European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0020OB00143.25F.0918.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.898,42 EUR (darin enthalten 483,07 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, inwieweit im Rahmen der Ermittlung des Pflichtteils des Klägers eine „Verkehrswertanpassung“ (Verkehrswertreduktion) vorzunehmen sei, die den objektiven Wert der geschenkten Sache lediglich aufgrund des Vorhandenseins bücherlicher Lasten mindert, die spätestens im Zeitpunkt des Erbanfalls mit Sicherheit erlöschen. Außerdem sei keine Rechtsprechung zur Frage auffindbar, wie bei der Aliquotierung nach § 789 Abs 2 ABGB vorzugehen sei.
Rechtliche Beurteilung
[2] Die Revision des Klägers ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil nur solche Gründe geltend gemacht werden, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RS0102059).
[3] 1. Eine – für den Kläger nachteilige – „Verkehrswertanpassung“ aufgrund von mit dem Erbanfall erlöschenden Lasten, die zwar den Wert der geschenkten Sache bezogen auf den Zeitpunkt des Empfangs erheblich vermindern, aber nach dem Zweck des Hinzu‑ und Anrechnungsrechts für die Bemessung des Pflichtteils außer Ansatz zu lassen sind (vgl RS0133183), hat das Berufungsgericht ohnehin nicht vorgenommen. Dagegen wendet sich die Revision des Klägers naturgemäß nicht, sodass insoweit keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wird.
[4] 2. In Bezug auf die vom Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Aliquotierung nach § 789 Abs 2 ABGB und dem Verhältnis zu § 791 Abs 1 ABGB aufgeworfene ohnehin auch zu Gunsten des Klägers gelöste Rechtsfrage erschöpft sich die Revision in der Behauptung, die Details dazu würden in der Literatur unterschiedlich behandelt. Der Oberste Gerichtshof werde zu entscheiden haben, ob § 789 Abs 2 ABGB teleologisch zu reduzieren sei. Damit wird mangels Auseinandersetzung mit der vom Berufungsgericht zur Anwendung des § 789 Abs 2 ABGB vertretenen Rechtsauffassung keine gesetzmäßige Rechtsrüge ausgeführt (RS0043605; RS0043312 [T8]). Dem Obersten Gerichtshof ist es daher verwehrt auf diese Rechtsfrage einzugehen (RS0043605 [T1]).
[5] 3. Die Ermittlung des Verkehrswerts einer Liegenschaft gehört dem Tatsachenbereich an (RS0043704 [T1]), die Wahl der Bewertungsmethode – wofür gemäß § 3 Abs 1 LBG insbesondere das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren in Betracht kommen (RS0066223) – hat durch den Sachverständigen zu erfolgen (RS0066223 [T2]) und unterliegt grundsätzlich nicht der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof (RS0109006). Anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Ermittlung des Verkehrswerts auf mit den Gesetzen der Logik oder der Erfahrung unvereinbaren Schlussfolgerungen oder auf abstrakten Erwägungen ohne Sachverhaltsgrundlage beruht (RS0109006 [T3, T4]). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
[6] Die Revision bemängelt, der Sachverständige habe entgegen der Rechtsprechung bei der Ermittlung des Verkehrswerts der dem Beklagten geschenkten Liegenschaft anhand der Ertragswertmethode das im Zeitpunkt des Erbanfalls weggefallene Wohnrecht der Erblasserin ertragsmindernd berücksichtigt. Schon das Berufungsgericht hat aber zutreffend darauf hingewiesen, dass der Sachverständige nicht aufgrund des (vorbehaltenen) Wohnungsgebrauchsrechts der Erblasserin von einer eingeschränkten Nutzbarkeit der im Obergeschoss gelegenen, im Übergabezeitpunkt vorhandenen Fremdenzimmer ausgegangen ist. Er hat diese vielmehr mit der spezifischen räumlichen Situation der übergebenen Liegenschaft, insbesondere mit der Erreichbarkeit der Fremdenzimmer nur über die Wohnzone im Erdgeschoss begründet. Dabei handelt es sich um eine nicht revisible Tatfrage.
[7] 4. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[8] 5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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