European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0020OB00033.25D.0429.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.000,75 EUR (darin enthalten 166,79 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Nachlass der 2021 verstorbenen Erblasserin wurde ihrer Tochter (Beklagte), ihrem Sohn und ihrem Enkelsohn (Kläger) aufgrund des Gesetzes zu je einem Drittel eingeantwortet.
[2] Die Erblasserin erlitt 2005 einen Schlaganfall. Dass sie schon ab diesem Zeitpunkt pflegebedürftig geworden wäre, konnte nicht festgestellt werden.
[3] Sie konnte auch nach dem (späteren) Eintritt altersbedingter Leiden lange in ihrer Wohnung alleine leben, weil die Beklagte ihr entweder „Essen auf Rädern“ und sonstige mobile Hilfsdienste für den Einkauf, das Kochen und Aufräumen sowie Arztbesuche organisierte oder sie nach beruflicher Möglichkeit selbst unterstützte.
[4] Als sich die Beklagte 2015 einer Knieoperation unterziehen musste, brachte sie die Erblasserin in einem Pflegeheim unter, wo sie letztlich aufgrund ihres sich verschlechternden Gesundheitszustands – mit Ausnahme kurzer Krankenhausaufenthalte – bis zu ihrem Tod verblieb. Im Pflegeheim war die Erblasserin „pflegerisch aufgehoben“. Sie aß im Heim und bekam Körperpflege. Auch Friseurbesuche wurden im Heim angeboten, die die Beklagte für sie anmeldete.
[5] Die Beklagte besuchte die Erblasserin etwa einmal im Monat. Die Erblasserin war aber ein „schwieriger Mensch“. Einmal wollte sie ihre Medikamente nicht nehmen. Ein anderes Mal „passten“ ihr die Pfleger nicht, war ihr das Zimmer zu dunkel oder ihr zu langweilig. Deshalb rief sie die Beklagte täglich an. Dabei handelte es sich meist um längere Telefonate, wobei die Beklagte der Erblasserin immer „gut zureden“ musste. Während des Heimaufenthalts kümmerte sich die Beklagte um die Betreuung durch eine Psychologin, traf sämtliche ärztliche Entscheidungen für die Erblasserin und war Ansprechperson gegenüber der Heimleitung sowie dem Pflegedienst.
[6] Der Kläger begehrt von der Beklagten gestützt auf hinzu- und anzurechnende Schenkungen die Zahlung seines Pflichtteils.
[7] Die Beklagte wendet – soweit für das Revisionsverfahren noch relevant – ein, von 2007 bis 2015 im Ausmaß von durchschnittlich 39 Stunden pro Monat Pflegeleistungen (Behördenwege, Einkäufe, Begleitung zu Arztterminen, Organisation der Heimhilfe, Korrespondenz mit Ärzten, Motivationsgespräche) erbracht zu haben. Nach der Heimunterbringung habe sich der Pflegeaufwand (Einkäufe, Post- und Bankwege, Beschaffung von Kleidung, Heimbesuche, Begleitung zu Arztterminen, Koordination/Besprechungen mit dem Pflegeteam, psychische Betreuung) auf monatlich 28 Stunden reduziert. Ihr gebühre daher gemäß §§ 677 ff, 1037 bzw 1435 ABGB angemessenes Entgelt für ihre Pflegeleistungen, das die Klageforderung übersteige.
[8] Das Erstgericht gab der Klage statt und verneinte – in den Entscheidungsgründen – die Berechtigung der von der Beklagten eingewendeten Gegenforderung.
[9] Das Berufungsgericht gab einer Berufung der Beklagten mit der Maßgabe nicht Folge, dass es gemäß § 545 Abs 3 Geo den Pflichtteilsanspruch des Klägers in der geltend gemachten Höhe als zu Recht und die auf die Pflegeleistungen der Beklagten gestützte Gegenforderung hingegen als nicht zu Recht bestehend feststellte und der Klage daher stattgab. Rechtlich verneinte es – soweit noch Gegenstand des Revisionsverfahrens – die Voraussetzungen eines Pflegevermächtnisses nach § 677 ABGB, weil die Erblasserin in den letzten Jahren vor ihrem Tod in einem Pflegeheim untergebracht gewesen sei und die Telefonate und Besuche der Beklagten keine (qualitativ ausreichenden) Pflegeleistungen seien. Für einen Anspruch aufgrund nützlicher Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) verbleibe aufgrund des Einvernehmens mit der Erblasserin kein Raum. Auch ein Anspruch nach § 1435 ABGB analog scheide aus, weil die Beklagte nicht in Erwartung einer Gegenleistung gehandelt habe. Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht über Abänderungsantrag der Beklagten (§ 508 Abs 1 ZPO) zu den Auswirkungen der Heimpflege auf das Pflegevermächtnis, zur Frage, ob (telefonische) psychische Betreuungsleistungen einen Pflegevermächtnisanspruch begründen könnten, und zu den Voraussetzungen eines Anspruchs aufgrund von GoA zu.
[10] Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Abänderungsantrag, die Klage abzuweisen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[11] Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
[12] Die Revision ist zur Konkretisierung des Pflegebegriffs des § 677 Abs 2 ABGB zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[13] Die Revision argumentiert, das bloße Zulassen und Entgegennehmen der von der Beklagten erbrachten Pflegeleistungen begründe noch kein Einvernehmen und schließe daher einen Anspruch nach § 1037 ABGB nicht aus. Überdies seien auch während der Heimunterbringung der Erblasserin ihre organisatorischen Leistungen sowie die psychische Unterstützung während der Telefonate und der persönlichen Besuche dem Pflegebegriff des § 677 Abs 2 ABGB zu unterstellen.
[14] 1. Auf § 1435 ABGB analog kommt die Revision zu Recht nicht mehr zurück (vgl 2 Ob 198/20m Rz 32; 2 Ob 191/20g Rz 2).
2. Geschäftsführung ohne Auftrag
[15] 2.1. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass – ausgehend von den allgemeinen Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag – dann, wenn die Pflegeperson im Einvernehmen mit dem zu Pflegenden handelt, ein Anspruch nach § 1036 ABGB ausscheidet (2 Ob 217/22h; zustimmend Herndl, EF-Z 2023/72; Isola, EvBl 2023/139; Spenling, RZ 2023/7; kritisch: Meissel, Angehörigenpflege, Bereicherungsrecht und GoA, Methodische Überlegungen zu 2 Ob 217/22h, NZ 2023/62). Die gegenteilige, im Schrifttum umstrittene Entscheidung 8 Ob 37/16y hat der erkennende Senat schon als vereinzelt abgelehnt (2 Ob 217/22h Rz 21 f).
[16] 2.2. Stichhaltige Argumente für eine neuerliche Überprüfung der jüngeren Rechtsprechung enthält die Revision, die selbst davon ausgeht, dass bei bestehendem Einvernehmen ein Anspruch nach § 1037 ABGB ausscheidet, nicht. Soweit Meissel (aaO) argumentiert, es müsse zwischen der Frage der Erlaubtheit des Eingriffs in die fremde Rechtssphäre einerseits und einer allfälligen Entlohnung andererseits unterschieden werden, sodass auch bei Pflege im Einvernehmen aufgrund des bereicherungsrechtlichen Charakters des § 1037 ABGB mangels vereinbarter Unentgeltlichkeit ein Ersatzanspruch zustehe, kann dies nicht überzeugen. Weshalb auf das – auch seiner Ansicht nach – für GoA charakteristische „Unbeteiligtsein des Geschäftsherrn“ verzichtet werden kann, legt Meissel nicht dar. Der bloße Hinweis auf den bereicherungsrechtlichen Charakter des § 1037 ABGB rechtfertigt dies nicht.
[17] Weshalb die – auch nach der Revision – von der Erblasserin zugelassene Pflege durch die Beklagte dennoch nicht (auch) im Einvernehmen mit ihr erfolgt sein soll, legt die Revision ebenfalls nicht dar. Dass die Erblasserin wegen fortschreitender Demenz sowie einer depressiven Erkrankung ihr Einvernehmen nicht erteilen hätte können, behauptet die Beklagte erstmals im Revisionsverfahren, sodass der entsprechende Einwand gegen das Neuerungsverbot verstößt (RS0119918).
[18] 3. § 1037 ABGB scheidet daher als Anspruchsgrundlage für die Abgeltung der von der Beklagten erbrachten Leistungen aus. Zu prüfen bleibt ein allfälliger Anspruch nach §§ 677, 678 ABGB für die drei Jahre vor dem Tod der Erblasserin während ihrer Heimunterbringung erbrachten Leistungen. Diese bestanden nach den Feststellungen im Wesentlichen aus monatlichen Besuchen, täglichen Telefonaten und organisatorischen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Heimunterbringung und der ärztlichen Betreuung.
4. Pflegevermächtnis
[19] 4.1. Nach § 677 Abs 1 ABGB gebührt einer dem Verstorbenen nahestehenden Person, die diesen in den letzten drei Jahren vor seinem Tod in nicht bloß geringfügigem Ausmaß gepflegt hat, dafür ein gesetzliches Vermächtnis, soweit nicht eine Zuwendung gewährt oder ein Entgelt vereinbart wurde.
[20] 4.2. Der Senat hat schon klargestellt, dass während Zeiten von Spitals- oder Heimpflege mangels (objektiv) erforderlicher Betreuungsleistungen ein Anspruch nach § 677 ABGB (in der Regel) ausscheidet (2 Ob 54/21m Rz 47 [„stationäre Pflege“]). Generell kommt für Zeiten der „Fremdpflege“ ein Anspruch aus einem Pflegevermächtnis daher nur insoweit in Betracht, als in dieser Zeit sonstige Pflegeleistungen zugunsten des Erblassers verrichtet werden, an deren alleiniger Ausübung er aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit verhindert war (2 Ob 65/24h Rz 32).
[21] 4.3. Der Begriff „Pflege“ iSd § 677 Abs 2 ABGB ist weit gefasst und erfasst alle (nicht medizinischen) objektiv erforderlichen Unterstützungsleistungen („Betreuung und Hilfe“) zugunsten des Erblassers, sofern dessen Pflegebedürftigkeit die alleinige Ausübung dieser Tätigkeiten verhindert (RS0133721; 2 Ob 54/21m Rz 41). Zur Konkretisierung der Begriffe „Betreuung und Hilfe“ kann auf die Bestimmungen der Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz (EinstV) zurückgegriffen werden (2 Ob 54/21m Rz 43).
4.4. Besuche und Telefonate
[22] 4.4.1. Bloße Besuche einer in einem Heim untergebrachten Person sind nicht vom Pflegebegriff umfasst (Kiener, Abgeltung von Pflegeleistungen naher Angehöriger – Das Pflegevermächtnis, ÖZPR 2015/121; Neumayr/Kiener in Barth/Pesendorfer, Praxishandbuch des neuen Erbrechts, 139; Oberhumer in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht2 Rz 6.57). Es handelt sich dabei nämlich um keine Unterstützungsleistungen („Betreuung und Hilfe“ iSd EinstV) zugunsten des Erblassers bei Tätigkeiten, an deren alleiniger Ausübung ihn seine Pflegebedürftigkeit hindert. Zwar können auch Unterstützungsleistungen, die (nur) das psychische Wohlergehen des Gepflegten fördern, unter den (weiten) Pflegebegriff des § 677 Abs 2 ABGB fallen. Voraussetzung ist – wie auch bei jenen Pflegeleistungen, die das physische Wohlergehen betreffen – aber, dass es sich um Tätigkeiten handelt, an deren alleiniger Ausübung der Gepflegte aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit gehindert ist (Christandl in Klang³ §§ 677, 678 ABGB Rz 62 f; Stefula,Das Pflegevermächtnis nach dem ErbRÄG 2015, EF-Z 2016/56; Welser, Erbrechts-Kommentar § 677 ABGB Rz 3; Spruzina/Hofer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 677 Rz 10). Spaziergänge oder Vorlesetätigkeit könnten daher beispielsweise dann als (psychische) Pflegeleistung gewertet werden, wenn der Gepflegte dazu aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit nicht mehr selbständig in der Lage ist. Diese Anforderungen erfüllen die Telefonate und Besuche der Beklagten nicht.
[23] 4.4.2. Auch der Hinweis der Revision auf § 4 Abs 2 EinstV, der für das Führen von Motivationsgesprächen mit geistig oder psychisch behinderten Menschen einen Pflegeaufwand ansetzt, vermag im vorliegenden Fall keinen Anspruch auf ein Pflegevermächtnis zu begründen, weil darunter nach dem klaren Wortlaut der EinstV nur Gespräche zur selbständigen Durchführung von in den §§ 1 und 2 EinstV angeführten Verrichtungen durch die betroffene Person zu verstehen sind. Dass dies der fremduntergebrachten Erblasserin noch möglich gewesen wäre und die Telefonate dazu gedient hätten, behauptet die Beklagte aber gar nicht.
4.5. Organisationsleistungen
[24] Die Beklagte strebt weiters die Berücksichtigung ihrer Organisationstätigkeiten während der Heimunterbringung der Erblasserin als Pflegeleistungen an.
[25] In der Literatur ist umstritten, ob die „Betreuung und Hilfe“ (höchst‑)persönlich erbracht werden muss (vgl die Nachweise bei Spruzina/Hofer in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.03 § 677 Rz 13 [FN49] sowie bei Christandl in Klang³ §§ 677, 678 ABGB Rz 64).
[26] Der Meinungsstreit bedarf hier keiner Klärung, weil sich dieser im Wesentlichen mit der hier aber nicht relevanten Frage beschäftigt, ob auch die Finanzierung der Fremdpflege durch einen nahen Angehörigen einen Anspruch nach §§ 677, 678 ABGB eröffnen kann (dafür: Neumayr/Kiener in Barth/Pesendorfer, Praxishandbuch des neuen Erbrechts, 139; Kiener,Abgeltung von Pflegeleistungen naher Angehöriger – Das Pflegevermächtnis, ÖZPR 2015/121; N. Brandstätter,Neue und alte Rechtsbehelfe zur Pflegeabgeltung, ecolex 2016, 1040; Kaulbach,Pflegen heißt erben, ZfRV 2016/19; dagegen: Fischer-Czermak, Abgeltung von Pflegeleistungen naher Angehöriger, FS Eccher [2017], 349 [352]; Hueber,Zur Abgeltung von erbrachten Pflegeleistungen nach dem neuen Erbrecht, NZ 2016/96; Stefula,Das Pflegevermächtnis nach dem ErbRÄG 2015, EF‑Z 2016/56; Gruber/Palma, Das Pflegevermächtnis, FS Bittner [2018], 205 [210 f]; Till,Angehörigenpflege nach dem ErbRÄG 2015 – das neue Pflegevermächtnis, ZfG 2017, 12; Jetzinger,Die Anspruchsberechtigten des Pflegevermächtnisses: Zentrale Aspekte für pflegende Angehörige, NZ 2020/45; Baldovini , Das Pflegevermächtnis [2020], 40 ff; Christandl in Klang³ §§ 677, 678 ABGB Rz 64; Oberhumer in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht2 Rz 6.57; Schauer in Deixler-Hübner, Handbuch Familienrecht² 779; differenzierend: Deixler-Hübner in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge² § 10 Rz 23). Im vorliegenden Fall ist vielmehr zu beurteilen, ob die von der Beklagten ohnehin in eigener Person erbrachten Organisationsleistungen als solche unter den Begriff der Pflege fallen. Dies ist grundsätzlich zu bejahen, weil es sich dabei um (Organisations‑)Tätigkeiten handelt, an deren Ausübung die Erblasserin aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit gehindert war, deren Vornahme aber ihre Möglichkeit verbesserte, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen. Soweit Christandl (in Klang³ §§ 677, 678 ABGB Rz 64) die Qualifikation von Organisationstätigkeiten als Pflege ablehnt, stützt er sich primär darauf, dass diese in der Regel nicht das geforderte Ausmaß (vgl dazu unten 4.6.) erreichen. Weshalb organisatorische Tätigkeiten von vornherein nicht als Pflege iSd § 677 ABGB qualifizieren werden können, legt er aber nicht dar.
4.6. Quantitatives Pflegeausmaß
[27] 4.6.1. § 677 Abs 1 ABGB erfordert eine Pflegetätigkeit in „nicht bloß geringfügigem Ausmaß“. Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 688 BlgNR 25. GP 17) ist dies normalerweise dann anzunehmen, wenn durchschnittlich mehr als 20 Stunden im Monat für die Pflege aufgewendet würden. Dieser Tätigkeitsumfang liege zwar deutlich unter den Anforderungen für Pflegegeld Stufe 1 (derzeit 65 Stunden monatlich), fordere aber dennoch einen nicht unbeträchtlichen persönlichen Einsatz, dem durch die Einräumung eines Pflegevermächtnisses entsprochen werden solle. Die Auffassung der Materialien wird in der Lehre zustimmend wiedergegeben (vgl etwa Neumayr in KBB7 §§ 677–678 ABGB Rz 3; Christandl in Klang3 §§ 677, 678 ABGB Rz 65; Welser, Erbrechts-Kommentar § 677 ABGB Rz 1).
[28] 4.6.2. Im konkreten Fall erreichen die als Pflegeleistungen verbleibenden Organisationstätigkeiten der Beklagten schon nach ihren Behauptungen (13 h/Monat) jedenfalls nicht das danach erforderliche Ausmaß. Die Geringfügigkeitsgrenze ist daher nicht überschritten.
[29] 5. Zusammengefasst begründen daher weder die Organisationstätigkeiten noch die monatlichen Besuche und täglichen Telefonate mit der Erblasserin ein Pflegevermächtnis zu Gunsten der Beklagten. Ihre Revision muss daher scheitern.
[30] 6. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:
Bloße Besuche und Telefongespräche sind in der Regel nicht als Pflege iSv § 677 ABGB anzusehen. Organisatorische Tätigkeiten können demgegenüber unter den Pflegebegriff fallen, wenn der Erblasser dazu nicht mehr in der Lage war, sie aber seine Möglichkeiten verbesserten, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen. Der Anspruch auf das Pflegevermächtnis setzt allerdings voraus, dass die Leistungen des Pflegenden die Geringfügigkeitsgrenze des § 677 ABGB überschreiten.
[31] 7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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