European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0010OB00518.77.0204.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Untergerichte werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Die Klägerin ist seit 5. 1. 1973 zu einem Zwölftel Miteigentümerin des in offener Bauweise (§ 76 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien, LGBl 1930/11 in der geltenden Fassung – im folgenden BauO gekürzt) errichteten Hauses *, und auf Grund des bereits zuvor geschlossenen Mietvertrages mit den Beklagten, den damaligen Hauseigentümern, Mieterin der im ersten Stock des Hauses gelegenen Wohnung Nr. 2. Dem Erstbeklagten gehören seit 17. 10. 1974 die übrigen elf Zwölftel Miteigentumsanteile. Im Zeitpunkt der Klagseinbringung waren die beiden Beklagten Miteigentümer des Hauses, so daß auch der Zweitbeklagten noch die passive Klagslegitimation zukommt (§ 234 ZPO). Das Gebäude fällt im Sinne des § 75 Abs. 1 BauO. in die Bauklasse II.
Mit Punkt VII des Mietvertrages vom 31. 7. 1969 verpflichteten sich die Beklagten, entsprechend der im Parterre errichteten Terrasse auch eine Terrasse für die Wohnung der Klägerin zu bauen. Die Klägerin stellt das Klagebegehren, die Beklagten seien in Zuhaltung des erwähnten Mietvertrages schuldig, an die von der Klägerin gemietete Wohnung nach dem Plan des Baumeisters Ing. W* W* unter Errichtung von Betonpfeilern, eines Betonbodens mit Wasserabfluß und einer Einfassung mit Schmiedeeisengitter eine offene Terrasse in der Ebene ihrer Wohnung zu errichten, die gegen Westen durch die Verlängerung der Außenwände der Veranda dieser Wohnung und gegen Süden durch die Verlängerung der Hauswand gegeben sei, in eventu eine offene Holzterrasse nach den Regeln des Zimmerergewerbes mit tragfähigen Pfeilern, Holzquerbalken, mit Holzboden, Wasserabflußrinnen, abgedichteten und geglätteten Holzpfosten und einer Holzbrüstung. Die Beklagten brachten u.a. vor, daß bisher kein Bauplan mit dem Ersuchen um Baubewilligung vorgelegt worden sei und dies eine Voraussetzung für das Klagebegehren darstelle. Eine Terrasse nach dem Begehren könne nach der Bauordnung nicht bewilligt werden. Der vorliegende Plan sehe ein Eisengitter und eine Betonkonstruktion vor, die die darunterliegende Terrasse nicht aufgewiesen habe; die frühere Terrasse sei eine Holzkonstruktion gewesen. Dies bestritt die Klägerin nicht und brachte vor, mangels Vorhandensein einer Terrasse werde eine solche nach üblicher Bauart sowie mittlerer Art und Güte verlangt.
Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht Haupt- und Eventualbegehren ab und stellte im wesentlichen fest: Bei Abschluß des Mietvertrages durch die Hausverwalterin der Beklagten Dr. E* S* sei mit der Klägerin besprochen worden, daß die Terrasse so gemacht werden solle wie die vorhandene Terrasse im Parterre, die der Klägerin gefallen habe. Der Erstbeklagte sei damit einverstanden gewesen. Er habe die alte Terrasse im Parterre abgerissen, da deren Konstruktion es nicht zugelassen hätte, die Steher der Terrasse für die Wohnung der Klägerin im ersten Stock zu errichten. Die Herstellung der Terrasse für die Klägerin im Sinne des Haupt- und Eventualbegehrens sei möglich. Der Seitenabstand des besehenden Gebäudes zur Nachbargrenze betrage jedoch nur 3 m, die Gebäudetiefe (rechtwinkelige Projektion auf die Nachbargrenze) etwa 22 m. Der vom Erstgericht bestellte Sachverständige Ing. F* T* habe beim Vorstand der Außenstelle der Magistratsabteilung 37 im 19. Bezirk vorgesprochen und dabei festgestellt, daß eine Baubewilligung für die der Klägerin zugesagte Terrasse wegen der bestehenden Gebäudetiefe von 22 m voraussichtlich abgelehnt werde. Rechtlich gelangte das Erstgericht zum Ergebnis, daß das von der Klägerin gewünschte Bauvorhaben nach § 60 Abs 1 BauO baubehördlich bewilligungspflichtig sei, die Bewilligung aber nicht erteilt werden könne, da nach § 76 Abs 3 BauO die Seitenabstände auf die ganze Tiefe des Bauplatzes einzuhalten sei; soweit die rechtwinkelige Projektion des Gebäudes auf die Nachbargrenzen länger als 15 m sei, sei das Gebäude in den Bauklassen II bis V mindestens 10 m von der Nachbargrenze abzurücken.
Da im vorliegenden Fall die Gebäudetiefe (rechtwinkelige Projektion auf die Nachbargrenze) bereits 22 m betrage, werde die angeführte 15 m‑Grenze überschritten und ein neuerlicher Zubau zum bestehenden Gebäude nicht gestattet.
Die Bewilligung zur Errichtung der Terrasse werde infolgedessen von der Baubehörde nicht erteilt werden.
Das Berufungsgericht erachtete das erstgerichtliche Verfahren für mangelfrei, übernahm dessen Feststellungen, bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000,-- S nicht übersteige. Dem Erstgericht sei beizupflichten, daß die Bestimmung des § 76 Abs 3 BauO auf das vorliegende Haus Anwendung finde. Wenn die Berufung der Klägerin davon ausgehe, daß das gegenständliche Haus ein „Althaus“ sei, auf das gemäß Art III Abs 5 BauO nur jene Bestimmungen der Bauordnung für Wien anzuwenden seien, die hiefür ausdrücklich vorgesehen seien, sei ihr entgegenzuhalten, daß diese Behauptung eine im Berufungsverfahren unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung darstelle; die Klägerin habe in erster Instanz nicht behauptet, daß das Haus am 3. 5. 1930 bereits bestanden habe und die Baubewilligung vor diesem Zeitpunkt erteilt worden sei. Die Klägerin behaupte auch selbst die Anwendbarkeit des § 85 BauO, einer Bestimmung, die gemäß Art III Abs 5 bis 7 BauO auf Baulichkeiten, die vor deren Wirksamwerden errichtet worden seien, keine Anwendung finde. Selbst wenn man aber annehme, daß das Haus am 3. 5. 1930 bereits bestanden habe und die Baubewilligung vor diesem Zeitpunkt erteilt worden sei, wäre daraus für die Klägerin nichts gewonnen. Aus Art III Abs 5 bis 7 BauO ergäbe sich lediglich, daß auf bestehende Baulichkeiten einzelne Bestimmungen der Bauordnung – darunter auch § 76 – keine Anwendung fänden. Das bedeute aber nur, daß bauliche Änderungen an Baulichkeiten, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bauordnung für Wien bereits bestanden, nach Maßgabe der Bauordnung für Wien nicht verlangt werden könnten. Hier gehe es aber darum, daß ein Zubau vorgenommen werden solle, für dessen Bewilligung die Bestimmungen der geltenden Bauordnung uneingeschränkt anzuwenden seien. Es finde daher auch § 76 Abs 3 BauO Anwendung, der bei der hier in Betracht kommenden offenen Bauweise die Einhaltung der Seitenabstände zum Nachbargrund regle. Da die rechtwinkelige Projektion des Gebäudes auf die Nachbargrenzen länger als 15 m sei, habe der Seitenabstand in der hier vorliegenden Bauklasse II mindestens 10 m zur Nachbargrenze zu betragen. Durch den geplanten Zubau der Terrasse würde aber dieser Seitenabstand wesentlich unterschritten und nur 3 m betragen. Zu Unrecht berufe sich die Klägerin auf § 85 Abs 1 lit c BauO, der nicht die seitliche Baufluchtlinie, sondern die innere Baufluchtlinie (gegen den Hof oder den Garten) betreffe. Es käme überhaupt nur die Bestimmung des § 85 Abs l lit b BauO in Betracht, wonach die seitliche Baufluchtlinie gegen den Seitenabstand mit Schutzdächern über Eingängen, seitlich offenen oder verglasten Türvorbauten mit oder ohne Stiegen auf die halbe Breite des Seitenabstandes, jedoch höchstens bis 2 m Vorsprung hervortreten dürfe; daraus könne für die Zulässigkeit der Errichtung der von der Klägerin begehrten Terrasse nichts gewonnen werden. Auch der Hinweis der Berufung auf § 9 Abs 4 Satz 2 BauO bringe für den Standpunkt der Klägerin nichts. Diese Bestimmung sehe wohl vor, daß von der einzuhaltenden Baufluchtlinie ausnahmsweise mit Zustimmung des zuständigen Gemeinderatsausschusses abgegangen werden könne; dies habe aber mit dem einzuhaltenden Seitenabstand nichts zu tun. Auch aus § 67 a BauO sei für die Klägerin nichts zu gewinnen. Diese Bestimmung finde nämlich nur auf Gebäude Anwendung, die vor Wirksamkeit der Bauordnung erbaut worden seien. Die entsprechenden Behauptungen der Berufung seien aber als Neuerungen unbeachtlich. Im übrigen seien zwar gemäß § 67 a BauO Ausnahmen zulässig, wenn die Bestimmungen der Abschnitte VIII bis einschließlich XI der Bauordnung für Wien bei Bauabänderungen an Gebäuden, die vor Wirksamkeit der Bauordnung bereits erbaut wurden, zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würden oder öffentliche Interessen für eine Abweichung sprächen; derartiges sei aber in erster Instanz nicht hervorgekommen, auch die Klägerin habe keine entsprechenden Behauptungen aufgestellt. Das Erstgericht sei daher mit Recht davon ausgegangen, daß die Baubehörde bei der nach § 67 BauO vorzunehmenden Prüfung die Baubewilligung versagen werde, weil der Bauführung baurechtliche Vorschriften entgegenstehen. Dem Begehren der Klägerin stehe die rechtliche Unmöglichkeit der bedungenen Leistung entgegen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin, die den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrage geltend macht, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß ihrem Klagebegehren entweder im Hauptbegehren oder im Eventualbegehren stattgegeben werde; in eventu solle das angefochtene Urteil und gegebenenfalls auch das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben und dem Berufungsgerichte bzw. dem Erstgerichte die neuerliche Entscheidung aufgetragen werden.
Die Beklagten behaupteten Unzulässigkeit der Revision und stellten den Eventualantrag, der Revision nicht Folge zu geben.
Auf Grund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 10. 11. 1976, 1 Ob 759/76, steht bereits fest, daß die Revision gemäß § 502 Abs 5 ZPO zulässig ist.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist auch berechtigt.
Grundsätzlich ist der Vermieter verpflichtet, dem Bestandnehmer den bedungenen Gebrauch der Bestandsache zu verschaffen und zu sichern (§ 1096 ABGB). Er kann eine Beeinträchtigung des Mieters nicht damit rechtfertigen, daß der von ihm eingeräumte Gebrauch der Bestandsache gegen baurechtliche Vorschriften verstoße (SZ 46/20 u.a.). Er ist vielmehr verhalten, alles zu unternehmen, um die Bewilligung der Baubehörde zur Benützung des Bestandobjektes in der vereinbarten Weise zu erreichen (MietSlg 26.100; SZ 40/103 u.v.a.). Hat sich der Vermieter im Mietvertrag verpflichtet, dem Mieter durch entsprechende Baumaßnahme, die, wie das klagsgegenständliche Bauvorhaben nach § 60 Abs 1 lit a BauO, weil ein bisher der Außenwelt angehöriger, nicht bebauter Raum in das Gebäude einbezogen werden soll (Krzizek, System des österr. Baurechts II 31), der baubehördlichen Bewilligung bedürfen, einen bestimmten zusätzlichen Gebrauch – wie im konkreten Fall durch Schaffung einer Terrasse – einzuräumen, ist er auch verpflichtet, alles zu unternehmen, um die Bewilligung der Baubehörde hiezu zu erreichen (vgl. MietSlg 20.137; EvBl 1967/365). Seine Verbindlichkeit kann nur dadurch aufgehoben werden, daß die Leistung unmöglich wird, was bei Unterbleiben der erwarteten, dann jedoch nicht erreichten behördlichen Genehmigung geschehen kann, wenn sie vom Leistungspflichtigen nicht absichtlich vereitelt wurde (1 Ob 45/72; MietSlg 20.221 u.a.). Die dem Vertragsabschluß nachfolgende Versagung der nach dem Gesetz erforderlichen baubehördlichen Genehmigung macht die geschuldete Leistung nachträglich rechtlich unerlaubt; der Vertragserfüllung steht ein rechtliches Hindernis entgegen, dessen künftiges Wegfallen so ungewiß ist, daß eine dauernde Unmöglichkeit der Leistung anzunehmen ist (JBl 1975, 206; Pisko-Gschnitzer in Klang2 VI 559). Es ist jedoch auch gerechtfertigt, einen Anspruch auf Erfüllung der Vertragsverpflichtung nicht mehr zuzulassen, wenn mit ausreichender Gewißheit geklärt ist, daß die baubehördliche Bewilligung nicht erreicht werden kann. Die Beweislast, alle ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, um dem Mieter den bedungenen Gebrauch zu verschaffen, trifft den Vermieter (vgl. MietSlg 26.100, 21.156). Seiner Beweispflicht hat er im Falle der Nichtanrufung der Baubehörde nur dann genügt, wenn er eine so klare Rechtslage dartut, daß mit Gewißheit eine Verweigerung der baubehördlichen Genehmigung angenommen werden muß. Ist die Frage der Genehmigung aber zweifelhaft bzw. nicht mit Gewißheit vorauszusehen, wie im Verfahren vor der Baubehörde letztlich entschieden werden würde, hat der Vermieter wenn er die Baubehörde nicht anrief, seiner Beweispflicht nicht entsprochen. Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Sinne, wie die Revision richtig hervorhebt, auch schon ausgesprochen, daß die bloße Äußerung eines mit Bauangelegenheiten befaßten Verwaltungsbeamten, daß mit der Erteilung der erforderlichen Baubewilligung nicht gerechnet werden könne, weder einem abweislichen Bescheid der Baubehörde gleichzuhalten ist noch eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Aussichtslosigkeit eines entsprechenden Ansuchens um Baubewilligung bilden kann (EvBl 1975/206). Er ist unter dieser Voraussetzung aber auch zur Erbringung der vertraglichen Leistung zu verurteilen, weil allein die Tatsache, daß der Erfüllung der vertraglichen Leistung eine ausstehende baubehördliche Genehmigung entgegensteht, eine Verurteilung nicht verhindert. Nach ständiger Rechtsprechung kann in einem Fall, in dem die Wirksamkeit eines Kaufvertrages von der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung abhängt, auf Vertragserfüllung vor Durchführung (Beendigung) des Verfahrens vor der Grundverkehrsbehörde geklagt werden (JBl 1975, 652; JBl 1974, 525; SZ 43/171; SZ 42/21 u.a.); dieser Auffassung widersprach zwar Steiner (JBl 1974, 506 ff.), jedoch wurde dessen Meinung schon durch die Entscheidung JBl 1975, 652 ausdrücklich abgelehnt. Auch Bydlinski (JBl 1975, 653) lehnt nur die Bezeichnung eines Vertrages, der der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf, als aufschiebend bedingt ab, kommt jedoch ebenfalls zum Ergebnis, daß einer Verurteilung auf Vertragserfüllung nichts im Wege stehe, da vor der Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde eine dauernde Unmöglichkeit der Leistung, wie sie die §§ 878, 920, 1447 ABGB voraussetzen, nicht vorliege, sondern nur eine vielleicht vorübergehende; die Erteilung der Genehmigung sei ja eine ernst zu nehmende Möglichkeit; in einem solchen Fall stehe der Geltendmachung von Erfüllungsansprüchen auch im Klagewege nichts entgegen; lediglich die reale Durchsetzung scheide praktisch aus, so lange die Unmöglichkeit bestehe. Kein anderer Grundsatz kann gelten, wenn es ungewiß ist, ob die Baubehörde die erforderliche Bewilligung, die einzuholen der Vermieter unterließ, erteilt werden würde. Es genügt insbesondere nicht, nur die unverbindliche Meinung eines in erster Instanz tätigen Beamten der Baubehörde einzuholen, wenn es durchaus möglich ist, daß er selbst bei näherer Prüfung des Falles zu einer anderen Meinung kommen könnte, vor allem aber eine solche von einer Rechtsmittelinstanz ausgesprochen werden könnte.
Das Klagebegehren auf Vertragserfüllung kann also im vorliegenden Fall wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Leistung nur abgewiesen werden, wenn die nach dem Vertrag leistungspflichtigen Beklagten beweisen, daß die baubehördliche Bewilligung mit Sicherheit (oder mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit) versagt werden würde. Entgegen der Auffassung der Untergerichte ist den Beklagten dieser Beweis nicht gelungen. Unbestritten ist es allerdings, daß mit der Errichtung der der Klägerin zugesagten Terrasse den Voraussetzungen des § 76 Abs 3 BauO nicht entsprochen wäre, da das Gebäude nicht 10 m von der Nachbargrenze abgerückt ist, obwohl dessen rechtwinkelige Projektion auf die Nachbargrenze länger als 15 m ist. Es kann auch nicht, wie die Revision ausführt, gesagt werden, diese Bestimmung sei nach Art III Abs 5 BauO nicht anwendbar, weil die Baubewilligung für die Baulichkeit vor Wirksamkeit des Gesetzes (3. 5. 1930) erteilt worden sei, obwohl allein das Argument des Berufungsgerichtes, dieser Hinweis in der Berufung der Klägerin verstoße gegen das Neuerungsverbot, nicht zur Ablehnung dieses Hinweises genügen könnte, wenn bedacht wird, daß die Beklagten beweispflichtig sind. Es ist aber der Argumentation der Revisionsbeantwortung beizupflichten, daß Art III Abs 5 BauO, wie sich insbesondere aus Art III Abs 7 schließen läßt, wohl nur für vor dem 3. 5. 1930 erteilten Baubewilligungen gilt, nicht aber für Neubewilligungen für Zubauten, die an Gebäuden, für deren Errichtung die Baubewilligung vor dem 3. 5. 1930 erteilt wurde, vorgenommen werden sollen. Auch aus dem von der Revision wiederum herangezogenen § 9 Abs 4 BauO ist für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil diese Bestimmung nur Ausnahmen vom Bebauungsplan regelt. Ebensowenig kommt § 85 Abs 1 lit c BauO in Betracht, der nur bestimmt, inwieweit Bauteile gegen den Hof oder Garten über die Baufluchtlinie vortreten dürfen; im vorliegenden Fall handelt es sich aber um den Seitenabstand. Für diesen könnte aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes der Bestimmung des § 67 a BauO (allenfalls in Verbindung mit § 85 Abs 1 lit b BauO) durchaus Bedeutung zukommen. Nach § 67 a BauO sind, wenn die Bestimmungen der Abschnitte VIII bis einschließlich XI BauO bei Bauabänderungen an Gebäuden, die vor Wirksamkeit der Bauordnung erbaut wurden, zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen, Ausnahmen insoweit zulässig, als nicht gesundheitliche oder andere öffentliche Rücksichten entgegenstehen. Im Abschnitt VIII ist der § 76 BauO enthalten. Daß diese Bestimmung bei Errichtung des Hauses * nicht Anwendung fand, ergibt sich schon aus der Feststellung, daß das Haus bereits derzeit bis auf 3 m an die Nachbargrenze heranreicht. Berücksichtigt man nun, daß nach dem Vertrag die zu errichtende Terrasse der Wohnung der Klägerin auf eine damals bereits vorhandene Terrasse der Parterrewohnung aufgesetzt werden und damit nicht weiter als schon zuvor an die Nachbargrenze heranreichen sollte und daß darüber hinaus, wie schon schon aus der Formulierung des Klagebegehrens ergibt, durch die Terrasse überhaupt nicht näher an die Nachbargrenze herangerückt werden soll, weil schon andere bereits bestehende Gebäudeteile gleich weit an die Nachbargrenze heranreichen, kann zumindest nicht mit der als Beweis der Unmöglichkeit der Leistung anzusehenden ausreichenden Gewißheit gesagt werden, daß nicht doch eine Baubewilligung für die Errichtung der der Klägerin vertraglich zugesagten Terrasse erreicht werden könnte. Insbesondere kann die Bestimmung des § 85 Abs 1 lit b BauO durchaus dahin verstanden werden, daß Bauten, die nicht über die bereits bestehene Baufluchtlinie vortreten sollen, bewilligt werden können, gibt es doch sogar für das Vorstehen von Bauteilen – hier allerdings nicht in Betracht kommende – Ausnahmen. Der dem Beklagten obliegende Beweis der Unmöglichkeit der Leistung kann damit entgegen der Auffassung der Untergerichte nicht als erbracht angesehen werden. Mangelndes Vorbringen fällt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht der Klägerin, sondern den Beklagten zur Last.
Der Leistungsanspruch der Klägerin besteht damit grundsätzlich zu Recht. Daß das Bauvorhaben technisch sowohl im Sinne des Haupt- als auch des Eventualbegehrens durchgeführt werden könnte, ist festgestellt. Ob die von der Klägerin geforderte Durchführung der Errichtung der Terrasse dem Vertrage mit den Beklagten entspräche, haben die Untergerichte jedoch, von ihrem Rechtsstandpunkt ausgehend, nicht festgestellt. Die Beklagten wendeten gegen das Hauptbegehren insbesondere ein, es sei schon deswegen nicht berechtigt, da die frühere Terrasse der Parterrewohnung eine Holzkonstruktion gewesen sei. Da die Klägerin nach dem Vertrage nur Anspruch darauf hat, daß die Beklagten die Terrasse „entsprechend der im Parterre errichteten“ herstellen, bedarf es einer Ergänzung des Verfahrens in erster Instanz zur Klarstellung, inwieweit das Haupt- bzw. das Eventualbegehren diesen Voraussetzungen entsprechen. Da die Beklagten die Terrasse im Parterre abgerissen haben, wird allenfalls allerdings auch eine Vertragsergänzung für diesen bei Vertragsabschluß nicht bedachten Fall in Betracht kommen, damit nicht unsinnige Ergebnisse erzielt werden. Es wird auch noch zu prüfen sein, ob den Klagebegehren die erforderliche Bestimmtheit im Sinne der Entscheidung EvBl 1974/19 zukommt.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
