Pelzwaren zu Preisen, die über den ortsüblichen oder in den ortsüblichen Preisen liegen, anzubieten, feilzuhalten oder zu verkaufen. Zur Sicherung dieses Unterlassungsanspruches begehrt die klagende Partei eine einstweilige Verfügung gleichen Inhaltes.

Das Erstgericht erließ ohne Anhörung der Gegner die beantragte einstweilige Verfügung. Es nahm als bescheinigt an:

Die klagende Partei befaßt sich nach ihren Satzungen mit der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes, insbesondere mit dem Kampf gegen schädigende Praktiken, im Wirtschaftsleben, um Verstöße gegen bestehende gesetzliche Normen zu eliminieren, die durch Verstöße entstehende Schädigung zu verhindern und zu einem gesunden Wettbewerb der Wirtschaftsbetriebe beizutragen. Ihr gehören unter anderem auch das Landesgremium Kärnten für den Einzelhandel mit Textilien (einschließlich Leder- und Pelzbekleidung) an. Die Erstbeklagte ist Alleingeschäftsführerin der E* Gesellschaft mbH, die mit dem Standort K*, B*, den Einzelhandel mit Leder- und Pelzbekleidung betreibt. Beide Beklagte betreiben seit 29. 10. 1976 in der Zweigniederlassung K*, M* den Handel mit Leder- und Pelzwaren (Pelzbekleidung) und firmieren an diesem Standort unter P*. Die beklagten Parteien arbeiten mit der Firma T* Gesellschaft mbH, *, zusammen und haben mit dieser Firma gemeinsam in W*, N*, und in W*, L*, Zweigniederlassungen für den Kleinhandel mit Leder- und Pelzbekleidungen angemeldet.

In Kärnten wurde in den Zeitungen „*“, „*“ und „*“ durch die Firma T* Gesellschaft mbH * für den Standort K*, M*, mit dem Firmenschlagwort „P*“ für eine Weihnachtsaktion mit Tiefpreisen und mit dem Hinweis, die ersten 100 Stück Nerzkrawatten (100 cm lang) zum Eröffnungsangebot von nur S 475,-- unter Zusatz des Slogans „Je Kunde kann nur ein Stück abgegeben werden“ geworben. Weiters wird in K* als Beilage zu den Tageszeitungen ein Prospekt verteilt, in dem behauptet wird: „Wir haben es vom Sachverständigen bestätigt: Pelz und Leder bis 30 % unter dem Schätzpreis = durchschnittlicher österreichischer Detailverkaufspreis inklusive Mehrwertsteuer (laut Schätzungsprotokoll vom 28. 10. 1976). Kürschnermeister und gerichtlich beeideter Sachverständiger J* sagt dazu: Die von mir ordnungsgemäß geprüften Waren tragen meine Gutachterstampiglie.“ Auf dem Prospekt ist der Stempel eines gerichtlich beeideten Sachverständigen und Schatzmeisters J*, Kürschnermeister, *, mehrfach abgedruckt, wobei in diesen Stempelabdrucken Schätzpreise verschiedener Pelz- und Lederbekleidungsstücke eingefügt sind und diesen Schätzpreisen die Verkaufspreise gegenübergestellt werden.

Die im Prospekt angekündigten Pelz- und Lederwaren werden in K* und W* in den Geschäften der beklagten Parteien in minderer Qualität und nur zum Teil mit dem Sachverständigensiegel versehen zu Preisen angeboten, die über den Marktpreisen für K* und W* liegen. J* scheint bereits seit 27. 2. 1973 nicht mehr in der Sachverständigenliste des Handelsgerichtes Wien auf. In K* wird vom Publikum unter einem Aktionspreis auf Grund vielfacher Handhabung handelsüblich ein unter dem Marktpreis liegender Preis erwartet.

Über Rekurs der Erstbeklagten wies das Rekursgericht den Antrag der klagenden Partei hinsichtlich der Erstbeklagten ab. Das Rekursgericht ging in tatsächlicher Hinsicht davon aus, daß nicht die Erstbeklagte persönlich oder als Geschäftsführerin der Firma W* OHG, deren Gesellschafterin sie auch sei, sondern die „E* Gesellschaft mbH“ den Einzelhandel mit Leder- und Pelzwaren in K*, insbesondere in der Zweigniederlassung M*, betreibt und mit der Firma T* zusammenarbeitet. Es hafte daher wohl die „E* Gesellschaft mbH“ für die – im übrigen nicht bestrittene – Wettbewerbswidrigkeit der Ankündigungen der Firma T* gemäß §18 UWG, weil in der Werbung der Firma T* als Verkaufslokal der angepriesenen Waren auch das * in K* aufscheine, das auch von der „E* Gesellschaft mbH“ als Betriebsstätte geführt werde und wo auch diese Gesellschaft Waren der angepriesenen Art verkaufe. „Inhaber“ dieses Unternehmens im Sinn des § 18 UWG sei aber nur die Gesellschaft als juristische Person selbst, nicht auch die Erstbeklagte als Geschäftsführerin dieser Gesellschaft. Dies ergebe sich aus einem Vergleich der Bestimmungen des § 7 UWG, in welcher der Inhaber des Unternehmens mit dem Leiter des Unternehmens gleichgestellt werde, und der Bestimmung des § 19 Abs 2 UWG, in welcher ausdrücklich die strafrechtliche Verantwortung der Organe einer juristischen Person festgelegt werde, wenn der Inhaber des Unternehmens eine juristische Person ist, gegenüber der Bestimmung des § 18 UWG, in welcher eine derartige Gleichstellung oder Gegenüberstellung fehle. Nach dieser Gesetzesstelle sei daher die juristische Person als solche für die Handlungen ihrer Organe verantwortlich. Das Organ könne aber wegen einer Haftung nach dieser Gesetzesstelle nicht in Anspruch genommen werden. Die Erstbeklagte sei daher passiv nicht legitimiert, sodaß der erhobene Unterlassungsanspruch, soweit er sich gegen sie richtet, nicht bescheinigt sei.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die klagende Partei macht geltend, daß auch die Alleingeschäftsführerin einer Gesellschaft mbH eine Haftung gemäß § 18 UWG treffe, weil § 18 UWG im Gegensatz zu § 7 und § 19 UWG einen Unterlassungsanspruch betreffe und bei diesem eine Erörterung der haftenden Personen im Gesetz nicht erforderlich sei, da der Unterlassungsanspruch grundsätzlich gegen jeden Störer erhoben werden könne. Die Haftung nach § 18 UWG setzte eine Handlungsfähigkeit für eine Willensbildung hinsichtlich der anzuwendenden Sorgfalt, der Maßnahmen zur Abhilfe u. dgl. voraus, die bei einer Kapitalgesellschaft nur durch ihre Organe erfolgen könne.

Demgegenüber ist die Haftung einer juristischen Person für das Verhalten ihrer Organe, die eine wettbewerbswidrige Handlung begehen oder sich in irgendeiner Form daran beteiligen, von der Haftung nach § 18 UWG zu unterscheiden. Die Begehung einer wettbewerbswidrigen Handlung oder die Beteiligung daran durch Organe der juristischen Person wird dieser als eigenes Handeln zugerechnet; die Unterlassungsklage kann in diesem Falle sowohl gegen die Gesellschaft als auch gegen das Organ gerichtet werden, das die beanstandete Handlung gesetzt oder sich daran beteiligt hat und auf dessen maßgeblichem Willen der Wettbewerbsverstoß daher beruht. Davon verschieden ist aber die Haftung nach § 18 UWG, welche eine natürliche oder juristische Person als Inhaber des Unternehmens für eine Handlung einer dritten („anderer“) Person trifft. § 18 UWG ist der Bestimmung des § 13 Abs 3 des deutschen UWG nachgebildet und legt eine reine, nicht an ein Verschulden gebundene Erfolgshaftung des Inhabers des Unternehmens für die von anderen Personen in seinem Betrieb begangenen Wettbewerbsverstöße fest (Hohenecker-Friedl Wettbewerbsrecht 94, Baumbach-Hefermehl Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht11 I 249 f, 291 f, 1117 f, 1122 f, ÖBl 1976 41, 1975 81, 118, 1970 126, 1968 89, 4 Ob 352/76, 4 Ob 394/76 ua). Richtig ist, daß die Bestimmung des § 18 UWG grundsätzlich weit auszulegen ist und die Haftung des Inhabers des Unternehmens für wettbewerbswidrige Handlungen aller Personen, unabhängig von deren rechtlichen Stellung, erfassen soll, wenn die wettbewerbswidrige Handlung dem Unternehmen zugute kommt und für deren Abstellung vom Inhaber des Unternehmens gesorgt werden kann. Dem Inhaber des Unternehmens soll in solchen Fällen die Möglichkeit genommen werden, eine Haftung durch den Hinweis abzulehnen, daß er die Handlung nicht selbst gesetzt habe (Schuster-Bonott ÖBl 1970 34, SZ 18/45, ÖBl 1972 152, 1966 34, 4 Ob 394/76). Die Erweiterung der Haftung des Inhabers des Unternehmens über den Personenkreis seiner Bediensteten und Beauftragten hinaus ändert aber nichts daran, daß es sich um eine Haftung des Unternehmensinhabers für Handlungen dritter Personen handelt und der Haftungsgrund darauf abgestellt ist, daß die Handlungsweise dem Unternehmen zugute kommt. Als Inhaber des Unternehmens im Sinn des § 18 UWG ist jene natürliche oder juristische Person anzusehen, die das Unternehmen kraft eigenen Rechtes im eigenen Namen führt (Schuster-Bonott aaO, Hohenecker-Friedl aaO 94). Das Verhalten der Organe einer juristischen Person in diesem Zusammenhang ist daher etwa in der Frage, ob für eine Abstellung des Wettbewerbsverstoßes gesorgt werden kann oder nicht, der juristischen Person zuzurechnen, begründet aber, weil es sich nicht um eine Haftung für eigene Wettbewerbsverstöße, sondern für ein wettbewerbswidriges Verhalten einer dritten Person handelt, nur die Haftung der juristischen Person selbst, nicht aber die ihrer Organe. Zutreffend hat das Rekursgericht – der Auffassung von Schuster Bonott (aaO) folgend – darauf verwiesen, daß im § 7 UWG die Person des Inhabers des Unternehmens dem Unternehmen und dem Leiter des Unternehmens ausdrücklich gleichgestellt wird und im § 19 Abs 2 UWG die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Organe einer juristischen Person für den Fall festgelegt wird, daß eine solche „Inhaber des Unternehmens“ ist, während im § 18 UWG die Haftung lediglich für den „Inhaber des Unternehmens“ ohne Erwähnung der Organe einer juristischen Person oder des Leiters des Unternehmens bestimmt wird. Bei der Haftung nach § 18 UWG handelt es sich um eine gegenüber der allgemeinen Passivlegitimation für Unterlassungsklagen nach dem UWG weitergehende zivilrechtliche Verantwortlichkeit (Hohenecker-Friedl aaO 94), die auf den Inhaber des Unternehmens, somit für den Fall, daß dieser eine juristische Person ist, auf diese selbst beschränkt bleibt und nicht auf ihre Organe ausgedehnt werden kann. Das Rekursgericht hat daher mit Recht die Passivlegitimation der Erstbeklagten für den erhobenen Unterlassungsanspruch verneint, sodaß der behauptete Anspruch ihr gegenüber nicht bescheinigt ist und die zu seiner Sicherung beantragte einstweilige Verfügung nicht zu erlassen war.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 402, 78 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte