European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0030OB00215.24Z.0227.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
I. Die teilweise Zurückziehung der Revision (hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche aus dem Erwerb der LKW der Marken V* und R*) wird zur Kenntnis genommen.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist Art 3 Abs 2 in Verbindung mit Art 22 Abs 2 der Richtlinie 2014/104/EU dahin auszulegen, dass Art 3 Abs 2 betreffend die Zahlung von Zinsen aus dem Kartellschaden auf Schadenersatzklagen anzuwenden ist, die ab dem 26. 12. 2014 bei einem nationalen Gericht erhoben wurden?
Wenn diese Frage verneint werden sollte: Welcher andere Zeitpunkt ist für die Anwendbarkeit von Art 3 Abs 2 der Richtlinie 2014/104/EU maßgebend?
2. Ist Art 3 Abs 2 der Richtlinie 2014/104/EU dahin auszulegen, dass der Zeitpunkt, zu dem der Kartellschaden entstanden ist und ab dem die Zinsen aus dem Kartellschaden zu zahlen sind, mit jenem Zeitpunkt anzusetzen ist, zu dem der aufgrund einer verbotenen Preisabsprache verlangte überhöhte Preis vom Geschädigten gezahlt wurde?
Wenn diese Frage verneint werden sollte: Welcher andere Zeitpunkt ist für den Schadenseintritt maßgebend?
III. Das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof wird bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Zu I.:
[1] Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 20. 2. 2025 mitgeteilt, dass die Revision teilweise und zwar hinsichtlich des Betrags von 420.842,60 EUR sA zurückgezogen werde und sich das Revisionsinteresse daher von 675.500,50 EUR sA auf 254.657,90 EUR sA reduziere. Die teilweise Zurückziehung der Revision betreffe die geltend gemachten Ansprüche aus dem Erwerb der LKW der Marken V* und R* (LKW ID 1 und 2, ID 12 bis 14, ID 16, ID 20 bis 25, ID 27 bis 38, ID 41, ID 45 bis 55, ID 57 und 58 sowie ID 61 jeweils laut Ersturteil). Im Übrigen – hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche aus dem Erwerb der LKW der Marke D* – bleibe das Rechtsmittel aufrecht.
[2] Gemäß § 484 iVm § 513 ZPO ist die (hier teilweise) Zurückziehung der Revision bis zur Entscheidung über diese zulässig; sie ist mit deklarativem Beschluss zur Kenntnis zu nehmen (RS0110466 [T9]).
[3] Mit Schriftsatz ebenfalls vom 20. 2. 2025 haben die bisherigen Erst- bis Viertnebenintervenientinnen (1. A*, Schweden, 2. V* AB, Schweden, 3. V* GmbH, Deutschland, 4. R* SAS, Frankreich) ihren Beitritt als Nebenintervenientinnen auf der Seite der Beklagten widerrufen. Auch darauf war Bedacht zu nehmen.
Zu II.:
A. Sachverhalt
[4] Die Klägerin ist ein Transportunternehmen, das von der Beklagten im Kartellzeitraum von Jänner 1997 bis Jänner 2011 indirekt über Händler diverse LKW erworben hat. Die Beklagte sowie die (früheren und die verbliebenen) Nebenintervenientinnen sind jeweils die Herstellerinnen dieser LKW.
[5] Mit rechtskräftigem Beschluss vom 19. 7. 2016 stellte die Europäische Kommission fest, dass die Unternehmen bzw Unternehmensgruppen unter anderem der Beklagten und der (früheren und der verbliebenen) Nebenintervenientinnen gegen EU‑Kartellvorschriften verstoßen haben. Das Kartellverfahren wurde von den betroffenen LKW-Herstellerinnen in Form eines „Settlements“, also einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung, in der der Kartellverstoß anerkannt wurde, abgeschlossen. Der Entscheidung der Europäischen Kommission lag zugrunde, dass die LKW-Herstellerinnen im Zeitraum 17. 1. 1997 bis 18. 1. 2011 Bruttolistenpreise (Herstellerpreise ab Werk) für Lastkraftwagen mit einer Nutzlast zwischen 6 und 16 Tonnen („mittelschwere LKW“) und über 16 Tonnen („schwere LKW“) koordinierten, den Zeitplan für die Einführung von Emissionssenkungstechnologien für diese LKW absprachen und die mit der Einhaltung der Emissionsvorschriften verbundenen Kosten an die Kunden in abgestimmter Form weitergaben. Die Preiskoordination betraf sowohl Sattelzüge als auch Solofahrzeuge, nicht aber gebrauchte LKW, Sonder-/Spezialfahrzeuge, weiterverkaufte Aufbauten sowie After-Sales-Leistungen, Dienstleistungen und Garantieleistungen.
[6] Aufgrund der Absprachen zu den festgestellten Kartellverstößen musste die Klägerin im Kartellzeitraum bei LKW der Marke D* einen um 2,28 % überhöhten Preis zahlen. Bei LKW der Marke R* war der Preis um 6,46 % überhöht und bei LKW der Marke V* um 3,92 %. Die einzelnen Erwerbsvorgänge fanden im Zeitraum vom 5. 11. 1998 bis 26. 7. 2010 statt. Die überhöhten Anschaffungskosten für die LKW wurden von der Klägerin nicht im Weg eines „Passing-on“ durch höhere Preise für Transporte oder beim Wiederverkauf von LKW weitergegeben.
B. Prozessstandpunkte der Parteien und bisheriges Verfahren
[7] Mit der am 13. 1. 2021 erhobenen Klage begehrte die Klägerin 848.357,92 EUR sA an Schadenersatz aus dem Kartellverstoß der Beklagten und der (früheren und der verbliebenen) Nebenintervenientinnen. Im Kartellzeitraum habe sie im beträchtlichen Umfang LKW mittelbar über die Vertriebsgesellschaften der Kartellantinnen bezogen und bei jedem Erwerbsvorgang höhere Preise zahlen müssen. Die geltend gemachte Schadenersatzforderung sei ab dem Zeitpunkt des Schadeneintritts unter sinngemäßer Anwendung des § 1333 ABGB iVm § 1000 ABGB zu verzinsen. Die Zinsen könnten ab Kaufpreiszahlung bzw ab Fälligkeit geltend gemacht werden.
[8] Die Beklagte sowie die (früheren und die verbliebenen) Nebenintervenientinnen entgegneten, dass die ihnen angelasteten Absprachen in Bezug auf die Bruttolistenpreise keine Auswirkung auf die an die Kunden verrechneten Nettopreise gehabt, sondern nur einen internen Referenzwert definiert hätten. Außerdem habe die Klägerin allenfalls überhöhte Preise an ihre eigenen Kunden weitergegeben, was sie sich als Vorteil anrechnen lassen müsse. Die Verzinsung von Schadenersatzansprüchen sei erstmals in § 37a Abs 1 KartG idF BGBl I 2023/13 geregelt worden und auf Wettbewerbsverstöße anwendbar, die nach dem 28. 2. 2013 begangen worden seien. Da die von der Klägerin geltend gemachten Schadenersatzansprüche vor diesem Zeitpunkt entstanden seien, richte sich die Verzinsung nach der Fälligkeit, die frühestens mit der Einmahnung durch Einbringung der Klage eingetreten sei.
[9] Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin 172.857,42 EUR samt 4 % Zinsen seit 21. 1. 2021 binnen 14 Tagen zu zahlen. Das Mehrbegehren von 675.500,50 EUR sA sowie das Zinsenmehrbegehren wies es ab. Der Kartellverstoß der Beklagten und der (früheren und der verbliebenen) Nebenintervenientinnen stehe aufgrund der Entscheidung der Europäischen Kommission fest. Der Schaden der Klägerin liege in den überhöhten Preisen, die diese für die vom Kartell betroffenen LKW hätte zahlen müssen. Dies gelte allerdings nicht für Gebraucht- und Sonderfahrzeuge sowie für Aufbauten und Leasingfahrzeuge, weshalb die in der festgestellten Übersichtsliste angeführten LKW ID 61 sowie ID 65 nicht zu berücksichtigen seien. Dementsprechend belaufe sich der Schaden der Klägerin – unter Zugrundelegung des eingeholten Sachverständigengutachtens – auf insgesamt 172.857,42 EUR. Gesetzliche Zinsen gebührten dem Gläubiger erst ab dem Zeitpunkt, zu dem sich der Schuldner im Verzug befinde. Der Ersatzanspruch werde erst mit der zahlenmäßig bestimmten Geltendmachung durch Mahnung oder durch Klage oder Klagserweiterung fällig, sodass die Verzugszinsen erst ab diesem Zeitpunkt gefordert werden könnten. Mangels außergerichtlicher Mahnung gebührten der Klägerin die Verzugszinsen erst ab dem Zeitpunkt der Klagszustellung.
[10] Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Klägerin wegen der Nichtigkeitsgründe nach § 477 Abs 1 Z 4 und Z 9 ZPO. Im Übrigen bestätigte es die Entscheidung des Erstgerichts. Dabei verneinte es zunächst die geltend gemachten Verfahrensmängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die die Klägerin unter Heranziehung unterschiedlicher Argumente auf den Umstand bezog, dass ihr die Daten, die dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen zugrunde lagen, nicht zugänglich gemacht wurden. Der gerichtliche Sachverständige beschreibe in seinem Gutachten nachvollziehbar die Schadenstheorien, setze sich mit den institutionellen Gegebenheiten des konkreten Markts auseinander und erkläre widerspruchsfrei und logisch, welchen Ansatz und welche Methodik er bei der Ermittlung des Schadens gewählt habe. Dabei habe sich der gerichtliche Sachverständige auch mit den von den Parteien vorgelegten Privatgutachten eingehend auseinandergesetzt und plausibel erläutert, warum die darin enthaltenen Schätzergebnisse nicht unmittelbar zur Ermittlung des Schadens herangezogen werden könnten.
[11] In rechtlicher Hinsicht führe die Klägerin richtig aus, dass die Kartellschadenersatz‑RL 2014/104/EU (Art 3 Abs 2) bei einem Kartellschaden als Ersatz volle Genugtuung vorsehe, die sich aus der Vermögenseinbuße, dem entgangenen Gewinn und der Zahlung von Verzugszinsen zusammensetze. Die Richtlinie definiere die Verzugszinsen somit als Teil des Schadenersatzes. Art 3 Abs 2 der Richtlinie sei durch § 37d Abs 2 KartG idF des KaWeRÄG 2017, BGBl I 2017/56, umgesetzt worden. Danach habe der Ersatzpflichtige die Schadenersatzforderung ab Eintritt des Schadens in sinngemäßer Anwendung des § 1333 ABGB zu verzinsen. Gemäß § 86 Abs 8 KartG sei diese Bestimmung mit 27. 12. 2016 in Kraft getreten und auf Schäden anzuwenden, die nach dem 26. 12. 2016 entstanden seien. Nach § 86 Abs 9 KartG sei auf Schäden, die vor dem 27. 12. 2016 entstanden seien, weiterhin § 37a KartG idF des KaWeRÄG 2013, BGBl I 2013/13, anwendbar. Auch diese Vorgängerbestimmung regle, dass Unternehmen die Schadenersatzforderung ab Eintritt des Schadens in sinngemäßer Anwendung des § 1333 ABGB zu verzinsen hätten. Diese Bestimmung sei am 1. 3. 2013 in Kraft getreten und auf Wettbewerbsverstöße anwendbar, die nach dem 28. 2. 2013 begangen worden seien. Nach den Feststellungen seien die Preisabsprachen der Kartellantinnen im Zeitraum zwischen Jänner 1997 und Jänner 2011 erfolgt, sodass die Kartellverstöße vor dem 1. 3. 2013 gesetzt worden seien. Dementsprechend seien auch sämtliche beanstandeten Vertragsabschlüsse vor diesem Datum erfolgt. Da der Schaden vor dem 1. 3. 2013 entstanden sei, sei die Verzugszinsenforderung nach den allgemeinen Bestimmungen des ABGB zu beurteilen, die eine Geltendmachung durch Mahnung, Klage oder Klagserweiterung voraussetzten. Die Verzugszinsen stünden erst ab dem Zeitpunkt der Fälligstellung zu.
[12] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin, die auf eine gänzliche Stattgebung des Klagebegehrens abzielt.
[13] Mit ihren – vom Obersten Gerichtshof freigestellten – Revisionsbeantwortungen beantragen die Beklagte sowie die verbliebenen Nebenintervenientinnen, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.
C. Relevante Rechtsvorschriften
1. Unionsrecht:
[14] Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union (Kartellschadenersatzrichtlinie):
„Art 3: Recht auf vollständigen Schadensersatz
(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass jede natürliche oder juristische Person, die einen durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schaden erlitten hat, den vollständigen Ersatz dieses Schadens verlangen und erwirken kann.
(2) Der vollständige Ersatz versetzt eine Person, die einen Schaden erlitten hat, in die Lage, in der sie sich befunden hätte, wenn die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht nicht begangen worden wäre. Er erfasst daher das Recht auf Ersatz der eingetretenen Vermögenseinbuße und des entgangenen Gewinns, zuzüglich der Zahlung von Zinsen.
(3) Der vollständige Ersatz im Rahmen dieser Richtlinie darf nicht zu Überkompensation führen, unabhängig davon, ob es sich dabei um Strafschadensersatz, Mehrfachentschädigung oder andere Arten von Schadensersatz handelt.
Art 4: Effektivitäts- und Äquivalenzgrundsatz
Im Einklang mit dem Effektivitätsgrundsatz gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass alle nationalen Vorschriften und Verfahren für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen so gestaltet sind und so angewandt werden, dass sie die Ausübung des Unionsrechts auf vollständigen Ersatz des durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Im Einklang mit dem Äquivalenzgrundsatz dürfen nationale Vorschriften und Verfahren für Klagen auf Ersatz des Schadens, der aus Zuwiderhandlungen gegen Artikel 101 oder 102 AEUV entsteht, für mutmaßlich Geschädigte nicht weniger günstig sein als die Vorschriften und Verfahren für ähnliche Klagen auf Ersatz des Schadens, der aus Zuwiderhandlungen gegen nationales Recht entsteht.
Art 22: Zeitliche Geltung
(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die nationalen Vorschriften, die nach Artikel 21 erlassen werden, um den materiell-rechtlichen Vorschriften dieser Richtlinie zu entsprechen, nicht rückwirkend gelten.
(2) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die nationalen Vorschriften, die nach Artikel 21 erlassen werden und die nicht unter Absatz 1 fallen, nicht für Schadensersatzklagen gelten, die vor dem 26. Dezember 2014 bei einem nationalen Gericht erhoben wurden.
Art 23: Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Erwägungsgründe:
...
(12) Diese Richtlinie bestätigt erneut den gemeinschaftlichen Besitzstand in Bezug auf das Recht auf Ersatz des durch Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union verursachten Schadens – insbesondere hinsichtlich der Klagebefugnis und der Definition des Schadens im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs –, ohne der Weiterentwicklung dieses Besitzstands vorzugreifen. Jeder, der durch eine derartige Zuwiderhandlung einen Schaden erlitten hat, kann Ersatz des eingetretenen Vermögensschadens (damnum emergens) und des ihm entgangenen Gewinns (lucrum cessans) zuzüglich der Zahlung von Zinsen verlangen, unabhängig davon, ob diese Kategorien im nationalen Recht getrennt oder einheitlich definiert sind. Die Zahlung von Zinsen ist ein wesentlicher Bestandteil des Ersatzes für die Wiedergutmachung des erlittenen Schadens unter Berücksichtigung des Zeitablaufs; Zinsen sollten daher ab dem Zeitpunkt, zu dem der Schaden entstanden ist, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Ersatz gezahlt worden ist, anfallen, und zwar unbeschadet der Frage, ob diese Zinsen gemäß dem nationalen Recht als Ausgleichs- oder als Verzugszinsen gelten, sowie der Frage, ob der Zeitablauf als gesonderte Kategorie (Zinsen) oder als Bestandteil der eingetretenen Vermögenseinbuße oder des entgangenen Gewinns berücksichtigt wird. Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten, entsprechende Bestimmungen zu erlassen.“
2. Österreichisches Recht:
[15] a) Kartellgesetz 2005, BGBl I Nr 61/2005, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 176/2021 (KartG 2005):
„5. Abschnitt: Ersatz des Schadens aus Wettbewerbsrechtsverletzungen
Geltungsbereich und Zweck des Abschnitts
§ 37a (idF BGBl I Nr 176/2021)
(1) Die Bestimmungen dieses Abschnitts regeln die zivilrechtliche Haftung für und die Geltendmachung von Schäden, die durch Wettbewerbsrechtsverletzungen verursacht werden.
(2) Sie dienen der Umsetzung der Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Vorschriften für Schadenersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, ABl Nr L 349 vom 5. 12. 2014, S 1.
…
Haftung
§ 37c (idF BGBl I Nr 56/2017)
(1) Wer schuldhaft eine Wettbewerbsrechtsverletzung begeht, ist zum Ersatz des dadurch verursachten Schadens verpflichtet.
(2) Es wird vermutet, dass ein Kartell zwischen Wettbewerbern einen Schaden verursacht. Diese Vermutung kann widerlegt werden.
Gegenstand des Ersatzes
§ 37d (idF BGBl I Nr 56/2017)
(1) Der Ersatz des Schadens umfasst auch den entgangenen Gewinn.
(2) Der Ersatzpflichtige hat die Schadenersatzforderung ab Eintritt des Schadens in sinngemäßer Anwendung des § 1333 ABGB zu verzinsen.
VII. Hauptstück: Schlussbestimmungen
Inkrafttreten
§ 86 (idF BGBl I Nr 176/2021)
…
(8) § 30 Abs 3, §§ 37a bis 37m in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 56/2017 treten mit 27. Dezember 2016 in Kraft. …
(9) Die §§ 37a bis 37g in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 56/2017 sind auf den Ersatz von Schäden anzuwenden, die nach dem 26. Dezember 2016 entstanden sind. …
§ 37a Abs 1 und 4 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl I Nr 56/2017 ist auf den Ersatz von Schäden weiterhin anzuwenden, die vor dem 27. Dezember 2016 entstanden sind.“
[16] § 37a Abs 1 sowie § 86 Abs 3 und 4 in der Fassung BGBl I Nr 13/2013:
„5. Abschnitt: Schadenersatz wegen Wettbewerbsverstößen
§ 37a (idF BGBl I Nr 13/2013)
(1) Wer schuldhaft eine Rechtsverletzung nach § 29 Z 1 begeht, ist zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Wird eine Ware oder Dienstleistung zu einem überhöhten Preis bezogen, so ist der Schadenersatzanspruch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Ware oder Dienstleistung weiterveräußert wurde. Bei der Entscheidung über den Umfang des Schadens nach § 273 ZPO kann insbesondere der Vorteil, den das Unternehmen durch den Verstoß erlangt hat, berücksichtigt werden. Die Schadenersatzforderung hat das Unternehmen ab Eintritt des Schadens in sinngemäßer Anwendung des § 1333 ABGB zu verzinsen.
…
VII. Hauptstück: Schlussbestimmungen
Inkrafttreten
§ 86 (idF BGBl I Nr 13/2013)
…
(3) § 2 Abs 2 Z 1, § 3 Abs 1, § 4 Abs 1a, 2 und 2a, § 5 Abs 1 Z 1, § 11 Abs 1a, § 14 Abs 1, § 18 Abs 1, § 28 Abs 1a, § 29 Z 1 lit d und Z 2, §§ 30, 35 Abs 1, § 36 Abs 1a, 2 und 3, §§ 37, 37a, 39 Abs 1, § 47 Abs 1, § 49 Abs 2, §§ 50, 52 Abs 2, § 70 Abs 2, § 73 Abs 1, § 74, § 81 Abs 1 und § 83 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 13/2013 treten am 1. März 2013 in Kraft. …
(4) … §§ 30 und 37a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 13/2013 sind auf Wettbewerbsverstöße anzuwenden, die nach dem 28. Februar 2013 begangen werden.“
[17] b) Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr 946/1811, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 33/2024 (ABGB)
„Gesetzliche Zinsen und weitere Schäden
§ 1333 (idF BGBl I Nr 120/2005)
(1) Der Schaden, den der Schuldner seinem Gläubiger durch die Verzögerung der Zahlung einer Geldforderung zugefügt hat, wird durch die gesetzlichen Zinsen (§ 1000 Abs 1) vergütet.
…
Zinsen und Zinseszinsen
§ 1000 (idF BGBl I Nr 28/2010)
(1) An Zinsen, die ohne Bestimmung der Höhe vereinbart worden sind oder aus dem Gesetz gebühren, sind, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, vier vom Hundert auf ein Jahr zu entrichten.
…“
D. Vorbemerkungen
[18] In der vorliegenden Rechtssache stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt der der Klägerin zu ersetzende Kartellschaden zu verzinsen ist. Nach den unionsrechtlichen Vorgaben besteht die Zinsforderung ab Eintritt des jeweiligen Schadens. Dabei ist jedoch vorrangig zu klären, ab wann die maßgebenden unionsrechtlichen Vorgaben – insbesondere mit Rücksicht auf die Regelungen zum zeitlichen Geltungsbereich der nationalen Umsetzungsvorschriften – anwendbar sind. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt maßgebend von der Auslegung von Art 3 Abs 2 in Verbindung mit Art 22 Abs 2 der Richtlinie 2014/104/EU ab. Nach der Beurteilung des Obersten Gerichtshofs besteht im Hinblick auf die Vorlagefragen kein „acte clair“, weshalb die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung geboten ist.
E. Begründung der Vorlage
[19] 1.1 Frage 1 bezieht sich darauf, ab wann Art 3 Abs 2 der Richtlinie 2014/104/EU über die Zahlung von Zinsen aus dem Kartellschaden anwendbar ist. Im Anlassfall wurde die Klage am 13. 1. 2021 beim Erstgericht eingebracht.
[20] Die Klägerin wendet sich mit ihrem Rechtsmittel dagegen, dass ihr die geltend gemachten (Verzugs‑)Zinsen in Höhe von 4 % pA erst ab Fälligstellung der Hauptforderung durch Zustellung der Klage (ab 21. 1. 2021) und nicht schon ab dem jeweiligen Erwerbsdatum der zu einem überhöhten Preis gekauften LKW als Datum des Schadenseintritts zugesprochen wurden.
[21] 1.2 Der Anspruch des Geschädigten auf Kartellschadenersatz resultiert aus dem primären Unionsrecht, konkret aus Art 101 AEUV (vormals Art 81 EGV) sowie den allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu C‑312/21 , Traficos Manuel Ferrer, Rn 26). Der Gerichtshof hat dazu bereits in der Entscheidung zu den verbundenen Rechtssachen C‑295/04 bis C‑298/04 , Manfredi, ausgesprochen, dass aus dem Effektivitätsgrundsatz und dem Recht einer jeden Person auf Ersatz des Schadens, der ihr durch einen Vertrag, der den Wettbewerb beschränken oder verfälschen kann, oder ein entsprechendes Verhalten entstanden ist, folgt, dass ein Geschädigter nicht nur Ersatz des Vermögensschadens (damnum emergens), sondern auch des entgangenen Gewinns (lucrum cessans) sowie die Zahlung von Zinsen verlangen können muss (Rn 95 und 100). Die Zuerkennung von Zinsen nach den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften ist als unerlässlicher Bestandteil einer (unionsrechtlichen) Entschädigung anzusehen (Rn 97).
[22] Für unmittelbar anwendbares Unionsrecht gilt der Grundsatz des absoluten Vorrangs vor dem nationalen Recht. Dieser Grundsatz verpflichtet alle nationalen Gerichte, den verschiedenen Bestimmungen des Unionsrechts volle Wirksamkeit zu verschaffen, wobei das Recht der Mitgliedstaaten die diesen Bestimmungen zuerkannte Wirkung im Hoheitsgebiet dieser Staaten nicht beeinträchtigen darf. Nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts ist ein nationales Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden hat und nationale Rechtsvorschriften nicht im Einklang mit den Anforderungen des Unionsrechts auslegen kann, verpflichtet, für die volle Wirksamkeit der Bestimmungen des Unionsrechts Sorge zu tragen, indem es erforderlichenfalls jede – auch spätere – entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Weg oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste (ständige Rechtsprechung, etwa C‑339/20 , VD, Rn 97; C‑327/00 , Santex, Rn 64; vgl auch RS0109951; 3 Ob 205/07d; 2 Ob 243/12t; 8 ObA 99/21y). Das Vorrangprinzip gilt an sich auch für nicht oder nicht ordnungsgemäß umgesetzte Richtlinien, wobei der Vorrang bei materiell-rechtlichen Richtlinienbestimmungen aber durch den Grundsatz der subjektiv unmittelbaren Wirkung (im Gegensatz zur objektiv unmittelbaren Wirkung bei formellen Richtlinienbestimmungen) eingeschränkt ist (siehe dazu Brenn, Auf dem Weg zur horizontalen Direktwirkung von EU‑Richtlinien, ÖJZ 2005/3, 41; M. Berger, Organisation und Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union [2013] 160; vgl auch Brenn, Glosse zu C‑261/20 , Thelen Technopark, ÖJZ [EuGH] 2022/60, 541).
[23] 1.3 Beim Kartellschadenersatz besteht die Besonderheit nun darin, dass der primärrechtliche Ersatzanspruch sowie das Verfahren zu dessen Geltendmachung durch die Kartellschadenersatzrichtlinie konkretisiert wurde. In Erwägungsgrund 12 der Richtlinie ist dazu festgehalten, dass diese den gemeinschaftlichen Besitzstand in Bezug auf das Recht auf Ersatz des Kartellschadens – insbesondere hinsichtlich der Klagebefugnis und der Definition des Schadens – im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigt. Dies bedeutet, dass die Richtlinie in Bezug auf den Anspruch auf vollständigen Ersatz des Kartellschadens die bisherige primärrechtliche Rechtsprechung des Gerichtshofs kodifiziert.
[24] Aufgrund dieser sekundärrechtlichen Kodifizierung stellt sich die Frage nach deren Auswirkungen auf die zeitliche Anwendbarkeit der einschlägigen, an sich primärrechtlichen Vorgaben. Konkret ist fraglich, ob sich aus der Richtlinie unionsrechtliche Vorgaben für die zeitliche Anwendbarkeit des Art 3 Abs 2 leg cit ergeben und welche Bedeutung den mitgliedstaatlichen Umsetzungsvorschriften (Übergangsregelungen) in dieser Hinsicht zukommt.
[25] 1.4 Der Gerichtshof hat zu dieser Frage in der Entscheidung zu C‑312/21 , Traficos Manuel Ferrer, bereits Stellung genommen. In Rn 34 wird zunächst bekräftigt, dass ein Geschädigter aus einem Kartellverstoß aufgrund seines Rechts auf vollständigen Ersatz des Schadens durch das wettbewerbswidrige Verhalten nicht nur den Ersatz des Vermögensschadens (damnum emergens), sondern auch des entgangenen Gewinns (lucrum cessans) sowie die Zahlung von Zinsen verlangen können muss. In Rn 35 hält der Gerichtshof sodann fest, dass der Unionsgesetzgeber mit dieser in Art 3 Abs 1 und 2 der Richtlinie definierten Schadenersatzregelung hinsichtlich eines durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens die bestehende Rechtsprechung des Gerichtshofs (C‑295/04 bis C‑298/04 , Manfredi, Rn 95) bestätigen wollte, sodass die nationalen Maßnahmen zur Umsetzung dieser (Richtlinien-)Vorschriften zwingend mit sofortiger Wirkung für alle Schadenersatzklagen gelten müssen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, wie durch deren Art 22 Abs 2 bestätigt wird.
[26] Zur Bedeutung der Wendung „mit sofortiger Wirkung“ verweist der Gerichtshof auf Art 22 Abs 2 der Richtlinie. Dieser Hinweis legt nahe, dass der Gerichtshof – so wie auch die Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen (Rn 33 und 35) – die Bestimmung des Art 3 Abs 2 der Richtlinie zur Geltendmachung des Kartellschadenersatzes als verfahrensrechtliche Vorschrift qualifiziert, was nach Art 22 Abs 2 der Richtlinie zur Folge hat, dass Art 3 Abs 2 der Richtlinie nicht für Schadenersatzklagen gilt, die vor dem 26. 12. 2014 (Inkrafttreten der Richtlinie) bei einem nationalen Gericht erhoben werden. Ob der Gerichtshof mit der Wendung „mit sofortiger Wirkung“ an das in Art 22 Abs 2 der Richtlinie genannte Datum anknüpfen und zum Ausdruck bringen wollte, dass Art 3 Abs 2 der Richtlinie zwingend auf alle Schadenersatzklagen anzuwenden ist, die ab 26. 12. 2014 bei nationalen Gerichten erhoben werden, ergibt sich aus der angeführten Entscheidung jedoch nicht mit der erforderlichen Klarheit. Ebenso wäre etwa eine Auslegung dahin denkbar, dass die nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art 3 Abs 2 der Richtlinie „sofort“ nach deren Erlassung oder nach deren Inkrafttreten (also ohne einen allenfalls normierten Übergangszeitraum) anzuwenden sind.
[27] 1.5 Damit im Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Bedeutung den Regelungen zum zeitlichen Geltungsbereich der nationalen Umsetzungsvorschriften, also den nationalen Übergangsregelungen, zukommt.
[28] In Österreich wurde Art 3 Abs 2 der Richtlinie 2014/104/EU durch § 37d KartG 2005 idF BGBl I Nr 56/2017 umgesetzt. Danach umfasst der Ersatz des Schadens auch den entgangenen Gewinn; der Ersatzpflichtige hat die Schadenersatzforderung ab Eintritt des Schadens in sinngemäßer Anwendung des § 1333 ABGB zu verzinsen. Nach der Übergangsregelung in § 86 Abs 9 KartG 2005 ist diese Bestimmung auf den Ersatz von Schäden anzuwenden, die nach dem 26. 12. 2016 entstanden sind. Im Anlassfall sind die Schäden im Zeitraum Jänner 1997 bis Jänner 2011 entstanden. Nach der nationalen Übergangsregelung ist § 37d KartG 2005 idF BGBl I Nr 56/2017 auf den Anlassfall nicht anzuwenden.
[29] Die Vorgängerbestimmung fand sich in § 37a KartG 2005 idF BGBl I Nr 13/2013. Danach hatte das ersatzpflichtige Unternehmen die Schadenersatzforderung ab Eintritt des Schadens in sinngemäßer Anwendung des § 1333 ABGB zu verzinsen. Nach der Übergangsregelung in § 86 Abs 4 KartG 2005 war diese Vorgängerbestimmung auf Wettbewerbsverstöße anzuwenden, die nach dem 28. 2. 2013 begangen wurden. Auch diese Voraussetzung ist im Anlassfall nicht erfüllt.
[30] Für davor liegende Zeiträume bestand keine sondergesetzliche Regelung für die Zahlung von Zinsen aus Kartellschäden. Aus diesem Grund wäre rein nach nationalem Recht die Verzugszinsenforderung nach den allgemeinen Bestimmungen des ABGB zu beurteilen. Danach wird ein Schadenersatzanspruch erst mit der zahlenmäßig bestimmten Geltendmachung durch Mahnung, Klage oder Klagserweiterung fällig, sodass Verzugszinsen erst ab diesem Zeitpunkt gefordert werden können (RS0023392 [T6]). Da im Anlassfall eine außergerichtliche Mahnung nicht erfolgt ist, würden der Klägerin die Verzugszinsen erst ab dem Zeitpunkt der Klagszustellung gebühren, was den Entscheidungen der beiden Vorinstanzen entspricht.
[31] 1.6 Daraus folgt, dass eine Anwendung des Art 3 Abs 2 der Richtlinie 2014/104/EU bzw der dazu normierten nationalen Umsetzungsvorschriften hinsichtlich der Zahlung von Zinsen aus dem Kartellschaden auf den Anlassfall nur dann in Betracht kommt, wenn die dargelegten nationalen Übergangsregelungen insbesondere nach § 86 Abs 9 KartG 2005 – vor allem aufgrund der Anordnung in Art 22 Abs 2 der Richtlinie – unangewendet bleiben müssen. Diese Konsequenz stünde aufgrund der geschilderten Qualifikation als verfahrensrechtliche Vorschriften im Sinn des Art 22 Abs 2 der Richtlinie durch den Gerichtshof auch mit dem Grundsatz der objektiv unmittelbaren Wirkung von formellen Richtlinienbestimmungen im Einklang.
[32] 2.1 Frage 2 betrifft die – aus Art 3 Abs 2 der Richtlinie 2014/104/EU abzuleitende – unionsrechtliche Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem der Kartellschaden entstanden ist.
[33] 2.2 Nach Art 3 Abs 2 der Richtlinie umfasst der vollständige Ersatz des Kartellschadens den Ersatz der eingetretenen Vermögenseinbuße und des entgangenen Gewinns sowie der Zahlung von Zinsen. Der Anspruch auf (Verzugs-)Zinsen gehört somit zum kartellrechtlichen Schadensbegriff (vgl Gänser/Egger in Egger/Harsdorf‑Borsch, Kartellrecht § 37d KartG Rz 2 und 29).
[34] 2.3 In Erwägungsgrund 12 der Richtlinie wird festgehalten, dass die Zinsen ab dem Zeitpunkt anfallen sollen, zu dem der Kartellschaden entstanden ist. Dementsprechend ist in den österreichischen Umsetzungsvorschriften (§ 37d Abs 2 KartG 2005 idF BGBl I Nr 56/2017 und ebenso schon § 37a idF BGBl I Nr 13/2013) normiert, dass die Schadenersatzforderung ab Eintritt des Schadens (in sinngemäßer Anwendung des § 1333 ABGB) zu verzinsen ist.
[35] 2.4 In der österreichischen Literatur wird dazu die Ansicht vertreten, dass die Zinsenforderung für jeden Schadensfall gesondert geltend gemacht werden muss, und zwar ab jeder erfolgten Zahlung einer Lieferung (vgl Gänser/Egger in Egger/Harsdorf‑Borsch, Kartellrecht § 37d KartG Rz 30).
[36] Die Klägerin hat zunächst vorgebracht, dass die Zinsen ab Kaufpreiszahlung bzw Fälligkeit geltend gemacht werden könnten. In der Folge sowie im konkreten Zinsenbegehren hat sie sich allerdings auf den Zeitpunkt der einzelnen Erwerbsvorgänge, also auf den Abschluss des jeweiligen Kaufvertrags bezogen.
[37] 2.5 Da der Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus dem Kartellschaden ab dem Zeitpunkt, zu dem der Kartellschaden entstanden ist, aus dem Unionsrecht resultiert, ist davon auszugehen, dass auch der maßgebende Zeitpunkt des Schadenseintritts unionsrechtlich zu bestimmen ist. Dafür kommt in erster Linie der Zeitpunkt der Zahlung des überhöhten Kaufpreises, aber auch jener der Fälligkeit des Kaufpreises oder jener des Abschlusses des jeweiligen nachteiligen Kaufvertrags in Betracht.
Zu III.:
[38] Der Ausspruch über die Aussetzung des Verfahrens bis zur Erledigung des Vorabentscheidungsersuchens gründet sich auf § 90a Abs 1 GOG.
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