OGH 1Ob57/25a

OGH1Ob57/25a31.7.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions‑ und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely‑Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. N* KG, *, und 2. W* KG, *, vertreten durch die Berger Grobovschek Perfeller Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen die beklagte Partei P* GmbH, vormals P* GmbH, *, vertreten durch Mag. StefanEbner, Rechtsanwalt in Salzburg, sowie die Nebenintervenientinnen auf Seite der beklagten Partei 1. H* GmbH, *, vertreten durch die Lirk Spielbüchler Hirtzberger Rechtsanwälte OG in Salzburg, und 2. Z* Ges.m.b.H., *, vertreten durch Dr. Manfred Wiener und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen 619.851,90 EUR sA und Feststellung, über die Revision und den Rekurs der beklagten Partei gegen das Teilzwischenurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom (richtig:) 9. Jänner 2025, GZ 1 R 154/24h‑33, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 18. Oktober 2024, GZ 14 Cg 22/24h‑26, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0010OB00057.25A.0731.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Zivilverfahrensrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

I. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird auf „P* GmbH“ berichtigt.

II. Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Der Revision gegen das Teilzwischenurteil wird Folge gegeben.

Das Teilzwischenurteil und das Ersturteil werden hinsichtlich der „Ansprüche, die aus seit dem 23. Februar 2021 eingetretenen Schäden resultieren“ aufgehoben und dem Erstgericht wird auch insoweit die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisions‑ und Rekursverfahrens sind Kosten des weiteren Verfahrens.

 

Begründung:

[1] I. Aus dem Firmenbuch (FN *) ist ersichtlich, dass die Firma der Beklagten nunmehr P* GmbH lautet. Ihre Bezeichnung ist daher gemäß § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen.

[2] II. Die Klägerinnen sind Miteigentümer von Grundstücken in Hanglage, auf denen neben anderen Gebäuden auch ein historisches Palais errichtet ist. Die Beklagte war Alleineigentümerin des (richtig:) im Osten anschließenden Grundstücks, auf dem sie im Zuge eines umfangreichen Bauvorhabens Wohn‑ und Geschäftsgebäude mit mehreren Untergeschoßen sowie eine Tiefgarage errichtete. Seit der Wohnungseigentumsbegründung 2023 ist sie nun Wohnungseigentümerin des Großteils der Anteile. Ihrer Rechtsvorgängerin im Eigentum hatte der Bürgermeister der Stadt S* am 10. 8. 2016 eine wasserrechtliche Bewilligung für die Bauwasserhaltung während der Bauphase unter Vorschreibung von Auflagen, Bedingungen und Fristen erteilt. Die Beklagte ist nun die Wasserberechtigte dieser Anlage und hatte mit den Bauarbeiten im Herbst 2019 begonnen.

[3] Das Erstgericht wies das Begehren der Klägerinnen auf Ersatz von – näher aufgeschlüsselten – Sanierungskosten für das auf ihrem Grundstück errichtete, durch Feuchtigkeitseintritt beschädigte Gebäude ebenso als verjährt ab wie dasjenige auf Feststellung, dass die Beklagte ihnen für sämtliche künftige Schäden aus dem Schadenereignis der Wasserableitung auf ihre näher bezeichneten Grundstücke hafte, die durch die „Aufführung“ der nördlichen Baugrubensicherung auf dem Grundstück der Beklagten und dem anschließenden Grundstück der Stadtgemeinde (öffentliches Gut) und die dadurch erfolgte Änderung der „Wasserwegigkeit“ bedingt seien.

[4] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerinnen Folge. In Ansehung der „Ansprüche, die aus seit dem 23. Februar 2021 eingetretenen Schäden resultieren“, sprach es mit Teilzwischenurteil im Sinn des § 393a ZPO aus, dass diese nicht verjährt seien. Hinsichtlich der weiteren Ansprüche sowie des Feststellungsbegehrens und der Kostenentscheidung hob es das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

[5] Das Berufungsgericht teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts insoweit, als für alle bis Spätherbst 2020 eingetretenen und dem Komplementär der Klägerinnen bekannten Schäden die dreijährige Verjährungsfrist zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage am 23. 2. 2024 abgelaufen sei. Diesgelte auch für Schäden, die vor dem „Verjährungsstichtag“ 23. 2. 2021 eingetreten und den Klägerinnen bis dahin auch bekannt gewesen seien. Allerdings sei hier von einer fortgesetzten Schädigung auszugehen, zumal die Beklagte nach dem Spätherbst 2020 mehrfach Änderungen an der (ursprünglich dichten) Bohrpfahlwand vorgenommen habe und derartige Folgeschäden objektiv nicht vorherzusehen gewesen seien. Die Beklagte habe im Zuge der Errichtung der Baugrubensicherung Auflagen erhalten, die sie nicht erfüllt habe. Der den Klägerinnen entstandene Schaden könne daraus abgeleitet werden.

[6] Die Revision gegen das Teilzwischenurteil ließ das Berufungsgericht zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob ein Teilzwischenurteil zur Verjährung zulässig sei, wenn der Kläger noch nicht konkretisiert habe, welcher der geltend gemachten Schäden bei fortgesetzter Schädigung wann eingetreten und ihm bekannt geworden sei. Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss sei zulässig, weil das Höchstgericht erst einmal ausgesprochen habe, dass die Nichterfüllung der im Bewilligungsbescheid erteilten Auflagen als fortgesetztes Verhalten des Bescheidadressaten ein Dauerdelikt darstelle.

[7] Das Teilzwischenurteil und den Aufhebungsbeschluss bekämpft die Beklagte mit Revision und Rekurs und beantragt die Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils.

[8] Die Klägerinnen beantragen in ihrer Revisions- und Rekursbeantwortung, dieses Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm keine Folge zu geben.

[9] Der Rekursist ungeachtet des – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) – Ausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig und kann keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen. Die Begründung kann sich insoweit auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO). Die Revision gegen das Teilzwischenurteil ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und im Sinn einer Aufhebung auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur fortgesetzten Schädigung

[10] 1.1. Die Klägerinnen stützen ihre Ersatzansprüche für den Fall der Rechtmäßigkeit der wasserrechtlich bewilligten Anlage auf § 26 Abs 2 WRG, soweit die Schäden auf eine nicht dem bewilligten Projekt entsprechende Ausführung der Trägerbohlwand zurückzuführen seien, auf allgemeines Schadenersatzrecht (der Sache nach somit auf eine Schutzgesetzverletzung nach § 26 Abs 1 WRG iVm § 1311 ABGB), hilfsweise auf Immissionsrecht (§§ 364, 364a ABGB). Dass für die Verjährung ihrer Ansprüche grundsätzlich die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB gilt (vgl RS0010690 [zu §§ 364a, 364b ABGB]), ist als im Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof völlig unstrittig zugrundezulegen. Auch dass – allfällige – Ersatzansprüche der Klägerinnen aus dem „ersten“ Schadensereignis im Juni 2020 bereits verjährt sind, blieb im Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof unbeanstandet und ist dem weiteren Verfahren als abschließend geklärt zugrundezulegen.

[11] 1.2. Die Vorinstanzen verwiesen zutreffend darauf, dass die Frist für die Verjährung von (Schadenersatz‑)Ansprüchen nach § 1489 ABGB grundsätzlich mit Kenntnis von Schaden und Schädiger zu laufen beginnt und die schon eingetretenen und aus demselben Schadensereignis vorhersehbaren künftigen Schäden verjährungsrechtlich eine Einheit bilden, sodass diese Folgeschäden verjährungsrechtlich keinen gesonderten Fristauslauf auslösen. Der drohenden Verjährung des Ersatzanspruchs für solche Folgeschäden wäre mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen (RS0087613; [25. 9. 2015] 6 Ob 153/15s [Pkt 4.2.] mwN).

[12] 1.3. Anderes gilt für den Fall der fortgesetzten Schädigung. Diesfalls beginnt die Verjährung für den Ersatz des Erstschadens mit dessen Kenntnis durch den Geschädigten zu laufen; für jede weitere Schädigung beginnt eine neue Verjährung in dem Zeitpunkt, in welchem sie dem Geschädigten zur Kenntnis gelangt. In dieser Konstellation ist der Geschädigte ausnahmsweise nicht genötigt, innerhalb von drei Jahren nach Eintritt und Kenntnis des Primärschadens eine Feststellungsklage zur Wahrung seines Anspruchs auf Ersatz künftiger Schäden einzubringen; dies selbst dann nicht, wenn diese Schäden schon vorhersehbar sind (6 Ob 232/15h [Pkt 3.1.] mwN; RS0034536 [T20]).

[13] 1.4. Die Frage nach einer fortgesetzten Schädigung war mehrfach Gegenstand höchstgerichtlicher Entscheidungen:

[14] 1.4.1. Zu 1 Ob 94/03k (RS0117762 = RS0034536 [T9]) wurde die Nichterfüllung der im (wasserrechtlichen) Bewilligungsbescheid erteilten Auflagen (zum Schutz der Fischereirechte) als fortgesetztes Verhalten des Bescheidadressaten und somit als Dauerdelikt gewertet, sodass mit jeder Schadenszufügung eine gesonderte Verjährungsfrist zu dem Zeitpunkt in Gang gesetzt wurde, in dem sie dem Geschädigten zur Kenntnis gelangte.

[15] 1.4.2. Bereits zu 1 Ob 2/96 – auf die die Entscheidung 1 Ob 94/03k Bezug nahm – ging der Fachsenat für den Fall der Verletzung der Verpflichtung zur Beachtung bescheidmäßiger Bedingungen bzw Auflagen in einem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid von einer Schutzgesetzverletzung und fortgesetzter Schädigung aus, bei der mit jeder Schadenszufügung eine neue Verjährung in Gang gesetzt werde.

[16] 1.4.3. Auch bei fortdauernden Immissionen entsteht der dadurch hervorgerufene Schaden, welcher in der Entwertung der betroffenen Grundstücke liegt, mit jeder Immission neu (RS0010690 [T2]). Die Verjährungsfrist beginnt, gleichviel ob es sich um eine Schädigung durch Tun oder Unterlassen handelt, auch bei fortgesetzten Immissionen für jeden einzelnen dadurch eingetretenen Schaden ab dessen Kenntnis zu laufen, wobei den Schädiger die Behauptungs- und Beweislast dafür trifft, welche Schäden oder Teilschäden aus wiederholten oder fortgesetzten Immissionen verjährt sind, insbesondere in welchem Zeitpunkt der Geschädigte Kenntnis von den schädlichen Folgen erlangt hat (RS0010690 [T3]).

[17] 1.5. Die Entscheidung des Berufungsgerichts orientiert sich an diesen Rechtsprechungsgrundsätzen und ist daher nicht korrekturbedürftig. Die von den Vorinstanzen zitierte Entscheidung 1 Ob 94/03k setzte sich – ebenso wie 1 Ob 2/96 – konkret mit nicht erfüllten Auflagen in einem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid auseinander und ging von fortgesetzter Schädigung aus. Beide Entscheidungen wurden mehrfach veröffentlicht und in der Literatur (Janisch/Kietaibl in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar4.01 § 1489 ABGB Rz 13; Dehn in KBB7 § 1489 ABGB Rz 4; M. Bydlinski/Thunhart in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 § 1489 Rz 50; Kerschner/Wagner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch,Klang3,§ 364a ABGB Rz 221; Vollmaier in Fenyves/Kerschner/Vonkilch,Klang3,§ 1489 ABGB Rz 26; Brandstätter,Verjährung und Schaden [2017], 135) zustimmend zitiert. Die beiden Entscheidungen, die ausführlich begründet und mehrfach veröffentlicht wurden, zu denen gegenteilige Entscheidungen nicht vorliegen und die auch vom Schrifttum ohne Kritik übernommen wurden, reichen für das Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung jedenfalls aus (vgl RS0103384).

[18] 1.6. Diese Entscheidungen sind auch einschlägig; dass die Behörde zu 1 Ob 94/03k die bereits Jahre zuvor erteilten Auflagen mit einem weiteren Bescheid ausdrücklich aufrechterhalten hatte, es hier hingegen um die (fortgesetzte) Nichteinhaltung der im Bescheid aus 2016 vorgeschriebenen Auflage ging, die Baugrube auf dem Grundstück der Beklagten nach Norden zu mit einer Trägerbohlwand bzw im Düsenstrahlverfahren zu sichern, macht keinen relevanten Unterschied. Abgesehen davon lag – jedenfalls bis zur von der Wasserrechtsbehörde am 19. 11. 2020 aufgetragenen Durchörterung der konsenswidrig im Norden angebrachten Bohrpfahlwand – die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen bzw gefährlichen Zustands vor. Auf die Frage der Vorhersehbarkeit künftiger Schäden kommt es nach der bereits zitierten Rechtsprechung im Fall fortgesetzter Schädigung nicht an.

[19] 1.7. Dass die nunmehr freiwillig (der diesbezügliche Bescheid der Wasserrechtsbehörde erster Instanz wurde vom Landesverwaltungsgericht aufgehoben) angebrachten Durchörterungen der Bohrpfahlwand der ursprünglich aufgetragenen Sicherungsmaßnahme völlig gleichwertig wären, haben die Klägerinnen nicht zugestanden, zumal nach ihrem Vorbringen eine Trägerbohlwand nach Beendigung der Bauausführung zu entfernen und auf der gesamten Fläche wasserdurchlässig wäre. Im Hinblick darauf, dass sie auch behaupteten, dass erneute Vernässungen ungeachtet der Durchörterungen der Bohrpfahlwand im Sommer 2021 entstanden seien, somit auch diese nun horizontal durchbohrte Bohrpfahlwand kausal für weitere Nässeschäden an ihrem Objekt sei, lag die Behauptung eines weiteren schadensverursachenden Verhaltens vor.

[20] 1.8. Nicht zuletzt haben die Klägerinnen weitere Schadenszufügungen durch anlässlich der von der wasserrechtlichen Bauaufsicht beim Ortsaugenschein vom 21. 2. 2023 festgestellten baulichen Aktivitäten wie der aus Beton errichteten Stützmauer, die zur Verschlechterung der Funktion des ursprünglichen Drainageschlitzes geführt habe, behauptet.

[21] 1.9. Zusammengefasst ging das Berufungsgericht daher vertretbar von einem Fall der „fortgesetzten Schädigung“ im Sinn der zitierten Rechtsprechung aus, sodass jedes weitere Schadensereignis eine neue Verjährungsfrist auslöste, die ab Kenntnis durch die Klägerinnen zu laufen begann. Der daraus gezogene Schluss, Ansprüche, die aus seit dem 23. 2. 2021 eingetretenen Schäden resultieren, seien nicht verjährt, ist damit – inhaltlich – nicht korrekturbedürftig. Dass das Berufungsgericht aufgrund des bisher festgestellten Sachverhalts nicht abschließend beurteilen konnte, ob bzw welche Ansprüche bereits verjährt sind, weil es an Feststellungen dazu fehlt, wann konkret die von den Klägerinnen geltend gemachten Schäden entstanden sind und wann sie ihnen erstmals bekannt wurden, ist der Überprüfung des Obersten Gerichtshofs, der nicht Tatsacheninstanz ist, entzogen (vgl RS0043414 [T7, T8]).

2. Zu m Teilzwischenurteil

[22] 2.1. Die Beklagte greift die Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts insoweit auf, als sie ins Treffen führt, die Klägerinnen hätten vorbringen müssen, welche der behaupteten Schäden wann eingetreten und ihnen bekannt geworden seien. Da ein solches Vorbringen fehle, sei dessen „Spruchpunkt I.“ verfehlt. Damit macht sie erkennbar – und auch zu Recht – geltend, das Teilzwischenurteil in der vom Berufungsgericht gewählten Fassung sei verfahrensrechtlich unzulässig.

[23] 2.2. § 393a ZPO schafft die Möglichkeit, über den Einwand der Verjährung des geltend gemachten Anspruchs vorab mit einem – die Verjährung des Anspruchs verneinenden – Zwischenurteil zu entscheiden. Die Entscheidung spricht verbindlich nur über den verneinten Verjährungseinwand ab, ohne dabei die – nur auf ihre Schlüssigkeit hin zu prüfenden – Anspruchsvoraussetzungen zu beurteilen. Gegenstand des Zwischenurteils ist demnach der Einwand bzw die Frage der Verjährung des mit der Klage prozessual geltend gemachten Anspruchs oder eines von mehreren Ansprüchen. Der prozessuale Anspruch wird durch das Begehren und die diesem zugrunde liegenden rechtserzeugenden Tatsachen bestimmt (9 Ob 33/23b [Rz 15] mwN; 4 Ob 145/18d [Pkt 2.1.]).

[24] 2.3. Beim Zwischenurteil gemäß § 393a ZPO zur (verneinten) Verjährung wird nur die allfällige Verjährung des Klagsanspruchs beurteilt und selbständig im Instanzenzug überprüfbar, bevor ein unter Umständen umfangreiches (Beweis-)Verfahren über die übrigen Anspruchsgrundlagen des Klagsanspruchs durchgeführt werden muss (RS0127852 [T2]). Eine solche Entscheidung spricht daher verbindlich nur über den verneinten Verjährungseinwand ab, ohne dabei die – nur auf ihre Schlüssigkeit hin zu prüfenden – Anspruchsvoraussetzungen zu beurteilen. Liegt ein solches Urteil vor, kann im Instanzenzug nur die Frage der Verjährung des (behaupteten) Klagsanspruchs überprüft werden (9 Ob 33/23b [Rz 16] mwN; RS0127852 [T6]).

[25] 2.4. Ein solches Urteil hat jedoch nur zu ergehen, wenn ein schlüssiges Tatsachenvorbringen des Klägers zum Anspruchsgrund vorliegt; sonst wäre die Klage – nach Erörterung der Unschlüssigkeit (RS0117576) – abzuweisen (RS0129001). Da über die Verjährung abschließend entschieden wird, sind alle für deren Beurteilung relevanten Umstände entsprechende Feststellungen zu treffen. Nur die „übrigen“ Voraussetzungen des Klageanspruchs sind zugrundezulegen (9 Ob 33/23b [Rz 18]).

[26] 2.5. Die Verjährung bezieht sich auf den jeweils geltend gemachten Anspruch. Ein Anspruch wird – wie der Streitgegenstand – durch die zu seiner Begründung vorgebrachten Tatsachen konkretisiert. Stützt daher der Kläger sein Begehren alternativ auf verschiedene Sachverhaltsvarianten, liegen in Wahrheit zwei Ansprüche vor, die auch verjährungsrechtlich getrennt zu beurteilen sind (5 Ob 133/15t [Pkt 3.1.]; 9 Ob 33/23b [Rz 19], jeweils mwN).

[27] 2.6. Inhaltlich ist der Beklagten zu entgegnen, dass die Tatsachen, die die Einwendung der Verjährung als begründet erscheinen lassen könnten, von ihr zu behaupten sind (RS0034326 [T1]; vgl auch RS0010690 [T3]), und Vorbringen der Klägerinnen zu nach dem Sommer 2020 aufgetretenen weiteren Schäden – wenn auch ohne ziffernmäßige Aufschlüsselung – sehr wohl vorlag (Schriftsatz vom 16. 4. 2024 S 3 „erneute Vernässungen im Sommer 2021“; S 4 „zahlreiche Feuchtigkeitsschäden am Objekt zwischen Sommer 2019 und Herbst 2023 entstanden“; Protokoll vom 28. 5. 2024 S 4 „nach wie vor Wasser zu den Grundstücken der Klägerinnen abgeleitet“, S 5 „im Bereich des Drainageschlitzes im Frühjahr 2023 ohne Kenntnis der wasserrechtlichen Bauaufsicht eine dichte Stützmauer aus Beton errichtet, die zu einer Verschlechterung des Drainagesystems beiträgt und die rechtswidrige Ableitung von Hangwasser zu den Grundstücken der Klägerinnen verstärkt“). Dass hier von fortgesetzter Schädigung auszugehen ist, wurde bereits zu Punkt 1. erörtert. Daraus folgt aber auch zwingend, dass Ansprüche aus erst nach dem 23. 2. 2021 eingetretenen Schäden noch nicht verjährt sein können. Insoweit ist dem Berufungsgericht daher zu folgen.

[28] 2.7. Verfahrensrechtlich ist allerdings davon auszugehen, dass hier zwar nicht alternative Sachverhaltsvarianten (wie zu 9 Ob 33/23b) vorliegen, sondern Schäden aus unterschiedlichen Schadensereignissen, die verjährungsrechtlich – wie zu Punkt 1. dargelegt – unterschiedlich zu behandeln sind. Bereits für die Beurteilung der Verjährungsfrage im Weg eines Zwischenurteils nach § 393a ZPO sind daher Vorbringen und Feststellungen dazu erforderlich, welche der geltend gemachten Schäden auf welches Schadensereignis zurückzuführen sind; die bloße Bezugnahme auf die nach dem 23. 2. 2021 eingetretenen Schäden durch das Berufungsgericht lässt nämlich offen, um welche Ansprüche der Klägerinnen es dabei konkret geht, was nicht den in der zitierten Rechtsprechung dargestellten Grundsätzen entspricht. Dies hat daher zur Aufhebung des Teilzwischenurteils aus verfahrensrechtlichen Erwägungen zu führen.

[29] 2.8. Bereits das Berufungsgericht verwies darauf, dass das Verfahren zur Frage, wann die geltend gemachten Schäden konkret entstanden sind und den Klägerinnen erstmals bekannt wurden, ohnedies ergänzungsbedürftig ist. Da es dazu aber auch an ausreichendem Prozessvorbringen fehlt und dies zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung (RS0037300) mit den Parteien im fortgesetzten Verfahren zu erörtern sein wird, ist nicht nur das Teilzwischenurteil, sondern auch das erstinstanzliche abweisende Urteil im Umfang der Schäden laut Spruch des Teilzwischenurteils aufzuheben. Ob aufgrund des zu ergänzenden Vorbringens und konkreter Feststellungen zu den aus den einzelnen Schadensereignissen abgeleiteten Ersatzansprüchen aus prozessökonomischen Gründen neuerlich mittels Zwischenurteil nach § 393a ZPO über die Verjährung entschieden wird, bleibt dem Ermessen des Erstgerichts überlassen.

3. Zur Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens

[30] 3.1. Die Beklagte moniert, die Auffassung des Berufungsgerichts, sie habe nach dem Spätherbst 2020 mehrfach Änderungen an der Bohrpfahlwand vorgenommen, sodass Folgeschäden objektiv nicht vorherzusehen gewesen seien, entbehre entsprechenden Klagevorbringens.

[31] 3.2. Abgesehen davon, dass die Auslegung von Prozessvorbringen eine Rechtsfrage ist, der es im Regelfall an erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO mangelt (RS0042828 [T3, T6, T13, T16]), lag – wie bereits ausgeführt – sehr wohl Vorbringen der Klägerinnen zu Änderungen der Sicherungsmaßnahmen der Baugrube vor. Rechtlich kommt es auf die Frage, ob weitere Folgeschäden objektiv nicht vorherzusehen waren, bei der – hier vom Berufungsgericht nicht korrekturbedürftig bejahten – fortgesetzten Schädigung auch nicht an.

[32] 3.3. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt daher nicht vor.

[33] 4. Damit ist der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zurückzuweisen, der Revision gegen das Teilzwischenurteil hingegen Folge zu geben und dieses sowie das Ersturteil in dessen Umfang aufzuheben.

[34] 5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO. Im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen einen Aufhebungsbeschluss im Sinn des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO des Berufungsgerichts würde ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO zwar nicht stattfinden (RS0123222) und die Klägerinnen haben auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Beklagten hingewiesen. Allerdings ist mangels Aufschlüsselung und Zuordnung eines Betrags auf die den Gegenstand des Rekursverfahrens einerseits und des Revisionsverfahrens andererseits bildenden Ansprüche derzeit nicht beurteilbar, welcher Anteil des Gesamtstreitwerts auf den Zwischenstreit im Rekursverfahren entfällt. In Bezug auf das Revisionsverfahren hängt die Ersatzpflicht jedenfalls vom Ausgang der Hauptsache ab.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte