OGH 4Ob131/76

OGH4Ob131/7611.1.1977

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger und Dr. Friedl sowie die Beisitzer Dr. Alfred Kepl und Dr. Karl Mosburger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei * P*, Angestellte, *, vertreten durch Dr. K. Schämesberger und Dr. H. Lehofer, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Dr. I*, Rechtsanwalt * als Masseverwalterin im Konkurs der Firma F*, wegen S 6.117,32 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes f. ZRS Graz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 5. Oktober 1976, GZ. 2 Cg 43/76-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Graz vom 19. Mai 1976, GZ. 2 Cr 87/76-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0040OB00131.76.0111.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 1.119,74 (einschließlich S 82,94 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der Firma F* wurde mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 20. 8. 1975, 21 S 19/75, das Konkursverfahren eröffnet. Die Beklagte Dr. I* wurde zum Masseverwalter bestellt.

Die Klägerin behauptet, sie sei vom Inhaber der Firma F*, * F*, mit 1. 12. 1975 als Angestellte aufgenommen worden; dieser habe ihr wiederholt zugesichert, daß die beklagte Partei damit einverstanden gewesen sei. Mit Letzterer habe sie erstmals am 4. 2. oder 5. 2. 1976 in der Weise Kontakt aufgenommen, daß sie auf deren Befragung nach einem bestimmten Betrag im Kassabuch erklärt habe, es handle sich um ihr Gehalt für Jänner 1976. Für Dezember 1975 sei sie von * F* in 2 Teilbeträgen entlohnt worden. Am 9. 2. 1976 sei die Klägerin entlassen worden. Das Dienstverhältnis hätte aber durch Kündigung zum 31. 3. 1976 beendet werden müssen. Die Klägerin habe daher Anspruch auf eine Kündigungsentschädigung; überdies gebührten ihr noch Gehalt für die Zeit ab 1. 2. 1976 bis zum Entlassungstag und die anteiligen Sonderzahlungen für die Zeit vom 1. 12. 1975 bis zum 31. 3. 1976. Daraus ergebe sich der Klagsbetrag von S 6.117,32.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe im Frühjahr 1975 bei der Firma F* als Angestellte gearbeitet, im Herbst 1975 nur noch unentgeltlich. * F* habe die Klägerin anfangs Dezember 1975 ohne Wissen der beklagten Partei zur Sozialversicherung angemeldet. Davon habe die beklagte Partei erst durch die Beitragsvorschreibung der Gebietskrankenkasse für Dezember 1975 am 21. 1. 1976 Kenntnis erhalten; sie habe die Anmeldung storniert. Der beklagten Partei sei nie eine Frist zur Erklärung gesetzt worden, ob sie in den Dienstvertrag eintrete oder das Dienstverhältnis genehmige.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren aus der Erwägung statt, daß die Beklagte als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der Firma F* den Abschluß des Dienstvertrages mit der Klägerin durch * F* nicht (ausdrücklich) genehmigt habe, die Klägerin aber im Vertrauen auf einen äußeren Tatbestand, nämlich die Tätigkeit des * F* im weitergeführten Betrieb und die Nichtbeanstandung der Kassaberichte durch die Beklagte, in denen Lohnzahlungen an die Klägerin aufschienen, geschützt werden müsse. Aus diesen Umständen und den Versicherungen des * F*, daß der Beklagten der Abschluß des Dienstvertrages bekannt sei, habe die Klägerin zweifelsfrei schließen müssen, daß ihr Dienstverhältnis zumindest stillschweigend von der Beklagten genehmigt worden sei.

Das Berufungsgericht wies über Berufung der besagten Partei das Klagsbegehren ab. Es stellte nach Neudurchführung der Verhandlung gemäß § 25 Abs. 1 Z 5 ArbGerGes fest:

Die Klägerin war mit einer Unterbrechung im Jahre 1975 bis Ende Feber 1976 die Lebensgefährtin des * F*, eines Gesellschafters der Firma F*. Bis 31. 5. 1975 arbeitete die Klägerin im Rahmen eines Dienstverhältnisses für dieses Unternehmen. Danach war sie zeitweise im Krankenstand und dann bis Ende November 1975 unentgeltlich im Betrieb tätig. Über ihr Drängen meldete sie * F* mit 1. 12. 1975 als Halbtagskraft im Angestelltenverhältnis zur Sozialversicherung bei einem vereinbarten monatlichen Nettogehalt von S 2.294,-- an. Aus Erzählungen Dritter wußte die Klägerin, daß sich das Unternehmen im Konkurs befindet. Sie fragte auch * F* mehrmals, ob die Beklagte mit ihrer Beschäftigung einverstanden sei, was F* bejahte. Tatsächlich hatte * F* die Beschäftigung der Klägerin nur mit seinen Mitgesellschaftern besprochen, der Beklagten aber keine Mitteilung hievon gemacht. Am 29. 10. 1975 hatte die Beklagte von * F* erfahren, daß die Klägerin unentgeltlich im Betrieb mitarbeite.

Am 15. 12. 1975 erhielt die Beklagte die Kassenberichte der Gemeinschuldnerin für die Zeit bis 15. 12. 1975. Darin schien auch eine Zahlung mit der Bezeichnung „P* Gehalt Akonto“ über S 2.000,-- auf. Diese Aufzeichnung beachtete die Beklagte nicht weiter. Am 15. 1. 1976 bekam die Beklagte die Kassenberichte für die Zeit vom 15. 12. 1975 bis 14. 1. 1976 ausgehändigt. Dort schien eine Zahlung „P*“ über S 294,-- auf. Auch dieser Ausgangsposten blieb von der beklagten Partei unbeachtet. Durch die Beitragsvorschreibungen der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse erlangte die beklagte Partei am 21. 1. 1976 Kenntnis, daß die Klägerin zur Sozialversicherung angemeldet worden war. Die Beklagte machte deshalb * F* Vorhaltungen, brachte ihre Ablehnung zum Ausdruck und erhob am 26. 1. 1976 bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, daß die Anmeldung der Klägerin firmenmäßig gefertigt war.

Am 5. 2. 1976 überbrachte die Klägerin der Beklagten die Kassenberichte für die Zeit bis Ende des Monates Jänner 1976. Dabei stellte die Beklagte eine Gehaltszahlung an die Klägerin von S 2.294,-- fest. Sie erklärte der Klägerin, daß sie ihr Dienstverhältnis nie genehmigt habe, worauf diese erwiderte, * F* habe ihr über dreimaliges Befragen zugesichert, daß die Beklagte mit dem Dienstverhältnis einverstanden gewesen sei. Bei dieser Gelegenheit sprach die Beklagte nicht die Lösung des Dienstverhältnisses der Klägerin aus, sagte jedoch, die Klägerin müsse die bisher bezogenen Gehälter samt Krankenkassenbeiträgen zurückzahlen. Am 9. 2. 1976 führte die Beklagte die Sperre des Betriebes der Firma F* durch. Bis zu diesem Tag hatte die Klägerin dort gearbeitet.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, daß Rechtshandlungen des Gemeinschuldners nach der Konkurseröffnung, welche die Konkursmasse betreffen, gemäß § 3 Abs. 1 KO den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam sind. Der von * F* abgeschlossene Arbeitsvertrag begründe daher gegenüber den Konkursgläubigern keine Rechtswirkungen. Der Gemeinschuldner könne allerdings auch als Erfüllungsgehilfe des Masseverwalters diesen verpflichten, wenn der Geschäftspartner annehmen könne, daß der Gemeinschuldner zum Abschluß des Rechtsgeschäftes vom Masseverwalter bevollmächtigt sei. Der Klägerin sei aber bekannt gewesen, daß * F* nicht befugt war, ohne Zustimmung der Beklagten den Dienstvertrag abzuschließen, sodaß sie sich nicht auf den Schutz durch einen äußeren Tatbestand berufen könne. Die Beklagte habe dem Abschluß des Dienstvertrages auch nicht stillschweigend zugestimmt. Da die Klägerin bis 30. 11. 1975 unentgeltlich im Betrieb ihres Lebensgefährten * F* mitgearbeitet habe, um diesem zu helfen, könne aus der Entgegennahme der Arbeitsleistungen noch nicht auf eine Genehmigung der Umwandlung dieser Tätigkeit in ein entgeltliches Dienstverhältnis durch die Beklagte geschlossen werden. Daß die Beklagte die Aufnahme von Zahlungen an die Klägerin in die Kassaberichte nicht beanstandete, reiche für eine derartige Genehmigung nicht aus. Die Spekulation auf ein Versehen der Beklagten bei der Durchsicht der Kassaberichte verstoße gegen Treu und Glauben. Die als Ausgabeposten im Kassabericht bis Ende Jänner 1976 angeführte Zahlung an die Klägerin habe die Beklagte dann ohnehin bereits beanstandet.

Da zwischen den Streitteilen somit kein gültiger Dienstvertrag zustandegekommen sei, könne die Klägerin keine Entgeltforderungen stellen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es aufzuheben oder es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Klägerin macht im wesentlichen geltend, daß der Abschluß des Dienstvertrages durch die Masseverwalterin zumindest stillschweigend genehmigt worden sei, da die Klägerin im Betrieb der Gemeinschuldnerin gearbeitet habe, für sie Sozialversicherungsbeiträge gezahlt worden seien und die Beklagte die Abrechnungen, in denen Lohnzahlungen an die Klägerin aufschienen, nicht beanstandet habe.

Dazu ist zunächst darauf zu verweisen, daß die Revision, soweit in ihr behauptet wird, die Beklagte habe der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Klägerin zugestimmt, nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht. Darnach hat die Beklagte, als sie von Beitragsvorschreibungen durch die Gebietskrankenkasse hinsichtlich der Klägerin erfuhr, es sogleich abgelehnt, diese zu bezahlen.

Bei der Beurteilung, ob der von * F* mit der Klägerin geschlossene Dienstvertrag für die beklagte Partei verbindlich ist, ist das Berufungsgericht mit Recht von der Bestimmung des § 3 Abs. 1 KO ausgegangen, wonach alle Rechtshandlungen des Gemeinschuldners nach der Konkurseröffnung, welche die Konkursmasse betreffen, den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam sind (EvBl 1962/195). Ein Vertrauen der Klägerin darauf, daß * F* berechtigt gewesen sei, namens der Masseverwalterin den Dienstvertrag abzuschließen, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil nach dem festgestellten Sachverhalt der Klägerin tatsächlich bekannt war, daß * F* eine derartige Vollmacht nicht hatte, sondern der Abschluß des Dienstvertrages der Zustimmung durch die Masseverwalterin bedarf. Ein Vertrauen darauf, daß ein Gemeinschuldner als Erfüllungsgehilfe des Masseverwalters diesen hinsichtlich der Konkursmasse auch nach der Konkurseröffnung noch verpflichten kann, kommt aber nur in Betracht, wenn der Geschäftspartner annehmen kann, daß der Gemeinschuldner vom Masseverwalter zum betreffenden Geschäft ausdrücklich oder doch stillschweigend bevollmächtigt wurde, da sich ein Dritter immer nur dann auf einen äußeren Tatbestand berufen kann, wenn er bei Anwendung gehöriger Aufmerksamkeit davon ausgehen durfte, daß der als Bevollmächtigter Handelnde tatsächlich eine Vollmacht hat (SZ 42/5, 45/7, EvBl 1974/158 u.a.). Da der Klägerin der Mangel einer Vollmacht des * F* bekannt war, konnte sie aber nicht mehr davon ausgehen, daß er bevollmächtigt sei. Die Beklagte wurde von * F* bei Abschluß des Dienstvertrages mit der Klägerin vielmehr unwirksam vertreten, sodaß sie das abgeschlossene Geschäft nicht bindet.

Der unwirksam Vertretene kann allerdings ein Geschäft mit dem Dritten dadurch in Kraft setzen, daß er den Vertretungsakt nachträglich genehmigt. Als Genehmigung ist es auch anzusehen, wenn sich der unwirksam Vertretene den Vorteil aus dem Geschäft mit dem Dritten zuwendet (§ ABGB, Koziol-Welser, Grundriß3 I 130, SZ 20/39, EvBl 1962/90 u.a.). Eine als Genehmigung des Geschäftes anzusehende Zuwendung des Vorteiles liegt aber nur vor, wenn dem unwirksam Vertretenen bekannt war, daß der Vertreter ohne (ausreichende) Vollmacht in seinem Namen abgeschlossen hatte und daß der Vorteil aus diesem Geschäft stammt (SZ 44/21, EvBl 1962/90, 1 Ob 297/75, 4 Ob 108/76 u.a. siehe auch Welser JBl 1972 337 ff).

Als ein Vorteil, dessen Zuwendung durch die beklagte Partei als Genehmigung des Abschlusses des Arbeitsvertrages gewertet werden könnte, käme die entgegengenommene Arbeitsleistung der Klägerin in Frage (vgl. ArbSlg. 7468, 6348). Die Entgegennahme der Arbeitsleistung reicht aber im vorliegenden Fall deswegen für die Annahme einer Genehmigung des Abschlusses eines Dienstvertrages nicht aus, weil die Klägerin bereits vor Abschluß des Dienstverhältnisses als Lebensgefährtin des * F* unentgeltlich im Betrieb der Gemeinschuldnerin gearbeitet hatte, um diesem zu helfen. Dies war auch der Beklagten als Masseverwalterin bekannt. Die Entgegennahme der Arbeitsleistung berechtigte daher nicht zur Annahme, daß die Beklagte auch wisse, diese Arbeitsleistung werde nun auf Grund eines Dienstvertrages erbracht und die Beklagte bringe durch die Entgegennahme der Arbeitsleistung ihre Zustimmung zu diesem Dienstvertrag zum Ausdruck.

Eine solche Folgerung konnte aber auch nicht daraus gezogen werden, daß die Beklagte Lohnzahlungen an die Klägerin, die in der Abrechnung für die Zeit bis 15. 12. 1975 und in jener für die Zeit vom 15. 12. 1975 bis 14. 1. 1976 aufschienen, nicht sofort beanstandete. Zunächst verweist die Beklagte zutreffend darauf, daß aus diesen Ausgabeposten nur die erfolgte Zahlung nicht aber auch ersichtlich war, auf welchen Zeitraum sich diese bezog. Das Unterbleiben einer sofortigen Beanstandung konnte aber einen vernünftigen Grund auch darin haben, daß sich die Beklagte eine Aufklärung dieser Posten noch vorbehalten wollte oder ihr diese Posten zunächst überhaupt nicht auffielen. Es kann nicht gesagt werden, daß die Beklagte, die erwarten konnte, daß ihr der Abschluß eines Dienstvertrages, zu dem sie zustimmen muß, mitgeteilt wird, gegen Treu und Glauben gehandelt habe, wenn sie die Ablehnung des ohne ihre Zustimmung geschlossenen Vertrages nicht sogleich durch Beanstandung der in den Abrechnungen aufscheinenden Lohnzahlungen zum Ausdruck brachte. Stillschweigen kann nur dann als Zustimmung gewertet werden, wenn der Nichtzustimmende nach Treu und Glauben oder nach der Verkehrssitte hätte reden müssen, wenn nämlich der Vertragspartner einem Stillschweigen schlechterdings keine andere Bedeutung als jene der Zustimmung beilegen kann (SZ 37/119, 37/59, 27/152, Immobilienzeitung 1975 73, ZAS 1974 137 u.a.). Das traf aber aus den bereits dargelegten Gründen im vorliegenden Fall nicht zu. Die Äußerungen des * F*, daß die Beklagte den Abschluß des Dienstvertrages genehmigt habe, sind in diesem Zusammenhang, wie das Berufungsgericht bereits zutreffend erkannte, belanglos, weil die Beklagte zur Abgabe dieser Äußerungen nichts beitrug und sie davon auch nichts wußte, sodaß ihr auch nicht die Duldung einer dadurch geschaffenen Lage angelastet werden könnte.

Da somit der vom nicht vertretungsbefugten * F* abgeschlossene Dienstvertrag mit der Klägerin von der beklagten Partei nicht genehmigt wurde, können Ansprüche daraus gegen diese nicht erhoben werden.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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