European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0030OB00167.76.1207.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
1.) Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Entscheidung über den Ersatz der Kosten für die Einvernehmung nach § 358 EO richtet, zurückgewiesen.
2.) Im übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes in der Hauptsache wiederhergestellt wird.
Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit S 1.749,60 (darin S 129,60 Ust) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung:
Mit dem am 16. November 1966 vor dem Erstgericht zu C 1377/65 geschlossenen Vergleich verpflichtete sich H* u.a., bis spätestens 1. August 1967 sämtliche Setzungsrisse in der Wohnung der betreibenden Gläubigerin auf seine Kosten zu beheben und sämtliche damit zusammenhängende Nebenkosten zu tragen sowie allenfalls nachträglich auftretende Setzungsrisse wiederum auf dieselbe Weise zu beheben. Mit der Behauptung, daß H* die wieder entstandenen Setzungsrisse trotz mehrmaliger Aufforderung nicht behoben habe, beantragte die betreibende Gläubigerin, gegen den Verpflichteten, zur Erzwingung der Behebung der in ihrer Wohnung entstandenen Risse die Exekution zu bewilligen und dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in der Höhe von S 25.815,33 aufzutragen. Außerdem stellte sie den Antrag zur Hereinbringung der Exekutionskosten die Fahrnisexekution zu bewilligen.
Das Erstgericht wies diese Anträge der betreibenden Gläubigerin nach Einvernehmung des Verpflichteten (§ 358 EO) mit der Begründung ab, daß die Einwände des Verpflichteten, bei den behaupteten Rissen könne es sich um keine Setzungsrisse handeln, und die Kosten der Behebung seien zu hoch, berücksichtigt werden mußten. Die von der betreibenden Gläubigerin vorgelegten Voranschläge reichten nicht aus, um die aufgetretenen Schäden als Setzungsrisse zu qualifizieren und die Kosten der Ersatzvornahme bemessen zu können, zumal die betreibende Gläubigerin dem Verpflichteten eine Besichtigung der Schäden nicht gestattet habe. Außerdem verpflichtete das Erstgericht die betreibende Partei ohne weitere Begründung, dem Verpflichteten die von ihm begehrten Kosten seiner Äußerung zu ersetzen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der betreibenden Gläubigerin dahin Folge, daß es die beantragten Exekutionen bewilligte, jedoch das Begehren des Verpflichteten auf Kostenzuspruch für die Äußerung zum Exekutionsantrag abwies. Es war der Ansicht, daß der Vergleich vom 16. November 1966 einen tauglichen Exekutionstitel darstelle und die allgemeinen Voraussetzungen für die Exekution nach § 353 EO gegeben seien. Gegenstand einer der Exekutionsbewilligung vorangehenden Einvernehmung des Verpflichteten sei nur die Prüfung der besonderen Voraussetzungen nach § 353 EO, z.B. der Art der Handlung und des Vollzuges, der Auswahl des Dritten, der Höhe der Kosten. Hingegen sei ein Vorbringen, dessen Berechtigung nur im Rechtsweg der §§ 35 oder 36 EO geprüft werden könne, unzulässig und unbeachtlich.
Der Antrag des Verpflichteten auf Zuspruch der Kosten für seine Äußerung zum Exekutionsantrag (§ 358 EO) sei aber ohne Rücksicht auf das Schicksal des Exekutionsantrages unbegründet, weil dem Verpflichteten für seine amtswegig angeordnete Einvernahme nach § 358 EO kein Kostenersatz gebühre.
Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist, soweit er sich gegen die Kostenentscheidung der zweiten Instanz richtet, unzulässig, da Entscheidungen der zweiten Instanz im Kostenpunkt gemäß § 528 Abs. 1 Z 2 ZPO, der gem. § 78 EO auch im Exekutionsverfahren Anwendung findet, unanfechtbar sind. Im übrigen ist der Revisionsrekurs aber gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurswerber macht geltend, daß die Fälligkeit des betriebenen Anspruches vom Auftreten neuer Setzungsrisse in der Wohnung der betreibenden Gläubigerin abhänge und der Eintritt dieser Tatsache gemäß § 7 Abs. 2 EO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu beweisen gewesen wäre.
Es handelt sich hier aber nicht bloß um das Problem der Fälligkeit des betriebenen Anspruches, sondern entsteht das Recht der betreibenden Partei auf Behebung von Setzungsrissen nach dem Exekutionstitel erst, wenn solche Setzungsrisse künftig auftreten. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 EO ist auch in diesem Fall anzuwenden, setzt aber voraus, daß die Vollstreckbarkeit oder Fälligkeit im Exekutionstitel vom Eintritt einer Tatsache abhängig gemacht ist und dem Berechtigten der Beweis des Eintrittes dieser Tatsache obliegt. Trifft auch nur eine dieser beiden Voraussetzungen nicht zu, sei es, daß der Eintritt der Tatsache nicht zur Bedingung gemacht ist, sei es, daß der Beweis weder nach Inhalt des Exekutionstitels noch nach bürgerlichem Recht oder Prozeßgesetz dem Berechtigten obliegt, so ist die Exekution ohne Nachweis dieser Tatsache zu bewilligen (Heller-Berger-Stix, S. 195). Dem Revisionsrekurs ist zuzugeben, daß nach dem Wortlaut des Vergleiches vom 16. November 1966 die Verpflichtung zur Behebung „allenfalls nachträglich auftretender Setzungsrisse“ denknotwendig durch das künftige Auftreten von Setzungsrissen bedingt ist, die Vollstreckbarkeit des betriebenen Anspruches also vom Eintritt einer Tatsache abhängig gemacht ist. Daß der Eintritt dieser Tatsache von der betreibenden Gläubigerin zu beweisen ist, ergibt sich zwar nicht aus dem Exekutionstitel, wohl aber aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes, ob es sich nun um einen Gewährleistungs- oder Schadenersatzanspruch handelt. Wer einen Gewährleistungsanspruch geltend macht, muß den behaupteten Mangel beweisen (Gschnitzer bei Klang 2 IV/1 S 544) und die Beweislast für den Eintritt eines Schadens trifft den Geschädigten (Wolff bei Klang 2 VI S 45). Die betreibende Gläubigerin hätte daher durch qualifizierte Urkunden im Sinne des § 7 Abs. 2 EO beweisen müssen, daß in ihrer Wohnung wieder Setzungsrisse aufgetreten sind. Mangels dieses Nachweises oder eines Urteiles nach § 10 EO ist die Bewilligung der Exekution unzulässig.
Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der Beschluß des Erstgerichtes in dem aus dem Spruche ersichtlichen Umfange wieder herzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO und 78 EO. Barauslagen waren dem Verpflichteten nicht zuzusprechen, da Eingaben des Verpflichteten im Exekutionsverfahren gebührenfrei sind (TP. 1 lit. f des Gerichts- und Justizverwaltungsgebührentarifes). Der Einheitssatz beträgt bei einem Streitwert über S 15.000,‑‑ nur 50 % der Verdienstsumme (§ 23 d. BG vom 22. Mai 1974, BGBl. Nr. 743).
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