European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0020OB00023.25H.0429.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 3.034,84 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 505,81 EUR USt) zu jeweils einem Drittel binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Nachlass nach dem 2020 verstorbenen Erblasser wurde seinen drei Kindern, den Beklagten, als testamentarischen Erben zu jeweils einem Drittel eingeantwortet. Die Klägerin ist die Witwe des Erblassers, die Ehe wurde am 20. Mai 2017 geschlossen. Seit 2020 war ein Scheidungsverfahren zwischen der Klägerin und dem Erblasser anhängig. Der Erblasser schenkte jedem der Beklagten im Jahr 2014 ein Sparbuch. Mit Übergabsvertrag vom 17. März 2017 übergab er den Beklagten mehrere Liegenschaften und behielt sich ein Wohnungsgebrauchsrecht zurück.
[2] Die Vorinstanzen gaben der Pflichtteilsklage der Klägerin, die die Hinzurechnung der den Beklagten vom Erblasser gemachten Schenkungen (Sparbücher, Liegenschaften) begehrte, überwiegend statt. Die Bestimmung des § 782 Abs 2 ABGB sei bei einer Schenkung an eine pflichtteilsberechtigte Person – also im Anwendungsbereich des § 783 ABGB – nicht analog anzuwenden. Die Klägerin könne daher die Hinzurechnung der den Beklagten vor der Eheschließung der Klägerin mit dem Erblasser gemachten Schenkungen begehren.
[3] Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht mit der Begründung zu, dass in der erbrechtlichen Literatur umstritten sei, ob die Einschränkungen des § 782 Abs 2 ABGB auch bei Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte analog anzuwenden seien.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die Revision der Beklagten ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts – mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[5] 1. Selbst wenn das Berufungsgericht – zu Recht –ausgesprochen hat, die ordentliche Revision sei zulässig, ist die Revision zurückzuweisen, wenn sie nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RS0102059). Bei Ausführung einer Rechtsrüge in der Revision genügt es nicht, die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts mit bloßen „Leerformeln“ oder pauschal – daher der Sache nach begründungslos – zu bekämpfen. Eine solche Rechtsrüge ist einer nicht erhobenen gleichzuhalten und kann keine Überprüfung der im angefochtenen Urteil vertretenen Rechtsansicht bewirken (RS0043654 [T14]).
[6] 2. Die Beklagten wiederholen in ihrer Revision zur entscheidenden Frage, ob die Bestimmung des § 782 Abs 2 ABGB auch auf Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte analog anzuwenden ist, lediglich ihre ohnehin sehr knappen, bereits in der Berufung enthaltenen Argumente. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Begründung des Berufungsgerichts fehlt zur Gänze.
[7] Im Übrigen hat bereits das Berufungsgericht die in der Berufung der Beklagten enthaltene Rechtsrüge in diesem Punkt als nicht gesetzmäßig ausgeführt erachtet, wogegen sich die Beklagten in der Revision nicht wenden, sodass es dem Obersten Gerichtshof auch aus diesem Grund verwehrt ist, zur vom Berufungsgericht – zu Recht – als erheblich bezeichneten Rechtsfrage inhaltlich Stellung zu nehmen (vgl RS0043231).
[8] 3. Wieso der (im Testament und der Einbringung einer Scheidungsklage zum Ausdruck gekommene) Wille des Erblassers bei der Auslegung des § 783 ABGB beachtlich sein sollte, ist nicht ersichtlich.
[9] 4. In der in der Revision zitierten Entscheidung 2 Ob 71/24s hat der Senat bereits ausgeführt, dass sich die Bestimmung des § 725 ABGB im mutmaßlichen Willen des Verstorbenen rechtfertigt, der seinen Ehepartner nach dem Scheitern der Ehe typischerweise nicht mehr begünstigen will. Bei Einleitung eines Scheidungsverfahrens zu Lebzeiten des Erblassers verliert der überlebende Ehepartner – sofern der Erblasser nichts Gegenteiliges angeordnet hat – damit seine Ansprüche aus einer letztwilligen Zuwendung, behält aber, wenn die Ehe im Zeitpunkt des Todes noch aufrecht war, sein gesetzliches Erbrecht (Rz 14), sofern kein Fall des § 746 Abs 2 ABGB vorliegt. Das Einbringen der Scheidungsklage allein spielt also für die an das gesetzliche Erbrecht anknüpfende Pflichtteilsberechtigung der Klägerin keine Rolle. Die als fehlend gerügten Feststellungen zu den Gründen des Erblassers für die Einbringung der Scheidungsklage sind damit für den Verfahrensausgang unerheblich.
[10] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO iVm § 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen. Die Bemessungsgrundlage beträgt (nur) 35.999,01 EUR, der ERV‑Zuschlag für eine Revisionsbeantwortung nach § 23a RATG nur 2,60 EUR (RS0126594).
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