OGH 4Ob113/25h

OGH4Ob113/25h22.7.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätin Dr. Annerl, Mag. Waldstätten, Dr. Stiefsohn und Mag. Böhm in der Rechtssache der klagenden Partei * GmbH, *, vertreten durch die Podovsovnik Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. *, vertreten durch Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwalt in Wien, sowie 2. *, 3. *, und 4. *, alle vertreten durch Mag. Wolfgang Ruckenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen zuletzt 159.054,55 EUR sA und Feststellung (35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 23. April 2025, GZ 39 R 8/25b‑67, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00113.25H.0722.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die klagende Mieterin beendete den mit den beklagten Vermietern geschlossenen Mietvertrag über eine Geschäftsräumlichkeit vorzeitig. Danach begehrte sie von den Beklagten die Zahlung von 159.054,55 EUR sA und die Feststellung der Haftung für künftige Schäden wegen behaupteter Vertragsverletzungen der Beklagten.

[2] Das Berufungsgericht bestätigte die das Klagebegehren abweisende Entscheidung des Erstgerichts mit der wesentlichen Begründung, dass die Beklagten kein für die geltend gemachten Schäden kausales vertragswidriges Verhalten gesetzt hätten.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die außerordentliche Revision zeigt keine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf:

[4] 1. Die Klägerin stützt sich primär auf das Unterbleiben von Feststellungen zu ihrem Vorbringen, dass die Beklagten die von ihr erlegte Kaution (23.626,32 EUR) zweckwidrig verwendet hätten. Allerdings setzt sie sich nicht mit der tragenden Begründung des Berufungsgerichts auseinander, warum zu diesem Thema keine Feststellungen zu treffen gewesen seien – weil sie weder die (Rück‑)Zahlung der Kaution begehrt habe noch Schäden behauptet habe, die ihr durch eine zweckwidrige Verwendung der Kaution entstanden seien oder drohen würden. Schon deshalb stellt sich im Zusammenhang mit der Verwendung der Kaution keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RS0043603 [T16]).

[5] 2. Die Klägerin meint auch, dass das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sei, nach der den einen Vertragspartner eine Aufklärungspflicht über einen bestimmten Umstand treffe, wenn der andere Vertragspartner zum Ausdruck gebracht habe, dass er auf einen bestimmten Punkt besonderen Wert lege und daher informiert werden wolle (vgl RS0014823, insbesondere die von der Klägerin angeführte Entscheidung 3 Ob 23/13y zur Aufklärung über die Kontamination einer Liegenschaft). Konkret bezieht sich die Klägerin darauf, von den Beklagten nicht darüber aufgeklärt worden zu sein, dass zwei Durchgänge die nach der Betriebsanlagengenehmigung für das Mietobjekt erforderliche Höhe (2 m) unterschritten hätten. Auch in diesem Zusammenhang geht sie jedoch nicht (substanziiert) auf eine die Bestätigung der Abweisung des Klagebegehrens tragende Begründung des Berufungsgerichts ein – es stehe weder fest, dass die Beklagten die nachträgliche Herstellung der konsensgemäßen Durchgangshöhen verweigert hätten, noch, dass der Klägerin aus den nicht konsensgemäßen Durchgängen ein Schaden entstanden sei oder drohe.

[6] 3. Schließlich wirft die Klägerin dem Berufungsgericht vor, die Rechtsprechung missachtet zu haben, nach der auch die Kumulation mehrerer für sich genommen nicht so gravierender Mängel eine vorzeitige Auflösung eines Mietvertrags nach § 1117 ABGB rechtfertigen könne (5 Ob 91/19x). Dieser Vorwurf ist falsch: Das Berufungsgericht ist zum Ergebnis gekommen, dass „die Mängel“ des Mietobjekts nicht so gravierend gewesen seien, dass sie die Klägerin zur vorzeitigen Vertragsauflösung nach § 1117 ABGB berechtigt hätten. Es hat seiner Beurteilung daher – wie von der Klägerin gefordert – alle Mängel des Mietobjekts zugrunde gelegt.

[7] 4. Allgemein kann die Frage der Unzumutbarkeit der Fortsetzung eines Dauerschuldverhältnisses für einen Vertragspartner nur nach einer umfassenden Sicht aller dafür und dagegen sprechenden Umstände des Einzelfalls beantwortet werden (RS0018377 [T18]), weshalb sich eine erhebliche Rechtsfrage nur bei einer auffallenden Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts stellt (RS0021095). Nachvollziehbare Argumente dafür, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts im Einzelfall unvertretbar gewesen sein könnte, sind der außerordentlichen Revision nicht zu entnehmen.

[8] 5. Weitere erhebliche Rechtsfragen macht die außerordentliche Revision nicht geltend. Sie ist daher ohne weitere Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO) zurückzuweisen.

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