European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0020NC00007.25I.0220.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Es besteht ein zureichender Grund, die Unbefangenheit * in der zu AZ * anhängigen Rechtssache in Zweifel zu ziehen.
Begründung:
[1] Die Klägerin verlangt vom Beklagten gestützt auf die zustimmungslose Verbreitung eines Plakatfotos mit ihrem Namen, die zur unzutreffenden Unterstellung von politischen Aussagen geführt habe, Unterlassung, Widerruf und Zahlung. Im Provisorialverfahren erließ das Erstgericht eine einstweilige Verfügung zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs. Einem Rekurs des Beklagten gab das Oberlandesgericht Wien unter Mitwirkung der mittlerweile zum Obersten Gerichtshof ernannten * nicht Folge.
[2] Auch im Hauptverfahren bestätigte das Oberlandesgericht Wien das dem Unterlassungsbegehren stattgebende Urteil des Erstgerichts. Das Zahlungs- und einen Teil des Widerrufsbegehrens wies das Erstgericht unbekämpft ab.
[3] Für die Behandlung der gegen das Berufungsurteil gerichteten außerordentlichen Revision (nur) des Beklagten ist der * Senat des Obersten Gerichtshofs zuständig.
[4] * ist Mitglied dieses Senats. Sie gibt mit Anzeige vom 3. 2. 2025 die dargestellten Umstände bekannt und teilt mit, sich subjektiv nicht für befangen zu erachten.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die Befangenheitsanzeige ist begründet:
[6] 1. Gemäß § 20 Abs 1 Z 5 JN sind Richter von der Ausübung des Richteramts in bürgerlichen Rechtssachen dann ausgeschlossen, wenn sie bei einem untergeordneten Gericht an der Erlassung des „angefochtenen“ Urteils oder Beschlusses teilgenommen haben.
[7] Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor, weil * nicht an der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts mitgewirkt hat.
[8] 2. Allerdings ist ein Richter befangen, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein einer Voreingenommenheit hervorrufen können. Ein solcher Anschein kann durch eine eindeutige Nahebeziehung des Richters zu einer Verfahrenspartei, zu einer Person, die ihrerseits eine Nahebeziehung zu einer Verfahrenspartei aufweist, aber auch durch eine besondere Nahebeziehung zur Rechtssache begründet werden. Gerade in lauterkeitsrechtlichen Streitigkeiten werden Unterlassungsklagen häufig mit inhaltsgleichen oder ähnlichen Sicherungsanträgen verbunden. In diesen Fällen werden die relevanten Rechtsfragen in der Regel schon im Provisorialverfahren angesprochen und geklärt (8 Nc 22/17b).
[9] Im zugrundeliegenden Provisorialverfahren hat * an der Entscheidung des Rekursgerichts über das – auch im Revisionsverfahren noch strittige – Unterlassungsbegehren mitgewirkt, weshalb sie sich zum Verfahrensgegenstand bereits eine konkrete Meinung gebildet hat, die in die Entscheidung des Rekursgerichts im Provisorialverfahren eingeflossen ist. Bei dieser Sachlage könnte ein Verfahrensbeteiligter den Eindruck gewinnen, dass die Willensbildung des Richters zu der nunmehr in dritter Instanz anstehenden Entscheidung nicht vollkommen unvoreingenommen erfolgt, sondern von der im früheren unterinstanzlichen Verfahren gewonnenen Meinung zumindest beeinflusst wird (vgl 8 Nc 22/17b).
[10] Daher ist auszusprechen, dass ein zureichender Grund vorliegt, die Unbefangenheit der Richterin in Zweifel zu ziehen.
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